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VwSen-221982/2/Kl/Pe

Linz, 10.12.2004

 

 

 VwSen-221982/2/Kl/Pe Linz, am 10. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn F X R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17.8.2004, BZ-Pol-6098-2004, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2 und Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17.8.2004, BZ-Pol-6098-2004, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von zweimal 50 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von zweimal fünf Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen von 1. gemäß § 366 Abs.1 Z3 erste Alternative iVm § 81 GewO 1994 und Vorschreibungspunkt 10 des Bewilligungsbescheides vom 6.2.1990, MA 2-Ge-3102-1989 und 2. gemäß § 366 Abs.1 Z3 zweite Alternative iVm § 81 GewO 1994 und Vorschreibungspunkt 10 des zit. Bewilligungsbescheides, verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 370 Abs.1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194 idgF, verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der R G- und Hgesellschaft m.b.H., zu verantworten hat, dass - zumindest am 4.5.2004 (Dienstag) bei der Durchführung einer betriebsanlagenrechtlichen Überprüfung - die Eingangstüre des Gastgewerbebetriebes "R", Betriebsart "Cafe", in, offen stand ("Fixierung mittels Barhocker"); dadurch konnte der aus dem o.a. Gastgewerbebetrieb stammende Musiklärm ungehindert in den Außenbereich auf die Hafergasse abgestrahlt werden; er hat damit

  1. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung abgeändert, und
  2. nach der Abänderung - zumindest am 4.5.2004 (Dienstag) - betrieben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Eingangstür zum Betrieb R nicht mit einem Barhocker fixiert war. Nach der Fotodokumentation handle es sich um ein Nachbarlokal. Darüber hinaus sei der Vorschreibungspunkt 10 des gewerbebehördlichen Bewilligungsbescheides vollinhaltlich erfüllt und werde auch immer eingehalten.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. In einer Stellungnahme zur Berufung wurde ausgeführt, dass Vorschreibungspunkt 10 des gewerbebehördlichen Bewilligungsbescheides für den Eingangsbereich des Gastgewerbebetriebes R Lärmschutzmaßnahmen vorschreibe, die vom Lokalbetreiber ständig einzuhalten seien. Die Eingangstür des Gastgewerbebetriebes sei aber zum Tatzeitpunkt ständig geöffnet gewesen durch Fixierung mittels Barhocker und es konnte daher der aus dem Gastgewerbebetrieb stammende Musiklärm ungehindert in den Außenbereich auf die abgestrahlt werden, sodass der angeführte Vorschreibungspunkt nicht eingehalten wurde.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid (2 Fakten) aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.2. Dem Begriff "Änderung" wohnt im Zusammenhalt mit den ihm beigefügten die Genehmigungspflicht bedingenden Merkmalen, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung eines "Anders-Werdens" inne. Eine Änderung liegt somit in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine Änderung vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid. Dies bedeutet, dass für eine Änderung einer Betriebsanlage nur dann eine eigene Genehmigungspflicht bestehen kann, wenn die Betriebsanlage selbst bereits gewerberechtlich genehmigt ist. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt. Dies bedeutet, dass jedenfalls aus dem Spruch des Straferkenntnisses bereits die bescheidmäßige Genehmigung der Betriebsanlage hervorgehen muss.

 

Weiters bemisst sich der Umstand, ob eine Änderung vorliegt, ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid. Erfasst ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Betriebsinhabers, durch die sich in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen ergeben können. Um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, muss ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. Grabler, Stolzlechner, Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar - Ergänzungsband, RZ 29 und 32 zu § 366 mit Judikaturnachweisen).

Es fehlt daher dem angefochtenen Tatvorwurf zu Faktum 1 das Tatbestandsmerkmal der Veränderung einer genehmigten Betriebsanlage, indem auch nicht der die Betriebsanlage genehmigende Bescheid angeführt ist. Weiters fehlt auch eine Tatumschreibung dahingehend, inwieweit durch die vorgeworfene Änderung Interessen gemäß § 74 Abs.2 Z1 bis 5 GewO beeinträchtigt oder verletzt werden könnten, woraus sich eine Genehmigungspflicht für die Änderung der Betriebsanlage ergibt. Mangels einer konkreten Tatumschreibung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist für das Faktum 1 war daher spruchgemäß das Strafverfahren zu Faktum 1 gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Zum Faktum 2 hat zwar die belangte Behörde zunächst rechtsrichtig dem Straferkenntnis zugrunde gelegt, dass sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3 GewO ergibt, dass diese Gesetzesstelle zwei alternative Tatbestände enthält. Stellt nun die Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides darauf ab, dass die Betriebsanlage nach Änderung durch den Ausbau der Trempelräume zu Wohnräumen "betrieben wurde", versäumte es jedoch, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte, so verabsäumte es die Behörde, das Tatverhalten hinlänglich im Sinn des § 44a Z1 VStG darzulegen (VwGH 26.4.1994, 93/04/0243).

Entsprechend dieser Judikatur hat es auch im gegenständlichen Fall die belangte Behörde verabsäumt, das Betreiben näher zu konkretisieren und zu umschreiben. Es ermangelt daher auch hinsichtlich dieses Faktums dem Tatvorwurf einer konkreten Tatumschreibung. Es ist daher auch hier der Einstellungsgrund nach § 45 Abs.1 Z3 VStG gegeben.

 

5.3. Darüber hinaus ist aber festzuhalten, dass nach dem Gang des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens und auch aus der Begründung des Straferkenntnisses ersichtlich ist, dass nicht die Betriebsanlage - wie irrtümlich im Spruch des Straferkenntnisses vorgeworfen wird - geändert wurde, sondern dass das Ziel eines Auflagenpunktes des gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 6.2.1990, MA 2-Ge-3102-1989 Dr.J/Mü, nämlich Vorschreibungspunkt 10 des Spruchabschnittes II des zit. Bescheides nicht erreicht wurde. Dass aber bescheidmäßig vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht eingehalten werden, ist eine Übertretung nach § 367 Z24 GewO, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer u.a. die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Ein diesem objektiven Tatbestand entsprechender Tatvorwurf wurde aber dem Beschuldigten während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens nicht gemacht. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der vorgeworfene Sachverhalt, nämlich dass die Eingangstüre des Gewerbebetriebes mittels Barhocker fixiert wurde, nicht der zit. Auflage widerspricht, zumal in dem Auflagenpunkt 10 vorgeschrieben wurde, dass die innenliegende und die außenliegende Türe mit schnellschließender Schließautomatik auszustatten ist. Dass eine solche Schließautomatik im Bereich der Lärmschleuse nicht vorhanden ist, ist aber selbst der Anzeige nicht zu entnehmen.

Ein Auflagenpunkt bzw. ein Auftrag dahingehend, dass die Eingangstüre stets geschlossen zu halten ist, ist aber dem gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid nicht zu entnehmen. Mangels einer entsprechenden Vorschreibung war daher auch nicht von der Nichteinhaltung einer Auflage auszugehen. Da aber die Betriebsanlage an sich nicht geändert wurde, war auch der Einstellungsgrund nach § 45 Abs.1 Z2 VStG gegeben.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren zu beiden Tatanschuldigungen einzustellen war, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs
gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 
Beschlagwortung:
Änderung, Betreiben, Tatkonkretisierung

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