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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221947/2/Kl/Pe

Linz, 23.03.2004

 

 

 VwSen-221947/2/Kl/Pe Linz, am 23. März 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.2.2004, Ge96-2457-1-2003, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtne Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.2.2004, Ge96-2457-1-2003, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von je 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 366 Abs.1 Z1 iVm §§ 111 Abs.1 Z2, 94 Z26 und 339 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 48/2003, und 2) § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt und ihm folgende Taten zur Last gelegt:

"1. Sie haben zumindest in der Zeit zwischen seit 1.5.2003 und 6.7.2003 in T, Grundstück Nr., Gemeinde L, eine Fischbraterei unter der Bezeichnung ‚A' betrieben, indem im Freien Steckerlfische und Getränke verabreicht wurden und Frau M G als Kellnerin beschäftigt wurde, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet zu besitzen.

  1. Dadurch haben Sie eine gewerbliche Betriebsanlage, die geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, betrieben ohne im Besitz der dafür erforderlichen Genehmigung zu sein."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Einspruch (richtig: Berufung) eingebracht und in dieser ausgeführt, dass der Berufungswerber kein Lokal "A" hätte, das nebenbei auch Steckerlfische machte, sondern hätte es der Chef, Herr K, als allein Verantwortlicher betrieben. Das Gastlokal wurde gemietet/übernommen und betrieben von der Firma "S H K". Der Kommanditist könne nichts entgültig entscheiden sondern nur der gewerberechtlich Verantwortliche und Betreiber. Wenn der Verantwortliche K am 18.6.2003 etwas abgemeldet hätte, so hätte er dem Berufungswerber überhaupt nichts davon gesagt. Weiters sei die Ehefrau des Beschuldigten aus Rumänien und freut sich über Besuch von Freunden und Verwandten aus ihrer Heimat. Diese seien auch bei der Kontrolle zu Besuch gewesen. Er könne sich keinen Anwalt leisten. Er habe mit 50 Jahren keine Arbeit und keinen Anspruch auf Arbeitslose und sei daher mittellos.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist und im Übrigen eine 500 Euro jeweils nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, entfällt diese gemäß § 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z2 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl. I. Nr. 111/2002, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 94 Z26 iVm § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 bedarf es für die Verabreichung von Speisen jeder Art sowie die Ausschank von Getränken einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten und muss nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben sein, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
  2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Der Vorschrift des § 44 a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn

  1. im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und
  2. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es hat daher der Verwaltungsgerichtshof zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat nach § 366 Abs.1 Z1 GewO festgehalten, dass sich aus dieser eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 entnehmen lassen muss. § 366 Abs.1 Z1 enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung dieses Tatbestandes genügt es nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Handwerkes (Gewerbes) vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 vorliegen (VwGH 8.10.1996, 96/04/0081 und 15.9.1999, 99/04/0110). Der spruchgemäße Vorwurf der von der belangten Behörde als einem "Gastgewerbe" unterliegend gewerteten Tätigkeit, ohne die für diese Wertung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu umschreiben, indiziert noch nicht die Erfüllung der in § 1 Abs.2 angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit iSd § 366 Abs.1 Z1 (VwGH 25.2.1992, 91/04/0277 u.a.m.).

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die als erwiesen angenommene Tat dahin umschrieben, dass "eine Fischbraterei ..... betrieben wurde, indem im Freien Steckerlfische und Getränke verabreicht wurden und Frau M G als Kellnerin beschäftigt wurde". Dass aber Steckerlfische und Getränke verabreicht wurden, lässt noch keine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 entnehmen. Es fehlt insbesondere ein hinlänglicher Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist (VwGH 15.9.1999, 99/04/0110). Es ist daher schon aus diesem Gesichtspunkt der Tatvorwurf mangelhaft. Weil eine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist aber nicht gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher schon aus diesem Grund das Straferkenntnis zum Spruchpunkt 1 aufzuheben.

 

Darüber hinaus wird aber auch festgehalten, dass dem Tatvorwurf der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes dem in § 44a Z1 VStG normierten Konkretisierungsgebot durch Anführung der Betriebsart ausreichend entsprochen wird. Dass die Fischbraterei als Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet gewertet wird, ist ausdrücklich dem Tatvorwurf nicht zu entnehmen. Indirekt allerdings nur insofern, als das oben zitierte vorgeworfene Tatverhalten ergänzt wird, dass der Beschuldigte die erforderliche Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet nicht besitzt.

 

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Abgesehen davon, dass die gewerbliche Betriebsanlage nicht mehr näher umschrieben wird sondern auf den Spruchpunkt 1 verwiesen wird - wobei aber dazu anzumerken ist, dass es sich bei Spruchpunkt 2 um ein gesondertes, selbständiges Delikt handelt - und auch die entsprechende Tatzeit nicht mehr zu Spruchpunkt 2 aufscheint, ist dem Tatvorwurf zu Spruchpunkt 2 aber auch nicht zu entnehmen, dass es sich dabei um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage handelt. Es sind zwar jene Tatumstände gemäß § 74 Abs.2 GewO, die eine Genehmigungspflicht ausmachen, konkretisiert angeführt, der gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO gesetzlich geregelte Tatbestand, dass eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage betrieben wird, wurde hingegen nicht vorgeworfen. Weil nicht von vornherein jede gewerbliche Betriebsanlage eine Genehmigungspflicht auslöst, aber nur das Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung unter Strafe gesetzt ist, handelt es sich dabei um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, das auch während der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfirst vorgeworfen werden muss. Es ist daher auch diesbezüglich - wie auch hinsichtlich der näheren Tatumschreibung des Betriebes und der Zeit - Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

5.3. Es war daher den näheren Ausführungen des Berufungswerbers, dass nicht er die Fischbraterei betrieben hätte sondern Herr K, nicht mehr näher nachzugehen. Dies wäre jedoch bei der Prüfung der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 1 Abs.2 GewO näher zu ermitteln gewesen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Gewerbsmäßigkeit, Tatkonkretisierung, Bewilligungspflicht der Betriebsanlage

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