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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221489/2/Kl/Ka

Linz, 20.07.1998

VwSen-221489/2/Kl/Ka Linz, am 20. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Sabine W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.7.1997, GZ 502-32/Kn/We/74/97c, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufge- hoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.7.1997, GZ 502-32/Kn/We/74/97c, wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z14 GewO 1994 iVm mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.1.1996, GZ.501/W-135/95d, verhängt, weil sie als gewerberechtliche Geschäftsführerin der S Gastronomiebetriebsges.m.b.H., Linz, welche Betreiberin des Lokales "J" in Linz, ist, und somit als gem. § 370 Abs.2 GewO gewerberechtliche Verantwortliche zu vertreten hat, daß im o.a. Lokal in der Zeit von 14.5.1997 bis 28.6.1997 das im Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.1.1996, GZ 501/W-135/95d, Berichtigungsbescheid vom 22.4.1996, GZ 501/W950135, im Spruchteil I enthaltene Gebot, daß die 2 Gastgärten mit insgesamt 68 Verabreichungsplätzen und einer mobilen Schankanlage in der Zeit von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr bzw. 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr vom 15. Juni bis 15. September betrieben werden dürfen, nicht eingehalten wurde, da die Gastgärten samt Schankanlage zu den unter lit.a bis lit.v angegebenen Tagen und Uhrzeiten betrieben wurden, indem sich noch eine näher angeführte Anzahl von Gästen in den Gastgärten aufhielten und die Schankanlage noch in Betrieb war.

2. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 4.8.1997, zur Post gegeben am 4.8.1997, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, weil das Straferkenntnis am 14.7.1997 hinterlegt wurde und die zweiwöchige Berufungsfrist bereits abgelaufen ist. Die Bw sei aber eine Woche auf Urlaub gewesen, von diesem am 21.7.1997 zurückgekehrt und habe irrtümlich als Fristende den 4.8.1997 im Kalender vermerkt. Dies sei ein leichtes Versehen und stelle einen Wiedereinsetzungsgrund dar. Gleichzeitig wurde Berufung eingebracht und darin inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, hilfsweise die Herabsetzung der Strafe beantragt. Begründend wurde ausgeführt, daß die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht ausreichend determiniert sei bzw widersprüchlich formuliert sei, ein Irrtum der Behörde hinsichtlich der Anwesenheit der Gäste und der Zuordnung der Gäste zum Nachbarlokal "S" möglich sei, und schließlich die Bw irrtümlich davon ausgegangen sei, daß der Gastgarten bereits ab Mai bis 23.00 Uhr geöffnet bleiben dürfe. Weiters wurde behauptet, daß Nachbarn nicht in der Nachtruhe gestört worden seien und möglicherweise nur Personal bei der Reinigung der Schankanlage angetroffen worden sei. Es werde daher zur Abklärung der Umstände auch die mündliche Berufungsverhandlung beantragt. 3. Der Magistrat Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, daß seiner Ansicht nach die Berufung als rechtzeitig eingebracht anzusehen und demnach der gleichzeitig eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung mangels Fristversäumnis zurückzuweisen wäre. Weil schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

4.1. Daraus ist ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis nach erstem Zustellversuch vom 11.7.1997 und zweitem Zustellversuch vom 14.7.1997 am 14.7.1997 beim zuständigen Postamt hinterlegt wurde. Die belangte Behörde hat die Bw im Hinblick auf den Wiedereinsetzungsantrag um Ausführungen zu ihrer Ortsabwesenheit sowie Vorlage von Beweismaterial aufgefordert und es hat die Bw in einer Stellungnahme dargelegt, daß sie vom 13.7.1997 bis 20.7.1997 in Griechenland auf Urlaub gewesen sei, und daher das Straferkenntnis erst am 21.7.1997 beheben konnte. Als Beweis wurde eine Ablichtung des Bestellscheines des O.ö. Landesreisebüros vorgelegt. 4.2. Es wird festgestellt, daß mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.1.1996, GZ.501/W-135/95 D, "I. Aufgrund des Genehmigungsansuchens der Fa. S Gastronomie Betriebsges. mbH., 4020 Linz, vom 3.7.1995 folgende Beschaffenheit der Anlage festgestellt wird:

Art und Umfang der Betriebsanlage:

Gastgewerbebetrieb mit einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage, einer Betriebszeit von 9.00 Uhr bis 4.00 Uhr, kein Sperrtag, einer Musikanlage zur Hintergrundmusikdarbietung, mit 113 Verabreichungsplätzen, zwei Gastgärten mit insgesamt 68 Verabreichungsplätzen in den Abmessungen von ca. 10,00 m x 5,00 m bzw. 5,00 m x 5,00 m und einer mobilen Schankanlage auf öffentlichem Gut, der in der Zeit von 8.00 - 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr betrieben werden darf. Voraussetzungen für den Gastgartenbetrieb: ............

Folgende Aufträge werden erteilt: ..............." 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung: Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen (§ 17 Abs.2 Zustellgesetz). Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (§ 17 Abs.3 Zustellgesetz). Wie unter Punkt 4.1. festgestellt wurde, wurde das Straferkenntnis am 14.7.1997 beim zuständigen Postamt hinterlegt und es begann daher die Abholfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen. Infolge der Ortsabwesenheit von einer Woche konnte aber die Bw nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen, sodaß gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz nicht mit der Hinterlegung die Zustellung bewirkt wurde, sondern gemäß § 17 Abs.3 letzter Satz erst mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag, nämlich dem 21.7.1997, an dem die hinterlegte Sendung auch behoben werden konnte und auch tatsächlich von der Bw behoben wurde. Es begann daher die 14-tägige Berufungsfrist erst mit diesem Tage zu laufen und endete daher am 4.8.1997. Die Berufung war daher rechtzeitig.

5.2. Zur Verwaltungsübertretung selbst:

Gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 hat die Behörde mit Bescheid die Beschaffenheit der Anlage festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, daß das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 300 m² beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt und aufgrund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs.2 oder Belastungen der Umwelt vermieden werden. Dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Gemäß § 148 Abs.1 GewO 1994 dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 bis 22.00 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23.00 Uhr, betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Mit dem unter Punkt 4.2. zitierten Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde ein Feststellungsbescheid gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO betreffend den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb der S Gastronomie Betriebsges. mbH., 4020 Linz, erlassen, welcher als Betriebsanlagengenehmigungsbescheid gilt. Danach ist die Betriebszeitenbegrenzung der Gastgärten von 8.00 - 22.00 Uhr, vom 15.6. bis einschließlich 15.9. bis 23.00 Uhr, als Umfang der Betriebsanlage (siehe ausdrücklich die Überschrift des Spruches des Feststellungsbescheides) bzw der Umfang der Betriebsanlagengenehmigung festgelegt. Dieser Umfang deckt sich mit den gesetzlich garantierten Betriebszeiten nach § 148 Abs.1 GewO. Es handelt sich daher gegenständlich um keine Auflage oder kein Gebot und keinen Auftrag (vgl. den Spruch des zitierten Bescheides), sondern um die erteilte Berechtigung an sich. Mit anderen Worten heißt dies, daß außerhalb der im Bescheidspruch angeführten Betriebszeiten für die beiden Gastgärten eine Betriebsanlagengenehmigung gar nicht existiert. Die im zitierten Bescheid erteilten "Aufträge" dienen ua dazu, die gemäß § 74 Abs.2 GewO berührten Interessen während der gesetzlich garantierten Betriebszeiten gemäß § 148 Abs.1 GewO zu gewährleisten. Wäre ein solcher Interessensschutz mit Aufträgen nicht möglich, so dürfte überhaupt keine Betriebsanlagengenehmigung bzw Feststellung gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO vorgenommen werden. Dies entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser hat z.B. in der Entscheidung vom 27.5.1997, 96/04/0243, dargelegt, daß § 148 Abs.1 GewO nichts daran ändert, daß ein dieser Bestimmung unterliegender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO genehmigungspflichtig ist und er daher gemäß § 77 Abs.1 erforderlichenfalls unter Auflagen zu genehmigen ist. "Das bedeutet, daß der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, daß ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs.2 Z1 bis Z5 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen vermieden werden können." Es handelt sich daher bei der ggst. Umschreibung der Betriebszeit nicht um eine Auflage, die für den Fall, daß von der Berechtigung gebraucht wird, einzuhalten ist, sondern um eine Beschränkung, bei deren Nichtbeachtung keine Berechtigung vorliegt. Durch den Betrieb der ggst. Gastgärten zu den gegenständlich angeführten Zeiten wurde daher nicht die Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z14 GewO 1994 begangen, sondern die ggst. Betriebsanlage ohne Betriebsanlagengenehmigung betrieben, was aber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 darstellt. Letztere Verwaltungsübertretung wurde aber der Bw nicht vorgeworfen. Hingegen hat die Bw die ihr vorgeworfene Tat nicht begangen. Es war daher das ggst. Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil das Strafverfahren einzustellen war, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Betriebszeitenbeschränkung, bewilligungslos, keine Auflage, Genehmigungspflicht

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