Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221413/5/Kl/Rd

Linz, 02.12.1997

VwSen-221413/5/Kl/Rd Linz, am 2. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 25.11.1996, Ge-406/95, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 25.11.1996, Ge-406/95, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.500 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil er es zu vertreten hat, daß er am 3.4.1995 gegen 12.20 Uhr in 3270 Scheibbs, Musikkassetten von Haus zu Haus zum Verkauf angeboten und somit ein Gewerbe ausgeübt hat, ohne daß er im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung war. Gleichzeitig wurden gemäß § 17 VStG iVm § 369 GewO 1994 die am 6.4. (gemeint wohl 3.4.) 1995 vom GP 3270 Scheibbs beschlagnahmten fünf Stück Musikkassetten und ein Ausweis (Firma A) lautend auf U für verfallen erklärt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen ausgeführt wurde, daß der Bw der Meinung sei, daß die Gegenstände für einen guten Zweck verkauft wurden und er dafür keine Bezahlung bekam und er daher nicht einsehe, warum er für diese Tat bestraft werde. Er habe nicht gewußt, daß er für diese Tätigkeit eine Gewerbeberechtigung benötige. Er hoffe, daß seiner Berufung Folge gegeben werde. 3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat keine Berufungsvorentscheidung getroffen und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und eine Auflistung der vorhandenen Verwaltungsstrafvormerkungen angeschlossen.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 53 Abs.1 GewO 1994 darf das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus nur ausgeübt werden, aufgrund 1) der Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländischem Brennholz, inländischer Butter und inländischen Eiern oder 2) einer Bewilligung der Gemeinde, die nur Gewerbetreibenden, die ihre Tätigkeit in kleinerem Umfang ausüben und die nicht im Firmenbuch eingetragen sind, zu deren besserem Fortkommen auf Ansuchen für das Feilbieten ihrer eigenen Erzeugnisse, beschränkt auf das Gemeindegebiet, nach Anhörung der zuständigen Gliederung der Landeskammer der gewerbl. Wirtschaft auf Widerruf zu erteilen ist.

Das Feilbieten im Umherziehen ist daher als freies Gewerbe anzuzeigen. Unter "Feilbieten" iSd § 53 GewO 1994 ist eine über das Anbieten hinausgehende und auf den Verkauf der Waren gerichtete Tätigkeit zu verstehen (VwGH 19.3.1985, 84/04/0049). Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Eine Tätigkeit muß nicht, um gewerbsmäßig zu sein, im eigenen Namen ausgeübt werden; eine gewerbliche Tätigkeit ist jener Person zuzurechnen, auf deren Rechnung und unternehmerisches Risiko diese entfaltet wird (vgl. Kobzina-Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S.573 mN). Allerdings indiziert der Vorwurf des Verkaufs der Gegenstände allein noch nicht die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 GewO (VwGH 29.1.1991, 90/04/0126). Es hat daher der Vorwurf iSd § 44a Z1 VStG sowohl eine Umschreibung der als gewerbliche Tätigkeit erfaßten Handlung - danach wäre auch eine Umschreibung des Feilbietens durch den Verkauf an verschiedene Personen zu konkretisieren - als auch die Umschreibung der Gewerbsmäßigkeit dieser Handlung - nämlich die Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Entgeltlichkeit bzw. Gewinnerzielungsabsicht - zu enthalten (VwGH v. 24.11.1992, Zl. 92/04/0156 und vom 28.2.1995, Zl. 93/04/0002).

Weil eine entsprechende Tatumschreibung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG weder durch die Strafverfügung noch durch das angefochtene Straferkenntnis erfolgt ist, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Es war daher auch die gemäß § 369 GewO 1994 iVm § 17 VStG verhängte Verfallsstrafe aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil der Berufung Folge gegeben wurde und das Verfahren eingestellt wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: konkretisierte Umschreibung des "Feilbietens" erforderlich; Entgeltlichkeit, Gewinnerzielungsabsicht als Tatumschreibung

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