Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221342/2/Schi/Km

Linz, 10.03.1997

VwSen-221342/2/Schi/Km Linz, am 10. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F R vertreten durch Rechtsanwälte S und D gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates - Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) der Landeshauptstadt Linz vom 23.2.1996, GZ: 502-32/Ki/We/280/93c, wegen einer Übertretung nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 1.000 S, d.s. 20 % der verhängten Strafe, bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 23.2.1996 wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 4 Stunden) verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E R & Co im Standort L, Z und somit als gemäß § 370 Abs.2 GewO gewerberechtlicher Verantwortlicher zu vertreten habe, daß, wie anläßlich der am 2.3.1995 in der Zeit von 9.45 Uhr bis 10.15 Uhr vorgenommenen Erhebung seitens einer Amtssachverständigen des Magistrates Linz festgestellt werden konnte, zumindest an diesem Tag von der o.a. E R & Co die vor Inkrafttreten der GewO 1973 errichtete und gemäß der Übergangsbestimmung des § 376 Z11 lit.2 GewO 1994 als genehmigt anzusehende Betriebsanlage, nämlich ein Eisenhandel im Standort L, Z, Grundstück Nr. ., KG. L, nach Durchführung gemäß § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 genehmigungspflichtiger Änderungen betrieben wurde, indem die Betriebsanlage in der erweiterten Form im Betrieb befindlich vorgefunden wurde, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Änderungen geeignet sind, Nachbarn durch Lärm, Geruch und Staub zu belästigen.

Folgende Änderungen seien durchgeführt worden:

1. Die Betriebsanlage der o.a. Firma wurde gegenüber dem ursprünglichen Betriebsumfang hinsichtlich des Geschäftsumfanges durch die Geschäftsausweitung auf Altpapier und hinsichtlich des flächenmäßigen Umfanges durch Hinzunahme von Lagerflächen erweitert. Im gegenständlichen Standort wird nunmehr der Handel mit Altpapier und Altmetallen, sowie mit Neu-Eisen betrieben, wobei das Neu-Eisen (im wesent lichen Stab- und Formstahl sowie Bleche) in der mit Baubewilligungsbescheid vom 25.10.1997, GZ: 601/SO-177/77, baurechtlich genehmigten Lagerhalle auf dem Grundstück ., EZ. ., KG. L, gelagert wird. Das Altpapier und die Altmetalle lagern auf der, östlich der o.a. Halle vorhandenen Freifläche und auf einem hinzugenommenen Areal des Grundstückes ., EZ. ., KG. L, südlich des Objektes Z.

2. Für den Transport, die Manipulation und die Bearbeitung des erweiterten Lagergutes werden in der gegenständlichen Betriebsanlage, in der ursprünglich keine Maschinen aufgestellt waren, folgende Maschinen und Geräte im Betrieb eingesetzt:

6 LKW für den Transport von Containern, 3 Hubstapler, 1 Radbagger mit Magnet und Schrottgreifer zur Schrottbewegung, 4 autogene Schneid- und Schweißanlagen, 1 hydraulische Schrottschere, 1 hydraulische Papierpresse, 1 Bandsäge, 1 Brückenwaage und 1 Betriebstankstelle für Gasöl.

Dem Bw wurde gemäß § 64 Abs.2 VStG ein Kostenbeitrag von 500 S vorgeschrieben.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 13.3.1996 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis zu beheben, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, wie schon in den bisher erstatteten Rechtfertigungen und Stellungnahmen habe der Bw bereits mit Eingabe vom 1.2.1991 um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung im dort ausgeführten Umfang angesucht; dieses Verfahren sei jedoch aus formellen Gründen verzögert worden, er habe dann im Jahr 1993 einen neuerlichen Antrag gestellt, der ebenfalls bis heute nicht erledigt sei. Er habe daher sämtliche erforderlichen Schritte zur Mitwirkung und möglichst raschen Erledigung gesetzt. Daß die Angelegenheit so lange Zeit in Anspruch nehme, sei daher nicht von ihm zu vertreten. Insbesondere habe am 1.12.1993 eine Gewerberechtsverhandlung stattgefunden, in derem Zuge auch Gutachten erstattet worden seien.

Wenn die Erstellung der Gutachten zur abschließenden Beurteilung der gegenständlichen Sache nicht solange gedauert hätte, wäre jedenfalls am 2.3.1995 bereits eine entsprechende Bewilligung vorgelegen.

Im übrigen werde im Straferkenntnis nichts dazu angeführt, warum die ihm vorgeworfene Erweiterung der Betriebsanlage genehmigungspflichtig sein soll; es werde lediglich ausgeführt, daß diese Änderungen geeignet seien, Nachbarn durch Lärm, Geruch und Staub zu belästigen. Beweisergebnisse dazu lägen keine vor, weshalb das Straferkenntnis aus diesem Grund zu beheben sei. Da den Bw daher kein Verschulden träfe, müßte zumindest gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe Abstand genommen werden, zumal auch keinerlei Folgen der Übertretung festgestellt worden wären.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Da der Bw nicht ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hatte, war von einer solchen abzusehen (§ 51e Abs.2 VStG), zumal der rechtserhebliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

3.2. Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes in Verbindung mit der Berufung ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

3.2.1. Zum Zeitpunkt der Ansiedlung des gegenständlichen Betriebes im Jahr 1956 und der Erteilung der Baubewilligung am 3.7.1956 für diverse im Standort befindliche Objektive war für diesen Betrieb nach den Bestimmungen der GewO 1859 eine gewerbebehördliche Genehmigung nicht erforderlich. Eine am 21.2.1990 durchgeführte Erhebung durch das Amt für Technik hat ergeben, daß die Firma R eine Betriebsanlage in der Form eines Handels mit Altpapier, Altmetallen und Neu-Eisen betreibt, die gegenüber dem ursprünglichen Betriebsumfang so erweitert worden ist, daß sie nach der nunmehr zu beachtenden Bestimmungen der GewO offensichtlich geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm, Geruch und Staub zu belästigen; der Bw wurde deshalb am 29.3.1990 ersucht, umgehend um die nachträgliche Betriebsanlagengenehmigung anzusuchen. Mit Schreiben vom 1.2.1991 hat der Bw ein Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung eingebracht und unter anderem darauf hingewiesen, daß infolge der Geschäftsausweitung mit Altpapier das bisherige seit 1953 genutzte Grundstück zu klein geworden ist, weshalb durch Anmietung eines weiteren Grundstückes von der ÖBB (zwischen Firma Z und A21) Platz für die Lagerung von wiederverwertbaren Metallteilen (Stahlträgern), Kleineisenteilen sowie als Zwischenlager für Nutzeisen geschaffen wurde. Dieses Zwischenlager werde zur Verladung von Schrott oder Altmetall in Waggons ein- bis zweimal pro Woche benützt; auf diesem Grundstück befinde sich auch ein Greifbagger, der mit Magneten zur Schrottbewegung ausgerüstet sei, ein weiterer Bagger werde auf dem Stammgelände benützt. Auf dem Gst. Nr. . befindet sich das Hauptgebäude, die Lagerhalle und die Nebengebäude zur Lagerung der Stahlteile. Das beanstandete Flugdach sollte mit der bestehenden Halle durch Verlängerung des Daches und Einbau einer Gehtüre verbunden werden. Es werden 17 Arbeiter beschäftigt, die Arbeitszeit betrage Mo-Do 7.00-16.00 Uhr und Freitag 7.00-14.00 Uhr. An Maschinen seien zwei Schrottscheren, eine Papierballenpresse, zwei Bagger und drei Stapler im Einsatz.

3.2.2. Mit Bescheid vom 7.8.1992 wurde das eingebrachte Ansuchen um gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 13 Abs.3 AVG iVm § 353 GewO wegen Vorliegens von Formgebrechen zurückgewiesen, wobei eine dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5.3.1993 ebenfalls als unzulässig zurückgewiesen wurde.

3.2.3. Anläßlich einer gewerberechtlichen Erhebung durch einen Amtssachverständigen des Magistrates Linz am 11.8.1994 um 11.45 Uhr wurden am Tatort im wesentlichen die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Bw vorgeworfenen Betriebsanlagenänderungen festgestellt. Bei einer weiteren Erhebung am 2. März 1995, wiederum durch einen Amtssachverständigen des Magistrates Linz, wurden die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Fakten festgestellt; danach wurde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.3.1996 das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw als gewerberechtlichen Geschäftsführer der Firma E R & Co eingeleitet.

3.2.4. Am 1.12.1993 erfolgte eine gewerberechtliche Verhandlung der gegenständlichen Betriebsanlage.

3.2.5. Mit Verfahrensanordnung vom 22.8.1994, GZ:

502/Sw-178/91a, wurde die Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens ausgesprochen, weil die gegenständliche Betriebsanlage, wie anläßlich der am 11.8.1994 durchgeführten Erhebung festgestellt worden war, die Anlage weiterhin ohne Genehmigung betrieben werde.

Weiters wurde angedroht, gemäß § 360 GewO die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes zu verfügen.

3.2.6. Am 26.4.1994 wurde ein schalltechnisches Amtsgutachten erstellt; mit Datum vom 15.9.1994 wurde ein medizinisches Gutachten hinsichtlich der Lärmeinwirkungen in bezug auf Gesundheitsgefährdung der Anrainer abgegeben. Mit Datum vom 14.9.1995 wurde ein weiteres Amtsgutachten, und zwar aufgrund des schalltechnischen Meßberichtes der Firma S vom 10.5.1995 erstattet. Mit Datum vom 23.2.1996 wurde das gegenständliche Straferkenntnis erlassen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen.

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z2), oder eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist (Z5).

Nach § 370 Abs.2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

4.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung in § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe jurstischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 755 mit Nachweis).

4.3. Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter bestellen.

Es muß sich daher der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO 1994). Unter diesem Aspekt ist auch die Regelung des § 370 Abs.2 GewO 1994, wonach Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind, naheliegend bzw.

logische Folge.

4.4. Gemäß § 376 Z11 Abs.2 GewO 1994 bedürfen die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes errichteten Betriebsanlagen, die nach den bisher geltenden Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären, keiner Genehmigung gemäß § 74 Abs.2; zutreffendenfalls finden die §§ 79 und 81 leg.cit. sinngemäß Anwendung.

Die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 376 Z11 Abs.2 setzt voraus, daß eine Anlage, die - was nach der Aktenlage für die gegenständliche Betriebsanlage zutrifft am 1. August 1974 errichtet war, vor diesem Tag nach den Bestimmungen der GewO 1859 nicht genehmigungspflichtig war, hingegen mit diesem Tag am Maßstab der damals in Kraft getretenen Bestimmungen der GewO 1973 als genehmigungspflichtig zu qualifizieren gewesen wäre. Nur für solche Fälle schafft die Übergangsbestimmung eine Ausnahme, nicht aber auch für Betriebsanlagen, die am 1. August 1974 errichtet und bereits nach den Bestimmungen der GewO 1859 genehmigungspflichtig waren und die seit dem 1. August 1974 auch nach den Bestimmungen der GewO 1973 als genehmigungspflichtig zu qualifizieren sind (vgl. Stolzlechner/Wendl/Zitta [Hrsg], Die gewerbliche Betriebsanlage, 2. A [1991] Rz 167 und die dort zit. Jud. des VwGH).

4.5. Die gesetzliche Bestimmung, die die Genehmigungspflicht von Altanlagen normierte, war § 25 GewO 1859. Dieser § 25 war ähnlich konstruiert wie § 74 GewO 1973. Genehmigungspflicht lag demgemäß dann vor, wenn durch die von einer Betriebsanlage ausgehenden Auswirkungen die Nachbarschaft gefährdet bzw. belästigt werden konnte. Im Hinblick auf das in § 25 GewO 1859 enthaltene Wort "geeignet" war der tatsächliche Eintritt einer Gefährdung bzw. Belästigung jedoch nicht gefordert.

4.6. Im gegenständlichen Fall fanden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die vorliegende Betriebsanlage, die zwar am 1.8.1974 errichtet war, aber zu diesem Zeitpunkt noch keinen derartigen Umfang aufgewiesen hatte, sodaß sie entweder bereits vorher nach den Bestimmungen der GewO 1859 bzw. nach den Bestimmungen der GewO 1973 als genehmigungspflichtig zu qualifizieren gewesen wäre. Vielmehr hat sich erst infolge Anrainerbeschwerden durch eine erste Erhebung am 21.2.1990 ergeben, daß die gegenständliche gewerbliche Betriebsanlage so geändert worden war, daß die Genehmigungspflicht ausgelöst worden ist.

4.7. Insofern der Bw das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 in Zweifel zieht und anführt, es lägen diesbezüglich keine Beweisergebnisse vor, so ist er darauf zu verweisen, daß der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dargestellte Sachverhalt sich mit den zahlreichen gewerberechtlichen Überprüfungen (vgl. oben Punkt 3.2.) deckt sowie durch die dort weiters aufgezählten Gutachten zweifelsfrei erwiesen ist, daß die gegenständliche Betriebsanlage (in der nunmehr festgestellten Form) bereits die grundsätzliche Eigung aufweist, die insbesondere im § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen herbeizuführen, weshalb somit die Genehmigungspflicht ausgelöst wird. Ob nun eine solche Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung usw. im konkreten Fall tatsächlich von der Betriebsanlage ausgeht, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und, je nach Ergebnis dieser Prüfung - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - die Genehmigung nach § 77 GewO 1994 zu erteilen oder zu versagen (VwGH 20.12.1994, Zl. 94/04/0162). Im gegenständlichen Fall ist darüber hinaus durch die angeführten Anrainerbeschwerden sogar erwiesen, daß Gefährdungen, Belästigungen usw. nicht ausgeschlossen werden können; der diesbezügliche Einwand des Bw mußte daher als verfehlt zurückgewiesen werden.

Aus all diesen Gründen konnte der Bw das Vorliegen des objektiven Tatbestandes nicht mit Erfolg bekämpfen.

6. Zur Schuldfrage:

6.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl.

90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Bw, wie gleich zu zeigen sein wird, aber nicht erstattet.

6.2. Das diesbezüglich vom Bw erstattete Berufungsvorbringen, wonach er bereits mit Eingabe vom 1.2.1991 angesucht habe und die Erledigung dieses Ansuchens um Betriebsanlagengenehmigung aus verschiedensten Gründen sich soweit verzögert hätte, ist im Hinblick auf die oben unter Punkt 6.1. dargestellte Rechtslage zurückzuweisen. Denn einerseits ist dieses Vorbringen weder ein Notstand im Sinne des § 6 VStG, noch ein diesem gleichzuhaltender Rechtfertigungsgrund (der ohnehin im Hinblick auf § 34 Z11 StGB lediglich als besonderer Milderungsgrund gewertet hätte werden können) noch kann - aufgrund des oben unter Punkt 3.2. dargestellten Verfahrensganges - dem Bw tatsächlich zugestanden werden, er habe alle erforderlichen Schritte immer rechtzeitig gesetzt; im Gegenteil, er mußte zunächst erst aufgrund von Überprüfungen eindringlich aufgefordert werden, überhaupt ein Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung einzubringen, letztlich mußte ihm sogar mit Verfahrensanordnung vom 22.8.1994 die Schließung angedroht werden. Der Bw ist in diesem Zusammenhang zu erinnern, daß eine solcherart geänderte Betriebsanlage überhaupt nicht hätte betrieben werden dürfen, weshalb er sich nicht unter Hinweis auf das ursprüngliche (noch dazu unvollständige) Ansuchen aus dem Jahr 1991 mit Erfolg berufen kann.

6.3. Insgesamt ergibt sich daher, daß der Bw auch schuldhaft, und zwar vorsätzlich gehandelt hat.

7. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

7.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

7.2. Das Verschulden kann nur geringfügig sein, wenn es sich um eine (leichte) Fahrlässigkeit handelt (aA Gaisbauer, Rechtslexikon; Hellbing II, 190; Körner, ÖVBl 1933, 5; VwGH 19.11.1987, Zl. 87/08/0251). Die Folgen sind zB dann als unbedeutend anzusehen, wenn Folgen nach dem Tatbestand gar nicht in Frage kommen (sogenannte Formaldelikte); wohl ist aber zu beachten, wenn ein bloßes Formaldelikt tatsächlich Folgen nach sich gezogen hat (Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Rz.818).

7.3. Wie oben bereits dargestellt wurde, hat der Bw sogar vorsätzlich gehandelt, sodaß ein Absehen von der Strafe von vornherein nicht in Betracht kam.

8. Zur Strafbemessung:

8.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahrens (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

8.2. Die Strafbemessung wurde von der belangten Behörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (bis 50.000 S) gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht als überhöht anzusehen. Dafür, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte, haben sich im Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergeben, zumal ohnedies eine - wie schon ausgeführt - im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe verhängt wurde. Es war daher die verhängte Geldstrafe zu bestätigen.

Im Hinblick auf die geschützten Interessen der Nachbarn waren aber für die Strafbemessung auch generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen; auch diesbezüglich dürfte die verhängte Geldstrafe ausreichen.

9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG ein Beitrag zu den Kosten von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds. 1.000 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

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