Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221877/2/Ga/He

Linz, 28.01.2004

 

 

 VwSen-221877/2/Ga/He Linz, am 28.Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J Z, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 23. Jänner 2003, AZ Ge96-47-2002/2, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO) in zwei Fällen, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben; das in beiden Fakten angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z2 und 3, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Das bezeichnete Straferkenntnis vom 23. Jänner 2003 lastet mit unterschiedlichen Schuldsprüchen zwei unterschiedliche Tatbestände an. Es handelt sich in Wahrheit um zwei Straferkenntnisse. Gegen beide richtet sich die Berufung mit dem Begehren auf Aufhebung und Einstellung.

Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Aus den allgemeinen, auf beide Fakten bezogenen Teilen des Straferkenntnisses geht hervor: der Name des Berufungswerbers (ohne Adresse), Name und Adresse des rechtsfreundlichen Vertreters, die Stellung des Berufungswerbers als "nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (persönlich haftender Gesellschaft) der Z"; dem Letzteren ist weder eine Ortsangabe noch ein Gewerbegegenstand beigefügt.
 
Zu Faktum 1.
Vorgeworfen wird die Verletzung des § 367 Z25 GewO durch Nichteinhaltung der Auflage Punkt I/34 eines bestimmten Genehmigungsbescheides während bestimmter Zeiten in den Monaten Februar und März des Jahres 2002. Dem Schuldspruch ist weder eine Standortadresse des Betriebes, noch eine andere Adresse, die auf eine (verwaltungsstrafrechtlich relevante) örtliche Existenz des Betriebes schließen ließe, zu entnehmen. Lediglich ein "Wartestall", erkennbar als unselbstständiger Teil einer Betriebsanlage ist angeführt, allerdings gleichfalls ohne Beifügung irgend einer Ortsangabe.
 
Der für den Schuldspruch unter Faktum 1. somit offensichtlich fehlende, wesentliche Sachverhalt eines Tatortes kann auch nicht mit Hilfe des im Schuldspruch enthaltenen Bescheidzitates gewonnen werden, jedenfalls nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit. Die Kopie eines Bescheides mit den zit. Kennzahlen (Bescheiddatum; Aktenzeichen) liegt dem vorgelegten Strafakt ein; es handelt sich um den gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid für die Errichtung eines neuen Schlachthofes. Dieser Bescheidkopie ist zwar die frühere Standortadresse "A", nicht jedoch die Adresse für den zur Genehmigung angesuchten Neubau zu entnehmen. Für diesen (schon 1996 genehmigten) Neubau finden sich - in der Präambel und in der Einleitung des eigentlichen Spruches - als Hinweis für den Standort des neuen Schlachthofes nur Angaben über zwei bestimmte Grundstücke in der "KG. A", die allerdings nicht kongruieren. Diese auffällige Widersprüchlichkeit kann aus dem Bescheid (einbezogen die angeschlossene Kopie einer Betriebsbeschreibung) nicht aufgehellt werden.
 
Im Ergebnis war festzustellen, dass dem Schuldspruch - und übereinstimmend der AzR vom 5. August 2002 als hier maßgebliche Verfolgungshandlung (die Zeugenvernehmung vom 28.3.2002 bezog sich lt. Niederschrift auf keine bestimmte Person als Beschuldigter iS des § 32 Abs.1 VStG und war daher nicht als Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs.2 VStG zu werten) - eine solche Ortsangabe, die zweifelsfrei im Grunde des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG als Tatort zu identifizieren gewesen wäre, mangelt. Die Vervollständigung der Anlastung durch Einfügung des Betriebsstandortes als Tatort in den Schuldspruch wäre in diesem Fall nicht bloß eine (unter Wahrung der Identität der Tat) zulässige Modifizierung der Tatumschreibung, sondern eine unzulässige Auswechslung der Tat durch das Tribunal als Berufungsbehörde (vgl. zB VwGH 23.10.1995, 94/04/0080). Zufolge der also wesentlich unbestimmt gebliebenen (dadurch zur Verjährungsunterbrechung untauglichen) Verfolgungshandlung erweist sich, geht man mit der belangten Behörde vom Tatzeitende 25. März 2002 aus, die Tat seit dem 25. September 2002 als verjährt und bereits die Erlassung des Straferkenntnisses vom 23. Jänner 2003 als unzulässig.
Aus diesem Grund war, unter Entfall der Kostenfolgen, zu 1. auf Aufhebung und Einstellung zu erkennen.
 
 
Zu Faktum 2.
Dem Berufungswerber wurde spruchgemäß (wortident auch mit der AzR vom 5.8.2002 als hier maßgebliche erste Verfolgungshandlung) angelastet, er habe als außenvertretungsbefugtes Organ der "Z" verwaltungsstrafrechtlich für eine Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 GewO einzustehen. Näherhin wurde ihm vorgeworfen, er habe
"die genehmigungspflichtige Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage dadurch vorgenommen, dass Sie ein Kühlgerät, das mit einem auf einem Lastkraftwagen angebrachten Dieselaggregat, zum Teil auch mit Strom, betrieben wird, im Bereich Ihres Schlachthofes in A, aufgestellt und laut Anzeige der Frau L N bei der Gendarmerie und laut dienstlicher Wahrnehmung von Gendarmeriebeamten an folgenden Tagen zu den nachstehend angeführten Uhrzeiten betrieben:
am 8. Juni 2002 von 23.55 bis 00.27 Uhr (Anzeige N + dienstliche Wahrnehmung)
am 23. Juni 2002 von 21. bis 21.30 Uhr (Anzeige N + Angaben Chauffeur C)
am 14. Juli 2002 von 14.20 bis 14.30 Uhr (Anzeige N + dienstliche Wahrnehmung)
Die Änderung Ihrer genehmigten Betriebsanlage, das Aufstellen eines Kühlaggregates ist durch unseren Genehmigungsbescheid vom 5. Februar 1996 nicht gedeckt, ist aufgrund der durch das Kühlaggregat hervorgerufenen Lärmentwicklung und dadurch gegebenen Eignung der Belästigung der Nachbarn (§ 74 Abs.2 Ziff.2 GewO 1994) gem. § 81 Abs.1 GewO 1994 genehmigungspflichtig."

 
Der Berufungswerber bestreitet, tatbildlich gehandelt zu haben bzw. er wendet ein, dass auf Grund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens Tatbildlichkeit habe nicht angenommen werden dürfen.
 
Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 € zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Gemäß § 81 Abs.1 GewO bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
 
Durch die Judikatur ist klargestellt, dass im § 366 Abs.1 Z3 GewO zwei alternative Straftatbestände (ändern bzw. nach Änderung betreiben) niedergelegt sind (vgl. VwGH 26.4.1994, 93/04/0243).
 
Offensichtlich sollte mit Faktum 2. dem Berufungswerber nicht die Erfüllung beider Tatbestandsalternativen vorgeworfen werden. Es lässt der angefochtene Schuldspruch aber nicht zweifelsfrei erkennen, welche der Alternativen nun Sache des Tatvorwurfs sein soll. Für den Änderungstatbestand sprechen die spezifische Formulierung der Einleitung und das Zitat des § 81 Abs.1 GewO im Schlussteil des Schuldspruchs, sodass daraus immerhin geschlossen werden könnte, es habe die belangte Behörde das Merkmal der Änderung jedenfalls als verwirklicht anzunehmen beabsichtigt. Gegen die erste Alternative spricht allerdings, dass die im Schuldspruch enthaltenen Zeitangaben sich nicht auf die Herbeiführung (Herstellung) einer Änderung, sondern allein auf Zeiten des unbefugten Betreibens der geänderten Betriebsanlage beziehen. Gerade also diese Zeitangaben im Mitteilteil des Schuldspruchs iV mit der Ausführung des wesentlichen Tatbestandsmerkmales, worin nämlich das verpönte Betreiben gelegen sein solle, deuten darauf hin, dass die Strafbehörde die zweite Alternative des § 366 Abs.1 Z3 GewO zum Vorwurf machen wollte.
 
Von diesen wesentlichen, für sich schon eine modifizierende Aufhebung erzwingenden (vgl. Erk. UVSOÖ 20.8.2003, VwSen-221880/2/Lg/Ni) Unbestimmtheiten des Schuldspruchs (der zit. Verfolgungshandlung) abgesehen, war der belangten Behörde nicht zu folgen, wenn sie in der Rechtsbeurteilung des vorliegend als erwiesen angenommenen Sachverhaltes vom Tatbestandsmerkmal einer Änderung der in Rede stehenden (genehmigten) Betriebsanlage ausgegangen ist.
Klargestellt durch die einschlägige Judikatur ist mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" bzw. "Änderung" in § 366 Abs.1 Z3 GewO jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage erfasst, durch die sich die in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 leg.cit. bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen ergeben können.
 
Die im Schuldspruch beschriebenen Sachverhalte sind, soweit sie dem vorgelegten Strafakt entnommen werden können, keine solchen, die Anlage betreffenden Maßnahmen (im Sinne eines auf die Änderung des Erscheinungsbildes der Anlage als solche absichtsvoll gerichteten Agierens).
 
Aus dem Strafakt ist nämlich ersichtlich: Zu den sprucherfassten Zeiten wurden Kühlaggregate auf verschiedenen, keineswegs nur auf den Berufungswerber zugelassenen Lkw betrieben; diese Lkw waren aktuell als Transportfahrzeuge (nicht also in einer im Ergebnis stationären, sondern grundsätzlich anlagenfernen Weise) eingesetzt.
 
Der dem vorgelegten Strafakt in Kopie einliegende (im Schuldspruch zu 2. im Übrigen nicht konkret, weil ohne Aktenzeichen angeführte) Genehmigungsbescheid vom 5. Februar 1996 enthält u.a. die Auflage Nr. 35 ("Das Laufenlassen der Motoren am Stand ist untersagt [für die Transportfahrzeuge]. Auf dieses Verbot ist durch deutliche Anschläge hinzuweisen") und die Auflage Nr. 36 ("Das Laufenlassen der Kühlaggregate am Stand ist untersagt [für die Transportfahrzeuge]. Auf dieses Verbot ist durch deutliche Anschläge hinzuweisen"). Vorbehaltlich der zu prüfenden hinreichenden Bestimmtheit dieser Auflagen (insbesondere der Auflage Nr. 36) wäre der Vorwurf eines Verstoßes gegen diese Verhaltensbefehle durch die spruchgemäß beschriebenen Sachverhalte nicht, wie vorliegend geschehen, dem § 366 Abs.1 Z3 GewO, sondern dem Straftatbestand des § 367 Z25 GewO (Nichteinhalten von Auflagen) zu unterstellen gewesen. Das aber hätte eine darauf abgestellte, dh den dann anderen Tatmerkmalen entsprechende Anlastung erfordert.

Aus diesen Gründen war, unter Hinweis auch auf die oben schon erwähnte Sachbindung des Tribunals, das zu Faktum 2. angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und wie im Spruch zu verfügen.
Auch dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber aus der Kostenpflicht.
 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 

 

Mag. Gallnbrunner

 
 

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