Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221916/10/Bm/Sta

Linz, 15.01.2004

 

 

 VwSen-221916/10/Bm/Sta Linz, am 15. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J H, M-H-S, L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J B, Mag. M M, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.9.2003, GZ. 30148352, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 iVm der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches zu den Fakten 1 - 3 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994" in "gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994" geändert wird.
  2. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen bezüglich der Fakten 1 - 3 auf den Betrag von je 100 Euro herabgesetzt werden. Die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von je
    23 Stunden werden bestätigt.
  3. Hinsichtlich Faktum 4 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.
  4. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich der Fakten 1 - 3 auf gesamt 30 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten. Bezüglich Faktum 4 entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG sowie § 45 Abs.1 Z1 VStG (zu Faktum 4).
Zu II.: §§ 64 ff VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 150 Euro (in 4 Fällen), Ersatzfreiheitsstrafe von je 23 Stunden, wegen je einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z25 GewO 1994 iVm § 3 Abs.3, § 4 Abs.2, § 4 Abs.3 und § 7 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen verhängt, weil er es als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der B D GmbH mit dem Sitz in W, S S, welche Betreiberin des Verkaufsmarktes "B" (weitere Betriebsstätte) im Standort L, I, ist, zu vertreten hat, dass in der o.a. genehmigten Betriebsanlage am 27.12.2001 bei zwei im abgegrenzten Freigelände nördlich des Haupteinganges des Verkaufsmarktes als bauliche Einheit aufgestellten Verkaufscontainern, in welchen der Zutritt an Kunden gewährt wurde (die Kunden betraten die Verkaufseinheit durch eine Tür an der einen Seite, wählten die darin ausgestellten Waren in Selbstbedienung aus, verließen die Verkaufseinheit durch ein Tor an der entgegengesetzten Seite und bezahlten die Ware an den Kassen im Verkaufsmarkt), und somit in einem Verkaufsraum, pyrotechnische Gegenstände der Klasse I und II (ca. 100 Schachteln mit Artikeln wie Schweizer Krachern, Böllern, Pirat-Krachern, Minikrachern, chines. Kleinraketen u.ä.; weiters 200 Packungen mit jeweils aus mehreren Raketen bestehenden Raketensortiments in Klarsichtpackung) zum Verkauf ausgestellt wurden, wobei

  1. entgegen § 3 Abs.3 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen, nämlich "in Verkaufsräumen dürfen pyrotechnische Gegenstände nur in geschlossenen Schaukästen oder Klarsichtpackungen zur Schau gestellt werden", die innerhalb der Verkaufscontainer beidseitig des Durchgangsbereiches angebotenen pyrotechnischen Gegenstände (wie zB Schweizer Kracher, Böller, Pirat-Kracher, Minikracher, chines. Kleinraketen u.ä.) unverpackt außerhalb geschlossener Schaukästen zur Schau gestellt wurden;
  2. entgegen § 4 Abs.2 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen, nämlich "in Schaufenstern oder auf allgemein zugänglichen Verkaufspulten oder Regalen dürfen keine pyrotechnischen Gegenstände, sondern Leerpackungen oder Attrappen zur Schau gestellt werden", die innerhalb der Verkaufscontainer auf allgemein zugänglichen Regalen beidseitig des Durchgangsbereiches angebotenen pyrotechnischen Gegenstände (zB Schweizer Kracher, Böller, Pirat-Kracher, Minikracher, chines. Kleinraketen u.ä.) funktionstauglich waren;
  3. entgegen § 4 Abs.3 Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen, nämlich "pyrotechnische Gegenstände dürfen nicht so gelagert werden, dass sie vom Kunden frei entnommen werden können", die innerhalb der Verkaufscontainer beidseitig des Durchgangsbereiches angebotenen pyrotechnischen Gegenstände (zB Schweizer Kracher, Böller, Pirat-Kracher, Minikracher, chines. Kleinraketen u.ä.) von Kunden frei entnommen werden konnten;
  4. entgegen § 7 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen, nämlich "in Verkaufsräumen und ihren Nebenräumen, deren Lagerungen im Sinne des § 1 Abs.3 als eine einheitliche Lagerung gelten, dürfen neben anderen Gegenständen mehr als insgesamt
    10 kg, jedoch nicht mehr als insgesamt 30 kg pyrotechnische Gegenstände der Klassen I und II, pyrotechnische Gegenstände für technische Zwecke sowie Schellackfeuer und Bengalfeuer (lose pyrotechnische Sätze) - unter näher angeführten Voraussetzungen - gelagert werden", das Gesamtgewicht der o.a. in den beiden Verkaufscontainern gelagerten pyrotechnischen Gegenstände der Klassen I und II ca. 300 kg bis 400 kg betrug.

 

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dem Bescheid könne nicht entnommen werden, an wen er gerichtet sei. Einerseits werde als Adressat des Straferkenntnisses die juristische Person Firma B D GmbH ohne Angabe einer Adresse angeführt, andererseits sei jedoch von Herrn J H die Rede. Das Straferkenntnis sei somit nicht nur widersprüchlich, sondern mangels Adressat bzw. mangels eines genau umschriebenen Adressaten sogar absolut nichtig.

Für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften könne gemäß GewO 1994 nur ein Filialgeschäftsführer und kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG bestellt werden. Im gegenständlichen Fall handle es sich aber nicht um eine Übertretung von Bestimmungen der GewO 1994, sondern gehe es um behauptete Verstöße gegen die Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen; es gehe hier also nicht um die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften, weshalb für die Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG bestellt werden könne. Diesbezüglich werde darauf hingewiesen, dass die Behörde selbst auf Seite 10 des Straferkenntnisses bei der Erwähnung eines angeblichen ähnlichen Falles von Übertretungen der Pyrotechnikverordnung und nicht von einer Übertretung der Gewerbeordnung spreche. Ein verantwortlicher Beauftragter sei in der Person von Herrn R B vorhanden. Auch wegen dieses Vorhandenseins eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG, auf welchen auch in der Rechtfertigung bereits hingewiesen worden sei, sei die Strafbarkeit des Beschuldigten im gegenständlichen Fall ausgeschlossen.

§ 44a VStG verlange für die Tatumschreibung eine solche Bestimmtheit, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt werde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Die Tat werde jedoch von der Behörde aus zeitlicher Sicht nicht im erforderlichen Maße konkretisiert, da die Angabe der Uhrzeit fehle. Der zwischenzeitig pensionierte Beschuldigte, welcher seinen Dienstort in W, S hatte, sei niemals längere Zeit, sondern immer nur zu Kontrollen bzw. Besuchen in der verfahrensgegenständlichen Niederlassungen gewesen, sodass es für ihn auf Grund dieser unkonkreten Angaben nicht möglich sei, herausfinden, welche Mengen tatsächlich in den Containern gelagert worden seien, welche der zahlreichen Mitarbeiter zu dieser Zeit anwesend gewesen seien, und werde ihm dadurch die Möglichkeit konkrete Beweise vorzulegen, genommen. Informativ werde darauf hingewiesen, dass auf Grund der langen Öffnungszeiten nicht alle Mitarbeiter während der gesamten Öffnungszeiten an einem Tag in der Niederlassung seien, so würden auch die Mitarbeiter je nach Dienstplan wechseln, die zB. Gegenstände zu den bzw. in die Verkaufscontainer bringen. Auch dürfe nicht übersehen werden, dass die Menge der Verkaufswaren durch den laufenden Verkauf und das Beischaffen neuer Ware ständig wechsle und darüber hinaus auf Grund der geringen zulässigen Mengen, aus optischen Gründen auch zahlreiche leere Packungen aufgeschlichtet würden. Auch habe der Beschuldigte sämtliche Niederlassungsleiter mit Schreiben vom 30.11.2001 schriftlich aufgefordert, die Vorschriften im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Lagerung pyrotechnischer Artikel genauestens einzuhalten und könne er sich daher nicht vorstellen, dass Mengen im behaupteten Maß gelagert und vorgefunden worden seien.

Alleine dadurch, dass die Packungen gezählt und der angebliche Inhalt multipliziert worden sei, ergebe sich keinesfalls die Menge der im Container gelagerten pyrotechnischen Artikel.

Unrichtig sei weiters, dass die pyrotechnischen Gegenstände unverpackt außerhalb geschlossener Schaukästen zur Schau gestellt worden seien. Tatsächlich seien sämtliche zum Verkauf angebotenen Gegenstände, welche an die Kunden ausgefolgt wurden, verpackt und beschriftet. Unverpackte Waren seien somit nicht verkauft worden. Dass eventuell nicht alle verpackten Waren im Verkaufscontainer in geschlossenen Schaukästen oder Klarsichtpackungen zur Schau gestellt worden seien, rühre daher, dass die Waren eben nicht im Wege der Selbstbedienung, sondern von geschulten Personen verkauft worden seien. Von Seiten der Behörde sei nicht im erforderlichen Maße konkretisiert worden, welche Artikel tatsächlich im Container vorgefunden worden seien. Insbesondere werde außer Acht gelassen, dass im Jahr 2001 nicht ausschließlich pyrotechnische Artikel in diesem Verkaufscontainer untergebracht worden seien, sondern andere nicht der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände unterliegende Scherzartikel, welche zum Teil sehr ähnlich verpackt seien. Die B D GmbH habe über ganz Österreich verstreut Niederlassungen eingerichtet. Die Dienstgeberfirma des Beschuldigten habe von ihm die Übernahme der gewerblichen Geschäftsführertätigkeit für alle 23 österreichischen Bauhausniederlassungen verlangt. Der Beschuldigte habe sich dem nicht wiedersetzen können und sei nicht in der Lage gewesen, selbst Filialgeschäftsführer zu bestellen. Die B D GmbH habe jedoch ein durchdachtes Kontrollsystem eingerichtet: Für jede einzelne Niederlassung sei ein Geschäftsleiter bestellt worden, welcher als strafrechtlich Verantwortlicher iSd § 9 verantwortlich sei und sämtliche in der jeweiligen Niederlassung beschäftigte Mitarbeiter führe und überwache. Darüber hinaus besuche nicht nur der Verkaufsleiter Prok. P M oder dessen Stellvertreter, sondern auch der Beschuldigte als gewerberechtlicher Geschäftsführer das ganze Jahr über die verschiedenen Niederlassungen in ganz Österreich, um einerseits die Arbeit der Geschäftsleiter und deren Stellvertreter aber auch die Arbeit der einzelnen Mitarbeiter sowie den Geschäftsbetrieb zu überwachen. Gerade in der Zeit um Silvester sei der Beschuldigte in den verschiedensten Niederlassungen gewesen, um die Einhaltung des rechtskonformen Verkaufes der pyrotechnischen Gegenstände, entsprechend seinem vorangegangen detaillierten Aufforderungsschreiben vom 30.11.1999 zu überwachen. Selbstverständlich sei es ihm aber nicht möglich und sogar unzumutbar, in jeder der 23 Niederlassungen ununterbrochen und gleichzeitig zu sein.

 

In der vorliegenden Verwaltungsstrafsache würden die bisherigen Ausführungen bedeuten, dass vom Berufungswerber und nur jene Sorgfalt verlangt werden könne, die er auch tatsächlich aufgewendet habe. Nur dann, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens des Mitarbeiters bereits eindeutig erkennbar und doch konkret indiziert sei, darf auf eine Sorgfaltsmäßigkeit der untergebenen Mitarbeiter nicht mehr vertraut werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte seit dem Jahr 1978 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen im Jahr 2002 ein bei weitem überdurchschnittlich gewissenhafter Mitarbeiter und gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen war. Unrichtig sei weiters, dass es ein Gespräch zwischen dem Anzeiger und Herrn J H gegeben hätte. Vielmehr dürfte auch hier eine Verwechslung oder ein Irrtum vorliegen.

 

Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 600 Euro sei jedenfalls nicht tat- und schuldangemessen, sondern deutlich überhöht, da die Behörde außer Acht lasse, dass der Beschuldigte bereits am 30.9.2002 aus dem Unternehmen ausgeschieden sei und sich zwischenzeitig im Ruhestand befinde. Die von der Behörde zu Grunde gelegten Einkommensverhältnisse (2.500 Euro) seien unrichtig. Der Beschuldigte beziehe derzeit ein Pensionseinkommen von ca. 1.500 Euro.

 

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz sei für die verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung des Beschuldigten örtlich unzuständig. Nach § 27 Abs.1 VStG knüpfe die örtliche Zuständigkeit an den Tatort an; dies sei jener Ort, an dem der Täter gehandelt habe oder handeln hätte sollen. Der Dienstort des Beschuldigten sei 4600 Wels.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsordnung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu welcher die Rechtsvertreterin und der Berufungswerber, Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeugen Hptm F L (BPD Linz) und Herr R B erschienen sind.

 

  1. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt
  2. fest:

    Der Berufungswerber war zum Tatzeitpunkt 27.12.2001 gewerberechtlicher Geschäftsführer der B D GmbH mit Sitz in W, S, die Betreiberin des Verkaufsmarktes "B" im Standort L, I, ist.

    Am 27.12.2001 wurde vom einvernommenen Zeugen L eine Überprüfung der Firma B, I, hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen durchgeführt und festgestellt, dass in der gegenständlichen Betriebsanlage in zwei im abgegrenzten Freigelände nördlich des Haupteinganges des Verkaufsmarktes als bauliche Einheit aufgestellten Verkaufscontainern pyrotechnische Gegenstände der Klassen I und II, wie zB Schweizer Kracher, Böller, Pirat-Kracher, Minikracher, chines. Kleinraketen u.ä. zum Verkauf angeboten wurden; diese pyrotechnischen Gegenstände wurden auf Paletten gestapelt bzw. auf einem Tisch gelagert vorgefunden. Geschlossene Schaukästen waren nicht aufgestellt. Auch waren nicht alle ausgestellten pyrotechnischen Artikel in Blisterkarten bzw. Folien verpackt, sondern zum Teil in Schachteln offen gelagert; lediglich die Raketensortiments wurden in Kunststoffverpackungen ausgestellt.

    Im Verkaufscontainer war zwar Verkaufspersonal anwesend, Kunden konnten jedoch auch selbstständig funktionstaugliche Ware entnehmen und diese bei der Kassa im Verkaufsmarkt bezahlen. Attrappen wurden nicht zur Schau gestellt.

    Die Ermittlung des Gesamtgewichtes der in den beiden Verkaufscontainern gelagerten pyrotechnischen Gegenstände der Klassen I und II erfolgte durch Multiplikation des auf den Verpackungen vorgefundenen Bruttogesamtgewichtes mit der Stückzahl der vorgefundenen Schachteln.

     

    Dies stützt sich insbesondere auf die Aussage des einvernommenen Zeugen L, welcher unter Wahrheitspflicht stand.

    Der Zeuge legte glaubwürdig dar, dass in den gegenständlichen Verkaufscontainern pyrotechnische Gegenstände, wie zB Schweizer Kracher, Böller, Minikracher, chines. Kleinraketen u.ä. unverpackt außerhalb geschlossener Schaukästen zur Schau gestellt wurden und diese pyrotechnischen Gegenstände von den Kunden frei entnommen werden konnten.

    Diese Aussage deckt sich sowohl mit den Angaben in der Anzeige als auch mit den Aussagen des Zeugen L bei der Vernehmung vor der Erstbehörde.

    Überdies wurde diese Aussage auch vom Zeugen R B, der vom Berufungswerber namhaft gemacht wurde und der als Geschäftsleiter in der Filiale B I tätig ist, bestätigt. Auch nach diesen Aussagen waren geschlossene Schaukästen nicht vorhanden, ebenso wurden Attrappen oder Ähnliches nicht ausgestellt. Auch war es nach Darstellung des Zeugen B möglich, dass die Kunden die Ware selbstständig aufnehmen und damit zur Kasse gehen konnten. Der Zeuge L machte auch deutlich, dass die angebotenen pyrotechnischen Gegenstände funktionstauglich waren; im Zuge der Überprüfung wurden nämlich Raketensortiments sichergestellt, wobei bei der Überprüfung festgestellt wurde, dass eine zu "hohe Ladung" vorhanden war.

     

  3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Zu Faktum 1 - 3:

Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß
§ 82 Abs.1 oder § 84d Abs. 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 3 Abs.3 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen dürfen in Verkaufsräumen pyrotechnische Gegenstände nur in geschlossenen Schaukästen oder Klarsichtpackungen zur Schau gestellt werden.

 

Gemäß § 4 Abs.2 leg.cit. dürfen in Schaufenstern oder auf allgemein zugänglichen Verkaufspulten oder Regalen keine pyrotechnischen Gegenstände, sonder lediglich Leerpackungen oder Attrappen zur Schau gestellt werden.

 

Gemäß § 4 Abs.3 leg.cit. dürfen pyrotechnische Gegenstände nicht so gelagert werden, dass sie von Kunden frei entnommen werden können.

 

Vorweg ist festzustellen, dass die Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen auf Grund des § 82 Abs.1 der Gewerbeordnung erlassen wurde und demnach das Nichtbefolgen der in dieser Verordnung enthaltenen Gebote oder Verbote unter die Strafnorm des § 367 Z25 GewO 1994 fällt.

 

Entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers kann dem angefochtenen Straferkenntnis sehr wohl entnommen werden, an wen es gerichtet ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, wer Adressat des Bescheides ist, kein Formalismus an den Tag zu legen und der Bescheid als ganzes unter Bedachtnahme auf seine Begründung bzw die Zustellverfügung zu beurteilen. Im gegenständlichen Fall lässt sich jedenfalls unter Einbeziehung der Begründung sowie der Zustellverfügung feststellen, an wen das Straferkenntnis (nämlich an Herrn J H) gerichtet sein soll.

 

Ebenso entspricht der Spruch des Straferkenntnisses dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG. Mit dem die fehlende "Uhrzeit" bemängelnden Einwand ist keine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches aufgezeigt. Unter Bedachtnahme auf die Umstände des Falles ist die Angabe der Uhrzeit für die Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung im Lichte des § 367 Z 25 GewO 1994 kein wesentliches Merkmal. Für die Tatzeitumschreibung reicht das angegebene Datum aus, auf die Uhrzeit ist dabei nicht abzustellen.

 

Gem. § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Die Pyrotechnikverordnung regelt die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen und wurde - wie oben erwähnt - auf Grund des § 82 Abs. 1 der Gewerbeordnung erlassen.

In Ansehung des Straftatbestandes des § 367 Z 25 GewO 1994, der auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Gebote oder Verbote von gem. § 82 Abs.1 erlassenen Verordnungen abgestellt ist, kann nicht angenommen werden, dass die Übertretung nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre (vgl. VwGH 22.11.1988, 88/04/0121, 2.7.1992, 92/04/0100). Der Berufungswerber ist somit nicht im Recht, wenn er behauptet, die unzuständige Behörde sei eingeschritten.

 

Fest steht auf Grund der Zeugenaussagen des Meldungslegers sowie des Zeugen R B, dass in den Verkaufscontainern funktionstaugliche pyrotechnische Gegenstände auch unverpackt außerhalb geschlossener Schaukästen zur Schau gestellt wurden und diese pyrotechnischen Gegenstände auch von den Kunden frei entnommen werden konnten. Es war daher den Ausführungen der belangten Behörde zu den Fakten 1- 3 zu folgen und das Straferkenntnis in objektiver Hinsicht zu bestätigen.

Subjektiv hat der Berufungswerber die Tat auch zu verantworten. Wenn sich der Berufungswerber auf § 5 Abs.1 VStG stützt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu den Ungehorsamsdelikten zählt und den Entlastungsbeweis gemäß § 5 Abs.1 letzter Satz VStG der Berufungswerber initiativ zu erbringen hat.

Ein solcher Entlastungsnachweis ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Der Berufungswerber gibt an, dass zu Beginn der Saison für den Pyrotechnikverkauf ein Schreiben an alle Mitarbeiter für die betreffenden Niederlassungen mit dem Inhalt ergangen ist, welche gesetzlichen Regelungen Anwendung finden und auf welche Umstände besonders Bedacht zu nehmen ist. Darüber hinaus sei er in der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester nie auf Urlaub gewesen, sondern habe immer versucht, stichprobenartig die Niederlassungen zu besuchen und dabei zu kontrollieren, ob auch die Vorschriften eingehalten werden.

Eine genaue Darlegung, wie das Kontrollsystem konkret ausgestaltet und eingerichtet wurde, erfolgte nicht.

Dazu wäre es nach einschlägiger VwGH-Judikatur erforderlich gewesen, ein konkretes Tatsachenvorbringen zu erstatten, aus dem sich detailliert ergibt, welches Kontroll- und Maßnahmensystem zur Einhaltung der Vorschriften eingerichtet wurde.

Das Vorbringen einmal jährlich ein Schreiben an alle Mitarbeiter für die betreffenden Niederlassungen auszufertigen und stichprobenartig die Niederlassungen zu kontrollieren, wobei im gegenständlichen Fall die Niederlassung Industriezeile im Jahr 2001 nicht kontrolliert wurde, reicht zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Berufungswerbers nicht aus. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die erteilten Anordnungen (schriftliche Anordnung vom 30.11.2001) zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also auch an die unterste Hierarchieebene wie Verkaufspersonal gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

Maßnahmen solcherart, die der Berufungswerber selbst ergriffen hat bzw. die ihm Nachgeordnete zu ergreifen gehabt hätten, zeigte der Berufungswerber jedoch nicht auf. Der schriftliche Hinweis auf die Einhaltung der geltenden Vorschriften und eine stichprobenartige Überprüfung sind ohne Androhung von Sanktionen für den Fall der Verletzung der Anordnungen nicht ausreichend. Die Darstellung des Berufungswerbers, es habe immer wieder Gespräche mit dem Geschäftsleiter gegeben, enthält keine Behauptung mit konkretem Inhalt und ist auch insofern nicht nachvollziehbar als der Berufungswerber keine schriftlichen Vermerke über diese Gespräche und Kontrollen in der Niederlassung Industriezeile vorgelegt hat.

Es war daher auch von schuldhaftem Verhalten auszugehen. Es musste daher das Straferkenntnis in den Fakten 1- 3 auch hinsichtlich der Schuld bestätigt werden.

 

Wenn der Berufungswerber seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bestreitet und die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG vorbringt, so ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 9 Abs.1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, der anstelle des Gewerbeinhabers dann verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist (§§ 9, 39 und 370 GewO 1994), ist eine solche anders lautende Verwaltungsvorschrift und geht als Spezialnorm der Bestimmung des § 9 Abs.1 VStG vor. Weil aber in der Spezialnorm des § 370 GewO 1994 die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht vorgesehen ist, konnte ein solcher nicht bestellt werden.

 

Es ist daher von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als gewerberechtlicher Geschäftsführer auszugehen.

 

 

Zu Faktum 4:

Gemäß § 7 der Verordnung über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen dürfen in Verkaufsräumen und deren Nebenräumen, deren Lagerungen im Sinne des § 1 Abs.3 als eine einheitliche Lagerung gelten, neben anderen Gegenständen mehr als insgesamt 10 kg, jedoch nicht mehr als insgesamt 30 kg pyrotechnische Gegenstände der Klasse I und II, pyrotechnische Gegenstände für technische Zwecke sowie Schellackfeuer und Bengalfeuer unter bestimmten Voraussetzungen gelagert werden.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Meldungsleger dargelegt, wie das Gesamtgewicht der in den beiden Verkaufscontainern gelagerten pyrotechnischen Gegenstände der Klasse I und II ermittelt wurde. Demnach wurde das auf den Verpackungen angegebene Bruttogesamtgewicht mit der Stückzahl der vorgefundenen Schachteln multipliziert. Gleichzeitig wurde jedoch angegeben, dass die Anzahl der Packungen geschätzt wurde und nicht sämtliche Packungen abgezählt worden sind. Es ist nicht auszuschließen, dass bei dieser Ermittlung auch Schachteln eingezählt wurden, die nicht den vollen Inhalt aufweisen, weshalb nicht nachgewiesen werden kann, ob das Gesamtgewicht der in den Verkaufscontainern gelagerten pyrotechnischen Gegenständen der Klasse I und II tatsächlich 300 kg bis 400 kg betrug.

 

Somit war in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG zu beheben.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenheit des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage, gelegen in der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

Bei der Strafbemessung wurde als strafmildernd kein Umstand, als straferschwerend wurde eine Übertretung nach § 367 Z25 GewO iVm §§ 4, 7, 8 Pyrotechnik-Verordnung am 30.12.1999, welche eine Ermahnung zufolge hatte, gewertet. Die belangte Behörde ist mangels Angaben des Berufungswerbers bei der Bewertung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro ausgegangen. Der Berufungswerber ist in der Berufungsschrift dieser Schätzung insofern entgegengetreten, als er angegeben hat, am 30.9.2002 aus dem Unternehmen ausgeschieden zu sein und sich zwischenzeitig im Ruhestand zu befinden und derzeit ein Pensionseinkommen von ca. 1.500 Euro zu beziehen.

 

Mit seinen Berufungsausführungen vermag der Berufungswerber der hier erfolgten Strafzumessung mit Erfolg entgegen zu treten.

Bei der Bemessung der Geldstrafe sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten wichtige Kriterien. Die Berufungsbehörde hat ein für die Strafbemessung relevantes Vorbringen bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen (VwGH 8.7.1988, 86/18/0127).

 

Unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber nunmehr vorgebrachten persönlichen Verhältnisse, die von der Berufungsbehörde jedenfalls bei der Bemessung der Geldstrafe heranzuziehen sind, erachtet es der Unabhängige Verwaltungssenat als vertretbar, die Geldstrafe auch unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention zu reduzieren; eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch nicht mehr in Betracht gezogen, zumal bei der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht zu berücksichtigen sind.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Mag. B i s m a i e r
 

 
 

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