Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221277/2/Kl/Rd VwSen221278/2/Kl/Rd

Linz, 11.09.1996

VwSen-221277/2/Kl/Rd

VwSen-221278/2/Kl/Rd Linz, am 11. September 1996

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des GW, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 24.8.1995, Ge96-1-6-1994-Gru/M und Ge96-5-6-1994-Gru/M, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der BH Eferding vom 24.8.1995, Ge96-1-6-1994-Gru/M und Ge96-5-6-1994-Gru/M, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 5.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 53a iVm § 367 Z17 GewO 1973 idF BGBl.Nr. 532/1993 iVm § 9 VStG verhängt, weil er es mangels Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers im genannten Zeitpunkt als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P F GesmbH und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P F GesmbH zu verantworten hat, daß ein Arbeitnehmer des genannten Unternehmens am 5.1.1994 um ca. 14.30 Uhr im Ortsgebiet von H, Gemeinde H, an Frau M R, H, und an Frau I M, H, Fleisch- und Wurstwaren im Umherziehen mit dem PKW, polizeiliches Kennzeichen , von Haus zu Haus feilbot, obwohl die P F GesmbH von der BH Eferding keine Bewilligung für diese gewerbliche Tätigkeit erlangt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser dargelegt, daß der Bw mit Bescheid der BH Grieskirchen zu Ge10-331-1995 mit Wirkung vom 14.6.1995 am Standort St. A, K, eine weitere Betriebsstätte in Betrieb genommen hat. Der Bw führt aus, daß unzulässigerweise zwei verschiedene Vorhalte (zwei verschiedene Strafverfügungen) nunmehr in einem Strafverfahren zusammengefaßt wurden. Der Tatvorwurf sei nicht ausreichend konkretisiert, weil in der Begründung des Erkenntnisses vorgeworfen werde, daß bis 5.1.1994 jeden Mittwoch nachmittags Fleisch- und Wurstwaren im Umherziehen von Haus zu Haus in H feilgeboten wurden, obwohl dies mit Sicherheit am 8.12.1993 und 29.12.1993 nicht der Fall war. Auch sei die Beweiswürdigung der im Verfahren einvernommenen Zeugen nicht korrekt, weil diese angaben, Wurstwaren vorbestellt zu haben und einen Kauf am 5.1.1994 nicht bestätigten. Auch entspricht der Vorwurf nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG. Es wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die BH Eferding als belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsstrafakte vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Weil sich die Berufung nur auf die rechtliche Beurteilung bezieht und im übrigen schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z17 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 532/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer das den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a ausübt, wenn nicht der Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 oder der erste Tatbestand des § 368 Z6 oder der Tatbestand des § 368 Z7 gegeben ist.

Gemäß § 53a leg.cit. dürfen Bäcker, Fleischer und Lebensmittelhändler Waren, zu deren Feilhaltung sie aufgrund ihrer diesbezüglichen Gewerbeberechtigung berechtigt sind, im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus feilbieten.

Das Feilbieten darf nur von Gewerbetreibenden ausgeübt werden, die in dem Verwaltungsbezirk, in dem sie das Feilbieten gemäß Abs.1 ausüben, oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Gemeinde das betreffende Gewerbe in einer ortsfesten Betriebsstätte ausüben; außerdem dürfen noch solche Waren feilgeboten werden, die auch in dieser ortsfesten Betriebsstätte feilgehalten werden.

Unter "Feilbieten" ist eine für über das Anbieten hinausgehende und auf den Verkauf von Waren gerichtete Tätigkeit zu verstehen (VwGH 28.5.1952, 725/52, Slg 2556 sowie VwGH 19.3.1985, 84/04/0049, Slg. 11711), also auch das Mitführen der Ware und die Bereitschaft, sie sogleich an jeden Kauflustigen zu verkaufen. Voraussetzung der Strafbarkeit ist nicht, daß es tatsächlich zu einem Verkauf (Abschluß eines Verkaufsgeschäftes) gekommen ist (vgl. Mache-Kinscher, GewO, 5. Auflage, S.228, Anm.2 und 3).

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

4.2.1. Nach den obzitierten Bestimmungen ist es unbedingt erforderlich, das "Feilbieten" entsprechend der konkreten Tathandlung dem Bw konkretisiert in wörtlicher Umschreibung vorzuwerfen, dies im Hinblick auf die oa Judikatur des VwGH.

Dazu ist insbesondere auch eine Unterscheidung erforderlich, ob es sich um vorbestellte Ware oder um an Ort und Stelle angebotene und zum Verkauf mitgeführte bereitgehaltene Ware handelte. Entsprechend dem aktenkundigen Beweisverfahren handelt es sich um das Ausliefern einer vorbestellten Fleisch- und Wurstware, was nach der angeführten Judikatur noch nicht der Tathandlung des Feilbietens entspricht.

4.2.2. Eine Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde für das Feilbieten im Umherziehen ist hingegen nicht vorgesehen.

Es ist aber von wesentlicher Bedeutung, ob der Gewerbetreibende in dem Bezirk, in dem er das Feilbieten ausübt (also im Bezirk Eferding) oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Gemeinde das betreffende Gewerbe (Fleischergewerbe) in einer ortsfesten Betriebsstätte ausübt. Die sohin negative Voraussetzung einer ortsfesten Betriebsstätte im Verwaltungsbezirk der belangten Behörde, also das Nichtvorliegen einer ortsfesten Betriebsstätte, ist daher als wesentliches Tatbestandselement ebenfalls dem Bw in eindeutiger Weise vorzuwerfen. Diesfalls ist es auch erheblich, daß die im gegenständlichen Spruch angeführte P F GesmbH ihren Standort für das Fleischergewerbe und Sitz in W/I., Bezirk Schärding, hat. Nur für dieses Gewerbe (neben Bäcker und Lebensmittelhändler) ist die Sonderregelung des § 53a GewO heranzuziehen. Im übrigen würde nämlich die Bestimmung des § 53 GewO über das Feilbieten im Umherziehen gelten.

Weil innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist eine diesbezügliche konkretisierte Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde, war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war daher auf die weiteren Berufungsausführungen nicht einzugehen.

5. Weil der Berufung Erfolg beschieden ist, waren Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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