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VwSen-221979/8/Kl/Pe

Linz, 22.02.2005

 

 

 VwSen-221979/8/Kl/Pe Linz, am 22. Februar 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des F J S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A N, Dr. S H, Dr. T H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.8.2004, Ge96-2453-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 11.1.2005 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben wird und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 21 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.8.2004, Ge96-2453-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3, § 81 Abs.1 und § 74 GewO 1994 sowie dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.3.1999, Ge20-27-10-3-1999, verhängt, weil ihm als Betreiber des als Gastgewerbe in der Betriebsart Bar geführten Lokals "H" in, zur Last gelegt wird, dass dieses Lokal am Samstag, den 15.5.2004 um 5.30 Uhr noch geöffnet war und sich etwa 15 Gäste darin aufhielten, die Musikanlage spielte und der Kellner noch ausschenkte, obwohl mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.3.1999, Ge20-10-03-1999, die Betriebszeit mit täglich von 18.00 bis 4.00 Uhr festgelegt wurde. Damit wurde die genehmigte Betriebsanlage nach einer Änderung, die geeignet ist, Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass unter Zugrundelegung des ermittelten Sachverhaltes keine Änderung der Betriebsanlage gegeben war. Es bestand am 15.5.2004 für den Barbetrieb "Hl" eine von der Gemeinde P gemäß § 113 Abs.3 GewO (vormals § 152 Abs.4 GewO) bewilligte Sperrstunde 6.00 Uhr. Die bewilligte Sperrstunde bedeutet das Ermöglichen des durchlaufenden Betriebs bis zur Sperrzeit. Da eine derartige Bewilligung nur erteilt werden darf, wenn damit keine unzumutbaren Belästigungen im Sinn der für die Betriebsanlagen geltenden Vorschriften vorliegen, ergibt sich daraus zwingend, dass durch das Verhalten des Beschuldigten, durch die bestehende Sperrstundenverlängerung seitens der Gemeinde P gedeckt, keine bewilligungspflichtige Änderung der Anlage vorgenommen wurde. Durch das Vorliegen der Bewilligung der Gemeinde wird dokumentiert, dass durch den laufenden Betrieb bis zur bewilligten Sperrzeit keine neuen oder größeren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen auftreten und liegen auch keine gegenteiligen Ermittlungsergebnisse vor.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11.1.2005. Zu dieser wurden die Verfahrensparteien geladen und haben an der Verhandlung teilgenommen.

 

In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Berufungswerber, dass zu dem im Tatvorwurf angegebenen Tatzeitpunkt Gäste noch um 5.30 Uhr in der Betriebsanlage anwesend waren und bewirtet wurden und auch die Musikanlage in Betrieb war.

 

Der Berufungswerber führte aus, dass es Beschwerden hinsichtlich Lärmerregung nicht gegeben hat. Das Lokal befindet sich an der Gemeindegrenze zur Gemeinde A. Auf einer Seite des Lokales gibt es keine Nachbarn, auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Liegenschaft seines Onkels in ca. 100 m Entfernung. Weiters gibt es noch das Wohnhaus einer Nachbarin, Frau B, in einer Entfernung von etwa 120 m.

Die gegenständliche Bar "H" befindet sich im Keller des Gasthauses und hat Platz für ca. 30 bis 40 Personen. Es ist zwar richtig, dass nach dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid für diese Bar eine Betriebszeit bis 4.00 Uhr festgelegt wurde. Es sei ihm aber von einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde mitgeteilt worden, dass er um eine Verlängerung der Sperrstunde bei der Gemeinde im Einzelfall ansuchen könne, was er auch gemacht habe. Erst durch die Gemeinde hat der Berufungswerber erfahren, dass die Bezirkshauptmannschaft die Meinung vertrete, dass die Sperrzeit im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Sperrstundenverlängerung durch Bescheid der Gemeinde vorgehe.

Zum verlängerten Betrieb führt der Berufungswerber aus, dass dieser insofern erforderlich sei, als umliegende Lokale schon früher zusperren und daher ein Bedarf der jungen Leute bestehe, noch eine Bar aufzusuchen. Das Hauptgeschäft in dieser Bar ist daher ab 3.00 Uhr morgens. Eine Störung durch diesen Barbetrieb ist nicht möglich, zumal sie sich im Keller befindet und keine Diskothek veranstaltet wird. Die Gäste parken hinter dem Haus. Teilweise werden die Gäste auch vom Berufungswerber, der ein Hotelwagengewerbe hat, am Morgen nach Hause gefahren. Es wurde dazu aber darauf hingewiesen, dass um 5.00 oder 6.00 Uhr morgens bereits der Berufsverkehr beginnt.

 

Aus dem Verwaltungsstrafakt ist weiters erwiesen, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.3.1999, Ge20-27-10-3-1999, nach Maßgabe der Projektsunterlagen und Anlagenbeschreibung das Vorliegen der für die Änderung (Erweiterung) des Gastgewerbebetriebes zur Errichtung und zum Betrieb eines Barbetriebes im Untergeschoss der Betriebsanlage auf, in § 359b Abs.1 GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen festgestellt wurde. U.a. wurde bei der Anlagenbeschreibung eine Betriebszeit täglich von 18.00 bis 4.00 Uhr festgelegt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom 30.6.1999, Ge-421-1999, wurde für den Barbetrieb "H" die Verlängerung der Sperrstunde bis 6.00 Uhr bewilligt.

Mit Bescheid vom 22.7.2004, Ge-421-2004, wurde der vorgenannte Bescheid widerrufen, weil mehrere Anzeigen über Übertretungen nach der Sperrstundenverordnung und wegen Lärmerregung vorlägen und die Verlängerung der Sperrstunde auch nicht im Interesse der Verkehrssicherheit liege. Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates P vom 28.10.2004, Ge-421-2004, Folge gegeben und es wurde der Widerruf aufgehoben.

 

Der Berufungswerber verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Bar.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs.2 leg.cit umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Unter Änderung einer Betriebsanlage ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage erfasst, durch die sich die in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen usw. ergeben können (u.a. VwGH 20.9.1994, 93/04/0081), wobei das Tatbestandsmerkmal des "Änderns" nicht erst erfüllt ist, wenn die Änderungsmaßnahme abgeschlossen ist, es ist vielmehr bereits gegeben, wenn mit der Herstellung der die Änderung der Betriebsanlage bezweckenden Maßnahme begonnen wird (VwGH 1.7.1997, 96/04/0063). Dabei ist nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage genehmigungspflichtig, sondern nur eine solche Änderung, die geeignet ist, die in § 74 Abs.2 GewO umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, wobei aber die grundsätzliche Eignung zur Beeinträchtigung der umschriebenen Interessen, also die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung dieser Interessen ausreicht.

Auch eine Regelung der Betriebszeiten, die sich nicht in Auflagen des Genehmigungsbescheides, sondern in der in den Spruch dieses Bescheides aufgenommenen Betriebsbeschreibung befindet, erlangt insofern normativen Charakter, als damit der Betrieb der Betriebsanlage nur im Rahmen dieser Betriebszeiten genehmigt ist. Damit ist aber jeder Betrieb dieser Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage anzusehen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs.1 GewO der Genehmigung nach dieser Bestimmung bedarf (VwGH 18.6.1996, 96/04/0050).

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass für den gegenständlichen Barbetrieb eine Betriebszeit von 18.00 bis 4.00 Uhr festgelegt ist und am 15.5.2004 um 5.30 Uhr das Lokal noch offen war und sich darin noch ca. 15 Gäste aufhielten, der Kellner noch ausschenkte und die Musikanlage gespielt wurde. Es wurde daher durch Überschreiten dieser Betriebszeit im Sinne der vorstehenden Judikatur die Betriebsanlage geändert, und bestand durch diese geänderte, nämlich erweiterte, Betriebsweise die Möglichkeit, Nachbarn durch Lärm, Geruch usw. zu belästigen. Es wurde daher die bescheidmäßig genehmigte Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeit durch Ausschank und Spielen der Musikanlage geändert und betrieben, wobei durch die Änderung Nachbarinteressen beeinträchtigt werden können und sich daraus grundsätzlich die Genehmigungspflicht der Änderung ergibt. Die vom Berufungswerber vorgebrachte Ausnahme von der Genehmigungspflicht (§ 81 Abs.2 Z7 GewO) besteht nicht mehr, weil diese Bestimmung mit BGBl. I Nr. 23/2003 mit 20.5.2003 aufgehoben wurde. Es war daher durch den vorgeworfenen erwiesenen Sachverhalt der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.2. Wenn sich hingegen der Berufungswerber auf die zum Tatzeitpunkt (15.5.2004) rechtskräftig erteilte Bewilligung der Gemeinde einer Sperrstundenverlängerung bis 6.00 Uhr durch Bescheid vom 30.6.1999, Ge-421-1999, beruft, wodurch die Ausdehnung der Betriebszeit genehmigt sei, ist ihm folgende rechtliche Beurteilung entgegenzuhalten:

 

Gemäß § 113 Abs.1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

 

Gemäß § 113 Abs.3 GewO 1994 kann die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. Bei sicherheitspolizeilichen Bedenken, wiederholter unzumutbarer Belästigung der Nachbarschaft durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes oder wiederholter rechtskräftiger Bestrafung des Gastgewerbetreibenden wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde hat die Gemeinde diese Bewilligung zu widerrufen (§ 113 Abs.4 GewO).

Aus den genannten Gründen hat die Gemeinde gemäß § 113 Abs.5 GewO eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben.

 

Im Gegensatz zur Genehmigungspflicht der Betriebsanlage nach § 74 GewO, die auch dann besteht, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage (§ 74 Abs.3 GewO) bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen, ist für die Voraussetzung einer Bewilligung der Sperrstundenverlängerung gemäß § 113 Abs.3 GewO sowie auch für eine amtswegige Sperrstundenkürzung gemäß § 113 Abs.5 GewO Vorraussetzung eine wiederholt "durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes" unzumutbare Belästigung. Nur zu dem Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belästigung" spricht der Verwaltungsgerichtshof aus, dass diesem Tatbestandsmerkmal keine im Wesentlichen andere Bedeutung beigelegt werden kann, als dem Begriff der unzumutbaren Belästigung im Sinn der für die Betriebsanlage geltenden Vorschriften, wobei die Frage der Zumutbarkeit einer durch die Ausübung eines Gastgewerbes bewirkten Störung der Nachbarschaft mangels einer weiteren gesetzlichen Determinierung ausschließlich unter Bedachtnahme auf die gegebenen örtlichen Verhältnisse zu beantworten ist (VwGH 23.5.1993, 93/04/0052).

Bei dem gemäß § 152 Abs.4 bis 6 GewO (nunmehr § 113 Abs.3 bis 5 GewO) relevanten Gästeverhalten, darf es sich daher weder um ein dem § 74 Abs.3 GewO unterliegendes Kundenverhalten noch z.B. um Übertretungen der landesrechtlichen Polizeistrafgesetze handeln. Es kann daher nur ein solches Gästeverhalten die Verweigerung einer früheren Aufsperrstunde bzw. einer späteren Sperrstunde, den Widerruf der Bewilligung einer früheren Aufsperrstunde bzw. einer späteren Sperrstunde oder die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde rechtfertigen, dass sich unmittelbar vor dem Gastgewerbebetrieb abspielt und das auch nicht nach anderen Vorschriften mit Strafe bedroht ist (Durchführungserlass zur Gewerberechtsnovelle 1988 in Kinscher, Gewerbeordnung, Manz, Seite 582 ff). Es geht daher um ein Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch, also einer bestimmten Betriebsanlage zuzurechnendes Gästeverhalten außerhalb der Betriebsanlage. Diese Erwägungen gelten daher auch für die nunmehrige wortgleiche Bestimmung des § 113 GewO. Es führt daher Kinscher in seinem obzit. Kommentar in der Anmerkung 42 auf Seite 584 zu Recht aus: "Durch die Gewerberechtsnovelle 1988 wurde eine klare Abgrenzung zwischen den betriebsanlagenrechtlichen Normen und den Sperrstundenregelungen im Sinn des § 198 GewO 1973 (nunmehr § 152 GewO 1994) getroffen. Durch den neugefassten § 198 Abs.5 GewO 1973 (nunmehr § 152 Abs.6 GewO 1994) soll die Nachbarschaft vor unzumutbaren Belästigungen geschützt werden, die wiederholt durch ein nichtstrafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbetriebes hervorgerufen werden, wogegen § 74 Abs.3 GewO idF der Gewerberechtsnovelle 1988 die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage u.a. an Belästigungen knüpft, die durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen. Nach der neuen Rechtslage wird daher schon deswegen nicht von einer gegenseitigen Aufhebung von Betriebszeitenvorschriften durch eine Sperrstundenregelung und durch einen betriebsanlagenrechtlichen Bescheid auszugehen sein, weil die jeweils anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften einen eindeutig von einander zur unterscheidenden Regelungsgegenstand aufweisen" (Verweis auf den Durchführungserlass zur Gewerberechtsnovelle 1988). "Der Gastgewerbetreibende muss sich an die strengere Regelung halten und damit die kürzere Betriebszeit einhalten."

 

Diesen Ausführungen schließt sich unter Hinweis auf die zit. Bestimmungen und die zit. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch der Oö. Verwaltungssenat an. Es hat der Berufungswerber nämlich zwischen einem rechtskräftigen - und daher einzuhaltenden - Betriebsanlagengenehmigungsbescheid mit einer Betriebszeitregelung (betreffend den Betrieb in der Betriebsanlage) und dem den durch den Bürgermeister erteilten Bewilligungsbescheid zur Verlängerung der durch den Landeshauptmann mit Verordnung für Barbetriebe festgesetzten Sperrstunde zu unterscheiden. Auch letzterer Bescheid ist rechtskräftig. Allerdings wird dieser Bescheid unter anderen Voraussetzungen bzw. unter Bedachtnahme auf Interessen der Nachbarn im Hinblick auf das Geschehen vor der Betriebsanlage und daraus resultierender Beeinträchtigungen erteilt. Dies bedeutet daher, dass zwar für den gegenständlichen Barbetrieb aufgrund des Bewilligungsbescheides des Bürgermeisters im Einzelfall eine spätere Sperrstunde bewilligt wurde, der Berufungswerber aber von dieser Bewilligung im konkreten Fall nicht Gebrauch machen kann, weil er die Betriebsanlagengenehmigung für den Barbetrieb entsprechend seinem Antrag auf eine Betriebszeit bis 4.00 Uhr beschränkt hat.

Das Überschreiten der im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid festgelegten Betriebszeit stellt daher eine Änderung der Betriebsanlage dar, die ihrerseits der Genehmigungspflicht bedarf, und im Fall der Erteilung einer Genehmigung dem Berufungswerber die Möglichkeit bietet, die von der Gemeinde im Einzelfall erteilte erweiterte Sperrstundenbewilligung auszuschöpfen. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass der Berufungswerber eine Änderung für seine Betriebsanlage zu erwirken hätte und dann aufgrund dieser erteilten Genehmigung die bescheidmäßige Sperrstundenverlängerung ausschöpfen könnte. Andererseits könnte der Berufungswerber trotz einer betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung der Änderung der Betriebszeit mit 6.00 Uhr für sich allein diese nicht ausschöpfen, weil die Oö. Sperrzeiten-Verordnung (des Landeshauptmannes) für die Betriebsart Bar generell eine Sperrstunde von 4.00 Uhr vorsieht.

 

5.3. Im Hinblick auf das Verschulden sieht § 5 Abs.1 VStG für Ungehorsamsdelikte, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, vor, dass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt und Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung an der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ein solcher Entlastungsnachweis ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Insbesondere ist dem Berufungswerber als Gewerbetreibenden nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zuzumuten, dass er die die Gewerbeausübung regelnden Vorschriften kennt oder sich zumindest Kenntnis verschafft. Erkundigungen bei der zuständigen Gewerbebehörde dahingehend, welche Sperrstunde tatsächlich für ihn gilt bzw. welche Regelung vorgeht, konnte er nicht glaubhaft darlegen. Wenn sich der Berufungswerber aber darauf stützt, dass ihm zunächst von der Gewerbebehörde der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck angeraten wurde eine Bewilligung der Gemeinde zu erwirken, so wird ihm entgegengehalten, dass er dann von der Gemeinde - nach seinen eigenen Angaben - erfahren hat, dass die Bezirkshauptmannschaft eine gegenteilige Meinung vertritt. Es ist daher die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht unverschuldet. Es hätte nämlich bei gegenteiligen Rechtsauffassungen der Berufungswerber eine Rechtsauskunft bei der übergeordneten Gewerbebehörde, also beim Landeshauptmann für Oö., einholen müssen. Dies wurde aber von ihm nicht vorgebracht und nicht behauptet. Es liegt daher ein Entschuldigungsgrund gemäß § 5 Abs.2 VStG nicht vor.

 

Es war daher das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches zu bestätigen.

 

5.4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen war zwar nicht von einem Entschuldigungsgrund auszugehen und das Verschulden grundsätzlich zu bestätigen, allerdings vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Auffassung, dass das Verschulden des Berufungswerbers nur geringfügig war, das heißt, dass es - im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - in erheblichem Ausmaß hinter dem in der gegenständlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Dabei war besonders zu berücksichtigen, dass für den Beschuldigten als nicht rechtskundigen Staatsbürger das Vorhandensein von zwei einander widersprechenden rechtskräftigen Bescheiden nicht leicht verständlich ist, zumal gerade die Ausdehnung der Sperrzeit für seinen Barbetrieb im Einzelfall geregelt wurde. Es ist daher die rechtliche Situation für einen Durchschnittsbürger nur schwer verständlich. Dies war im Rahmen des Verschuldens zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind auch keine nachteiligen Folgen eingetreten. Es waren daher die Voraussetzungen für das Absehen von einer Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG vorliegend. Entsprechend dieser Bestimmung wurde daher - weil bei Zutreffen der Voraussetzungen dem Berufungswerber ein Rechtsanspruch zukommt - die verhängte Geldstrafe aufgehoben.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und die Strafe aufgehoben wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Bewilligung der Sperrstundenverlängerung, Betriebszeit im Betriebsanlagenbescheid, Verschulden

Beachte:

Beschwerdegegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom18.05.2005, Zl.: 2005/04/0069-3

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