Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221604/2/Kl/Bk

Linz, 04.01.2000

VwSen-221604/2/Kl/Bk Linz, am 4. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Doris S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19. Oktober 1998, Ge96-271-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19.10.1998, Ge96-271-1997, wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 1.500 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.1.1980, Ge-2522-1980, verhängt, weil sie es als verantwortliche Beauftragte des Herrn Günter S zu verantworten hat, dass in der Nacht vom 27.9. zum 28.9.1997 der Gastgewerbebetrieb in B, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.1.1980, Ge-2522-1980, vorgeschriebene Auflage "1. Der Nachtbetrieb ist so zu führen, daß die Musikbox mit einer maximalen Lautheit von 80 dB betrieben wird und während des Betriebes zur Nachtzeit die Fenster verläßlich geschlossen gehalten werden." insoferne nicht erfüllt war, als beim nächtlichen Lokalaugenschein in der Nacht vom 27.9. zum 28.9.1997 anlässlich der durchgeführten Lärmmessungen durch den beigezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigen ein äquivalenter Dauerschallpegel von 82,7 dB, häufige Lärmspitzen von 88,5 dB und maximale Lärmspitzen von 94,0 dB gemessen wurden.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin auf die bisherigen Rechtfertigungsangaben verwiesen. Weiters stützte sich die Bw darauf, dass sie im Nachhinein einen Limiter eingebaut habe. Dies sei aber keinesfalls ein Schuldeingeständnis.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und im angefochtenen Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde sowie eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, war von einer Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG abzusehen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Voraussetzung für die Erfüllung des Straftatbestandes des § 367 Z25 ist ausschließlich ein Verhalten bzw eine Vorgangsweise im Rahmen einer genehmigten Betriebsanlage (VwGH vom 22.11.1988, 88/04/0109). Auflagen iSd § 77 Abs.1 sind bedingte Polizeibefehle, die erst dann wirksam werden, wenn der Bewilligungswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht. Im Fall der Gebrauchnahme werden die Auflagen zu unbedingten Aufträgen. Eine Auflage iSd § 77 Abs.1 darf daher nur als ein an den Inhaber der Betriebsanlage gerichteter normativer Ausspruch ergehen (vgl. VwGH vom 23.5.1989, 88/04/0342). Dementsprechend ist Täter des Straftatbestandes des § 367 Z25 der jeweilige Inhaber der Betriebsanlage.

4.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis wurde die Bw allerdings "als verantwortliche Beauftragte des Herrn Günter S" - dieser ist der Gewerbeinhaber und Inhaber der Betriebsanlage - zur Verantwortung gezogen. Gemäß § 38 Abs.1 GewO ist das Recht, ein Gewerbe auszuüben, ein persönliches Recht, das nicht übertragen werden kann; es kann durch Dritte nur insoweit ausgeübt werden, als in diesem Bundesgesetz bestimmt ist. Gemäß § 39 Abs.1 GewO kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Gemäß § 370 Abs.2 GewO sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Liegt eine Gewerbeberechtigung vor und ist der Gewerbeinhaber eine physische Person, so ist dieser grundsätzlich strafrechtlich verantwortlich. Wurde dagegen die Übertragung der Gewerbeausübung an einen Pächter oder die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt bzw genehmigt, so sind die Strafen gegen die genannten Personen zu verhängen. Die Übertragung der strafrechtlichen Verantwortung auf verantwortliche Beauftragte nach § 9 Abs.2 bis 7 VStG kommt für den Bereich des Gewerberechts im Hinblick auf die Spezialnorm des § 370 GewO nicht in Frage (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, "Die gewerbliche Betriebsanlage", 2. Auflage, RZ 319). Die Bw wurde hingegen nicht als gewerberechtliche Geschäftsführerin angezeigt bzw genehmigt.

Darüber hinaus regelt § 9 Abs.3 VStG, dass eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen kann. Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass nur jene natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, die Möglichkeit hat, einen verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Beim gegenständlichen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Cafe-Restaurant ist von vornherein nicht ersichtlich, dass es sich um ein sachlich gegliedertes Unternehmen handelt. Eine räumliche Gliederung ist von vornherein ausgeschlossen. Weil aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der klar abgegrenzte Bereich, für den der verantwortliche Beauftragte bestellt wird, bereits aus dem Bestellungsnachweis bzw dem Zustimmungsnachweis ersichtlich sein muss, ohne dass die Behörde noch weitere Ermittlungen anzustellen hat, ist auch unter diesem Aspekt die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht rechtsgültig zustande gekommen. Weil aber die Abwälzung der strafrechtlichen Verantwortung auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 813 E19), eine dem Gesetz entsprechende Delegation der Verantwortung nicht stattgefunden hat, hat die Bw die ihr angelastete Tat nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

4.3. Zur Sache selbst wird angemerkt, dass das konkret vorgeworfene Tatverhalten lediglich die erste Alternative des Auflagepunktes 1 des im Straferkenntnis näher zitierten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides betrifft. Die Auflage selbst verhält aber den Genehmigungsinhaber bloß zu einem Betrieb der Musikbox mit einer maximalen Lautstärke von 80 dB. Wenn hingegen die Messungen in den Betriebsräumen einen höheren Schallpegel während des aufrechten Gastbetriebes ergeben, so ist hiermit die Nichteinhaltung der Auflage noch nicht erwiesen, zumal auch der Geräuschpegel der Gäste und des sonstigen Gastbetriebes mitgemessen wird, die Lautstärke der Musik allerdings aus diesen Messwerten nicht hervorgeht. Eine maximale Lautstärke für den Gastgewerbebetrieb hingegen wurde durch die Auflage nicht vorgegeben. Aus diesem Gesichtspunkt ist daher auch schon aus dem Tatvorwurf ein strafbares Verhalten mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht abzuleiten.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge erster und zweiter Instanz (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

verantwortlicher Beauftragter, sachlich gegliedertes Unternehmen, gewerberechtlicher Geschäftsführer

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