Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221385/2/Ko/Bk

Linz, 14.11.1996

VwSen-221385/2/Ko/Bk Linz, am 14. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Guschlbauer über die Berufung der Frau S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 2. August 1996, Ge-586/96, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 366 Abs.1 Z1 iVm § 369 GewO 1994; § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 17, 19, 24, 51e und 51i VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden der Berufungswerberin 1.200 S als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat mit Straferkenntnis vom 2.8.1996 (zugestellt am 6.8.1996) über die Berufungs werberin wegen der ihr angelasteten Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil sie am 22.5.1996 in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 11.50 Uhr in bei den Häusern Nr. 47 und Nr. 137 sowie S, Gipsplastiken (venezianische Masken bzw Gipsbilder) von Haus zu Haus zum Verkauf angeboten und somit ein Gewerbe ausgeübt hat, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein.

Gleichzeitig wurde der Verfall von 9 Gipsplastiken ausgesprochen.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde in der Sache im wesentlichen aus, daß von der Beschuldigten der Tatbestand selbst nicht bestritten wurde und dieser von Gendarmerieorgangen in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit festgestellt worden war. Die von der Erstbehörde in ihrer Begründung geäußerte Rechtsansicht wird, wie nachstehend dargelegt werden wird, im Ergebnis vollinhaltlich geteilt.

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bringt die Berufungswerberin folgendes vor:

"Berufung gegen: Ge-586/96.

Hiermit erhebe ich Einspruch gegen Ihre hohe Strafe, die Sie mir auferlegt haben. Obwohl ich zur Rechtfertigung bei Ihrem Amt erschien, wurde ich zu hoch bestraft.

Ihre straferschwerenden Gründe möchte ich so widerlegen, da ich früher die Gewerbeübertretung nur begangen habe, da es mein Noch-Ehemann forderte. Da ich auch durch diesen in so eine derart finanzielle Situation kam, daß ich nicht einmal meine Fixkosten decken kann, möchte ich Sie nochmals bitten, die Strafe mild ausfallen zu lassen. Es wurde mir außerdem versichert, daß es [sich] hiebei um keine Gewerbeübertretung handle, da der eingebrachte Erlös zur Gänze Herrn M zugute kommt." 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Entscheidung vorgelegt.

Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

4. Da der Sachverhalt, wie nachstehend nochmals beschrieben, völlig unzweifelhaft ist, war eine mündliche Verhandlung entbehrlich.

5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

S, geb. am in S, Hausfrau, wohnhaft in S, suchte im Beisein von Frau B mit einem Pkw Marke Mazda, Kz. am 22.5.1996 in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 11.50 Uhr im Ortsgebiet von Herrn Dipl.Ing. S, Frau B, R und Frau F auf und bot diesen keramikgeformte bemalte venezianische Masken und Harlekin zum Verkauf an, ohne über eine entsprechende Gewerbeberechtigung zu verfügen noch Dienstnehmer eines Gewerbeberechtigten zu sein. Herrn Dipl.Ing. R konnte sie eine Maske um 300 S verkaufen. Frau S und Frau B gaben den aufgesuchten Personen gegenüber an, daß ein Teil des Verkauferlöses einem mildtätigen Zweck zugute kommt, dazu wiesen sie einen handschriftlichen Lebenslauf des Herrn M geb. in I vor, in welchem dieser angab, aufgrund seiner Behinderung durch eine Kinderlähmung zwecks Bestreitung seines Lebensunterhaltes derartige Arbeiten anzufertigen, wobei ihm Frau M helfe, diese Arbeiten herzuzeigen "und Menschen zu finden, die so nett sind und mir weiterhelfen".

Die Berufungswerberin ist bereits zehnmal rechtskräftig wegen Übertretung der GewO sowie einmal wegen Übertretung des O.ö. Sammlungsgesetzes vorbestraft. Die Beschuldigte verfügt über 8.000 S monatliches Nettoeinkommen (ohne Kinderbeihilfe); es besteht Sorgepflicht für eine minderjährige Tochter sowie Kreditverpflichtungen.

6. Rechtlich ist wie folgt zu erwägen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begehen eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; Gemäß § 1 Abs.1 GewO 1994 gilt dieses Bundesgesetz für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hierbei macht es keinen Unterschied ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil in Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder in Zusammenhang mit einer nicht in diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Wenn die Berufungswerberin nun vorbringt, daß der Erlös nicht ihr, sondern Herrn M zufließt bzw zufließen sollte, so vermag sie mit diesem Vorbringen die Strafbarkeit ihrer Tat und somit den Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 nicht auszuschließen, zumal der Gesetzestext ausdrücklich darauf abstellt, daß die Zweckbestimmung des Erlöses unerheblich ist. Ob der Erlös ihr selbst oder zur Gänze bzw zum Teil Herrn M zufließt, ändert an der Tatsache der Erfüllung des Tatbestandes des § 366 Abs.1 Z1 GewO nichts und kann auch kein besonderes Gewicht eines Milderungsgrundes bilden. Im übrigen erschien die gänzliche Selbstlosigkeit der Beschuldigten nicht lebensnah.

Bei der Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Der O.ö. Verwaltungssenat teilt die Ansicht der Erstbehörde, daß die Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat. Aufgrund ihrer zehn einschlägigen Vorstrafen ist zumindest dolus eventualis gegeben, weil die Berufungswerberin es ernstlich für möglich hielt, einen Sachverhalt zu verwirklichen, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht.

Die erstinstanzliche Behörde hat die Strafen unter Berücksichtigung der Erfordernisse des § 19 VStG festgesetzt. Die Geldstrafe beträgt nur 12 % der gesetzlichen Höchststrafe.

Wie der Ausdruck über die rechtskräftig verhängten Verwaltungsstrafen der erstinstanzlichen Behörde zeigt, konnte die Steigerung der verhängten Geldstrafen wegen der Übertretung der Gewerbeordnung von 300 S bis zuletzt (Ge-1129/95) 6.000 S die Berufungswerberin nicht von der Begehung einer weiteren Tat abhalten, sodaß aus spezialpräventiven Gründen unter Berücksichtigung des Grades des Verschuldens und trotz der eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin die Höhe der erstinstanzlich verhängten Geldstrafe geboten erscheint. Auch der Verfall der Gipsplastiken war aus spezialpräventiven Gründen erforderlich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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