Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221600/20/Gu/Pr

Linz, 30.11.1999

VwSen-221600/20/Gu/Pr Linz, am 30. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichter: Dr. Hans Guschlbauer, Beisitzer: Dr. Hermann Bleier) über die Berufung des A. O., im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachmalig vertreten durch Dr. G. Sch., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14.12.1998, Zl.Ge96-2631-1998, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 nach der am 13.4.1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 1 Abs.2, § 74 Abs.1 GewO 1994

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der O. Transport Erdbau GesmbH verwaltungsstrafrechtlich verantworten zu müssen, dass diese juristische Person seit 30.3.1998 bis zuletzt am 6.10.1998 im Standort, Gemeinde O., auf den Grundstücken und , KG O. im westseitigen Grundstücksbereich auf einer Fläche von ca. 20 m x 30 m und einer Tiefe von 8 m - 10 m gewerbsmäßig Schotter abgebaut habe, ohne für die genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage eine gewerbebehördliche Genehmigung erlangt zu haben, obwohl die Anlage geeignet gewesen sei, Nachbarn durch die Schottermanipulation (Schotterabbau, Aufladetätigkeiten auf LKW und Anhänger) sowie durch die Zu- und Abfahrbewegungen zur bzw. von der Schottergrube insbesondere durch Lärm und Staub zu belästigen, sowie eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen.

Wegen Verletzung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 74 ff GewO 1994 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 30.000 S, im Falle der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 3.000 S auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf die Wahrnehmungen und Meldungen eines Nachbarn, sowie auf das Ergebnis einer kommissionellen Überprüfung durch eine Amtsordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

In seiner dagegen erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber das angefochtene Straferkenntnis mit dem Hinweis, dass es sich bei dem auf den Grundstücken und, KG O., durchgeführten Schotteraushub um eine sogenannte Seitenentnahme gehandelt habe, wobei das gewonnene Aushub- bzw. Schottermaterial auf dem eigenen umliegenden Grundstück wieder eingebaut worden sei, was durch eine Mengenbilanz nachvollziehbar erscheine. Es sei eine Fläche von ca. 10.500 m2, im Mittel mindestens mit 0,5 m mit Schottermaterial befestigt worden, was der Grubenkubatur entspreche.

Eine derartige Seitenentnahme auf anderen Grundstücken sei von der Behörde vor dem 30.3.1998 bzw. auch laufend wissentlich akzeptiert worden. Im Sinne der Gleichbehandlung mit anderen Unternehmen beantragt er daher, die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

Aufgrund der Berufung wurde am 13. April 1999 die mündliche Verhandlung, verbunden mit Lokalaugenschein durchgeführt, wobei der Beschuldigte und der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zugegen waren.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, der Zeuge F. G. vernommen und der Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.11.1997, Ge20-20-10-02-1997 zur Erörterung gestellt. Darüber hinaus wurde eine Liste des Zeugen G. über Schotterentnahmen in der Zeit vom 30.3.1998 bis 30.7.1998 zur Erörterung gestellt. Ferner wurde die Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.8.1998, betreffend Feststellung der maßgeblichen Verhältnisse verlesen; desgleichen das Schreiben der Gemeinde O. an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6.10.1998 und das weitere Schreiben der Gemeinde an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.11.1998. Es wurde auch in die Lichtbilder der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung anlässlich der Erhebung vom 19.10.1998 und in die Lichtbilder des GPK Schwanenstadt eingesehen und wurden diese Lichtbilder zur Erörterung gestellt.

Demnach ist erwiesen, dass von Seiten der O. Transporte Erdbau GmbH, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, auf ihrem als Betriebsbaugebiet gewidmeten Areal, für welches für die Errichtung einer Betriebsanlage auf den Grundstücken und, KG O., und zwar für die Errichtung eines LKW-Werkstättengebäudes mit Bürotrakt und einer Waschbox eines LKW- und PKW-Abstellplatzes, eines Lager- und Manipulationsplatzes und einer Betriebstankstelle, infolge Rechtsnachfolge nach der St. GesmbH. eine am Grundstück haftende gewerbebehördliche Genehmigung besteht, eine Schotterentnahme durch Eintiefung des bestehenden Grundstückes durchgeführt worden ist. Begonnen wurde hiemit im Februar 1998. Ende Februar Anfang März erfolgten Schotterentnahmen im größeren Umfang, im südlichen - in Richtung des Agerflusses gelegenen - Grundstücksbereich. Das gewonnene Material wurde hauptsächlich für die Einplanierung des Betriebsareals verwendet und wurde dieser Schotterentnahmebereich mit Aushubmaterial verfüllt. Die Schotterentnahme erfolgte mittels eines Raupenbaggers.

Anschließend wurde an der südwestlichen Grundstückslängsseite im Bereich des unteren Drittels bis zur Mitte bzw. bis zum Bereich einer bestehenden Überlandelektrizitätsleitung Schotter entnommen, indem mittels Raupenbaggers eine Grube ins bestehende Niveau gegraben wurde. Auch hievon wurde ein Teil des so gewonnenen Materials am übrigen Gelände aufgebracht und ein Teil weggeführt.

Aufgrund des Beweisverfahrens war eine exakte Aufteilung der Kubatur, welche einerseits für die Eigenverwendung beim Einplanieren des Betriebsgrundstückes verwendet worden ist und welcher Kubaturanteil, der ansonsten metermäßig nach Länge, Breite und Tiefe feststehenden Grube weggeführt - somit verkauft und in den wirtschaftlichen Verkehr gebracht worden ist - nicht möglich. Insbesondere war auch eine zeitliche Abgrenzung dieser für den Wirtschaftsverkehr bestimmten Gewinnung gegenüber der Gewinnung des Materials für den Eigenbedarf ableiten zu können, nicht verlässlich möglich.

Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich in seinem auf den ersten Rechtsgang hin erfolgten Erkenntnis vom 20.10.1999, Zl 99/04/0122-7, hinwies, wäre dies zur Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO erforderlich, wobei die Tätigkeit zur Befriedigung des Eigenbedarfes nicht als gewerblich zu gelten hat.

Unter Heranziehung des § 74 Abs.1 GewO 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof näher aus, dass die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage die regelmäßige Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit in Bezug auf eine örtlich gebundene Einrichtung voraussetzt. Wie sich aus dieser Gesetzesstelle zweifelsfrei ergibt, liegt eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs.1 GewO 1994 nur vor, wenn die darin entfaltete Tätigkeit eine gewerbliche ist und überdies dort regelmäßig ausgeübt wird.

Nach § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbsmäßigkeit, dass als gewerbsmäßige Tätigkeit nur solche Tätigkeiten in Betracht kommen, die in einer Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr in Form der Produktion von Gütern, des Handels oder der Erbringung von Dienstleistungen bestehen. Unter dem Begriff der gewerbsmäßigen Tätigkeit im Sinne der Gewerbeordnung fallen daher all jene Tätigkeiten nicht, die zur Befriedigung des Eigenbedarfes des Handelnden gesetzt werden. Es bilden daher insbesondere alle Tätigkeiten eines Gewerbetreibenden, die dieser zur Errichtung oder zur Änderung seiner Betriebsanlage setzt, jedenfalls keine gewerbliche Tätigkeit.

Indem der erhebliche Teil der Schotterentnahme der Errichtung der bereits genehmigten gewerblichen Betriebsanlage diente und der andere unerhebliche Teil mangels konkretisierbarer Zeitdauer oder Umfang als gewerbliche Tätigkeit nicht säuberlich getrennt und daher nicht erwiesen werden konnte, war sohin das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte im ersten Rechtsgang bei der Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit seine Grundauffassung aus der Bestimmung des § 1 Abs.2 GewO 1994 wie sie oben beschrieben wurde und im Zusammenhalt mit § 1 Abs.5 der GewO 1994 bezogen, wobei die Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen auch dann vorliegt, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll - sohin im Ergebnis in der wirtschaftlich günstigen Eigenversorgung liegt.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausgesprochen hat, ist bei jeder Auslegung einfach gesetzlicher Vorschriften der verfassungs-rechtliche Hintergrund mitzubedenken. Es war dies im gegenständlichen Fall das Gleichheitsgebot des Art.7 der Bundesverfassung und dies insbesondere unter Einbeziehung des dem Gesetz innewohnenden Schutzgedankens des Nachbarschutzes.

Nachdem jedoch der Verwaltungsgerichtshof im dazwischenliegenden Beschwerdeverfahren eine bindende Rechtsansicht dargetan hat, war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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