Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221983/2/Kl/Pe

Linz, 22.03.2005

 

 

 VwSen-221983/2/Kl/Pe Linz, am 22. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S, Mag. T, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 18.10.2004, Ge-887/04, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2, Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 18.10.2004, Ge-887/04, wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen von je 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung 1. gemäß § 74 Abs.2, § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 und 2. gemäß §§ 94 Z26 und 111 Abs.1 Z2 iVm § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil er als verantwortlicher Betreiber des Imbissstandes in (Imbiss im dortigen Lebensmittelgeschäft) zu vertreten hat, dass er

  1. zumindest in der Zeit vom 1.8.2004 bis zum 19.8.2004, im dortigen Lebensmittelgeschäft eine gewerbliche Gaststätte (Imbissstand) betrieben hat, ohne die für diese Betriebsanlage erforderliche Betriebsanlagengenehmigung zu besitzen. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der GewO 1994 dar;
  2. zumindest in der Zeit vom 1.8.2004 bis 19.8.2004 in, im dortigen Lebensmittelgeschäft durch die Verabreichung von Speisen und Getränken ein Gastgewerbe (Imbissstand) betrieben hat, ohne die für dieses Gewerbe erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der GewO 1994 dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass das Mietobjekt von der W V AG ab 1.8.2004 angemietet wurde und vom Vermieter mitgeteilt wurde, dass sämtliche vorhandene Betriebsanlagen, so auch der Kebabstand, genehmigt seien und weiter betrieben werden können. Weiters sei dem Berufungswerber mitgeteilt worden, dass der Betrieb dieses Kebabstandes mit drei Plätzen als Nebenrecht für Gewerbetreibende, die dem Kleinhandel mit Lebensmittel ausüben, zukomme. Der Berufungswerber habe sich auf diese Zusage oder Auskunft des Vermieters verlassen. Auch sei der gegenständliche Kebabstand in der vom Berufungswerber in der Folge betriebenen Form auch vom Vermieter bereits geführt worden. Der Berufungswerber sei aufgefordert worden, die bestehende Betriebsanlage (Imbissstand) zuzusperren und er sei am 19.8.2004 auch dieser Aufforderung nachgekommen.

Gemäß § 154 Abs.1 GewO steht den Gewerbetreibenden, die den Kleinhandel mit Lebensmittel ausüben, das Recht zu, Speisen in einfacher Art zu verabreichen und nicht alkoholische Getränke und Bier auszuschenken, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze bereitgestellt werden.

Weiters fehle dem Berufungswerber auch das Verschulden im Hinblick auf die Erklärung des Vermieters und die Bestimmung des Mietvertrages und weil der Berufungswerber auch aufforderungsgemäß seinen Stand am 19.8.2004 geschlossen habe. Auch sei das Verschulden nur geringfügig und die Folgen unbedeutend, weshalb § 21 Abs.1 VStG anzuwenden gewesen wäre. Weiters wurde die Strafhöhe angefochten.

 

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und mitgeteilt, dass hinsichtlich des Berufungswerbers keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufscheinen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z2 GewO die Genehmigungspflicht selbständig auf Grundlage des § 74 Abs.2 GewO zu beurteilen (VwGH 30.1.1996, 95/04/0139, 95/04/0140). Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 GewO muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatbestände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199). Darüber hinaus gehört zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung des § 366 Abs.1 Z2 GewO die Anführung, in welcher örtlich gebunden Einrichtung welche gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird (VwGH 28.6.1988, 88/04/0047).

Das angefochtene Straferkenntnis lässt zum Faktum 1 sowohl eine konkretisierte Umschreibung der Interessen gemäß § 74 Abs.2 GewO vermissen, welche die konkrete Betriebsanlage zu beeinträchtigen geeignet sind, sowie die konkretisierte Umschreibung der gewerblichen Tätigkeit, die in der angeführten örtlich gebundenen Einrichtung ausgeübt wird. Es entspricht daher der Tatvorwurf zum Faktum 1 nicht den Anforderungen gemäß § 44a Z1 VStG.

Eine entsprechende Tatkonkretisierung hat innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zu erfolgen. Es war daher das Strafverfahren gemäß § 44a Z1 und § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat nach § 366 Abs.1 Z1 GewO muss sich eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinn des § 1 Abs.2 entnehmen lassen. § 366 Abs.1 Z1 GewO enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung dieses Tatbestandes genügt es nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Handwerkes (Gewerbes) vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinn des § 1 Abs.2 vorliegen (VwGH 15.9.1999, 99/04/0110). Der spruchgemäße Vorwurf der Tätigkeit, ohne die für diese Wertung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu umschreiben, indiziert noch nicht die Erfüllung der im § 1 Abs.2 angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinn des § 366 Abs.1 Z1 GewO (VwGH 25.2.1992, 91/04/0277 sowie vom 24.11.1992, 92/04/0156).

Im Sinn der zitierten Judikatur fehlt es daher dem Tatvorwurf an einer näheren Umschreibung der Gewerbsmäßigkeit der Tathandlung, also dass die Handlung selbstständig, regelmäßig und mit der Absicht einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt wurde.

Dass in der Begründung des Straferkenntnisses die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften gemäß § 1 Abs.1 bis 4 GewO zitiert werden, ersetzt die spruchgemäße Anführung von konkreten Umständen nicht.

 

5.3. Darüber hinaus verweist der Berufungswerber zu Recht auf die Bestimmung des § 154 GewO, wonach Gewerbetreibenden, die den Kleinhandel mit Lebensmitteln ausüben, im Rahmen ihrer Gewerbeausübung auch bestimmte Rechte zustehen, wie das Verabreichen von Speisen in einfacher Art und der Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und Bier wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden. Im Hinblick auf diese Rechte, die auch dem gegenständlichen Berufungswerber im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe zukommen, wäre es daher erforderlich gewesen, jene Speisen und Getränke im Spruch zu konkretisieren, woraus entnommen werden kann, dass eine über das Ausmaß des § 154 GewO hinausreichende gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, woraus sich dann ein strafbarer Tatbestand ergibt.

Es war daher auch das Faktum 2 mangels einer entsprechenden Tatkonkretisierung gemäß § 44a Z1 VStG nach § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:

Gewerbsmäßigkeit, gewerbliche Tätigkeit, Eignung der Beeinträchtigung, Tatkonkretisierung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum