Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221375/13/Ga/Ha VwSen221376/13/Ga/Ha

Linz, 29.09.1997

VwSen-221375/13/Ga/Ha

VwSen-221376/13/Ga/Ha Linz, am 29. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Ferdinand F, vertreten durch Dr. Johann K, Rechtsanwalt in R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 17. Juni 1996, Zlen. Ge96-3-1996 und Ge96-101-1995, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung durch öffentliche Verkündung am 9. September 1997 zu Recht erkannt: Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Fakten aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, 51c, § 51i; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung 1. nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 und 2. nach § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 schuldig gesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, er habe auf seinem Hof in der Gemeinde M an bestimmten Tagen jedenfalls im A, S und (hauptsächlich) im O 1995 jeweils mehrere Stunden (zwischen zwei bis sechseinhalb Stunden) 1. Getreidereinigungsarbeiten für fremde Personen entgeltlich durchgeführt (Ertrag von 220.000 S) und dadurch, ohne jedoch hiefür eine Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, das Gewerbe "Betrieb einer Getreidereinigungsanlage" ausgeübt; 2. die Getreidereinigungsanlage (Dinkelreinigungsanlage) überwiegend für Dritte so betrieben, daß sie nicht mehr als Anlage zur Ausübung eines Nebengewerbes zur Landwirtschaft, sondern vielmehr - wegen der mit ihrem Betrieb verbundenen Lärmbelästigung für die Nachbarn - als genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage zu beurteilen sei, die daher erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung jedoch nicht vorgelegen sei. Über den Berufungswerber wurden Geldstrafen in der Höhe von 1. und 2. je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je drei Tage) je kostenpflichtig verhängt.

1.2. In der Begründung faßt die belangte Behörde die Ergebnisse ihres Ermittlungsverfahrens zusammen und zieht nach einläßlicher rechtlicher Beurteilung den Schluß, daß die inkriminierte Tätigkeit (das Betreiben der Getreidereinigungsanlage) nicht als - gemäß § 2 Abs.4 Z1 GewO 1994 von der Gewerbeordnung ausgenommenes - Nebengewerbe der Landwirtschaft angesehen werden könne. Es habe nämlich der vorzunehmen gewesene Vergleich ergeben, daß "innerhalb des pflanzlichen Produktionsbereiches" die Tätigkeiten der Verarbeitung und Bearbeitung, ds die hier in Rede stehenden Getreidereinigungsarbeiten, gegenüber der Erzeugung des Getreides (vor allem: Dinkel) deutlich übergeordnet seien. Aber auch auf den Dienstleistungstatbestand im Sinne des § 2 Abs.4 Z4 GewO 1994 könne sich der Beschuldigte nicht stützen, weil es sich bei der Getreidereinigung nicht mehr um Urproduktion und daher nicht um Land- und Forstwirtschaft handle; allenfalls könnte - bei wirtschaftlicher Unterordnung - ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft vorliegen. Eine Getreidereini-gungsanlage könne daher "niemals" ein landwirtschaftliches Betriebsmittel, sondern allenfalls ein Betriebsmittel zur Ausübung eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes sein. Dies ergäbe sich aus der einschlägigen Judikatur, wonach in einem vergleichbaren Fall eine Säge zum Schneiden von Brettern nicht als landwirtschaftliches Betriebsmittel habe beurteilt werden dürfen. Weil daher die hier fragliche Tätigkeit weder dem einen noch dem anderen Ausnahmegrund unterstellt werden könne, unterliege sie dem Regime der Gewerbeordnung, woraus schließlich die Tatvorwürfe im Sinne des Schuldspruchs (oben 1.1.) abzuleiten gewesen seien und der Beschuldigte hiefür mit Fahrlässigkeitsschuld im Grunde des § 5 Abs.1 und Abs.2 VStG auch einzustehen habe.

2. Mit der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung bestreitet der Beschuldigte die Taten und bringt ua vor, daß die Getreidereinigungsanlage in seinem Vollerwerbsbetrieb schon von seinem Vater und Großvater, mindestens aber seit 1920, damals mit einer einfachen, heute noch vorhandenen Pfanne betrieben und immer schon sowohl eigenes als auch fremdes Getreide damit gereinigt worden sei. Er selbst habe die Anlage nur modernisiert und er reinige nach wie vor auch sein eigenes, auf seinen Ackerflächen poduziertes Getreide. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise eine mündliche Verhandlung zur Vernehmung seines Vaters als Zeugen.

3. Im Hinblick auf die Tatbestreitung und den ausdrücklichen Verhandlungsantrag einerseits sowie zur Klärung maßgeblicher Sachfragen andererseits hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 9. September 1997 anberaumt und in Anwesenheit der Parteien (der Beschuldigte erschien mit seinem Rechtsfreund) durchgeführt. Mit ihnen wurde der bisherige Gang des Verfahrens anhand der Aktenlage erörtert. Im Beweisverfahren wurde der Beschuldigte vernommen und der Sachverständigenbeweis geführt.

3.1. Schon im Verfahren vor der Strafbehörde (in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 5. Februar 1996) reklamierte der nunmehrige Berufungswerber den Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs.4 Z4 GewO 1994 für sich und wendete ein, daß es sich bei seiner Getreidereinigungsanlage um ein landwirtschaftliches Betriebsmittel handle, das er auch im eigenen Betrieb verwende. Was die Verwendung für andere Landwirte angehe, sei dies bisher immer nur für Betriebe aus dem Bezirk R und aus angrenzenden Verwaltungsbezirken geschehen. Trotz dieses Vorbringens hat die belangte Behörde im gesamten Ermittlungsverfahren, aber auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses den Vorgang der Getreidereinigung stets aus dem Blickwinkel der Verarbeitung und Bearbeitung des Getreidekorns (als Naturprodukt) betrachtet. Ob aber die vom Berufungswerber in seinem Betrieb mit seiner Anlage durchgeführte Reinigung des Dinkels und anderer Getreidearten tatsächlich als Verarbeitung oder Bearbeitung des Naturproduktes gewertet werden muß, ist keiner Sachklärung zugeführt worden. Daher war naheliegend, das Beweisverfahren in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Klärung dieser nach den Umständen wesentlichen Sach- (und Rechts-)frage zu nutzen. Dem sollte der Sachverständigenbeweis zu folgendem Beweisthema dienen:

"Wie ist die in einem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb (nicht nur für eigenes Getreide, sondern auch) für 'fremdes' Getreide unternommene Getreidereinigung einzuordnen: * als 'Dienstleistung' oder bereits * als 'Bearbeitung'? Wenn 'Dienstleistung': ist eine Getreidereinigungsanlage ein 'landwirtschaftliches Betriebsmittel'?" 3.2. Auf Grund der Verhandlung stellt der unabhängige Verwaltungssenat folgenden Sachverhalt als maßgebend fest (§ 51i VStG):

Beim Betrieb F handelt es sich um einen land- und forstwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit 19,5 ha, davon 3 ha Wald, die landwirtschaftlichen Nutzflächen teilen sich auf 10 ha Acker und etwa 10 ha Grünland auf. Von den Ackerflächen werden etwa 5 ha Dinkel, 1 ha Weizen, 1 ha Roggen, 1,5 ha Sommergetreide, 1,5 ha Hafer angebaut. Die Erträgnisse der einzelnen Fruchtarten sind im Durchschnitt pro ha bei Dinkel mit ca. 2.000 kg anzunehmen, bei Weizen mit ca. 4.500 kg, bei Roggen ca. 3.500 kg, bei Sommergerste ca. 3.500 kg und bei Hafer ca. ebenfalls 3.500 kg. Diese Durch-schnittserträge liegen deswegen niedriger als die Durchschnittserträge der konventionellen Landwirtschaft, weil auf den Biobetrieben keine Düngung oder keine mineralische Intensivdüngung erfolgen darf. Der Berufungswerber betreibt auch Stierzucht auf seinem Hof; für die Mästung verwendet er seit jeher eigenes Getreide, das er mit der in Rede stehenden Anlage reinigt, um der Gefahr der Verpilzung entgegenzuwirken. An den bezeichneten Tagen fielen im Hinblick auf die Erntezeit auch andere Arbeiten an, wie Gemüseernte, Erdäpfelernte, Äpfelernte, Heuernte, Einbringung von Grünfutter, diverse Arbeiten im Stall für die Viehhaltung (damaliger Viehbestand: etwa 10 Stiere, 15 Milchkühe und 3 Kälber). Alle diese Arbeiten führte im wesentlichen der Berufungswerber selbst durch, sein Vater half nach Möglichkeit mit; ebenso die Lebensgefährtin des Berufungswerbers; sonstige Arbeitskräfte waren nicht beschäftigt; die Getreidereinigungsanlage bediente der Berufungswerber allein. Nicht verifiziert werden konnte die Annahme des Schuldspruches zu Faktum 1., daß nämlich an den angegebenen Tagen nur fremdes Getreide gereinigt worden sei. Bei der Getreidereinigungsanlage des Berufungswerbers handelt es sich um eine Durchsatzanlage, die im wesentlichen aus drei Elementen besteht: die Dinkelentspelzungsmaschine, der Aspirateur als Luftreinigungsgerät und schließlich die Sortiermaschine, der sogenannte Sortiertisch. Die daraus sich ergebenden drei Arbeitsgänge werden im Durchsatzverfahren betrieben, wobei die Getreideentspelzungsanlage allerdings nur bei Dinkel eingesetzt wird, bei den übrigen Getreiden nicht. Auch ein sogen. 'Trier', das ist eine ältere Getreidereinigungsanlage, ist noch vorhanden; sie wird allerdings nicht mehr eingesetzt. Solche Geräte sind frührer bei vielen Landwirtschaftsbetrieben gestanden. Die Getreidereinigungsanlage wird seit jeher im südwestlichen Hofgebäude stationär betrieben. Errichtet wurde die Anlage in ihrer heutigen Konzeption im Jahr 1980, das Gerät zur Dinkelentspelzung ist jedoch ca. 60 Jahre alt, der Aspirateur ca Baujahr 1950. Eine räumliche Erweiterung am Betriebsstandort fand nicht statt (früher wurde die Anlage mit einer Kurbel betrieben und wurde "Windmühle" genannt). Ursprünglich unternahm der Berufungswerber die Modernisierung der Anlage nur für seinen eigenen Bedarf (Gesamtinvestitionskosten rd 100.000 S); die erhöhte Leistungsfähigkeit der Anlage sprach sich aber herum und im Laufe der Zeit kamen immer mehr "Kollegen" mit ihrem Getreide zum Berufungswerber. Die Hauptzeit für den Betrieb der Anlage ist grundsätzlich der Herbst, also die Erntezeit. Zu anderen Zeiten im Jahreslauf wird die Anlage nur sporadisch - für fremdes Getreide ebenso wie für eigenes Getreide - in Betrieb genommen. Die Reinigung des fremden Getreides geht so vor sich, daß das Getreide die Maschine durchläuft und das gereinigte Getreide dann gleich wieder mitgeführt wird; irgendeiner Bearbeitung im Betrieb des Berufungswerbers wird es nicht unterzogen.

Im allgemeinen ist die Anlage für den Dinkel stärker in Betrieb genommen als für die anderen Getreidesorten; das ergibt sich aus der Eigenart des Dinkelgetreides und es werden deshalb für Dinkel nicht dieselben Kiloleistungen per Stunde erreicht wie für anderes Getreide. Im Schnitt liegt die Stundenleistung des Gerätes bei ca. 250 bis 300 kg pro Stunde und bei der Reinigung anderer Getreide bei ca. 500 kg pro Stunde. Daraus ergibt sich eine Einsatzdauer der Anlage für das eigene Getreide von insgesamt ca. 64 Stunden, wenn zugrunde gelegt wird, daß ca. 10.000 kg Dinkel etwa 33 Stunden Reinigungsleistung bei den vorgenannten Durchsatzzeiten benötigen, Weizen ca. neun Stunden, Roggen ca. sieben Stunden, bei Sommergerste und Hafer (ca. drei Viertel des Futtergetreides) ca. 15 Stunden. Eine Reinigungsanlage dieser Art ist gerade für einen biologisch wirtschaftenden Vollerwerbsbetrieb, der Produkte durch Direktabsatz, zB Ab-Hof-Verkauf und Bauernmarkt, verkauft, eine wichtige Voraussetzung erfolgreichen Wirtschaftens, weil ungereinigtes Getreide bzw nicht entspelzter Dinkel weder direkt verkauft noch verarbeitet werden kann. Die Dinkelentspelzung ist ein zusätzlich zum Dreschvorgang, welcher mit dem Mähdrescher auf dem Feld durchgeführt wird, erforderlicher Arbeitsvorgang. Beim Dreschvorgang nämlich kann die Spelzenumhüllung des Dinkelkornes nicht entfernt werden, weil sie zum Teil relativ fest mit dem Korn verwachsen ist. Bei der hier gegenständlichen Entspelzungsanlage handelt es sich also um eine Art Steinmühle, wo durch den Durchsatz des Dinkelkorns die Spelzen vom Korn heruntergerieben werden. Da gerade biologische Betriebe sehr häufig geringe Produktionflächen haben und der Dinkelanbau gerade auf biologischen Betrieben eine weit verbreitete Fruchtart ist und eine Entspelzungsanlage gerade bei kleineren Betrieben nicht wirtschaftlich wäre, ist es naheliegend, daß vor allem Vollerwerbsbetriebe, welche einen größeren Umsatz aus der Eigenproduktion haben, auch Produkte aus kleineren Fremdbetrieben mitreinigen. Dies wird dadurch unterstrichen, daß gerade in letzter Zeit für die ansteigende Anzahl von biologischen Betrieben ein besonderer Bedarf nach Adressen von Betrieben mit Dinkelentspelzungsanlagen besteht. Die in der fraglichen Zeit zwecks Getreidereinigung anliefernden Fremdbetriebe waren, nach Erörterung und Würdigung der im Strafakt einliegenden diesbezüglichen Aufzeichnungen zumindest im Zweifel, sämtliche aus dem Bezirk Ried i.I. oder aus angrenzenden Bezirken. Aus fachlicher Sicht ist die so beschriebene Reinigung von Getreide bzw Entspelzung von Dinkel nicht als Bearbeitung des Rohproduktes zu verstehen, weil das Ernteprodukt durch diese Vorgänge nicht verändert wird und insbesondere bei Dinkel eine Verarbeitung des Korns ohne Entspelzung nicht möglich wäre. Dinkel bringt man durch die Entspelzung auf einen Zustand, wie er auch analog zu anderen Getreidearten der anschließenden Be- und Verarbeitung zugeführt wird. Diese Reinigung von Getreide ist vielmehr als Vorgang anzusehen, bei dem die im Zuge der Ernte entstandenen Verunreinigungen - der Mähdrescher erntet gleichermaßen Unkraut und Getreide und kann auch Pflanzenreste von Unkraut oder Getreidehalmen nicht automatisch absondern - wieder entfernt werden, sodaß das Entspelzen sogar noch als sozusagen ausgelagerter Ernteschritt eingeordnet werden kann. In diesem Sinne ist eine Getreidereinigungsanlage generell - und im besonderen auch die gegenständliche Anlage - unter den weiten Begriff landwirtschaftliches Betriebsmittel einzuordnen, wenngleich man im betriebswirtschaftlichen Sinn bei derartigen Einrichtungen nicht von 'Betriebsmittel', sondern von 'Betriebsanlagen' spricht. Das gilt jedoch auch für Maschinen, die in einem überbetrieblichen Einsatz gegen Entgelt stehen. Somit ist aus fachlicher Sicht der überbetriebliche Einsatz einer Getreidereinigungsanlage vergleichbar mit dem überbetrieblichen Einsatz zB eines Mähdreschers, der im Rahmen zB von Maschinenringen oder auch über Privatvereinbarungen zwischen Landwirten nicht dem Gewerbe zuzuordnen ist. Es handelt sich also bei der Reinigung nur um die Trennung des eigentlichen Urproduktes, des Getreidekorns, von Verunreinigungen jeder Art. Das Korn - weder beim Dinkel noch bei den anderen Getreiden - wird durch die Reinigung in seiner Beschaffenheit nicht verändert. Das geht auch daraus hervor, daß das Korn keimfähig ist und als Saatgut verwendet wird. Es kann daher aus allen diesen Gründen die Erzielung eines reineren Urproduktes nicht als Bearbeitungsschritt angesehen werden.

3.3. Dieser Sachverhalt stützt sich auf die Würdigung folgender Beweise: Vernehmung des Beschuldigten und des Amtssachverständigen, Hofrat Dipl.Ing. Alois G, der den Betrieb F zwecks Befundaufnahme einer Besichtigung unterzogen hatte. Der Amtssachverständige wurde zu seinem in der Verhandlung vorgetragenen Gutachten auch vom Beschuldigtenvertreter und vom Vertreter der belangten Behörde befragt. Belangvolle Widersprüche im Vergleich beider Beweisergebnisse sind nicht zutage getreten. Die Aussagen des Amtssachverständigen halten auch einer Wortinterpretation der Begriffe 'Verarbeitung' und 'Bearbeitung' stand. So wird in den gängigen Wörterbüchern 'Verarbeitung' (Spezifikation) als Umbildung, genauer als Behandlung eines Stoffes durch Arbeiten, die ihn erheblich verändern, erklärt. Daß der hier zu beurteilende Reinigungsvorgang 'Verarbeitung' nach diesem Begriffsverständnis sein könnte, schied somit von vornherein aus. Näher zu prüfen war jedoch der Begriffsinhalt von 'Bearbeitung' (Adaption). Dem Wortsinn nach wird darunter eine biologische oder physiologische, dh die Lebensvorgänge im Organismus betreffende Anpassung eines Stoffes verstanden. Wird aber, so die gutachtliche Feststellung des Sachverständigen, das Korn in seiner Beschaffenheit durch den Reinigungsvorgang bzw durch die Entspelzung nicht verändert, dann kann auch von 'Bearbeitung' im eben aufgezeigten Wortsinn nicht gesprochen werden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen: 3.4. Gemäß § 2 Abs.1 Z2 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft nicht anzuwenden.

Nebengewerbe sind gemäß § 2 Abs.4 Z4 GewO 1994 auch Dienstleistungen (....) mit land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln, die im eigenen Betrieb verwendet werden, für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben oder einem anderen angrenzenden Verwaltungsbezirk; (...).

3.4. Vor diesem Hintergrund steht nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens fest, daß die mit der beschriebenen Anlage (auch) "für fremde Personen" unternommene Getreide-(Dinkel)reinigung unter den Dienstleistungstatbestand der Ausnahme gemäß § 2 Abs.4 Z4 GewO 1994 fällt.

- Das Naturprodukt, hier das Getreidekorn, wird durch das Reinigen mit dieser Anlage weder (iS von Anderswerden) verändert noch sonst organisch, das heißt in seinen inneren Lebensvorgängen "zurechtgerichtet", sodaß keine Bearbeitung und erst recht keine Verarbeitung vorliegt; einer Analogie zu dem vom angefochtenen Straferkenntnis herangezogenen Fall der (bäuerlichen) Säge, mit der Holz zu Brettern verarbeitet wird, ist daher der Boden entzogen.

- Die Anlage ist als typisches land- und forstwirtschaftliches Betriebsmittel zu werten; daß sie stationär im Anwesen des Berufungswerbers betrieben wird (nicht fahrbar ist), hindert diese Einordnung nicht.

- Dieses land- und forstwirtschaftliche Betriebsmittel wird seit jeher - in nicht bloß unerheblichem Umfang - im eigenen Betrieb des Berufungs- werbers für die Getreidereinigung verwendet.

- Und schließlich betraf die in dieser Weise für andere land- und forstwirt- schaftliche Betriebe stattgefundene Dienstleistung im spruchmäßig erfaßten Zeitraum nur Betriebe aus demselben und aus angrenzenden Verwaltungs- bezirken.

Daß im Ergebnis die Getreidereinigung, soweit sie spruchgemäß nebengewerblich für andere Betriebe als Dienstleistung ausgeübt wurde, der Land- und Forstwirtschaft des Berufungswerbers insgesamt untergeordnet geblieben und daher nicht Hauptgegenstand des bäuerlichen Wirtschaftens auf seinem Anwesen gewesen ist, geht schon aus den Feststellungen der belangten Behörde hervor und war auch nicht im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Zweifel zu ziehen. Auch war nicht festzustellen, daß die inkriminierte Tätigkeit der Getreidereinigung alles in allem bereits dem Erscheinungsbild eines von der Land- und Forstwirtschaft insoweit losgelösten Gewerbebetriebes entsprochen hat.

3.5. Lag aber aus allen diesen Gründen keine der GewO 1994 unterworfene Tätigkeit vor, war auch der Vorwurf einer unter Verletzung gewerberechtlicher Betriebsanlagenvorschriften eingesetzten Getreidereinigungsanlage nicht zu erheben. Zusammenfassend hat der Berufungswerber die ihm angelasteten Taten nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis in beiden Fakten aufzuheben und das Verfahren einzustellen war.

4. Die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses bewirkt von Gesetzes wegen auch die Entbindung des Berufungswerbers von seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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