Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221507/2/Ga/Fb

Linz, 18.02.1999

VwSen-221507/2/Ga/Fb Linz, am 18. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der I B in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. November 1997, Ge96-156-1996/Tr/Pö, wegen Übertretung der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung (WTBO), zu Recht erkannt: Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 45 Abs.1 Z3, 51c, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe: Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin einer Übertretung nach § 56 iVm § 33 Abs.1 WTBO schuldig befunden; über sie wurde gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig verhängt. Als erwiesen wurde ihr angelastet (§ 44a Z1 VStG), sie habe in einem bestimmten Standort am 11. April 1996, ohne zu einer den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeit befugt zu sein, solche Tätigkeiten angeboten, indem sie in einem Zeitungs-Kleinanzeiger, Ausgabe 11. April 1996, mit dem Wortlaut 'Übernehme Buchhaltung (doppelt) oder Einnahmen/Ausgabenrechnung und andere Schreibarbeiten für Klein- und Mittelbetriebe, eig. Multimedia-PC und Software vorhanden Tel. ' die Durchführung von Buchhaltungstätigkeiten (doppelte Buchhaltung, Einnahmen-Ausgabenrechnung) angeboten habe, obwohl diese Tätigkeiten in den Tätigkeitsbereich der Wirtschaftstreuhänder fallen; sie sei jedoch kein Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und sei somit zur Durchführung bzw Anbieten solcher Tätigkeiten - auch im Rahmen von Werkverträgen - nicht befugt gewesen. Begründend verweist die belangte Behörde auf die Anzeige der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und auf das von der Beschuldigten nicht bestrittene Inseratangebot der im Spruch umschriebenen Tätigkeiten; es genüge für die Erfüllung der objektiven Tatseite schon das Anbieten von solchen Tätigkeiten, weshalb vorliegend die Tatbestandsmäßigkeit erwiesen sei. Schuldseitig habe die Berufungswerberin, die ihr zumutbare Sorgfalt verletzend, verabsäumt, sich über die Gesetzeslage zu informieren. Auch wenn die Berufungswerberin ein umfangreiches Wissen über Rechnungskontrolle, FIBU, Kostenrechnung und Controlling nachweisen könne, so bleibe es aufgrund der bestehenden Gesetzeslage dennoch den Wirtschaftstreuhändern und Steuerberatern vorbehalten, "diese Tätigkeiten" selbständig auszuführen.

Mit ihrer gegen dieses Straferkenntnis erhobenen, von der belangten Behörde zugleich mit dem Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegten Berufung wendet Frau B im wesentlichen ein, daß ihr "als Teleworker (moderne Form des Heimarbeiters) ... eine Tätigkeit im Rahmen der Buchhaltung erlaubt" und sie daher zu Unrecht bestraft worden sei.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen: Der mit dem Schuldspruch - und wortgleich schon mit der ersten Verfolgungshandlung, das ist die Strafverfügung vom 10. Juli 1996 - an die Berufungswerberin gerichtete Vorwurf lastet ihr das (von § 56 WTBO als Straftatbestand normierte und unter Sanktion gestellte; die Heranziehung des § 366 Abs.1 GewO 1994 im angefochtenen Straferkenntnis als Sanktionsnorm war verfehlt) unbefugte Anbieten von den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeiten an. Die Vorbehaltstätigkeiten sind im § 33 Abs.1 WTBO taxativ aufgezählt (die weiteren Befugnisse gemäß Abs.2 leg.cit. waren vorliegend nicht in Betracht zu ziehen). In dieser Aufzählung - lit.a bis lit.e - sind die vom Inserat genannten, in Heimarbeit angebotenen und vom Schuldspruch mit dem Ausdruck "Buchhaltungstätigkeiten" umschriebenen Dienste nicht ausdrücklich genannt, sodaß ihre Zuordnung zu den Tatbeständen nach lit.a bis lit.e im Interpretationswege vorgenommen werden muß. In Frage kommen hiefür nur die lit.b ("die Beratung auf dem Gebiete des Buchführungs- und Bilanzwesens") und die lit.d ("die Anlage, die Führung und der Abschluß kaufmännischer Bücher für ihre Auftraggeber"). Zwar scheint der Text des Inserates - vordergründig - auf Tätigkeiten hinzudeuten, die sich als einfache Schreibarbeiten, freilich unter Einsatz elektronischer Hilfsmittel, darstellen. Zwingend allerdings läßt sich die Einschränkung auf nur einfache Schreibarbeiten aus dem Inserat-Text nicht ableiten. Verstärkt werden diesbezügliche Zweifel durch die von der Berufungswerberin gewählte pauschale Erwähnung von "Software" und durch die Aktenlage, die Hinweise darauf enthält, daß die Berufungswerberin nicht ausschließlich einfache Buchführungstätigkeiten (in der Qualität von Schreibarbeiten), sondern damit verbunden und darüber hinausgehend auch Tätigkeiten in der Qualität von Beratung in Buchführungsfragen von ihrem Angebot miterfaßt haben wollte. So verweist die nunmehrige Berufungswerberin in ihrer Stellungnahme vom 11. Juni 1996 darauf, daß sie sich ein "umfangreiches Wissen" erworben habe, das über den Bereich der reinen Finanzbuchhaltung hinausgehe und sie dazu befähige, bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung, Kostenrechnung und Controlling für sehr viele Klein- und Mittelbetriebe speziell in der momentanen Wirtschaftslage effizient helfen zu können. Und weiters: Sie betrachte sich als das "Missing-Link" zwischen Geschäftsinhaber/-führer und Steuerberater, weil sie aus jahrzehntelanger Geschäftspraxis komme und die Sprache der kleinen Gewerbetreibenden sicher besser spreche als ein "g'studierter Büromensch". Diese umfängliche Schilderung besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten geht nach h Dafürhalten über das, was zur günstigen Beschreibung der Befähigung zu einfachen Schreibarbeiten (als häuslich, dh als Telearbeit vorgenommene Buchführungstätigkeiten) gewöhnlich erwartet werden kann, hinaus. Dies aber macht deutlich, daß es im Hinblick auf die in Rede stehenden, besonderen Vorbehaltstatbestände (§ 33 Abs.1 lit.b und lit.d WTBO) notwendig ist, jene Sachverhaltselemente, von denen die sichere Zuordnung der angebotenen Tätigkeit zu dem einen oder dem anderen Vorbehaltstatbestand abhängt, genau zu bezeichnen. Das vorliegend in der Tatanlastung verwendete Wort "Buchhaltungstätigkeiten", das in dieser Allgemeinheit auch Tätigkeiten der Beratung in Buchhaltungsfragen eher miterfaßt als ausschließt, iVm dem Inserat-Text erlaubt die Zuordnung in der für das Strafverfahren gebotenen Eindeutigkeit nicht. Die Unbestimmtheit kommt auch darin zum Ausdruck, daß im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG des angefochtenen Straferkenntnisses als verletzte Rechtsnorm undifferenziert nur der Abs.1 des § 33 WTBO angegeben wurde. Zusammenfassend erweist sich das der Berufungswerberin angelastete Verhalten im Licht des § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als nicht so bestimmt umschrieben, daß sie rechtlich davor geschützt wäre, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. War aber schon die (erste) Verfolgungshandlung wegen Unbestimmtheit zur Unterbrechung der Verjährung nicht tauglich, so ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, die erforderliche Konkretisierung aus Anlaß der Berufung vorzunehmen. Es war daher - gemäß § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - spruchgemäß zu entscheiden.

Bei diesem Verfahrensergebnis braucht auf die Berufungsgründe nicht mehr eingegangen zu werden. Vor dem Hintergrund aber der von der Berufungswerberin zur Bekräftigung ihres Standpunktes verwiesenen Literaturmeinung zu bestimmten, auch verfassungsrechtlichen Aspekten häuslicher Telearbeit (FILZMOSER, Telearbeit und Gewerberecht, 'ecolex' 1996/388), gibt der Oö. Verwaltungssenat folgendes zu bedenken: Nach Ansicht des Autors wäre § 33 Abs.1 lit.d WTBO dann, wenn diese Bestimmung Buchhaltungsarbeiten und dgl auch im Rahmen der häuslichen Nebenbeschäftigung, also im Rahmen einer landesgesetzlich zu regelnden Tätigkeit ausschlösse, verfassungswidrig, weil kompetenzwidrig. Daher müsse eine im Grunde des § 2 Abs.1 Z9 GewO rechtlich gebotene verfassungskonforme Auslegung zu Gunsten der in häuslicher Nebenbeschäftigung ausgeübten - dann vom Landesgesetzgeber zu regelnden - einfachen Buchführungstätigkeiten Platz greifen. Ausgangspunkt für diese Untersuchung ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Ausnahmetatbestand des § 2 Abs.1 Z9 GewO, der anordnet, daß die Gewerbeordnung auf 'die nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige' nicht anzuwenden ist. Danach aber wird man als in häuslicher Nebenbeschäftigung geleistet, von der Gewerbeordnung daher ausgenommene Buchführungstätigkeiten tatsächlich nur Schreibarbeiten einfacher Natur ansehen dürfen, die zu Hause (auch) mit Standard-Software auf Heim-PC und jedenfalls ohne On-line-Verbindung mit dem Auftraggeber und ohne Nutzung von Internet-Möglichkeiten (somit also im Rahmen einer systemimmanenten Weiterentwicklung; vgl VfGH vom 25.6.1973, K II-2/72) ausgeübt werden. Nicht aber fielen darunter (abgesehen von den erwähnten, die 'Häuslichkeit' sprengenden On-line-Verbindungen und Internet-Nutzungen) Tätigkeiten der Beratung, die der Buchführung (in der Form von Schreibarbeiten) nachfolgen und nur mit einem, im Rahmen von 'Gewöhnlichkeit' den Haushaltsmitgliedern nicht mehr zur Verfügung stehenden Spezialwissen leistbar sind. Daß Tätigkeiten in bereits beratender, Spezialwissen verwertender Qualität hier möglicherweise doch stattgefunden haben bzw im Wege des Inserats mit angeboten wurden, kann aus allen diesen Gründen freilich nicht ausgeschlossen, im Hinblick auf die bereits eingetretene Verfolgungsverjährung jedoch nicht mehr geprüft werden. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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