Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221912/8/Re/Sta

Linz, 21.10.2004

 

 

 VwSen-221912/8/Re/Sta Linz, am 21. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn W R, vertreten durch Rechtsanwaltpartnerschaft L, E & T, S, V, vom 18. September 2003 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.8.2003, Ge96-2490-2003, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 BGBl. Nr. 194/1994 idgF (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1 VStG.
Zu II.: § 66 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28.8.2003, Ge96-2490-2003, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in der Höhe von

  1. 50 Euro
  2. 30 Euro
  3. 30 Euro,

für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von

zu 1.: 12 Stunden

zu 2.: 8 Stunden

zu 3.: 8 Stunden,

verhängt und wurde ihm dabei folgendes zur Last gelegt:

"1. Sie haben im Stadl- und Stallbereich Ihres Gasthauses in der Nacht vom Samstag, den 5.7.2003 auf Sonntag, den 6.7.2003 eine Veranstaltung durchgeführt, wobei elektronische Musik über Verstärker gespielt wurde.

Sie haben im Stadl- und Stallbereich Ihres Gasthauses in der Nacht vom Samstag den 12.7.2003 auf Sonntag, den 13.7.2003 ein "Sommernachtsfest (The Summernight)" veranstaltet, wobei auf einer in der Scheune errichteten Bühne die Live-Band, "R M" bis 0.20 Uhr über eine Verstärkeranlage musizierte und die Musik auf der Liegenschaft S, N, noch deutlich hörbar war.

Im Stadl- und Stallbereich Ihres Gasthaus fand in der Nacht vom Samstag, den 19.7.2003 auf Sonntag, den 20.7.2003 ein "Polterabend" statt, wobei bis 1.15 Uhr sowie ab etwa 1.30 - 6.15 Uhr elektronische Musik über Verstärker gespielt wurde und lautes Lärmen der Gäste zu hören war.

Dadurch haben Sie die genehmigte Betriebsanlage durch Hinzunahme des Stadl- und Stallbereiches nach einer Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben.

 

  1. Im Hof-, Stadl- und Stallbereich Ihres Gasthauses fand in der Nacht vom Samstag, den 19.7.2003 auf Sonntag, den 20.7.2003 eine Veranstaltung (Polterabend) statt, wobei bis 1.15 Uhr sowie ab etwa 1.30 - 6.15 Uhr elektronische Musik über Verstärker gespielt wurde und lautes Lärmen der Gäste zu hören war, obwohl die Sperrzeit für diesen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Gasthaus mit 2.00 - 6.00 Uhr festgesetzt ist und das Lokal während der Sperrzeit geschlossen zu halten ist und Gästen weder der Zutritt dazu noch das weitere Verweilen darin gestattet werden darf.
  2.  

  3. Sie haben damit den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Ge20-13-40-02-2003 vom 7.7.2003, mit dem Ihnen der Betrieb lebender und elektronischer Musik untersagt und aufgetragen wurde, sämtliche Musik- und Verstärkeranlagen aus den Betriebsräumen zu entfernen, nicht eingehalten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

zu 1.: § 366 Abs.1 Z3 in Verbindung mit § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Gewerbeordnung
1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 23/2003.

 

zu 2.: § 368 in Verbindung mit § 113 Abs. 7 GewO 1994 und § 1 Abs.1 Oö. Sperr
zeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001.

 

zu 3.: § 368 in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft
Vöcklabruck, Ge20-13-40-02-2003 vom 7.7.2003."

 

 

Das Straferkenntnis erging im Wesentlichen mit der Begründung, W R besitze seit 1995 im Standort S, N, eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus. Die Betriebsanlagengenehmigung gelte im Grunde der Übergangsbestimmung des § 376 Z14b für den zum Stichtag 1. Juli 1993 betriebenen Umfang, nicht jedoch für den erst nach dem Stichtag konsenslos umgebauten Stadl- (175 m2) und Stalltrakt (93,6 m2). Der große Musiklärm am Samstag, den 5. Juli 2003 gegen 1.00 Uhr früh sei vom Nachbarn S angezeigt worden. Der selbe Anrainer zeigte am 21. Juli 2003 eine Feierlichkeit in der Nacht vom Samstag, den 19. Juli auf Sonntag, den 20. Juli 2003 an. Im Wege der Gendarmerie Lenzing wurde die Anzeige der Anrainer S betreffend eine Veranstaltung am 12. Juli 2003 der Behörde weitergeleitet.

 

Zum ersten Tatbestand wird darüber hinaus begründet, die Ausführungen des Berufungswerbers, dass es sich jeweils nur um Untermalungsmusik gehandelt habe, sei aus der allgemeinen Lebenserfahrung entgegenzuhalten, dass vom Nachbarn eine Musik, die objektiv nicht zu hören sei, auch nicht zur Anzeige gebracht werde. Der Anrainer habe bereits 26-mal Beschwerde über Lärmbelästigungen geführt. Eine bewilligungspflichtige Veranstaltung dürfe nur auf Grund des Vorliegens einer Bewilligung durchgeführt werden. Bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht komme es nicht darauf an, dass von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgingen, die Genehmigungspflicht sei schon bei der bloßen Möglichkeit derartiger Gefährdungen gegeben. Dies sei bei einer elektronischen Musikanlage der Fall. Die mehrmaligen Verwaltungsübertretungen würden ein fortgesetztes Delikt darstellen, die angezeigten Übertretungen seien daher in einem abzuhandeln. Von einer weiteren Anhörung des Beschuldigten könne aus Gründen der Verfahrensökonomie abgesehen werden.

 

Zum Tatbestand 2. wird ausgeführt, dass der Gastgewerbetreibende die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam machen müsse, sie hätten den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. Laut § 1 Abs.1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 ist die Sperrstunde für Gastgewerbebetriebe in der diesem Lokal entsprechenden Betriebsart "Gasthaus" mit 2.00 Uhr festgesetzt. Der private Polterabend des Bruders sei daher dem Berufungswerber zuzurechnen, da die Genehmigungspflicht auch dann bestehe, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

 

Zum Tatbestand 3. wird in der Begründung auf einen gemäß § 360 Abs.4 GewO 1994 gestützten Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 2003, zugestellt am
10. Juli 2003 verwiesen, mit welchem in den Gasträumen, im ehemaligen Stadl- und Scheunentrakt und im Hof lebender und elektronischer Musikbetrieb untersagt und aufgetragen wurde, Musik und Verstärkeranlagen aus den Betriebsräumen zu entfernen.

 

Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber durch seine rechtsfreundlichen Vertreter innerhalb offener Frist eingebrachte Berufung vom 18. September 2003, mit welcher beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

 

Im Einzelnen wurde die Berufung damit begründet, beim Vorfall vom 5./6. Juli 2003 habe es sich um eine Geburtstagsfeier gehandelt, bei welcher als Untermalungsmusik elektronische Musik mit einem CD-Player gespielt worden sei, Live-Musik nicht dargeboten worden sei. Für die Veranstaltung am 12. Juli 2003 (Jazz-Konzert - Summernight) habe er eine Veranstaltungsbewilligung beantragt. Diese sei trotz Erfüllung der Voraussetzungen vom Bürgermeister abgelehnt worden, dagegen habe er fristgerecht Berufung erhoben und sei über die Berufung noch nicht abgesprochen worden. Am Abend des 19. Juli 2003 habe in einer an den Hof angrenzenden Scheune eine Geburtstagsfeier stattgefunden, bei welcher als Untermalungsmusik elektronische Musik gespielt worden sei. Live-Musik sei nicht dargeboten worden. Diese sei im Bereich der ca. 100 m entfernten Liegenschaft des Anzeigers S nicht zu hören. Am selben Abend habe der Bruder des Berufungswerbers, welcher am Standort ebenfalls seinen Wohnsitz hat, mit Freunden einen Polterabend gefeiert. Dieser habe in den privaten Bereichen stattgefunden. Schon aus diesem Grunde sei eine Übertretung der Gewerbeordnung denkunmöglich. Der Berufungswerber selbst hat am Polterabend nicht teilgenommen und Gäste des Polterabends nicht bewirtet. Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Juli 2003, Ge20-13-40-02-2003, mit welchem im gegenständlichen Standort jeglicher lebender und elektronischer Musikbetrieb untersagt worden sei, habe er Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben. Das Berufungsverfahren sei anhängig. Das Abwarten der beiden genannten Berufungsverfahren sei mit dem Behördenvertreter der belangten Behörde abgesprochen worden. Die belangte Behörde habe keinerlei Erhebungen gepflogen und kein rechtsmäßiges Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es sei lediglich festgestellt worden, dass außerhalb der Liegenschaft des Einschreiters Musik zu hören gewesen sei. Lärmmessungen seien nicht vorgenommen worden, sondern unreflektiert den Angaben des Anzeigers gefolgt worden. Dem Beschuldigten sei nicht Gelegenheit gegeben worden, sich zu rechtfertigen und entsprechende Beweisanträge zu stellen.

 

Unter dem Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird zu Faktum 1 weiters vorgebracht, die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass in der genehmigten Betriebsanlage überhaupt kein Musikbetrieb zulässig sei. Es werde lediglich Hintergrundmusik betrieben, wovon keine Emissionen im Sinne des § 74 GewO ausgehen. Aufstellen und Betreiben eines handelsüblichen Radios oder eines CD-Players während einer Hochzeit könne - insbesondere in ländlichen und touristischen Gebieten - nicht als genehmigungspflichtige Betriebsanlage bewertet werden. Die von ihm fallweise betriebene Musikanlage stelle einen Teil der genehmigten Betriebsanlage dar und sei vom bestehenden Konsens umfasst, da sie bereits zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung 1975 vorhanden gewesen sei. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte auch der Bürgermeister die beantragte Veranstaltungsbewilligung erteilen müssen. Es liege somit keine bewilligungspflichtige Änderung der Betriebsanlage vor. Zum Faktum 2 sei beim Polterabend die Sperrstunde überschritten worden. Der Polterabend habe nicht in der Betriebsanlage des Berufungswerbers, sondern in den privaten Bereichen des Hauses stattgefunden. Die Gäste seien Gäste seines Bruders gewesen. Es lag hier keine gewerbliche Tätigkeit des Berufungswerbers, der im Übrigen an der Feier nicht teilgenommen hat, vor. Zum Faktum 3 übersehe die Behörde, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Juli 2003 mit Berufung bekämpft worden sei, rechtswidrig sei und die Voraussetzungen nach § 360 Abs.4 GewO nicht vorliegen würden. Auch die rechtlichen Ausführungen zur Schuldform seien unrichtig und nicht nachvollziehbar. Für einen Vorsatz des Berufungswerbers ergäben sich keinerlei Ansatzpunkte. Die Ermittlung des verhängten Strafausmaßes sei nicht nachvollziehbar und mangelhaft.

 

Die belangte Behörde hat diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt. Dieser hatte im Grunde des § 51c VStG durch Einzelmitglied zu entscheiden, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrensakt, sowie die von der belangten Behörde nachgeforderten Aktenteile aus dem vom Berufungswerber genannten Verfahrensakt betreffend die im Grunde des § 360 GewO 1994 verfügten Zwangsmaßnahmen.

 

Da aus dem vorliegenden Verfahrensakt bereits hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder deren Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen, nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Diesen Anforderungen entspricht zunächst der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses zu Faktum 1 nicht und zwar aus folgenden Gründen:

Diesem Spruchteil ist nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen, durch welche Maßnahmen der Vorwurf des Betriebes einer genehmigten Betriebsanlage nach der - ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführten - Änderung tatsächlich liegt. Unter Änderung einer Betriebsanlage kann nämlich sowohl die Hinzunahme von Betriebsräumlichkeiten verstanden werden, als auch die Installation einer Musikanlage. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, der Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist. Als Tatbestandsmerkmal des Betriebes einer ohne Genehmigung geänderten Betriebsanlage wird im gegenständlichen Straferkenntnis die Hinzunahme des Stadl- und Stallbereiches angeführt. Als Merkmal, welches diese Anlagengenehmigung durch die Möglichkeit, Anrainer durch Lärm zu belästigen, zu einer genehmigungspflichtigen Änderung macht, wird hingegen das Abspielen elektronischer Musik bzw. die Veranstaltung von Live-Musik normiert. Übersehen wird hiebei, dass alleine die Hinzunahme einer Räumlichkeit nicht zwingend eine Genehmigungspflicht auslösen muss. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0131, festgestellt, das bei der Frage der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht lediglich auf die abstrakte, sondern auch auf die konkrete Eignung, die im § 74 Abs.2 GewO näher umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, abzustellen ist. Es ist nicht nur auf das Emissionsverhalten der Anlage, sondern auch auf die konkrete Umwelt, in der sie sich befindet, abzustellen. Eine Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 und - im Falle des Betreibens der Anlage ohne Genehmigung - ein Straftatbestand im Sinne des § 366 Abs.1 Z3 der Gewerbeordnung ist daher dann nicht gegeben, wenn auf Grund der konkreten Beschaffenheit sowohl der Anlage wie ihrer Umwelt, u.a. auch eine Belästigung von Nachbarn überhaupt nicht möglich ist. So ist von vornherein nicht ausschließbar, dass die Installierung und der Betrieb einer Musikanlage, mit welcher Musik laut wiedergegeben werden kann, auch dann genehmigungspflichtig sein kann, wenn der nächste Anrainer in einer Entfernung von ca. 100 m wohnt. Ob dies jedoch - so wie im bekämpften Schuldspruch vorgeworfen - alleine für die Änderung einer Anlage durch Hinzunahme lediglich eines Betriebsraumes zutrifft, blieb im gegenständlichen Verfahren unbeleuchtet und ist daher dem Straferkenntnis auch nicht zu entnehmen.

 

Darüber hinaus ist, auch unter Hinweis auf die diesbezügliche einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den, der Gewerbeordnung innewohnenden Begriff der Betriebsanlage zu verweisen, wonach eine solche nur dann vorliegt, wenn die Einrichtung der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Inhaltlich gilt dieses Erfordernis auch für das Vorliegen einer geänderten Betriebsanlage im Sinne des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994. Es kommt somit sowohl darauf an, dass die auf dem Grundstück entfaltete Tätigkeit die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 aufweist, als auch darauf, dass der vom Schuldspruch erfasste örtliche Bereich nicht nur von einer vorübergehenden, sondern der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt war.

Hiezu ist festzuhalten, dass in der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Betriebsanlage auf Grund und im Umfang des Konzessionsdekretes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Februar 1976 die Ausübung des Gastgewerbes als zulässig anzusehen ist. Gemäß § 111 Abs.1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe für die Beherbergung von Gästen, die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken. Ob es in der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegten geänderten Betriebsanlage tatsächlich zur Ausübung des Gastgewerbes gekommen ist, ist dem gesamten Ermittlungsverfahren nicht zu entnehmen. Angeknüpft wird lediglich an das Abspielen von Musik ohne zweifelsfreien Zusammenhang, inwieweit damit eine Gewerbeausübung verknüpft war. Vielmehr sind dem Verfahren jedoch wiederholt Hinweise zu entnehmen, die zumindest nicht zwingend für das Ausüben des Gastgewerbes sprechen, wie zB das Vorliegen einer privaten Geburtsfeier, eines privaten Polterabends bzw. das Musizieren einer Live-Band auf einer errichteten Bühne, wobei hiefür eine Veranstaltungsbewilligung beantragt worden sei.

 

Da somit dieser dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfene Tatvorwurf nicht auf einem derart ausreichend durchgeführten Ermittlungsverfahren aufbaut, welcher die eindeutige Zuordnung der als genehmigungspflichtig erachteten Änderung der Betriebsanlage zu Grunde gelegt werden kann, konnte auch Spruchteil II nicht aufrecht erhalten werden. Dieser bezieht sich auf den oben bereits erwähnten und im Spruch auch als solcher bezeichneten Polterabend, wobei auch für diese Veranstaltung nicht feststeht, ob hier tatsächlich das Gastgewerbe ausgeübt wurde. Soferne nicht zweifelsfrei erwiesen ist, dass es sich um die Ausübung des Gastgewerbes in einer gastgewerblichen Betriebsanlage handelt, kann nämlich die für Gastgewerbebetriebe erlassene Sperrzeiten-Verordnung nicht Anwendung finden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die bisherige Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenates zu verweisen, wonach der Sachverhalt der Erweiterung einer Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung und der Betrieb dieser Erweiterung ein Delikt gemäß § 366 Abs.1 Z3 darstellen, im Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretung aber auch alle weiteren Tatbegehungen im Zuge der Änderung und des Betreibens derselben unter diesem Tatvorwurf mit enthalten und somit von der Bestrafung mit erfasst sind (VwSen-Oö.-221134).

 

Zum Tatvorwurf 3. ist schließlich auf die in der Zwischenzeit ergangene Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom
9. Februar 2004, Ge-442891/1-2004, zu verweisen, mit welcher der bekämpfte, im Grunde des § 360 Abs.4 GewO 1994 ergangene Bescheid der belangten Behörde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurückverwiesen wurde. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, eine tatsächliche konkrete und ausreichende Lärmbelästigung sei noch nicht festgestellt worden, Lärm aus der Betriebsanlage sei zwar wahrgenommen, jedoch noch nicht als unzumutbar aus Sicht eines medizinischen Amtssachverständigen festgestellt worden. Da somit mit diesem Bescheid die gemeinsam mit § 368 GewO 1994 zu Grunde liegende Rechtsnorm weggefallen ist, war auch das darauf aufbauende Strafverfahren einzustellen.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

Der Berufungswerber ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Einstellung des Strafverfahrens aus formellen Gründen erfolgte und nichts über die allenfalls vorliegende Genehmigungspflicht seiner geänderten Betriebsanlage, sei dies durch Hinzunahme von Betriebsräumlichkeiten oder durch Aufstellung einer neuen Musikanlage, aussagt. Es wird Aufgabe der belangten Behörde sein, den Umfang der genehmigten Betriebsanlagen, insbesondere auch im Hinblick auf die Musikanlage, festzustellen. Dem Berufungsvorbringen, dass das Aufstellen und Betreiben eines handelsüblichen Radios oder eines CD-Players nicht als genehmigungspflichtige Betriebsanlagenänderung gewertet werden könne, kann nicht gefolgt werden. Sollte feststellbar sein, dass eine Musikanlage bereits zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung 1975 vorhanden gewesen sei, somit damals Teil der im Grunde der Übergangsbestimmungen genehmigten Betriebsanlage wurde, ist im Falle des Austausches derselben von der Behörde zu prüfen, ob es sich hiebei um einen Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen im Sinne des § 81 Abs.2 Z5 GewO 1994 handelt, da nur in diesem Falle von einer genehmigungsfreien Änderung der Anlage ausgegangen werden kann. Der Austausch dieses Anlagenteiles ist jedoch vom Anlagenbetreiber gemäß § 81 Abs.3 leg.cit. der zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Das ersetzte Gerät, die ersetzte Maschine, die ersetzte Ausstattung oder die dem Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege sind nach dieser Bestimmung bis zur Erlassung des Bescheides gemäß § 345 Abs.8 Z8 aufzubewahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

 
 

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