Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221381/2/Kon/Fb

Linz, 14.11.1996

VwSen-221381/2/Kon/Fb Linz, am 14. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn K G, P, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M L DDr. K R H, S, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 24. Juli 1996, Ge96-116-1-1995, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf den Betrag von 7.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 60 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 700 S herabgesetzt werden.

Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) § 367 Z1 GewO 1994 anzuführen ist. Weiters mit der Maßgabe, daß die Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) § 367 - Einleitungssatz GewO 1994 zu lauten hat.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Die G Speditionsgesellschaft m.b.H. betreibt als Inhaberin der Gewerbeberechtigung 'Spediteur' im Standort H, B, das Gewerbe 'Spediteur'. Der ursprünglich namhaft gemachte gewerberechtliche Geschäftsführer, Herr J L, ist mit Wirkung vom 31.07.1992 ausgeschieden. Die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes war daher gemäß § 9 Abs. 2 GewO 1994 bis längstens 31.01.1993 gegeben. Obwohl Sie gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 zur Bestellung eines Geschäftsführers oder Pächters verpflichtet sind, haben Sie bisher die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers entgegen § 39 Abs. 4 GewO 1994 der Gewerbebehörde nicht angezeigt.

Obwohl über Sie bereits zu den Aktenzeichen Ge96/295/1993 und Ge96-2-1994, rechtskräftige Bestrafungen verhängt wurden, haben Sie trotzdem im Zeitraum von 21.04.1994 bis zumindest 10.07.1995 das Anmeldungsgewerbe des 'Spediteurs' ausgeübt, ohne Ihrer gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 39 Abs. 4 GewO 1994 nachgekommen zu sein.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G Speditionsgesellschaft m.b.H. sind Sie für diese Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§§ 9 Abs.1 und 2 sowie 39 Abs. 4 Gewerbeordnung 1994 i.V.m.

§ 9 (1) VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß § Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8.000,-- 3 Tage 367 Zi.1 GewO 1994 Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

800,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 8.800,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Begründend führt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 9 Abs.1 und 39 Abs.4 GewO 1994 aus, daß der von der G SpeditionsgmbH ursprünglich bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 31.7.1992 ausgeschieden sei. Nach Ablauf der im § 9 Abs.1 GewO 1994 festgesetzten und von der Behörde nicht verkürzten sechsmonatigen Frist (31.1.1993), sei die G SpeditionsgmbH ihrer gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 39 Abs.4 leg.cit., die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers der Behörde anzuzeigen, zumindest im Zeitraum von 21.4.1994 bis 10.7.1995 nicht nachgekommen, obwohl sie während dieser Zeit das Anmeldungsgewerbe: Spediteur ausgeübt habe. Das zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses anhängige Verfahren betreffend den Antrag des Berufungswerbers um Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Spediteurgewerbe, stelle für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren keine maßgebliche Vorfrage dar, weil zwischen der Entscheidung betreffend die Erteilung der Nachsicht und der für den Berufungswerber bestehenden Verpflichtung gemäß § 39 Abs.4 GewO 1994 kein Zusammenhang bestünde. Die Verpflichtung zur Anzeige der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bestünde nämlich, unabhängig davon, ob dem Beschuldigten die beantragte Nachsicht erteilt worden wäre oder nicht.

In bezug auf die subjektive Tatseite sei festzustellen, daß der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in der Schuldform des Vorsatzes begangen habe.

Die vorsätzliche Tatbegehung sowie die Tatsache, daß der Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen der gleichen Art bereits zwei Vormerkungen aufweise, seien als straferschwerende Umstände bei der Strafbemessung zu werten gewesen.

Strafmildernde Umstände seien nicht vorgelegen. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, welche bei der Strafzumessung zu berücksichtigen seien, sei eine Schätzung vorzunehmen gewesen, da der Beschuldigte der Aufforderung, diese bekanntzugeben, nicht entsprochen habe.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung vorgebracht:

Seit dem 1.1.1994 (Inkrafttreten des EWR-Vertrages) sei § 39 Abs.4 GewO 1994 dahingehend auszulegen, daß dann und nur dann eine Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers erforderlich sei, wenn nicht andere Voraussetzungen zur gewerberechtlichen Ausübung vorlägen. In seinem Fall seien jedoch die Voraussetzungen vorgelegen und habe er auch die deutschen Befähigungsnachweise der Behörde nachgewiesen.

Es hätte sohin von der belangten Behörde das Verfahren vor dem Amt der o.ö. Landesregierung (richtig wohl: Landeshauptmann) abgewartet werden müssen. Er habe jedenfalls auch den Antrag gestellt, diesen Akt als Beweismittel beizuschaffen und der Entscheidung zugrundezulegen. Offenbar sei dies jedoch nicht erfolgt. Hätte nämlich die Behörde den Akt der Landesregierung (richtung wohl: Landeshauptmann) eingeholt, dann hätte sie zum Schluß kommen müssen, daß mit Rücksicht auf die Bestimmungen des EWR eine Bestrafung nach dem 1.1.1994 nicht mehr zulässig sei.

Er selbst sei aufgrund des deutschen Befähigungsnachweises in der Lage, die Voraussetzungen des § 9 Abs.4 zu erbringen.

In diesem Sinn sei auch sein Vorbringen erstattet worden und sei diesbezüglich auch im Akt des Landeshauptmanns Bezug genommen worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sohin die belangte Behörde feststellen müssen, daß die Voraussetzungen iSd § 39 Abs.4 GewO vorlägen, weil mit Rücksicht auf die Bestimmungen des EWG die deutschen Befähigungsnachweise als in Österreich gültig anzusehen seien. Vorgeworfen werde ihm ja, daß er der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 39 Abs.4 nicht nachgekommen sei. Diese gegenständliche Verpflichtung habe ihn jedoch mit Rücksicht auf die EWR-Bestimmungen nicht mehr getroffen, sodaß die Bestrafung unzulässig sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. darf, scheidet der Geschäftsführer aus, das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.

Gemäß § 39 Abs.4 leg.cit. hat der Gewerbeinhaber die Bestellung und das Ausscheiden des Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs.2 und 3).

Gemäß § 39 Abs.5 leg.cit. ist der Gewerbeinhaber von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Rahmen des § 370 nur befreit, wenn er die Bestellung eines dem Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers gemäß Abs.4 angezeigt hat.

Wie sich aus der eingangs zitierten Gesetzesstelle (§ 9 Abs.1 leg.cit.) ergibt, ist die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bei juristischen Personen, wie dies bei der G SpeditionsgesmbH der Fall ist, obligatorisch, wobei der in Aussicht genommene gewerberechtliche Geschäftsführer die für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen erfüllen muß. Zu diesen gehört ua der Besitz des Befähigungsnachweises oder der hievon erteilten Nachsicht.

In Anbetracht, insbesondere der Bestimmungen der §§ 9 Abs.1 und 39 Abs.4 leg.cit., ist für den Beschuldigten mit seinem Berufungsvorbringen deshalb nichts gewonnen, weil die gesetzliche Verpflichtung die Bestellung des - obligatorischen gewerberechtlichen Geschäftsführers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, auch dann gegeben ist, wenn er selbst die gewerberechtlichen Voraussetzungen iSd § 39 Abs.2 leg.cit.

für die Ausübung des Gewerbes besitzt. Letzteres behauptet der Beschuldigte in seiner Berufung insofern, als er jedenfalls sinngemäß vorbringt, daß er aufgrund der EWR-Bestimmungen die Gewerbeausübungsvoraussetzungen - so auch die Befähigung - besitze. Unter diesem Gesichtspunkt wurde ihm von der belangten Behörde zutreffend entgegengehalten, daß zwischen den beim Landeshauptmann anhängigen Nachsichtsverfahren einerseits und dem gegenständlichen Strafverfahren kein Zusammenhang bestehe. Ergänzend ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, daß, wenn er aufgrund der EWR-Bestimmungen Gewerbeausübungsvoraussetzungen iSd § 39 Abs.2 leg.cit.

besäße, es seine Pflicht gewesen wäre, der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 39 Abs.4 mitzuteilen, daß die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers von ihm wahrgenommen wird.

Der Tatvorwurf ist sohin in bezug auf die objektive Tatbestandsmäßigkeit begründet.

Zum Verschulden:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Verwaltungsübertretungen, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (§ 5 Abs.1 VStG) stellen sogenannte Ungehorsamsdelikte dar, zu welchen auch die dem Beschuldigten angelastete Tat zählt. Zu ihrer Vorwerfbarkeit reicht fahrlässiges Verhalten aus. Die Glaubhaftmachung dafür, daß ihn an der angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft, was gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. ihm obliegt. Demnach wäre von ihm initiativ alles darzulegen gewesen, was für seine Entlastung spricht. Diese Darlegung ist ihm jedoch mit seinem Berufungsvorbringen nicht gelungen, sodaß ihm jedenfalls fahrlässiges Verhalten als Schuldform anzulasten ist, wodurch auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt ist.

Nicht zu folgen ist jedoch der belangten Behörde darin, daß von vorsätzlichem Handeln des Beschuldigten ausgegangen werden müsse. Sie stützt das Vorliegen von Vorsatz auf den Umstand, daß der Beschuldigte bereits einmal (29.11.1993) rechtskräftig wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bestraft worden ist, weshalb ihm die Rechtswidrigkeit seines Handelns hätte bewußt sein müssen. Dem kann insofern nicht gefolgt werden, weil wegen einer bereits einschlägig erfolgten Bestrafung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann, daß vom Bestraften eine gleichartige Verwaltungsübertretung zu einem späteren Zeitpunkt wiederum nur fahrlässig begangen werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt kann vorsätzliches Handeln des Beschuldigten nicht als erwiesen erachtet werden.

Dessen ungeachtet ist der Schuldspruch als solcher von der belangten Behörde zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Diese wird vom Beschuldigten im besonderen nicht bekämpft.

Hingewiesen wird darauf, daß jede im Rahmen eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung darstellt, welche von der Behörde nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt sohin dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Vom unabhängigen Verwaltungssenat war anhand der Aktenlage grundsätzlich keine fehlerhafte Ermessensausübung der belangten Behörde bei der von ihr erfolgten Strafzumessung zu verzeichnen. Die verhängte Strafe entspricht grundsätzlich dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat. So vor allem deswegen, weil es durch die unterlassene Anzeige über die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers es der Gewerbebehörde nicht möglich gemacht wird, sich an einen für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften Verantwortlichen zu wenden. Hiedurch wird ihr, jedenfalls was die G SpeditionsgmbH betrifft, die Vollziehung der Gewerbeordnung wesentlich erschwert. Für eine gesetzeskonforme Ermessensausübung spricht auch, daß die belangte Behörde, wie gemäß § 19 VStG geboten, auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen und sich mit dem Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen bei der Strafbemessung auseinandergesetzt hat. Daß dennoch der Berufung in bezug auf die Strafhöhe teilweise Folge zu geben war, liegt darin begründet, daß von der belangten Behörde vorsätzliches Handeln als straferschwerender Umstand gewertet wurde. Da dieser Umstand, wie oben bereits dargelegt, aber nicht ausreichend erwiesen ist, kann er bei der Strafbemessung nicht in Anschlag gebracht werden. Der unabhängige Verwaltungssenat sah sich deshalb veranlaßt, das Strafausmaß auf den im Spruch festgesetzten Betrag herabzusetzen.

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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