Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221680/2/Gu/Pr

Linz, 21.03.2000

VwSen-221680/2/Gu/Pr Linz, am 21. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der S. M., vertreten durch Rechtsanwälte Z. & M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14.2.2000, Ge96-34-8-1999-Nihd, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen.

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird neu gefasst, sodass er zu lauten hat:

"Sie haben am 23.6.1999 vor Ihrer Wohnung in St. ein Werbeplakat mit der Aufschrift "Crazy Nails" angebracht sowie in der Zeit vom 31.5.1999 bis zum 7.6.1999 im örtlichen Kabelkanal der Fernsehgemeinschaft St. für das gebundene Teilgewerbe Modellieren von Fingernägeln (Nagelstudio) im Rollprogramm des Infokanals mit laufender Wiederholung der Einschaltung ca. alle 5 Minuten Werbung für Nagelverlängerung und Design betrieben und somit diese Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen angeboten - wobei das Anbieten eines dem Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird - ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Bezüglich der verletzten Norm ist hinter der Bezeichnung § 1 Abs.4 2. Satz, einzufügen "§ 5 Abs.1 GewO 1994".

Im Übrigen wird das Straferkenntnis im Straf- und Kostenausspruch bestätigt.

Die Rechtsmittelwerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 600 S (entspricht  43,60 €) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 Abs.4 2. Satz, § 5 Abs.1, § 124 Z11 GewO 1994 sowie § 1 Z15 der 1. Teilgewerbeverordnung BGBl. II Nr. 11/1998.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, zumindest am 23.6.1999 vor ihrer Wohnung in St. ein Werbeplakat mit der Aufschrift "Crazy Nails" angebracht, sowie in der Zeit vom 31.5.1999 bis zum 7.6.1999 im örtlichen Kabelkanal für das Modellieren von Fingernägeln Werbung betrieben und somit diese Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen angeboten zu haben - wobei das Anbieten eines den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird - ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Wegen Verletzung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 Abs.4 2 Satz, § 124 Z11 der Gewerbeordnung 1994 sowie § 1 Z15 der 1. Teilgewerbeverordnung BGBl. II Nr. 11/1998 wurde ihr deswegen in Anwendung des § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

In der vom rechtsfreundlichen Vertreter gegen das umfassend begründete Straferkenntnis verfassten Berufung vertritt die Rechtsmittelwerberin die Auffassung, dass sie für das Werbeplakat vor ihrer Wohnung mit der Aufschrift "Crazy Nails" am Tage des 23.6.1999 kein Verschulden treffe, weil dieses Plakat vorgängig abgedeckt gewesen sei und der Wind am Morgen dieses Tages die Folie abgelöst habe. Dies hätte die Tochter R. M. durch zeugenschaftliche Vernehmung bekräftigen können, welche allerdings nicht vernommen worden sei. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sei das Verschulden geringer gewesen und hätte die Strafe geringer ausfallen müssen. Aber auch ohne die angeführte Einschränkung sei die von der 1. Instanz verhängte Geldstrafe unangemessen hoch, wenn man auf das von der Beschuldigten bekannt gegebene monatliche Nettoeinkommen und ihre Unterhaltspflichten Bedacht nehme.

Aus diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin anstelle der Verhängung einer Strafe den Ausspruch einer Ermahnung in eventu die Herabsetzung der Strafe auf 2.000 S.

Da die verhängte Geldstrafe den Betrag von 3.000 S nicht überstieg und im Übrigen die Werbung im örtlichen Kabelkanal sowie die Tatsache nicht bestritten wurde, dass am 23.6.1999 (dem Tag der Nachschau durch zwei Gendarmeriebeamte) das Plakat vor ihrer Wohnung mit der Aufschrift "Crazy Nails" angebracht war und somit der maßgebliche Sachverhalt feststand, konnte die Sache gemäß § 51e Abs.3 Z3 VStG ohne Verhandlung entschieden werden.

Entgegen den Berufungsausführungen war das Vorhandensein des Plakates vor der Wohnung der Beschuldigten mit der Aufschrift "Crazy Nails" am 23.6.1999 sehr wohl vorwerfbar, zumal sie selbst, wenn dieses Plakat vorgängig mit einer Papierfolie abgedeckt gewesen sein sollte, im Hinblick auf die noch weit entfernte Gewerbeberechtigung (erst am 21.10.1999 hat die Beschuldigte beim Amt der Oö. Landesregierung das Ansuchen um Nachsicht vom entsprechenden Befähigungsnachweis eingebracht und nach Nachsichtserteilung das Gewerbe am 28.10.1999 angemeldet) zuverlässig hätte Sorge tragen müssen, dass das Plakat durch keine Einflüsse augenscheinlich hätte werden dürfen.

Auch mit der Behauptung einer ursprünglichen Überdeckung mit Papier war selbst bei Annahme dieses Umstandes für die Beschuldigte daher nichts zu gewinnen.

Rechtlich war bei dem spruchgegenständlichen Sachverhalt zu bedenken:

Nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs.4 2. Satz leg.cit. wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Das Modellieren von Fingernägeln (Nagelstudio) ist gemäß § 1 Z15 der 1. Teilgewerbeverordnung, BGBl. II Nr. 11/1998, ein Teilgewerbe und stammt gemäß § 21 leg.cit. aus dem gebundenen Gewerbe der Kosmetiker (Schönheitspflege).

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 dürfen Gewerbe, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, bei Erfüllung der allgemeinen und etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden. Zur aktuellen Werbung in ihrem Gewerbe sind nur befugte Gewerbetreibende berufen. Ein Zuwiderhandeln erfüllt den gesonderten Tatbestand des § 1 Abs.4 2. Satz GewO 1994.

Dass die Beschuldigte ein entsprechendes gebundenes Gewerbe zur Tatzeit angemeldet gehabt hätte, ist nicht evident und wird von ihr auch in keinem Schritt des erstinstanzlichen Verfahrens und auch nicht in der Berufung behauptet.

Was die Verschuldensseite anlangt so genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG, wenn eine Verwaltungsvorschrift darüber nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine derartige Glaubhaftmachung mangelnder Fahrlässigkeit ist der Beschuldigten bei dem vorliegenden Ungehorsamsdelikt nicht gelungen.

Es war daher der Schuldspruch zu bestätigen und zwar nach Maßgabe des neugefassten Spruches, wobei die Ergänzung mit dem werblichen Text der Kabel-TV-Werbung durch das rechtzeitige innerhalb der Verjährungsfrist gelegene Zurkenntnisbringen dieses Textes an den Vertreter der Beschuldigten zur näheren Tatumschreibung erforderlich und zulässig war. Gleichzeit war bezüglich des Werbeplakates bei der Tatzeit das Wort "zumindest" zu eliminieren, zumal eine exakt bestimmte Zeitspanne des Sichtbarseins des Plakates vor dem 23.6.1999 weder für die 1. Instanz noch für den Oö. Verwaltungssenat nachweisbar erschien. Insoweit hatte der Schuldspruch Bestand.

Hinsichtlich des Ausspruches der Strafe war zu bedenken:

Was den Antrag auf Anwendung des § 21 VStG - des Absehens von der Verhängung einer Strafe - anlangt, so hat die 1. Instanz zutreffend ausgeführt, dass weder das Verschulden noch die objektive Tatseite geringfügig bzw. unbedeutend gewesen wäre.

Von einer diesbezüglichen völlig atypischen Lage, wie sie der Verwaltungsgerichtshof dabei fordert, konnte nicht die Rede sein. Von einem sorgfältigen Menschen wird erwartet, dass er bei beabsichtigter selbständiger Erwerbstätigkeit alle Informationen bei kompetenter Stelle z.B. Behörde oder Anwalt einholt, um sie die Kenntnis von den Vorschriften rund um die Gewerbeausübung zu verschaffen. Ein solcher diesbezüglicher Schritt wurde im Verfahren von der Beschuldigten nicht einmal behauptet, sodass von einem geringen Grad des Verschuldens nicht gesprochen werden kann.

Schied aber die Anwendung des § 21 VStG aus, so war für den Strafausspruch zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das Anbieten der gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis stellt einerseits Tatbestandsmerkmal andererseits je nach Intensität der Werbung auch Kriterium für den Unrechtsgehalt dar.

Der 1. Instanz kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie bei dem gegebenen Sachverhalt einen gewichtigen Unrechtsgehalt annahm.

Angesichts des als beträchtlich einzustufenden Maßes der Fahrlässigkeit - die Zulässigkeit bei der Gewerbeausübung stand zum Zeitpunkt bzw. im Zeitraum der Werbung auch nicht ansatzweise fest - kam auch der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass trotz des von der Beschuldigten mit 8.300 S niedrig bezifferten Monatseinkommens und der Sorgepflicht für zwei Kinder bei sonstiger Vermögenslosigkeit bei dem bis zu 50.000 S bestehenden Geldstrafrahmen kein Ermessensmissbrauch der 1. Instanz stattfand, wenn sie den Strafrahmen mit weniger als einem Zehntel ausgeschöpft hat. Auch im Berufungsverfahren konnte für die Beschuldigte keine mildernden Umstände erblickt werden. Durch mehrere Vormerkungen wegen Übertretungen auf dem Gebiet des Verkehrsrechtes kam der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zum Tragen. Umgekehrt war aber auch kein besonders erschwerender Grund für die Strafzumessung maßgeblich.

Die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe entsprach unter Zugrundelegung des § 16 Abs.2 VStG dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

In der Zusammenschau der Strafzumessungsgründe kam daher der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass mit der von der 1. Instanz ausgesprochenen Strafe die in Rede stehende Übertretung der Gewerbeordnung angemessen sanktioniert wurde.

War im Ergebnis das Straferkenntnis zu bestätigen, so hatte dies auf der Kostenseite zur Folge, dass gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die erfolglose Rechtsmittelwerberin einen 20 %igen Kostenbeitrag, berechnet von der bestätigten Strafhöhe, zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Nur ein befugter Gewerbetreibender darf aktuell werben

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