Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221907/2/Re/Sta

Linz, 06.07.2004

 

 

 VwSen-221907/2/Re/Sta Linz, am 6. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der Frau B S, I, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. M S-K, P, K, vom 7. Oktober 2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 16. September 2003, Ge-353-3-1972, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 
 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 16. September 2003, Ge-353-3-1972, wurde über die Berufungswerberin wegen Übertretung des § 327 Z25 GewO 1994 in sechs Fällen bzw. § 367 Z25 GewO 1994 iVm ÖNORM B 5371 Geldstrafen in der Höhe von

zu Auflagepunkt 2.: 100 Euro

zu Auflagepunkt 4.: 100 Euro

zu Auflagepunkt 5.: 50 Euro

zu Auflagepunkt 6.: 50 Euro

zu Auflagepunkt 7.: 100 Euro

zu Auflagepunkt 8.: 20 Euro und

zu Auflagepunkt 10.: 200 Euro,

für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von

zu Auflagepunkt 2.: 15 Stunden

zu Auflagepunkt 4.: 15 Stunden

zu Auflagepunkt 5.: 7 Stunden

zu Auflagepunkt 6.: 7 Stunden

zu Auflagepunkt 7.: 15 Stunden

zu Auflagepunkt 8.: 3 Stunden und

zu Auflagepunkt 10.: 30 Stunden

verhängt.

 

Gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von je 10 % der verhängten Strafen, insgesamt somit in der Höhe von 62 Euro verpflichtet, weil sie als Inhaberin der Betriebsanlage und des Autoabstell- und Schrottplatzes auf den Gst. KG. M, Gemeinde I, die ihr durch Bescheid vom 5. Februar 2003, Ge-353-1972, Ge-1021-1986, im Spruchabschnitt I. A zusätzlich zu den Vorschreibungen der gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19. Dezember 1972, Ge-353-1972 und vom 17. Jänner 1984, Ge-353-1972 und vom 13. Juni 1986, Ge-1021-1986 sowie des Betriebsbewilligungsbescheides vom 23. September 1991, Ge-353-1972 vorgeschriebenen Auflagenpunkte 2., 4., 7. und 10. zur Gänze und die Auflagenpunkte 5., 6. und 8. teilweise insoweit nicht erfüllt hat, als hinsichtlich 5. die ordnungsgemäße Montage der Feuerlöscher nicht vorgenommen war, als hinsichtlich 6. der Nachweis über die ordnungsgemäße Entsorgung der Lackbehälter nicht vorlag und hinsichtlich 8. die Absicherung durch ein Gelände im Zeitpunkt des Lokalaugenscheines gerade durchgeführt wurde, obwohl Ihnen mit Bescheid vom 5. Februar 2003, Ge-353-1972, aufgetragen wurde, diese Auflagenpunkte unverzüglich zu erfüllen.

 

Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2003 verfasste und innerhalb offener Frist bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung, mit welcher letztlich beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis vom 23. September 2003 (gemeint offensichtlich vom 16. September 2003, zugestellt am 23. September 2003)
Zl. Ge-353-3-1972 zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, seitens der Gewerbebehörde sei hinsichtlich der Erfüllung der Auflagen keine konkrete Erfüllungsfrist gesetzt, sondern lediglich die unverzügliche Erfüllung sämtlicher Maßnahmen angeordnet worden. Die Auflagen seien nicht so klar gefasst, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen würden. Selbst wenn "unverzüglich" als prinzipiell ausreichend bestimmt sei, hätte die Behörde zu begründen gehabt, warum sie zum relevanten Zeitpunkt davon ausging, dass eine unverzügliche Erfüllung nicht vorgelegen sei. Die Vorschreibung der Auflagen sei im Februar 2003 erfolgt, erst nach Rechtskraft wirksam geworden und sei bereits mit Schreiben vom
31. März 2003 zur Frage, welche Tätigkeiten noch nicht vorgenommen werden konnten, Stellung bezogen worden. Objektiv sei somit kein Verzug und andererseits kein schuldhaftes Zögern vorgelegen. Es sei nicht ausreichend, wenn die Behörde die Verletzung der Auflagenpunkte pauschal anführe. Auflagepunkt 5. sei erfüllt, die Montage der Feuerlöscher sei nicht Inhalt dieses Auflagepunktes. Im Überprüfungsprotokoll sei zu Auflagepunkt 10. angeführt: "Ein technisches Gutachten für die Sanierung der Hohlkörperdecke liegt der Gewerbebehörde vor", außerdem seien entsprechende Unterlagen vorgelegt worden. Als Eventualbegehren werde die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe begehrt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat diese Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

Da aus dem vorgelegten Verfahrensakt bereits hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden
(§ 51c VStG).

 

Der Tatvorwurf im angesprochenen Straferkenntnis erweist sich zunächst bereits als rechtswidrig wegen Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 44a VStG.

 

Der Berufungswerberin wurde im Straferkenntnis - auf das Wesentliche beschränkt - vorgeworfen, sie habe als Inhaberin der Betriebsanlage und des Autoabstell- und Schrottplatzes auf den Gst. Nr. , KG. M, Gemeinde I, die ihr durch Bescheid vom 5. Februar 2003, Ge-353-1972, Ge-1021-1986, im Spruchteil I. A vorgeschriebenen Auflagenpunkte 2., 4., 7. und 10. zur Gänze und die Auflagepunkte 5., 6. und 8. teilweise insoweit nicht erfüllt, als hinsichtlich 5. die ordnungsgemäße Montage der Feuerlöscher nicht vorgenommen war, hinsichtlich 6. der Nachweis über die ordnungsgemäße Entsorgung der Lackbehälter nicht vorlag und hinsichtlich 8. die Absicherung durch ein Geländer im Zeitpunkt des Lokalaugenscheines gerade durchgeführt wurde, obwohl mit Bescheid vom 5. Februar 2003, Ge-353-1972, aufgetragen wurde, diese Auflagenpunkte unverzüglich zu erfüllen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen, nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

Es ist daher zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat sich ausreichend auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften bezieht.

Gemäß § 44a Z2 VStG ist im Spruch des Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten, gemäß Z3 leg.cit. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur festhält, wird dadurch, dass
§ 367 Z25 GewO 1994 auf die in den Betriebsanlagenbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes im Hinblick auf die durch § 367 Z25 GewO 1994 gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildeten, als solche bescheidmäßig bezeichneten Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen (VwGH 29.3.1994, Zl. 93/04/0255). Es trifft somit zu, dass die nach § 44a Z1 VStG gebotene Umschreibung der Tat bei der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z25 GewO 1994 die wörtliche Wiedergabe der als verletzt erachteten Auflage des Betriebsanlagenbescheides erfordert.

Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Genehmigungsbescheides bzw. allenfalls - wie im gegenständlichen Fall - zum Teil angeführte Umstände, die die Nichterfüllung solcher ziffernmäßig bezeichneten Auflagen begründen, reichen nicht aus, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung aller in Betracht kommender Tatbestandsmerkmale vollständig aus dem Spruch des Straferkenntnisses selbst ergeben muss.

Schon aus diesem Grunde belastet die belangte Behörde ihr Straferkenntnis vom
16. September 2003 mit Rechtswidrigkeit, welche unter Beachtung des § 31 Abs.2 VStG vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht behoben werden konnte.

Darüber hinaus ist am bekämpften Straferkenntnis zu bemängeln, dass der Vorwurf dahingeht, Auflagen des Bescheides vom 5. Februar 2003, nicht erfüllt zu haben. Dieser, mit bekämpften Straferkenntnis vom 16. September 2003 erstmals verfügte Vorwurf liegt außerhalb der Frist der Verfolgungsverjährung des Verwaltungsstrafgesetzes. Mit Strafverfügung vom 15. Mai 2003, welche als erste taugliche Verfolgungshandlung im gegenständlichen Strafverfahren anzusehen ist, wurde der Berufungswerberin die Nichteinhaltung von Auflagen aus dem Bescheid vom 5. Februar 2002 vorgeworfen. Im vorliegenden Verwaltungsstrafakt liegt lediglich eine Kopie dieses zitierten Bescheides vor und steht fest, dass dieser Bescheid tatsächlich mit Datum 5. Februar 2002 versehen ist, tatsächlich und nach den Zusammenhängen mit dem übrigen Verfahrensakt sich ergebend jedoch erst im Februar 2003 ergangen sein dürfte, wobei weitere Recherchen diesbezüglich auf Grund der auch aus den sonstigen Gründen erforderlichen Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens unterbleiben konnten.

Darüber hinaus hat der Beschuldigte ein Recht darauf, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint; gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z3 VStG. Nach § 367 Z25 GewO 1994 besteht die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt wurde, aus der Strafbestimmung des § 367 Z25 GewO 1994 iVm der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheides, in dem sich die betreffende (nicht beachtete) Auflage befindet (VwGH 24.11.1992, 90/04/0350). Auf die im gegenständlichen Fall zu Auflagepunkt 8. im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlende Zitierung des entsprechenden Punktes der zu Grunde gelegten ÖNORM als verletzte Norm wird an dieser Stelle hingewiesen (VwGH vom 27.9.2000, 2000/04/0121).

Zum vorgeworfenen nicht erfüllten Auflagepunkt 5. ist schließlich in Übereinstimmung mit der Berufungswerberin festzustellen, dass nach diesem rechtskräftig vorgeschriebenen Auflagepunkt "Die tragbaren Feuerlöscher sind von einem hiezu befugten Fachmann überprüfen zu lassen" lediglich die Überprüfungspflicht normiert wurde, nicht jedoch die letztlich der Berufungswerberin im Straferkenntnis vorgeworfene, nicht vorgenommene ordnungsgemäße Montage der Feuerlöscher.

Aus all diesen Gründen war im Grunde der zitierten Rechtsgrundlage wie im Spruch zu erkennen, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

 

 
 

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