Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221386/2/Ga/La

Linz, 20.12.1996

VwSen-221386/2/Ga/La                 Linz, am 20. Dezember 1996 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des R F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juli 1996, GZ 502-32/Sta/64/96c, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Strafer kenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1, § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß᧠366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) in der Höhe von 6.000 S (40 Stunden) kostenpflichtig verhängt: Er sei schuldig, er habe als Inhaber am 10. April 1996 an einem näher bezeichneten Standort in L eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Animierlokal samt Musik- und Videoanlage, bestehend aus einer Bar sowie einem weiteren Raum mit Sitzgelegenheiten für ca. zehn Personen und einer Bühne, betrieben, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage auf Grund ihres Standortes, der Betriebsart und der beim Betrieb verwendeten Geräte geeignet sei, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

2.  Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung in vollem Umfang mit dem Antrag auf Behebung. Die belangte Behörde legte den bezughabenden Strafverfahrens akt vor und erstattete keine Gegenschrift und keinen Antrag.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen.

3.1.  Als Berufungsgründe macht der Beschuldigte geltend die unrichtige und mangelhafte Feststellung des Sachver haltes insbesondere auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Hiezu führt er aus, daß zum einen in Wahrheit von der Strafbehörde ein Sachverhalt, der unter § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 subsumierbar wäre, gar nicht festgestellt worden sei. Zum anderen sei das Straferkenntnis mit zahlreichen Feststellungsmängeln behaftet, die eine abschließende rechtliche Beurteilung verhinderten. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Ergebnis im Recht.

3.2.  Nach § 366 Abs.1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungs übertretung, wer (Z2) eine genehmigungspflichtige Betriebs anlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Im Grunde des § 44a Z1 VStG hat ein im Verwaltungsstraf verfahren ergehender Schuldspruch "die als erwiesen ange nommene Tat" zu enthalten. Demnach ist es rechtlich ua ge boten, die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu um schreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Ver waltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Bezogen auf § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 als hier iSd § 44a Z2 VStG durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift mußáder Schuldspruch, um dem Bestimmtheitsgebot zu entsprechen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl VwGH 25.6.1991, 90/04/0216).

3.3.  Diesem Erfordernis kommt der Spruch des angefoch tenen Straferkenntnisses nicht ausreichend nach. Wie der VwGH in dem bezogenen Erkenntnis ausgeführt hat, ist keine Betriebsanlage, insbesondere auch kein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart "Bar" schon abstrakt, dh losgelöst von Sach verhaltselementen, die im konkreten Einzelfall die Genehmigungspflicht iSd § 74 Abs.2 GewO 1994 begründen, ge nehmigungspflichtig. Dieser Rechtssatz gilt sinngemäß auch für das gegen ständlich inkriminierte Gastlokal in der Betriebsart "Animierlokal". Zwar ist im Schuldspruch angegeben, daß die am Tattag vorgefundene Betriebsanlage aus einer Musik- und Videoanlage, aus einer Bar sowie einem weiteren Raum samt Sitzgelegenheiten für ca. zehn Personen und einer Bühne bestanden habe. Damit ist aber noch kein die Genehmigungs pflicht auslösender Sachverhalt beschrieben, weil die daran anschließende Formulierung des Spruchs, daß nämlich "diese Betriebsanlage auf Grund ihres Standortes, der Betriebsart und der beim Betrieb verwendeten Geräte geeignet" sei, Nachbarn durch Lärm zu belästigen, gänzlich offen läßt, WORIN das am 10. April 1996 festgestellte Betreiben bestanden haben soll und WELCHE Geräte dabei verwendet worden seien. Auch die erste Verfolgungshandlung, das ist die AzR vom 24. Juni 1996, ist in derselben Weise unbestimmt.

3.4.  Fehlt aber ein iSd § 44a Z1 VStG rechtlich erforderlicher Ausspruch im Bescheidspruch, kann dieser - zumindest nach der Judikatur des VwGH - durch Begründungs darlegungen nicht ersetzt werden. Aber auch solche Darlegungen enthält das angefochtene Straferkenntnis nicht. Zwar wird eingangs der Begründung auf Anrainerbeschwerden und auch auf eine im Barbereich installiert gewesene Musikanlage, über die wesentlich lautere Musik als Hintergrundmusik dargeboten werden könne, verwiesen. Diese Begründungsausführungen beziehen sich jedoch eindeutig auf den 19. Februar 1996, der als Tattag freilich nie vorgeworfen wurde (auch nicht in der AzR vom 24. Juni 1996).

Tatzeit im Berufungsfall ist einzig und allein der 10. April 1996: Darauf bezogen können dem Strafverfahrensakt, in den als Beweismittel Einsicht genommen wurde, entgegen der insoweit irreführenden Angabe in der Begründung des angefoch tenen Straferkenntnisses solche Ermittlungsergebnisse, die eine Genehmigungspflicht der spruchgegenständlichen Betriebsanlage zu stützen vermöchten, nicht gefunden werden. Die auf Seite vier Mitte der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses erwähnten "Feststellungen der Amtssachver ständigen des Magistrates Linz" können nach der Aktenlage, wenn überhaupt, nur von der Nachschau am 19. Februar 1996 hergeleitet werden. Für die Tatzeit '10. April 1996' hingegen sind im Strafakt keinerlei Feststellungen von Amtssachverständigen dokumentiert. Mit Relevanz für diesen Tag liegt dem Akt lediglich eine Strafanzeige der Bundes polizeidirektion Linz, Kriminalpolizeiliche Abteilung Jugend und Sitte, vom 12. April 1996 ein. Daraus aber geht weder das Vorhandensein von Nachbarn, noch Beschwerden von Nachbarn hervor und auch nicht, daß irgendeine Musikanlage installiert, geschweige denn eingeschaltet gewesen wäre. Auch über irgendwelche (anderen) Geräte, die zufolge der Annahme des Schuldspruchs (auf welche Weise immer) verwendet worden wären, enthält diese Anzeige keinerlei Feststellung. Im Ergebnis ist weder aus dem Schuldspruch noch aus der Begründung noch aus dem Akt insgesamt zu entnehmen, welche zur Lärmerregung geeigneten betrieblichen Gerätschaften am Tattag konkret vorgefunden worden seien und auf welche Nachbarn Lärmemissionen allenfalls hätten einwirken können. Vorliegend kann aus objektivem Blickwinkel auch nicht zugrundegelegt werden, daß im Sinne der Judikatur des VwGH (vgl Erk 25.1.1994, 93/04/0201) die Eignung dieser Betriebs anlage zur Belästigung der Nachbarschaft durch Lärm schon zufolge ihrer Größe nach der allgemeinen Lebenserfahrung unterstellbar wäre, weil diese Rspr von erheblich größeren Gastgewerbebetrieben ausgeht; in diese Kategorie fällt die vorliegend inkriminierte Anlage, die nach der Beschreibung des Schuldspruchs nur aus einer Bar und einem weiteren Raum mit lediglich ca zehn Sitzgelegenheiten und einer Bühne besteht, nicht, zumal auch eine konkrete Nachbarschaft für die Tatzeit nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist.

3.5.  Abgesehen davon, daß nach ständiger Rspr des unab hängigen Verwaltungssenates dieser schon von Verfassungs wegen nicht die Ermittlungsverfahren zur (erstmaligen) Fest stellung des maßgebenden Sachverhalts ANSTELLE der Straf behörden zu führen hat, ist im Berufungsfall - es handelt sich dem Grundtypus nach um den Vorwurf eines fortgesetzten Delikts - im Hinblick auf den alleinigen Tattag '10. April 1996' zufolge eines unbestimmt gebliebenen Tatvorwurfs Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb wie im Spruch zu erkennen war.

4.  Mit dieser Entscheidung entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuer legen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum