Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221383/2/SCHI/Km

Linz, 12.09.1997

VwSen-221383/2/SCHI/Km Linz, am 12. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des A S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 1.8.1996, Ge96-53-1996, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt.

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm im Sinne des § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1994" zu lauten hat.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, d.s. 2.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 1.8.1996, Ge96-53-1996, wurde der nunmehrige Berufungswerber schuldig erkannt, er habe im April 1996 ca. 80 Stück Tontanzschuhe für den Tanzclub R hergestellt. Dafür habe er 100 S pro Stück kassiert, und habe er dadurch das Hafnergewerbe ausgeübt, obwohl er hiezu keine erforderliche Gewerbeberechtigung besitze. Diese Tätigkeit sei mit der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt worden. Der Bw habe dadurch § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z3 GewO 1994 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt worden war. Ferner wurde er verpflichtet, gemäß § 64 VStG einen Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S zu bezahlen.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 14.8.1996 rechtzeitig Berufung erhoben. Begründend wurde ausgeführt, er sei selbst Mitglied des Tanzclubs Rohrbach und habe die Schuhe selbst entworfen; daher falle die Tätigkeit seiner Meinung nach nicht unter das Hafnergewerbe. Die Schuhe seien gleichsam als "Leistungsabzeichen" im Club erzeugt worden und würden sonst in keinem Geschäft oder auch nicht an clubfremde Personen verkauft. Durch den für die Schuhe verlangten Preis seien lediglich die ihm entstandenen Kosten abgegolten worden; einen Ertrag habe er nicht erreicht.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Da eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und der Bw nicht ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hatte, war von einer solchen abzusehen (§ 51e Abs.2 VStG), zumal der rechtserhebliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.2. Der O.ö. Verwaltungssenat geht daher von folgendem unbestrittenen Sachverhalt aus:

Der Bw hat in Baureith von der Tischlerei Groiß eine Garage gemietet, in der er einen Brennofen für Kacheln und Keramik aufgestellt hat. Im April 1996 hat der Bw für den Tanzclub Rohrbach ca. 80 Stück Tontanzschuhe hergestellt. Der Bw hat diese Schuhe auch selbst entworfen und diese wurden nur innerhalb des Tanzclubs R vertrieben. Sie wurden sonst weder in einem Geschäft verkauft und auch nicht an clubfremde Personen verkauft. Der Preis betrug 100 S pro Stück Tontanzschuh.

3.3. Da im vorliegenden Fall vom Bw der maßgebliche Sachverhalt auch zugestanden wird und sich seine Berufung ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung richtet, war eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht durchzuführen, zumal auch der Bw ausdrücklich keine verlangt hat.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 94 lit.a Z3 GewO 1994 gehört das Hafnergewerbe zu den Handwerken.

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Nach der Aktenlage besaß der Bw zum Zeitpunkt der Tat keine Gewerbeberechtigung für das Hafnergewerbe.

4.2. Mit dem Berufungsvorbringen wendet sich der Bw vor allem gegen die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde, nämlich insbesondere gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit seiner Handlungen. Zur Prüfung dieser Frage ist daher zunächst § 1 GewO 1994 heranzuziehen. In dieser Bestimmung ist der Geltungsbereich der GewO 1994 festgelegt. Demnach gilt diese für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten (Abs.1).

Eine Tätigkeit wird nach Abs.2 leg.cit. gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Gemäß Abs.3 dieses Paragraphen liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Zufolge Abs.4 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

4.3. Hier ist zunächst anzumerken, daß im gegenständlichen Fall nach den Umständen des Falles der Bw jedenfalls selbständig gehandelt hat und weiters auch eine regelmäßige Tätigkeit vorliegt, zumal die Anfertigung von 80 Tontanzschuhen einerseits längere Zeit erfordert und andererseits durch die Anmietung der Garage und Aufstellung des Brennofens auch auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden muß.

4.4. Was die Ertragsabsicht betrifft, so ist festzuhalten, daß es geradezu lebensfremd erscheint, folgte man dem Einwand des Bw, daß durch den für die Schuhe verlangten Preis (100 S pro Stück) lediglich die ihm entstandenen Kosten abgegolten worden sind. Denn die Schuhe wurden - nach eigenen Angaben des Bw - lediglich als "Leistungsabzeichen" im Club verwendet; berücksichtigt man den relativ geringfügigen Materialwert für einen Tontanzschuh sowie die anteiligen Stromkosten (von insgesamt 80 Tontanzschuhen für 1 Stück) so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Bw mindestens die Hälfte des Schuhpreises als eigene Arbeitskosten in Rechnung gestellt hat. Damit ist aber jedenfalls ein erheblicher Ertrag erzielt worden und liegt sogar mehr als bloße Ertragserzielungsabsicht vor. Schließlich ist Gewinnabsicht bereits dann anzunehmen, wenn jemand ein Produkt nur zum Selbstkostenpreis verkauft, falls nur die gesamte Tätigkeit auf Gewinn gerichtet ist (VwGH 12.6.1956, Zl. 1363/55).

Wenn der Bw im übrigen darauf anspielt, daß die Schuhe nur im Club verwendet würden, so ist hier auf § 1 Abs.5 GewO 1994 zu verweisen, wonach die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vorliegt, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll. Die objektive Tatseite war daher jedenfalls als gegeben anzusehen.

5. Zum Verschulden: Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Bw aber nicht erstattet. 6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Im vorliegenden Fall ist die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach davon ausgegangen, daß der Bw kein Vermögen besitzt, ein monatliches Nettoeinkommen von 17.000 S hat und für drei Kinder sorgepflichtig ist. Weiters wurde als erschwerend gewertet, daß der Beschuldigte bereits einschlägig rechtskräftig vorbestraft wurde. Da der Bw hinsichtlich der Strafbemessung auch in der Berufung nichts vorgebracht hat, kann angesichts des bis zu 50.000 S reichenden Strafrahmens und der einschlägigen Vorstrafe, die bereits ebenfalls 10.000 S erreicht hatte, der von der BH Rohrbach vorgenommenen Abwägung bei der Verhängung der gegenständlichen Strafe nicht entgegengetreten werden. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

7. Die Vorschreibung des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren gründet sich auf § 64 Abs.2 VStG. Demnach ist der Beitrag für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen; d.s. im vorliegenden Fall 2.000 S.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer

Beschlagwortung: Tontanzschuhe; Selbstkostenpreis, Ertragsabsicht

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