Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222048/2/Bm/Sta

Linz, 11.01.2006

 

 

 

VwSen-222048/2/Bm/Sta Linz, am 11. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn R I, H, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C. O, G, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 31.8.2005, Ge-527/05, wegen Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeister der Stadt Steyr vom 31.8.2005, Ge-527/05, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 80 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeitenverordnung idgF iVm § 113 Abs.1 und 7 GewO 1994 verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma I C in S, P, zu vertreten hat, dass in der Betriebsstätte oa Firma in S, P (Lokal "W") am 7.5.2005 um 5.05 Uhr ca. 20 Gästen das Verweilen in derselben gestattet wurde, obwohl die Sperrstunde des Lokales gemäß der Oö. Sperrzeitenverordnung mit 4.00 Uhr festgesetzt ist und dies eine Übertretung der Bestimmungen der Oö. Sperrzeitenverordnung und der Gewerbeordnung darstellt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung in der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Annahme, dass die Sperrstunde des Lokales gemäß der
Oö. Sperrzeitenverordnung mit 4.00 Uhr festgesetzt sei, sei insofern verfehlt, da nach den wesentlichen Bescheiden die Betriebsart des Lokales "Nachtclub" sei. Für diese Betriebszeit gelte § 1 Abs.4 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002. Solange kein abändernder Bescheid vorliege, sei der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer von einer rechtskräftigen Bewilligung ausgegangen. Ein die Durchbrechung der Rechtskraft des Bescheides abändernder Verwaltungsakt sei nicht bekannt.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Nach dem Gewerberegisterauszug mit Registerstand vom 12.1.2005, Registernummer , besitzt Frau I C als Gewerbeinhaberin die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 142 Abs.1 Gewerbeordnung 1994, Z2, eingeschränkt auf kleine Imbisse, Z3 bis Z4 unbeschränkt, in der Betriebsart Nachtclub. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer wurde Herr I R angezeigt. Eine Änderung der Betriebsart wurde nicht angezeigt. Feststellungen über eine faktische Änderung der Betriebsart sind dem Verfahrensakt nicht zu entnehmen. Lediglich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird festgestellt, dass in einem anderen Verfahren (Verwaltungsstrafverfahren unter der Zl. Ge-210/04 wegen Nichtanzeige der Änderung der Betriebsart von "Nachtclub" auf "Cafe") der genannten Behörde von der Gewerbebehörde des Magistrates Steyr mitgeteilt worden sei, dass für das gegenständliche Lokal die Voraussetzungen für die Betriebsart "Nachtclub" nicht mehr vorliegen würden und daher die Sperrstunde 4.00 Uhr sei. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde auf Grund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Steyr eingeleitet, wonach sich am 7.5.2005 um 5.05 Uhr noch ca. 20 Gäste im Lokal aufgehalten haben, die Getränke konsumierten.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Im § 1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 werden in 4 Absätzen für verschiedene Betriebsarten die Sperrstunde und die Aufsperrstunde festgelegt, ua in Abs.2 die Sperrstunde mit 4.00 Uhr für Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Kaffeehaus, Pub und Tanzcafe. In Abs.4 wird die Sperrstunde mit 6.00 Uhr für die Betriebsart Nachtklub (ohne Publikumstanz) festgelegt.

 

Gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
  2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist beim Vorwurf eine bestimmte Sperrzeit nicht eingehalten zu haben, unter Bedachtnahme auf das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG auch die bestimmte Betriebsart in der der Gastgewerbebetrieb tatsächlich geführt wird, anzuführen.

Vorliegend wird durch die Formulierung im Schuldspruch "... in der Betriebsstätte oa. Firma in S, P, (Lokal "W") ..." für sich keine Betriebsart bezeichnet. Auch in Verbindung mit dem Klammerausdruck Lokal "W" lässt sich die maßgebende Betriebsart nicht erkennen, da es sich hiebei offensichtlich um den Lokalnamen handelt, jedoch daraus nicht auf die Betriebsart geschlossen werden kann. Abgesehen davon wurde im Spruch §1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung herangezogen, demgegenüber die Betriebsart "Bar" jedoch in §1 Abs.3 leg. cit geregelt ist.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und war somit das Straferkenntnis schon auf Grund dieser Überlegungen aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich zudem dazu veranlasst, die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass die Erstbehörde gemäß des auch im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 24 VStG geltenden Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen hat. Die Erstbehörde hat es gänzlich unterlassen, den maßgebenden Sachverhalt, nämlich die Frage, in welcher Betriebsart der gegenständliche Gastgewerbebetrieb tatsächlich betrieben wird, zu erheben. Eine diesbezügliche ergänzende Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hätte zur Folge, dass der Berufungswerber erstmals im Berufungsverfahren Gelegenheit bekommt, sich zu den konkreten Anschuldigungen zu äußern. Damit würde er aber in seinem Rechtschutzbedürfnis um eine Instanz verkürzt, was eine Verletzung seines Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bedeutet.

 

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers aus § 370 Abs.1 GewO 1994 ergibt.

 

7. Auf Grund des Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

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