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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221599/2/Kl/Rd

Linz, 08.09.1999

VwSen-221599/2/Kl/Rd Linz, am 8. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Gottlieb S, gegen den Beschlagnahmebescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.11.1998, Ge96-120-1998-Pa, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 39 und 51 VStG sowie § 369 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.11.1998, Ge96-120-1998-Pa, wurde die Beschlagnahme von näher bezeichneten Verfallsgegenständen, nämlich von 4 Garnituren Allergiedecken, 4 Stk. Polster, 2 Stk. Gesundheitsmatratzen, 3 Garnituren Bettwäsche und 4 Stk. Spannleintücher, gemäß § 39 Abs.1 VStG iVm § 369 GewO 1994 angeordnet und gleichzeitig die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gemäß § 39 Abs.6 VStG ausgeschlossen. Es wurde ihm vorgeworfen, am 6.11.1998 um ca. 9.45 Uhr in Z, Decken, Polster, Matratzen, Bettwäsche sowie Spannleintücher zum Kauf angeboten und dadurch unbefugterweise das Handelsgewerbe in Form des Feilbietens im Umherziehen ausgeübt, also eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 124 Z10 iVm 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begangen zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Einspruch (gemeint wohl Berufung) eingebracht und ausgeführt, daß keine Verwaltungsübertretung begangen wurde, zumal nur eine bestellte Ware geliefert werden sollte. Das Haus Z 14 wurde nicht betreten. Es wurde um Aufhebung der Beschlagnahme ersucht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat am 15.12.1998 Frau Leopoldine D, wh. in Z 17, zeugenschaftlich einvernommen. Die Zeugin gab an, daß versucht wurde, bei ihrem Anwesen Polster und Bettdecken zu verkaufen. Dabei habe es sich keinesfalls um eine Zustellung von bestellten Waren gehandelt, sondern ist Fr. S unaufgefordert gekommen und hat Waren zum Kauf angeboten. Hr. S hat während des Verkaufsgesprächs im Auto gewartet. Sie habe auch in keiner Form die Ehegatten S ersucht, sie zu Hause aufzusuchen. Von Hrn. S wurde kein Versuch unternommen, Waren zu verkaufen.

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat daraufhin die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil es sich bei der Anordnung einer Beschlagnahme um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S.954 Anm.4) und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 dürfen, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden. Gemäß § 124 Z10 GewO 1994 zählt das Handelsgewerbe zu den nichtbewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 369 GewO 1994 kann die Strafe des Verfalls von Waren ausgesprochen werden, wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 in Zusammenhang stehen.

Im Grunde der gegenständlichen Anzeige wurde mit dem angefochtenen Bescheid dem Bw die Ausübung des Handelsgewerbes ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung zu näher bestimmtem Tatzeitpunkt und an näher bestimmtem Tatort vorgeworfen. Wie sich aber bereits aus der Anzeige des Meldungslegers ergibt, "ist Gottlieb S verdächtig, seiner Gattin ... Beihilfe geleistet zu haben, indem er bei der Hausiererfahrt als Fahrer fungierte". Es lautete daher bereits die Anzeige nicht auf unmittelbare Täterschaft, sondern auf Mittäterschaft in Form der Beihilfe.

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist die Beschlagnahme nach § 39 VStG bereits dann zulässig, wenn auch nur der Verdacht einer mit Verfall bedrohten Übertretung besteht. Der bloße Verdacht einer Verwaltungsübertretung muß im Zeitpunkt der Beschlagnahme gegeben sein (vgl. Hauer-Leukauf, S. 955 E5a und 5b).

Im Gegensatz zu der durch die Exekutive an Ort und Stelle durchgeführten vorläufigen Beschlagnahme, welche eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, hat die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen die Anordnung der Beschlagnahme nachzuholen oder die Gegenstände freizugeben. Die Anordnung der Beschlagnahme mit Bescheid hat unverzüglich zu erfolgen und es ist bei Bescheiderlassung das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 39 Abs.1 VStG zu überprüfen.

Wenn daher die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung dem Bw (als unmittelbarem Täter) die Ausübung des Handelsgewerbes ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung (unbefugte Gewerbeausübung) vorwirft, so widerspricht sie dem Akteninhalt und ist aufgrund der bereits zitierten Anzeige ein Verdacht einer solchen Verwaltungsübertretung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht gegeben gewesen. Vielmehr hätte zu diesem Zeitpunkt die belangte Behörde den Verdacht der Beihilfe zu der genannten Verwaltungsübertretung haben müssen.

Mangels des Vorliegens einer gesetzlichen Voraussetzung gemäß § 39 Abs.1 VStG war daher der angefochtene Bescheid rechtswidrig und aus diesem Grunde aufzuheben.

4.3. Gemäß § 39 Abs.6 VStG ist gegen den Bescheid, mit dem eine Beschlagnahme angeordnet wird, in sinngemäßer Anwendung des § 51 Berufung jedoch ohne aufschiebende Wirkung zulässig.

Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde wird daher schon aufgrund des Gesetzes einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt, sodaß es eines weiteren diesbezüglichen Bescheidabspruches nicht mehr bedarf. Es war daher auch dieser Spruchteil rechtswidrig und aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Beschlagnahme, Verdacht einer Übertretung

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