Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221501/2/Kl/Rd

Linz, 11.08.1998

VwSen-221501/2/Kl/Rd Linz, am 11. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Manfred M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23.10.1997, Ge-761/97, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG sowie §§ 1 und 366 Abs.1 Z1 GewO 1994. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 23.10.1997, Ge-761/97, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG iVm § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil er es zu vertreten hat, daß er am 22.4.1997 gegen 15.30 Uhr in S (beim Lokal "F") Hrn. Gilbert S Gipsmasken zum Zwecke des Verkaufes derselben übergab, sodaß dieser am 23.4.1997 gegen 13.30 Uhr in, Ortsteil V diese Gipsmasken von Haus zu Haus zum Verkauf anbot, ohne daß dieser im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung war, obwohl er wußte, daß oa Person keine entsprechende Gewerbeberechtigung besitzt. Er habe dadurch Hrn. Gilbert S vorsätzlich zu einer Verwaltungsübertretung angestiftet. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes und der Gewerbeordnung 1994 dar.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin zunächst bestritten, mit Hrn. Gilbert S zwischen Herbst 1995 und September 1997 Kontakt gehabt zu haben. Diese Masken hätten noch von einer Kontaktnahme im Herbst 1995 herrühren müssen. Im übrigen stelle die Herstellung dieser Masken die Ausübung der schönen Künste gemäß § 2 Abs.1 Z7 und Abs.11 GewO dar und stelle daher die Herstellung dieser Masken, wenngleich zu Erwerbszwecken, keine Tätigkeit iSd GewO dar. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 1 Abs.2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbständigkeit iSd Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird (§ 1 Abs.3 GewO).

4.2. Vorauszuschicken ist, daß die Anstiftung eines anderen zur Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung einen Sondertatbestand nach § 367 Z54 GewO 1994 darstellt, nämlich daß jemand einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, obwohl er wissen mußte, daß der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 begeht. Bei dieser Alternative des Tatbestandes des § 367 Z54 handelt es sich um eine lex specialis zur entsprechenden Bestimmung des § 7 VStG (vgl. Kobzina-Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S.598 mJN).

Ungeachtet dessen stellt der § 367 Z54 GewO, ebenso wie § 7 VStG iVm § 366 Abs.1 Z1 GewO, auf solche Tätigkeiten ab, die die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit nach § 1 Abs.2 aufweisen (vgl. Kobzina, S.598). Es ist daher erforderlich, daß neben der Anführung des Verhaltens, welches eine der GewO unterliegende Tätigkeit bildet, auch das damit ausgeübte Gewerbe tatsächlich angeführt wird, und daß diese Tätigkeit auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit, also die Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht aufweist. Gerade aber durch die Qualifizierung des Tatverhaltens als Ausübung einer der GewO unterliegenden Tätigkeit (Verkauf von Haus zu Haus) war auch die gewerbsmäßige Ausübung dieser Tätigkeit durch die angestiftete Person (Hrn. Gilbert S) zu prüfen. Schon aus der Anzeige des GP vom 23.5.1997 ist ersichtlich, daß die Gipsmasken zum Preis von 300 S angeboten wurden unter dem Vorwand, daß für einen Behinderten gesammelt werde. Es gab dann der Betretene Gilbert S an, daß er die Gipsmasken für seinen behinderten Freund, nämlich den Bw, um einen Preis von 300 S/Stück im Umherziehen von Haus zu Haus verkaufe und den Erlös diesem wöchentlich abliefere. Auch eine Niederschrift vom 23.4.1997, aufgenommen mit Gilbert S, besagt, daß Hr. S dem Bw, wenn er ihn wieder treffe, das Geld für die verkauften Masken übergebe und selbst dafür nichts bekomme. Er mache dies rein aus Gefälligkeit, weil ihm sonst so fad ist. Aus diesem Sachverhalt ist ersichtlich, daß der unmittelbare Täter, nämlich Hr. Gilbert S, nicht selbständig, nämlich auf eigene Rechnung und Gefahr, tätig geworden ist. Diesbezüglich ist nämlich erforderlich, daß das unternehmerische Risiko vom Täter getragen wird. Wer das mit der Ausübung der Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko trägt, ist nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Momente und nicht allein nach den äußeren rechtlichen Formen zu beurteilen, in denen sich diese Tätigkeit abspielt (vgl. Kobzina, S. 54 mJN). Weil der Genannte Gilbert S aber weder einen Erfolgsanteil noch ein Verlustrisiko trägt, wird daher die Tätigkeit nicht von ihm selbständig und daher auch nicht gewerbsmäßig iSd § 1 Abs.2 GewO ausgeübt, sodaß durch ihn das Tatbild des § 366 Abs.1 Z1 GewO nicht erfüllt wurde. Mangels der Erfüllung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter ist aber auch der Tatbestand der Anstiftung zur unmittelbaren Tat nicht gegeben, weshalb der Bw die ihm zum Vorwurf gemachte Tat nicht begangen hat, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, waren keine Verfahrenskosten-beiträge vorzuschreiben (§ 66 VStG). Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: unmittelbarer Täter, Erfüllung des obj. Tatbestandes, Selbständigkeit, kein Unternehmerrisiko, kein Entgelt

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