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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221516/5/Kl/Rd

Linz, 26.11.1998

VwSen-221516/5/Kl/Rd Linz, am 26. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.10.1997, Ge-96-18-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.10.1997, Ge96-18-1997, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 2.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 und Abs.2 Z3 iVm 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil er es zu verantworten habe, daß er am 12.2.1997 bei Herrn H, das Kaminsanierergewerbe unbefugt ausgeübt habe, indem er Herrn H einen Kostenvoranschlag für die Kaminsanierung über einen Betrag von 26.000 S incl. MwSt erstellt habe, obwohl er nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Kaminsanierergewerbe sei und dieses Gewerbe erst nach erstatteter Gewerbeanmeldung ausgeübt werden darf. 2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin unrichtige rechtliche Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Im wesentlichen wurde ausgeführt, daß der Tatbestand deshalb nicht erfüllt sei, weil das Gewerbe der Kaminsanierung nicht ausgeübt wurde - der Auftrag wurde tatsächlich einem anderen Gewerbebetrieb erteilt -, sondern wie die Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses ausführt, durch Erstellung eines Kostenvoranschlages angeboten wurde, wobei aber der Tatbestand des Anbietens gemäß § 1 Abs.4 GewO nicht erfüllt sei, zumal nicht an einen größeren Kreis von Personen angeboten wurde. Ein übriges Anbieten hingegen werde der Ausübung des Gewerbes nicht gleichgehalten. Schließlich wurde aber auch darauf hingewiesen, daß dem Bw bewußt sei, daß er Kaminsanierungsarbeiten nicht ausführen dürfe. Die Anbotserstellung sei durch Herrn B erfolgt, der das Papier des Bw verwendet hat, die Anbotserstellung sei aber nicht vom Bw erfolgt. Diesbezüglich wurde Verfahrensmangel geltend gemacht. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, daß die belangte Behörde nach Berufungseinbringung eine zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn B am 1.12.1997 vorgenommen hat, worin dieser angab, daß er nicht in seinem Namen, sondern im Namen des Bw den Kostenvoranschlag gemacht habe. Er habe sich aber nicht gekümmert, ob der Bw eine entsprechende Gewerbeberechtigung besitze. Dieses Beweisergebnis wurde dem Bw auch zur Kenntnis gebracht. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 1 Abs.2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Gemäß § 1 Abs.4 GewO gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Nach der Aktenlage und dem im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Sachverhalt wurde am 12.2.1997 durch den Bw durch Erstellung eines Kostenvoranschlages für die Kaminsanierung über einen Betrag von 26.000 S incl. MwSt eine gewerbliche Tätigkeit, nämlich die des Kaminsanierergewerbes angeboten. Wie weiters aus der Aktenlage ersichtlich ist, ist das Angebot nicht angenommen worden, dh, es ist kein Vertrag zustande gekommen und wurden daher die Kaminsanierungsarbeiten nicht vom Bw durchgeführt. Wie daher schon das Wort "Kostenvoranschlag" nach seinem Sprachgebrauch bedeutet, wurde ein Angebot durch den Bw für Kaminsanierungsarbeiten gelegt. Unter der "Ausübung" eines Gewerbes versteht die Gewerbeordnung, wie sich aus deren § 1 iZm dem übrigen Gesetzesinhalt ergibt, eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit (VwGH 22.11.1978, 2246/77 sowie 11.4.1980, 731/79). Es ist daher weiters gemäß § 1 Abs.2 iVm § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit noch nicht vom Ausüben der Tätigkeit mitumfaßt, sodaß es der Bestimmung des § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO bedarf, die das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit ausdrücklich der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gleichstellt. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber der Bw mit seinen Ausführungen im Recht, daß lediglich das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit "an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen" der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird. Das Anbieten an nur eine bestimmte Person bzw die Anbotlegung in Form eines Kostenvoranschlages nur an eine Person oder an einen kleineren Kreis von Personen ist daher von der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO nicht umfaßt und kann daher mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht als Ausüben einer gewerblichen Tätigkeit gesehen werden. Stellt die Nichterfassung des gegenständlichen Falles auch eine Regelungslücke dar, so ist es trotzdem der Behörde verwehrt, im Verwaltungsstrafverfahren eine Gesetzeslücke im Wege der Interpretation zu schließen und dadurch den Straftatbestand auszuweiten. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz nullum crimen sine lege, also daß eine Tat als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG).

Weil daher das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an nur eine Person der Ausübung des Gewerbes nicht gleichzuhalten ist, hat daher der Bw auch nicht den Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO (unbefugte Gewerbeausübung) erfüllt und daher keine strafbare Handlung begangen. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. 4.2. Im übrigen ist aber auch auszuführen, daß nach der ständigen Judikatur des VwGH die bloße Ausübung einer Tätigkeit, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes zuzuordnen ist, nicht den Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 erfüllt; es müssen zudem die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 vorliegen. Dazu ist auszuführen, daß neben der Selbständigkeit und Ertragsabsicht auch die Regelmäßigkeit ein Merkmal der Gewerbsmäßigkeit darstellt. Gemäß § 1 Abs.4 erster Satz GewO gilt eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Tatvorwurf kann aber auf eine Wiederholungsabsicht noch auf eine längere Dauer der gewerblichen Tätigkeit geschlossen werden. In Ermangelung der erforderlichen Ermittlungen und eines entsprechenden Tatvorwurfes innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist haftet daher dem Schuldspruch auch in dieser Hinsicht ein Mangel an. 5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag (§ 66 Abs.1 VStG). Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Kostenvoranschlag, Anbieten, keine Gewerbeausübung, keine Erweiterung des gesetzlichen Straftatbestandes, Regelmäßigkeit

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