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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221645/3/Gu/Pr

Linz, 19.10.1999

VwSen-221645/3/Gu/Pr Linz, am 19. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichter: Dr. Hans Guschlbauer, Beisitzer: Dr. Hermann Bleier) über die Berufung des P. A. M., gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Steyr vom 18.8.1999, Ge-29/99, wegen Übertretung der Gewerbeordnung verhängten Strafe zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der Strafausspruch, der Verfallsausspruch und der Kostenausspruch werden behoben.

Der Rechtsmittelwerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 1 VStG, § 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z2, § 65 VStG, § 367 Z18 GewO 1994

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat gegen den Rechtsmittelwerber am 18.8.1999, zur Zahl Ge29/99, ein Straferkenntnis erlassen dessen Spruch lautet:

"Sie haben es zu vertreten, daß Sie am 1.2.1999 um 15.15. Uhr in B. H., F, Aufkleber mit der Aufschrift "Tierasyl International" zum Preis von je S 100,-- zum Verkauf anboten und somit im Umherziehen von Haus zu Haus feilboten ohne daß die Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländischem Brennholz, inländischer Butter und inländischen Eiern vorlag und ohne daß eine Bewilligung der Gemeinde B. H. vorlag. Da das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und Haus zu Haus nur auf Grund der Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländischem Brennholz, inländischer Butter und inländischen Eiern oder einer Bewilligung der Gemeinde ausgeübt werden darf stellt oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 dar.

Verwaltungsübertretung nach:

§ 367 Ziff. 18 i.V.m. § 53 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994, BGBl. 194/94 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

S 25.000,-- 240 Stunden 367 Einleitung leg.cit.

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung vor Vorhaft, Verfallsausspruch):

Gemäß § 17 VStG i.V.m. § 369 GewO 1994 werden die am 2.1.1999 vom Gendarmerieposten 4540 Bad Hall, beschlagnahmten 6 Stk. Aufkleber mit der Aufschrift "Tierasyl International" für verfallen erklärt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 2.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

S 27.500,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Dagegen hat der Beschuldigte eine als Einspruch bezeichnete Berufung wegen "zu hoher Strafe" eingebracht.

Damit ist der Spruch des Straferkenntnisses in Teilrechtskraft erwachsen und unangreifbar.

Im Ergebnis kommt jedoch der Berufung Berechtigung zu, zumal der Spruch für die Bemessung der Strafe heranzuziehen ist, weil er aber gänzlich verfehlt ist, keinen Unrechtsgehalt zu tragen vermag.

Schon für den Durchschnittsbetrachter ist ersichtlich, dass ein Aufkleber mit der Aufschrift "Tierasyl International" nicht unter die Begriffe Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, inländisches Brennholz, inländischer Butter und inländische Eier fiel und daher eine vom Spruch geforderte diesbezügliche Gewerbeanmeldung nicht in Betracht kam.

Aus dem Spruch des Straferkenntnisses ist ferner nicht ersichtlich, ob dem Beschuldigten die Nichtanmeldung des - wie aufgezeigt nicht subsumierbaren Gewerbes - oder das Feilbieten von Ort zu Ort oder beides vorgeworfen wurde. Der Vorwurf einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z18 deutet eher darauf hin, dass nur das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus vorgeworfen wurde.

Nun aber enthält § 367 Z18 GewO 1994 idF der Gewerberechtsnovelle 1992 eine Subsidiaritätsbestimmung indem der Gesetzestext lautet:

Eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist begeht, wer das den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen des § 53 oder 53 a ausübt wenn nicht der Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 oder der erste Tatbestand des § 368 Z6 oder der Tatbestand des § 368 Z7 gegeben ist. Nun aber schloss der Vorwurf einer unbefugten Gewerbeausübung (ohne Anmeldung eines entsprechenden Gewerbes) die gesonderte Bestrafung wegen unbefugten Feilbietens im Umherziehen aus.

Der wahre Sachverhalt, der in der Anzeige des GPK Bad Hall vom 4.2.1999 aufscheint und von diesem Gendarmerieposten zutreffend als Verdacht einer Übertretung nach dem Oö. Sammlungsgesetz qualifiziert wurde, ist demnach in der Form eines Vorwurfes einer Übertretung der Gewerbeordnung nicht fassbar und besitzt daher nach den gewerberechtlichen Vorschriften keinen Unrechtsgehalt. Das Gehen von Haus zu Haus bzw. das Ansprechen von Personen an allgemein zugänglichen Orten eine Spende von 100 S für das "Tierasyl International" gegen Empfang eines Aufklebers leisten zu sollen, erfüllt den typischen Tatbestand des § 1 Abs.1 des Oö. Sammlungsgesetzes iVm § 6 Abs.1 Z1 Oö. Sammlungsgesetz 1996, wobei es allerdings erforderlich gewesen wäre, den Haupttäter, (die zur Vertretung des Vereins nach außen berufene Person allenfalls das mit der Keiltätigkeit betraute Unternehmen Marschall) und bei entsprechender Schuldform des Vorsatzes (dolus eventualis genügt) im Sinne des § 7 VStG den Beschuldigte als Beitragstäter zu verfolgen. Der angezeigte Eingriff in das Oö. Sammlungsrecht hätte allerdings verfahrens- und recherchenmäßig noch einer umfassenden Aufbereitung bedurft, um dem sozialschädlichen verpönten Verhalten, nämlich eine Sammlung ohne Prüfung der Voraussetzungen zu veranstalten und die Gefahr des Missbrauchs der Spendenbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen, gegenüber allen Tätern und Beteiligten nachhaltig entgegen zu treten.

Da ein solcher Vorwurf nicht zur Prüfung heranstand und andererseits, wie vorhin erwähnt, das Verhalten gemessen an den gewerberechtlichen Vorschriften keinen Unrechtsgehalt aufwies, war unter dem Blickwinkel des § 1 VStG, der Straf-, der Verfalls- und der Kostenausspruch zu beheben.

Im Ergebnis hatte daher der Berufungswerber Erfolg und befreite dieser Umstand ihn von der Pflicht, einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

Beschlagwortung: Sammlungstätigkeit fällt nicht unter Gewerbeordnung

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