Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221852/2/Ga/Pe

Linz, 23.01.2003

 

 

 VwSen-221852/2/Ga/Pe Linz, am 23. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der GF, vertreten durch Dr. HV und Dr. GG, Rechtsanwälte in , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, Zl. PrA-II-S-0032108e vom 30. Juli 2002, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 30. Juli 2002 wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Gewerbeinhaberin und Betreiberin des Speditionsgewerbes im Standort, zu vertreten, dass beim Betrieb dieser Spedition in drei Fällen (am 12.7., am 22.8. und am 13.10.2000, jeweils zu bestimmten Zeitpunkten vor 06.00 Uhr) der wörtlich wiedergegebene Auflagenpunkt 2. eines bestimmten gewerbebehördlichen Bescheides aus dem Jahr 1967 nicht eingehalten worden sei, indem während der angeführten Zeiträume auf dem Firmengelände der Spedition F im bezeichneten Standort jeweils das lärmintensive Anstarten sowie anschließende Warmlaufenlassen eines LKW sowie die Vornahme von mit Lärm (zischendes Geräusch, welches vom Entlüften der Bremsen herrühren dürfte) verbundenen An- bzw. Umkuppelarbeiten von LKW-Anhängern stattgefunden habe, wobei es auch zu Lärmbelästigungen von Anrainern gekommen sei.
Dadurch habe die Beschuldigte in allen drei Fällen § 367 Z25 GewO jeweils in Verbindung mit Auflagenpunkt 2. des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (als Gewerbebehörde) vom 6. Juni 1967, Gz: 671/R-SW, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die Beschuldigte zu 1. bis 3. gemäß § 367 Einleitung GewO Geldstrafen von je 145 € kostenpflichtig verhängt und Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.
 
Begründend verwies die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf entsprechende Nachbarbeschwerden und die hiezu zeugenschaftlich erhärteten Angaben. Auf dieser Grundlage nahm die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, nach Wiedergabe der bezüglichen Auflagen, die Tatbestandsmäßigkeit iSd § 367 Z25 GewO - Nichteinhaltung von in Betriebsanlagenbescheiden vorgeschriebenen Auflagen - an und sah im Grunde des § 5 Abs.1 VStG die persönliche Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens begründet.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung beantragende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Für die Herstellung der Tatbestandsqualität für ein Übertretungsverhalten iSd § 367 Z25 GewO ist zufolge ständiger Judikatur unerlässlich, dass jene Auflage, deren Nichteinhaltung spruchgemäß vorgeworfen wird, so bestimmt normiert ist, dass die aus der Auflage verpflichtete Person jederzeit die Grenzen ihres Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflage zweifelsfrei erkennen kann. Nach der Aktenlage ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Berufungswerberin als Adressantin der Genehmigungsbescheide vom 2. Oktober 1947 und vom 6. Juni 1967 und als persönlich Ausübende des hier in Rede stehenden Speditionsgewerbes grundsätzlich auch durch die Auflagen der Betriebsanlagenbescheide verpflichtet ist, weil sie es ist, die - im Übrigen gänzlich unbestritten - jene Betriebsanlage betreibt. Auf diesen Umstand aber kommt es aus dem Blickwinkel des § 367 Z25 GewO, was die Pflicht zur Auflagenerfüllung angeht, an (vgl. VwGH 21.11.2001, 2000/04/0197). Der Hinweis der Berufungswerberin in diesem Zusammenhang auf § 9 VStG ist ebenso verfehlt wie der Einwand, es könne ihr deshalb, weil sie die Tathandlungen - Abstellen von LKW und Warmlaufenlassen der Motoren etc. und dadurch Lärmerregung zur Unzeit - weder veranlasst noch geduldet habe, kein Schuldvorwurf gemacht werden. Zutreffend ist die belangte Behörde im Berufungsfall von einem Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG ausgegangen. Die Berufungswerberin hat keine Umstände vorgetragen, die glaubhaft hätten machen können, dass es ihr, objektiv besehen, unmöglich gewesen wäre, auf die LKW-Fahrer iS eines rechtstreuen Verhaltens verlässlich einzuwirken.
 
Auflage 2. des Änderungs-Genehmigungsbescheides zu der in Rede stehenden Betriebsanlage vom 6. Juni 1967 lautet: "Gemäß Punkt 10 des ha. Bescheides vom 2.10.1947, GZ 671/47, sind lärmende Arbeiten an Werktagen zwischen 22 und 6 Uhr, an Samstagen ab 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen, vor allem im Freien, verboten."
 
Auflage 10. des verwiesenen Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides vom 2.10.1947 lautet: "Es ist darauf zu achten, daß durch die Benützung der Garage jedwede Belästigung der Nachbarschaft besonders der Nachtruhe vermieden wird. Für den Fall berechtigter Beschwerden behält sich die Behörde zur Abstellung der Übelstände weitere Maßnahmen einschließlich der Sperrung vor."
 
Unter Hinweis auf den Wortlaut ist es rechtlich nicht gangbar, die Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 als in sich abgeschlossene Verbotsnorm aufzufassen. Die formelle Verweisung auf Auflage 10. des Bescheides vom 2.10.1947 stellt eine inhaltliche Verschränkung mit dem Gebotsteil jener Auflage her. Diese Rechtstechnik im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Auflagen ist zulässig, sofern dadurch die Bestimmtheit des gesollten bzw. verbotenen Verhaltens nicht beeinträchtigt wird.
 
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Straferkenntnis davon aus, dass die Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 das ganze Firmengelände der involvierten Betriebsanlage erfasse. Dies jedoch bestreitet die Berufungswerberin. Sie wendet ein, dass die Auflage nur Arbeiten, die sich aus der Benützung der Garage als solche ergeben, betreffe.
 
Hilfreich für die Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfrage ist die gebotene Betrachtung der Regelungsinhalte beider vorzit. Genehmigungsbescheide. Daraus geht hervor, dass die in Rede stehende Betriebsanlage insgesamt gerade nicht unter der Einheitsbezeichnung "Garage" (verstanden als Synonym für das ganze, aus Gebäuden und Flächen bestehende Betriebsareal) erfasst ist. Vielmehr beziehen sich die Genehmigungen und Vorschreibungen auf einzelne Komponenten der Betriebsanlage. Danach sind die Garage, die Werkstätte und der Büroraum ausdrücklich als getrennte Räumlichkeiten bzw. Gebäudeteile erfasst. So sind an mehreren Belegstellen beider Bescheide der Werkstättenteil und der Garagenteil der Betriebsanlage (letzterer zB. auch als "Einstellraum" bzw. "Kraftwageneinstellraum") jeweils besonderen Regelungen unterworfen.
Dieser Befund scheint dafür zu sprechen, dass die Gebotsvorschrift der Auflage 10. des Bescheides 2.10.1947 nur die Garage allein, dh. ihre Benützung durch das Einfahren, Abstellen und Ausfahren der Fahrzeuge und die damit notwendig verbundenen Hantierungen (Öffnen und Schließen der Tore; diverse Manipulationen mit und an den in der Garage abgestellten Fahrzeugen, die nicht im Werkstättenteil der Betriebsanlage vorgenommen werden) erfasst. Betraf daher die Auflage 10. des Bescheides 2.10.1947 nur den Garagenraum im engeren Sinn, so ist infolge der Verschränkung dieser Auflage mit der Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 weiterhin von der Emissionsquelle "Garage", soweit diese als eigener gebäudlicher Teil der Betriebsanlage erfasst ist, auszugehen.
Auf das vom Tribunal erzielte Auslegungsergebnis scheint im Übrigen auch der in der Auflage 2. verwendete Ausdruck "Arbeiten" hinzudeuten, ist doch, wie die Berufungswerberin plausibel vorbringt, dieser Ausdruck im Zusammenhang mit Hantierungen bei der Garagierung von Fahrzeugen durchaus gebräuchlich, jedoch für die Beschreibung des schlichten Abstellens eines Kraftfahrzeuges und das Warmlaufenlassen des Motors auf freier Abstellfläche unüblich.
 
Ausgehend aber von diesem Verständnis der verschränkten Inhalte der beiden Auflagen wäre eine - allenfalls durch Zweckmäßigkeitsüberlegungen motivierte - extensive Interpretation der Erfassungswirkung des mit der Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 ausgesprochenen Verbotsbefehls auf Verrichtungen welcher Art auch immer im Freien nicht rechtens.
Dessen ungeachtet haften der Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 weitere Fragwürdigkeiten an, für die im Auslegungsweg keine vernünftigen Antworten, auch nicht durch finale Reduktion, gefunden werden können: So bleibt dunkel, warum Arbeiten im Freien nur "vor allem" erfasst sind und welche Auswirkungen sich daraus für nicht im Freien vorgenommene, jedoch lärmende Arbeiten ergeben. Und fraglich ist auch, wieso die Auflage 2. nur "lärmende" Arbeiten einbezieht, wo doch der verwiesene Auflagenpunkt 10. des Bescheides 2.10.1947 "jedwede" Belästigung (von Nachbarn) erfasst, nicht also nur durch Lärm, sondern auch durch Geruch, Staub, Erschütterung u.ä.
 
Alle diese Gründe aber belegen, dass die Auflage 2. des Bescheides 6.6.1967 nicht mit der von der Judikatur geforderten Eindeutigkeit für das der Berufungswerberin als Verpflichtete abverlangte rechtmäßige Verhalten ausgestattet ist. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses kann der Bestimmtheitsmangel einer Auflage nicht durch Anfrage bei der und Auskunftserteilung durch die zuständige Gewerbebehörde saniert werden.
Vielmehr wäre nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates, weil Nachbarbeschwerden aus der Aktenlage evident sind, eine Neubewertung des vorliegend geltenden und, wie sachverhaltsbezogen zu zeigen war, partiell ungenügenden Auflagenregimes anhand der hiefür einschlägigen Vorschriften des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes naheliegend.
 
Zusammenfassend war festzustellen, dass als Ergebnis der Rechtsbeurteilung die Unbestimmtheit der bzgl. Auflage der Annahme einer Tatbestandsmäßigkeit iS des § 367 Z25 GewO für die Fakten 1. bis 3. entgegenstand. Waren aber Zuwiderhandlungen diesfalls nicht vorwerfbar, so war die Aufhebung der Schuldsprüche und gleichzeitig die Einstellung im Grunde des § 45 Abs.1 Z1 VStG zu verfügen.
Dieses Verfahrensergebnis entlastet die Berufungswerberin in allen drei Fakten auch aus ihrer Kostenpflicht.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 

Mag. Gallnbrunner

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