Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222035/2/Bm/Hu

Linz, 14.09.2005

 

 

 

VwSen-222035/2/Bm/Hu Linz, am 14. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn O H, K, W, vertreten durch Dr. M S, Wirtschaftskammer Oberösterreich, Dr. K-S, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.8.2005, Zl. BZ-Pol-6125-2004, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.8.2005, BZ-Pol-6125-2004, wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen von je 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von je 9 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung 1) gemäß § 366 Abs.1 Z3 Straftatbestand 1 GewO 1994 iVm § 81 GewO 1994 und Vorschreibungspunkt 3 des betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheides vom 8.5.1998 und 2) gemäß § 366 Abs.1 Z3 Straftatbestand 2 GewO 1994 iVm § 81 GewO 1994 und Vorschreibungspunkt 3 des betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheides vom 8.5.1998 verhängt, weil er es als Betreiber hinsichtlich des Gastgewerbebetriebes "Auf Verdacht" (Betriebsart Bar), H, W, zu vertreten hat, dass - zumindest am 1.8.2004 (Samstag) in der Zeit von 00.11 Uhr bis 00.23 Uhr - aufgrund der ständig geöffneten Eingangstür, aus diesem Gastgewerbebetrieb Musik laut bzw. störend (im Bereich "S/S", W, hörbar) wahrzunehmen war und somit 1) eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung abgeändert und 2) nach der Abänderung - zumindest am 1.8.2004 (Samstag) in der Zeit von 00.11 Uhr bis 00.23 Uhr - betrieben hat.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass es nicht richtig sei, dass aufgrund der ständig geöffneten Eingangstür aus diesem Gastgewerbebetrieb Musik laut bzw. störend im Bereich S bzw. S in der Zeit von 00.11 Uhr bis 00.23 Uhr hörbar gewesen sei. Am konkreten Anlasstag sei ein Türsteher damit beschäftigt gewesen, trotz des enormen Besucherandranges, immer wieder die Türe zu verschließen. Dies deswegen, weil das sogenannte "Karibik-Fest" in der H veranstaltet worden sei und sich zu diesem Zeitpunkt zwischen 500 bis 700 Personen in der H befunden hätten. Dieses Fest sei fixer Bestandteil im Veranstaltungskalender der H und werde zudem vom Tourismusverband Wels beworben und auch gesponsert. Auf Ersuchen der H habe Herr Bürgermeister Dr. P K ausdrücklich mündlich öffentliche Musikdarbietungen bis 1.00 Uhr und die Ausschank in der H bis 2.00 Uhr früh genehmigt. Es erscheine somit völlig unrealistisch und denkunmöglich, dass der Lärm des Gastbetriebes "auf Verdacht" den Lärmpegel in der H überstiegen habe bzw. zuordenbar gewesen wäre.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
  2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2. anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

 

Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage vor, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine Änderung vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031). Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 setzt damit eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt. Dies bedeutet, dass jedenfalls aus dem Spruch des Straferkenntnisses hervorgehen muss, dass eine betriebsanlagenrechtlich genehmigte Betriebsanlage geändert wurde.

 

Weiters muss ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatbestände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist.

 

Eine solche konkretisierte Umschreibung des Tatbestandsmerkmales der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage sowie die Interessen, die durch die vorgeworfene Änderung der Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Faktum 1) nicht zu entnehmen.

 

Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3 leg.cit. ergibt - und dies die belangte Behörde auch richtig erkannte - enthält diese Gesetzesstelle zwei alternative Straftatbestände.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde jedoch bei einem Abstellen auf den Straftatbestand des § 366 Abs.1 Z3 zweiter Fall leg.cit. im Spruch jedenfalls darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte (VwGH 26.4.1994, 93/04/0243).

 

Entsprechend dieser Judikatur hat es die belangte Behörde im gegenständlichen Fall verabsäumt, das Betreiben näher zu konkretisieren und zu umschreiben, weshalb auch hinsichtlich dieses Faktums der Tatvorwurf nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG entspricht.

 

Das Straferkenntnis war insbesondere aber auch aus folgenden Gründen zu beheben:

In der Begründung des Straferkenntnisses wurde auf den betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 8.5.1998, MA 11-GeBA-107-1997, verwiesen, mit dem unter Auflagepunkt 3 vorgeschrieben wurde, dass während des Betriebes des Lokales sowohl die Zugangstüre als auch der gewählte Innenabschluss nicht ständig offengehalten werden dürfen und das Öffnen nur zum Betreten und Verlassen von Kunden und Bediensteten des Lokales erfolgen darf. Die Vorschreibung dieses Auflagenpunktes hat offensichtlich den Zweck, Nachbarn im Nahbereich der Betriebsanlage vor einer allfälligen Ruhestörung zu schützen. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass durch die Nichteinhaltung dieses Auflagenpunktes eben dieser Schutzzweck nicht erreicht wurde. Die Nichteinhaltung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträgen stellt jedoch eine Übertretung nach § 367 Z25 und keine Änderung der genehmigten Betriebsanlage nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 dar. Da jedoch im Straferkenntnis die Nichteinhaltung des Auflagenpunktes 10 und die Verletzung des damit verfolgten Schutzzweckes als "Änderung der genehmigten Betriebsanlage" und nicht als Nichtbefolgung der bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflage umschrieben wurde, war die letztgenannte Übertretung nicht zur Last gelegt worden, obwohl Vorschreibungspunkt 3 des betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheides in der verletzten Verwaltungsvorschrift zitiert wurde.

Da aber dem Unabhängigen Verwaltungssenat eine Tatauswechslung nicht möglich ist, war eben spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. B i s m a i e r

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