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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221642/2/Kl/Rd

Linz, 13.01.2000

VwSen-221642/2/Kl/Rd Linz, am 13. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Helmuth S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.6.1999, Ge96-107-1997/Ew, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.6.1999, Ge96-107-1997/Ew, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 142 Abs.1 Z2 bis 4 GewO 1994 verhängt, weil er als Vorstandsmitglied und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der "M Warenhandels-Aktiengesellschaft", zu vertreten hat, dass auf Namen und Rechnung der oa Gesellschaft im Zeitraum von November 1996 bis 20.4.1997, zumindest jedoch am 1.4.1997 im Standort E, wie im Rahmen einer gewerbebehördlichen Verhandlung von Organen der BH Linz-Land am 1.4.1997 festgestellt wurde, ein Selbstbedienungsrestaurant betrieben wurde (Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken und Verabreichung von Speisen an Gäste), ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass der zur Last gelegte Sachverhalt bestritten wird und die belangte Behörde keine ausreichenden Erhebungen durchgeführt hat. Darüber hinaus wurde Herr Wolfgang N als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Gastgewerbebetriebe der M Warenhandels AG verantwortlich, was bereits der Gewerbeanmeldung vom 5.11.1996 zu entnehmen war. Das Verschulden des Beschuldigten sei allenfalls geringfügig, zumal die Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert werden. Die verhängte Geldstrafe ist überhöht, zumal keine einschlägigen Vorstrafen und keine nachteiligen Folgen zu verzeichnen sind. Es wird die Anwendung von § 21 VStG beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil schon aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht anzuberaumen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 142 Abs.1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe für

1) die Beherbergung von Gästen;

2) die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;

3) den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;

4) den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs.2 erster Satz GewO 1994 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH enthält der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 ua das Tatbestandsmerkmal, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch noch nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen. Darüber hinaus ist im Spruch des Straferkenntnisses jenes Gewerbe, dessen Ausübung angelastet wird, durch wörtliche Anführungen zu bezeichnen (VwGH vom 29.1.1991, 90/04/0176; vom 15.9.1999, 99/04/0110). Darüber hinaus hat bei der Tatanlastung betreffend die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes der Spruch zumindest einen Hinweis auf die Betriebsart zu enthalten (VwGH vom 30.10.1990, 90/04/0037; 31.3.1992, 91/04/0261).

Diesen Anforderungen wird mit gegenständlichem Straferkenntnis nicht entsprochen. Der Spruch enthält weder eine Zuordnung des als gewerbliche Tätigkeit erkannten Verhaltens zum Gastgewerbe noch Ausführungen über die Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO noch die ausdrückliche Anführung der Betriebsart. Bei letzterem ist jedoch durch die Anführung "Selbstbedienungsrestaurant" ein Hinweis auf die Betriebsart gegeben.

Wesentlich erscheint jedoch, dass durch den Tatvorwurf "ein Selbstbedienungsrestaurant betrieben wurde" der Tatvorwurf gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO "ein Gewerbe ausübt" verfehlt wurde. Es kann nämlich aus dem Betrieb eines Selbstbedienungsrestaurants allein noch nicht auf die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes geschlossen werden.

Weder in der Strafverfügung vom 17.6.1997 noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.7.1997 als in der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Verfolgungshandlung ist aber ein entsprechender Tatvorwurf gemacht worden. Das angefochtene Straferkenntnis wurde nach der Verfolgungsverjährungsfrist erlassen, sodass die Begründung den Spruch nicht zu ersetzen vermag bzw nicht zu einer Korrektur des Spruches herangezogen werden kann.

Es war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Gewerbsmäßigkeit, Betriebsart, Ausübung nicht Betrieb maßgeblich für unbefugte Gewerbeausübung

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