Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221557/20/Le/Km

Linz, 15.10.1998

VwSen-221557/20/Le/Km Linz, am 15. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des N K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.4.1998, GZ: 502-32/Kn/We/49/97h, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben und die verhängte Strafe aufgehoben. Da das Verhalten jedoch rechtswidrig war, wird der Berufungswerber e r m a h n t.

Die Beiträge zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens entfallen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 21, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 9.4.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als Inhaber und Betreiber des "Eiscafes" im Standort L, und somit als gewerberechtlicher Verantwortlicher vertreten zu haben, daß dieses Lokal nach Durchführung einer genehmigungspflichtigen Änderung, nämlich der Verlängerung der genehmigten Betriebszeit, ohne der erforderlichen Bewilligung betrieben wurde. Im einzelnen wurde festgestellt, daß das Lokal am 4.4.1997 nach 20.00 Uhr betrieben wurde, da an diesem Tage das Lokal bis 23.20 Uhr betrieben worden sei.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen das Ermittlungsverfahren dargestellt und die Zeugenaussagen wiedergegeben. Nach einer ausführlichen Darlegung der Rechtslage wurden die Gründe der Strafbemessung erläutert. Bei der Bemessung der Strafhöhe ging die Erstbehörde von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beschuldigten von 20.000 S und einer Sorgepflicht aus.

2. Dagegen richtet sich die bei der Erstbehörde mündlich eingebrachte Berufung vom 25.5.1998, in der der nunmehrige Berufungswerber ausführte, daß er aus gesundheitlichen Gründen das Straferkenntnis erst am 22.5.1998 von der Post abholen konnte. Zuvor hätte er sich sechs Wochen lang wegen einer Bandscheibenerkrankung im Wagner-Jauregg-Krankenhaus befunden und hätte er anschließend Bettruhe gehabt. In der Sache selbst verwies er darauf, daß er an diesem Tage sein Lokal übergeben und somit nicht betrieben hätte. Daß sie bei der Lokalübergabe etwas getrunken hätten, sei klar.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur Überprüfung der Rechtzeitigkeit der Berufung wurde der Berufungswerber aufgefordert, entsprechende Nachweise zu erbringen. Er legte daraufhin eine Aufenthaltsbestätigung der oö. Landesnervenklinik Wagner-Jauregg vom 4.5.1998 vor, aus der hervorgeht, daß er in der Zeit vom 27.3. bis 4.5.1998 stationär aufgenommen war. Aus einer Bestätigung seiner Mutter geht hervor, daß er damals mit dem Taxi nach Hause gebracht wurde und nicht alleine aussteigen und in die Wohnung gehen konnte, sondern daß er dabei auf die Hilfe seiner Lebensgefährtin und seiner Mutter angewiesen war. Nachfolgend mußte er das Bett hüten. Überdies legte der Berufungswerber einen auf ihn ausgestellten Behindertenpaß des Bundessozialamtes vor, mit dem ein Grad der Behinderung von 70 % attestiert wird.

Es ist daher davon auszugehen, daß die Zustellung des Straferkenntnisses im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz erst nach dem 21.4.1998 erfolgte und daß eine Abholung des Straferkenntnisses dem nunmehrigen Berufungswerber erst nach dem Krankenhausaufenthalt und der nachfolgend angeordneten Bettruhe möglich war.

3.2. Zur endgültigen Klärung der Sachlage hat der unabhängige Verwaltungssenat am 13.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber persönlich erschienen ist. Die Erstbehörde hatte sich entschuldigt. Weiters wurde als Zeugin vernommen Frau Insp. E L.

3.3. Als Ergebnis dieser mündlichen Verhandlung, insbesonders auch dem Eingeständnis des Berufungswerbers, steht fest, daß er an diesem Tage sein Lokal - nachdem er den Pachtvertrag mit Herrn M T und Frau M S aufgelöst hatte - an seine Schwester M B übergeben hat. Die weiters im Lokal anwesenden Gäste waren Herr P K (= Verlobter von Frau M B) sowie Herr F M, der ihm bei der Inventur und der Übergabe der Geräte geholfen hätte. Da das Lokal zu diesem Zeitpunkt keinen Sperrtag hatte, konnte die Lokalübergabe erst nach der Sperrstunde durchgeführt werden. Es gebe nach Darstellung des Berufungswerbers gewisse Tricks bei der Führung eines Lokals und Überwachung des Personals, sodaß er die Übergabe nicht vor den Gästen und auch nicht vor dem Bedienungspersonal durchführen wollte. 4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von weniger als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Wie schon die Erstbehörde zutreffend ausgeführt hat, bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung der Gewerbebehörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt jeder Betrieb einer genehmigten Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs.1 GewO der Genehmigung nach dieser Gesetzesstelle bedarf. Ein dennoch konsenslos durchgeführter Betrieb stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO dar (VwGH vom 18.6.1996, 96/04/0050).

Es steht fest, daß der Berufungswerber dafür verantwortlich ist, daß sein Gastgewerbebetrieb am 4.4.1997 außerhalb der Sperrstunde betrieben worden ist. Nach herrschender Rechtsprechung (siehe hiezu insbesonders VwSen-221122/2/Ga vom 13.12.1995) sind auch Familienmitglieder "Gäste" im Sinne der Sperrzeitenregelung. Dies gilt für die Schwester des Berufungswerbers, umso mehr aber für ihren Verlobten und Herrn F M, die beide nicht als Familienmitglieder gelten. Da diese Änderung der Betriebsanlage geeignet war, Nachbarschaftsinteressen, insbesonders durch die Erregung von Lärm, zu gefährden, wäre dafür eine Bewilligung erforderlich gewesen. Dadurch aber, daß eine solche Bewilligung nicht vorlag, die Betriebsanlage dennoch außerhalb der festgelegten Betriebszeit betrieben wurde, wurde die Verwaltungsübertretung begangen.

4.3. Die Erstbehörde hat hinsichtlich der subjektiven Tatseite zutreffend Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 Abs.1 VStG angenommen. Es ist dem Berufungswerber auch im Berufungsverfahren nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.4. Bei der Strafbemessung ist die Erstbehörde von einem monatlichen Nettoeinkommen des Berufungswerbers von 20.000 S ausgegangen. Wie dieser bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat glaubwürdig dargelegt hat, ist dieses Einkommen mittlerweile auf etwas mehr als die Hälfte geschrumpft, was bei der Strafbemessung zu berücksichtigen ist.

Zu berücksichtigen ist dabei weiters, daß an diesem Abend der Berufungswerber das Lokal an seine Schwester übergeben hat und es einsichtig ist, daß eine Übergabe doch gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Daß dabei den Parteien nahestehende Personen anwesend sind und bei einer solchen Übergabe helfen, ist naheliegend. Darüber hinaus ist festzustellen, daß keine nachteiligen Folgen dieser Sperrstundenüberschreitung bekanntgeworden sind und auch von der einschreitenden Polizei keine Lärmbelästigung vermerkt ist. Überdies haben die Anwesenden kurz nach dem Einschreiten der Polizei das Lokal verlassen und somit die Sperrstunde eingehalten. Dieser Umstand der Lokalübergabe kann daher als gewisser Ausnahmezustand angesehen werden, da Lokale nicht täglich übergeben werden. Dieser Umstand kommt daher einem Entschuldigungsgrund nahe. Damit aber waren die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG für das Absehen von der Strafe erfüllt; der Ausspruch einer Ermahnung erscheint jedoch erforderlich, um den Berufungswerber auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hinzuweisen und ihn hinkünftig von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe aufgehoben wurde, entfiel auch ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Sperrstunde

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