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VwSen-221860/6/Kon/Ke

Linz, 22.04.2003

VwSen-221860/6/Kon/Ke Linz, am 22. April 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. Dr. H., vertreten durch Dr. W., p.A. N. GmbH & Co KG, L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31.7.2002, Zl. PrA-II-S-0132013b, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.4.2003, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2. Der Berufungswerber Dipl.-Ing. Dr. H. hat 20 % der gegen ihn verhängten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.



Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 51c idF Verwaltungsreformgesetz 2001.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber Dipl.-Ing. Dr. H. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z1, 2 und 5 GewO 1994 für schuldig erkannt und über ihn gemäß dem Einleitungssatz des § 366 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen und 21 Stunden verhängt.

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 100 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Der Beschuldigte, Herr DI Dr. H., geboren am 21.4.1959, wohnhaft: L., hat es als gemäß § 370 Abs. 2 GewO verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der N. GmbH & Co. KG, Herstellung sämtlicher chemischer Produkte in der Form eines Industriebetriebes bzw. Herstellung von Giften mit dem Sitz in L., zu vertreten, dass von der obzit. Firma in der Zeit von 4.9.2000 bis 28.12.2000 im Standort L., L., eine gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1, 2 und 5 GewO 1994 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich die Aufstellung von mit Gefahrgut befüllten bzw. von Gefahrgut restentleerten Eisenbahnwaggons (Kesselwagen) auf dem Schienennetz der (nunmehr von der V. GmbH, L., betriebenen) Anschlussbahn (zum Zwecke der Anlieferung von Stoffen zu den einzelnen Produktionsstätten, Entleerung bzw. Befüllung der Waggons, Abtransport von Stoffen, Lagerung von teilbefüllten bzw. restentleerten ungereinigten Waggons), betrieben wurde, ohne dass die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl die ggstl. Betriebsanlage (insbesondere aufgrund der mit dem Umschlag sowie der Lagerung von Gefahrengut verbundenen Gefahrenmomente wie z.B. Befüllungsfehler, Manipulationsbeschädigung von Waggons, Überdruckentwicklung in Waggons aufgrund chemischer Prozesse, Gefahr des Versagens von in den Waggons eingebauten Drucksicherheitsventilen, Versickern von Leckagestoffen im Untergrund o.ä.) geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum der Nachbarn zu gefährden bzw. Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen bzw. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, indem während der im Folgenden angeführten Zeiträume auf den u.a. Gleisbereichen der Anschlussbahn folgende Waggons auf gestellt wurden:

  1. Waggon-Nr. 23-83-7350661-3; Aufstellungszeitraum 4.9.2000 bis 28.12.2000; Gleis-Nr. 14; Inhaltsstoff Isopropanol; Inhaltsmenge 7.670 bzw. 7.720 kg;
  2. Waggon-Nr. 33-80-7975874-8; Aufstellungszeitraum 27.11.2000 bis 28.12.2000; Gleis-Nr. 7; Inhaltsstoff CCC-Stabilan; Inhaltsmenge 20.400 kg."

Hiezu führt die belangte Behörde nach eingehender Sachverhaltsdarstellung und Anführung der Bestimmungen der §§ 74 und 366 GewO 1994, was die objektive Tatbestandsmäßigkeit betrifft begründend im Wesentlichen aus wie folgt:

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass es der Bw als verwaltungsstrafrechtlicher verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der N. GmbH & Co KG, Linz, zu vertreten habe, dass von der obzitierten Firma die gegenständliche Verwaltungsübertretung laut im Schuldspruch enthaltenen Tatvorwurf gesetzt worden sei.

Zur Genehmigungspflicht der Aufstellung von Gefahrgut befüllten bzw. restentleerten Kesselwagen auf dem Schienennetz der Anschlussbahn Zwischen-/Lagerzwecken gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Themen "Standort zur Ein- und Abstellung von Kfz/Mietwagen" (28.4.1992, 91/04/0340) sowie "Einrichtungen im Freien ohne Vorhandensein einer Baulichkeit wie z.B. Lagerplätze" (25.9.1990, 90/04/0024) bzw. "Kraftfahrzeuge, wenn diese regelmäßig an dem selben Ort abgestellt werden" (30.10.1974, 1876/73) verwiesen.

Bezüglich der im Bewilligungsverfahren aufgetauchten Fragestellungen einer (exklusiven) Subsumierbarkeit der Aufstellung von Gefahrengutwaggons unter dem Geltungsbereich des Eisenbahnrechtes sei auszuführen, dass im Falle einer - wenn auch nur kurzfristigen - Zwischen-/Lagerungsabsicht bezüglich des beinhalteten Gefahrengutes (auch bezüglich bloßer Restinhalte) die Waggonaufstellung des - wenn auch nur vorübergehenden - Wegfalles der Beförderungsabsicht mit sofortiger Wirksamkeit dem Anwendungsbereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes unterliege. Eine Anwendung der 28-Tage-Regelung gemäß dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr vom 30.3.1983, EB200.702/2-II72-1983, komme diesfalls nicht mehr in Betracht.

Im Bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite im Sinne des Verschuldens führt die belangte Behörde (unter Anführung der Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG) begründend aus, dass der Bw die ihm obliegende Glaubhaftmachung, das ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe nicht zu erbringen vermocht habe.

Die von ihm als Ursache für die erfolgte Zwischenlagerung von Gefahrengut auf dem Gleisnetz der Anschlussbahn vorgebrachten Terminprobleme beim Abtransport von im Betrieb erzeugten Stoffen (Gefahrgut) vermögen ihn - auch wenn diese Verzögerung von Seiten dritter Personen verursacht worden seien - ebenso wenig zu entschuldigen wie die Notwendigkeit einer unvorhergesehenen erforderlichen Reinigung der Produktionsanlage, da derartige Situationen im Produktionsablauf eines chemischen Großbetriebes bereits auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit als nicht ausnahmslos vermeidbar zu beurteilen seien und somit auch grundsätzlich - wenngleich als Ausnahmefälle - "vorhersehbar" wären, weshalb die Betriebsanlageninhaberin hiefür entsprechende Vorkehrungen im Rahmen der gewerberechtlichen Vorschriften zu treffen gehabt hätte. Würden solche tauglichen Vorkehrungen von der Betriebsinhaberin nicht getroffen, sei ihr das entsprechende unterlassen als Fahrlässigkeit zur Last zu legen.

Im Bezug auf die Strafhöhe führt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG begründend im Wesentlichen aus, dass, was den Unrechtsgehalt der Tat betreffe, im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen sei, dass durch die Handlungsweise des Bw der von § 74 Abs.2 leg.cit. bezweckte präventive Schutz vereitelt worden sei.

Im Bezug auf die Verschuldensform sei angesichts des von der Betriebsanlageninhaberin bereits im November 1998 eingebrachten Genehmigungsansuchens davon auszugehen, dass der Bw die Tat bedingt vorsätzlich begangen habe.

Als Strafmilderung sei die bisherige Unbescholtenheit des Bw sowie dessen teilgeständige Verantwortung zu werten gewesen. Straferschwerend wäre jedoch beträchtlich der Tatzeitraum sowie der gewichtige Gefährdungsaspekt des konsenslos erfolgten Anlagenbetriebes ins Gewicht gefallen.

Mangels Angaben des Bw seien dessen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse wie folgt geschätzt worden: Nettoeinkommen 3.600 Euro und Sorgepflicht für zwei Kinder.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben und darin den Vorwurf, keine tauglichen Vorkehrungen getroffen zu haben, um auf Verzögerung bei der Kundenanlieferung zu reagieren, widersprochen. Es stelle eine vorhandene Lagerkapazität von 40 Tagesproduktionen (entspreche 15 Befüllungen des fraglichen Kesselwaggons) seines Erachtens sehr wohl eine solche Vorkehrung dar und wäre bis zum fraglichen Vorfall stets mehr als ausreichend gewesen. Dies unterstreiche auch die Tatsache, dass in dem von der belangten Behörde angeführten gewerberechtlichen Genehmigungsantrag vom 5.11.1998 keine Lagerung von CCC in Kesselwaggons seitens der N. beantragt worden seien.

Darüber hinaus müsse festgestellt werden, dass bei der N. keine gewerberechtlich genehmigten Vorrichtungen von CCC aus Kesselwaggons in die Anlage existierten. Ein Zurückpumpen hätte also mit improvisierten und sohin gewerberechtlich nicht genehmigten Vorrichtungen erfolgen müssen, was ein höheres Gefahrenpotential dargestellt hätte als der zwangsweise längere Verbleib des Waggons auf dem Gelände des Chemieparks.

Zum Vorliegen des Vorwurfs einer fahrlässigen Handlung im Bezug auf den Isopropanol-Waggon, 23-83-7350661-3, sei folgendes anzuführen:

Es müsse festgestellt werden, dass bei der N. keine gewerberechtlich genehmigten Vorrichtungen zum Umfüllen von Isopropanol aus Kesselwaggons in Gebinde, die im Lager für brennbare Flüssigkeiten der D. (Bau 65a) hätten gelagert werden können, existierten. Ein Umfüllen nach erkennen der Verzögerung hätte also mit improvisierten Vorrichtungen erfolgen müssen, was wie schon vorher ausgeführt ein höheres Gefahrenpotential dargestellt hätte, als der Zwangsweise längere Verbleib des Waggons auf dem Gelände des Chemieparks.

Nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde und durchgeführter öffentlich mündlicher Berufungsverhandlung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Unstrittig erweist sich der dem Tatvorwurf zu Grunde liegende Sachverhalt, nämlich die Aufstellung von mit Gefahrgut befüllten bzw. von Gefahrgut restentleerten Eisenbahnwaggons (Kesselwagen) auf dem Schienennetz der nunmehr von der V. GmbH, betriebenen Anschlussbahn während des Tatzeitraumes.

Vom Bw wird jedoch sowohl in der Berufung wie auch in der mündlichen Verhandlung eingewendet, dass dieser Umstand nicht dem Regime des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes unterliege sondern nach eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sei.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass eisenbahnrechtliche Vorschriften als den Kompetenztatbestand Verkehr zugehörig, nur auf den tatsächlich stattfindenden Eisenbahntransport Anwendung finden und nur in diesem Falle nicht von einer nach der Gewerbeordnung genehmigungspflichtigen Lagerung von Gefahrengut gesprochen werden kann. Von diesem Bahntransportgeschehen umfasst und den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausschließend, wäre dabei auch der bahnbetriebsbedingte (Lockaustausch, Schienenreparatur, etc.) Stillstand der unterwegs befindlichen Kesselwaggons auf dem Bahnkörper.

Ein solcher, die Anwendung der GewO 1994 ausschließender, Umstand liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor bzw. wäre dies nur dann der Fall gewesen, wenn die Verzögerung des Abtransportes des Gefahrengutes mittels Kesselwagen von der Ö. als Transportunternehmen zu vertreten gewesen wäre. Wie der Bw aber selbst in der mündlichen Berufungsverhandlung vorbrachte, ist diese den Tatzeitraum ausfüllende Verzögerung des Abtransportes der gegenständlichen Kesselwaggons ausschließlich auf dem in Schwebe liegenden Geschäftsabschluss der N. mit ihrer Tochterfirma zurückzuführen, sodass der unterbliebene Abtransport der Kesselwaggons einen in die Sphäre der N. fallenden Umstand darstellt. Zu Recht wurde daher von der belangten Behörde das Abstellen der gegenständlichen Kesselwaggons auf den Gleisen der Anschlussbahn in der Dauer des Tatzeitraumes als eine in den Bestimmungen des § 74 Abs.2 Z1, 2 und 5 GewO 1994 gründende bewilligungspflichtige Lagerung von Gefahrgut gewertet und dies von ihr auch zutreffend mit dem Wegfall der Beförderungsabsicht begründet.

Die vom Bw vorgebrachten Einwände sind daher nicht geeignet, das Vorliegen des objektiven Tatbestandes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verneinen zu können.

Auch das Vorliegen der subjektiven Tatseite im Sinne des Verschuldens wurde von der belangten Behörde zutreffend begründet und wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des bekämpften Bescheides verwiesen. Ergänzend wird hiezu darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass ein Entleeren der Kesselwaggons bzw. ein Umfüllen ein höheres Gefahrenpotential dargestellt hätte, als der zwangsweise längere Verbleib der befüllten Waggons am Gelände des Chemieparks, weder einen Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgrund darzustellen vermag.

Der Schuldspruch der belangten Behörde ist sohin zu Recht ergangen.

Was die im Besonderen nicht bekämpfte Strafhöhe betrifft, wird der Bw darauf hingewiesen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die belangte Behörde hat das von ihr festgesetzte Strafausmaß in nachvollziehbarer Weise und mit Bezug auf die gesetzlichen Strafzumessungskriterien festgelegt. Eine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung war nicht festzustellen, weshalb auch der Strafausspruch zu bestätigen war.

Insgesamt war der vorliegenden Berufung daher der Erfolg zu versagen und das angefochtene Straferkenntnis aus seinen zutreffenden Gründen zu bestätigen.

Zu II:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 20.12.2005, Zl.:2003/04/0137-8

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