Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222060/2/Kl/Pe

Linz, 27.06.2006

 

 

 

VwSen-222060/2/Kl/Pe Linz, am 27. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des F S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (Faktum 1 und 3) vom 17.10.2005, Ge96-108-2005 und Ge96-112-2005, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, die angefochtenen Punkte 1 und 3 des Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17.10.2005, Ge96-108-2005 und Ge96-112-2005, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen zu 1) 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage, zu 2) 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, und zu 3) 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 366 Abs.1 Z1 iVm §§ 94 Z62 und 129 Abs.5 Z5 GewO 1994, zu 2) gemäß § 367 Z51 iVm § 130 Abs.9 GewO 1994 und zu 3) § 367 Z52 iVm § 129 Abs.6 GewO 1994 verhängt, weil er

  1. als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Berufsdedektive" im Standort, seit Beginn dieser Gewerbeberechtigung am 6.11.2003 laufend den generellen Schutz von Veranstaltungen durchgeführt hat (Eingangskontrolle, Überwachung der anwesenden Veranstaltung, Ordner- und Kontrolldienste usw.), obwohl der generelle Veranstaltungsschutz bzw. die Ordner- und Kontrolldienste bei Veranstaltungen gemäß § 129 Abs.5 Z5 dem Bewachungsgewerbe vorbehalten ist, wofür er aber keine Gewerbeberechtigung besessen hat. Er hat somit unbefugt das Bewachungsgewerbe ausgeübt.
  2. Im Zuge der Ausübung des Bewachungsgewerbes hat er am 23.4.2005 um 22.15 Uhr Herrn U H und Herrn H D in der Diskothek "H N" in, als Türsteher eingesetzt, ohne dass er der belangten Behörde diese Personen zwei Wochen vor Beginn ihrer Verwendung im Bewachungsdienst bekannt gegeben hat.
  3. Bei der Ausübung des Bewachungsgewerbes haben die zur Bewachung eingesetzten Personen eine Uniform (einheitliche Dienstkleidung) getragen, ohne dass er hiefür eine Genehmigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit besessen hat.

 

2. Gegen das Faktum 1 und 3 wurde Berufung erhoben und dazu begründend ausgeführt, dass am 6.11.2003 das Sicherheitsgewerbe, beschränkt auf Berufsdedektive angemeldet wurde und der Berufungswerber daher der Meinung sei, dass er aufgrund dieser Gewerbeberechtigung auch Securitytätigkeiten und die Überwachung von Veranstaltungen durchführen dürfe, da die Gewerbeberechtigung für Berufsdedektive auch den Personenschutz umfasste. Erst im Sommer dieses Jahres habe er von der Behörde erfahren, dass der Veranstaltungsschutz dem Bewachungsgewerbe vorbehalten sei und die Gewerbeberechtigung für Berufsdedektive nur den Personenschutz von Einzelpersonen umfasse. Er habe auch mit dem Geschäftsführer T P geredet und dieser habe zugesagt, dass er den Befähigungsnachweis für das Bewachungsgewerbe nachmachen werde. Da dieser sich nicht mehr meldete, habe er letztlich nach weiterer Suche Ing. R B als gewerberechtlichen Geschäftsführer gefunden und am 19.10.2005 das Bewachungsgewerbe angemeldet. Da er die ganze Zeit über das Sicherheitsgewerbe verfügt habe und berechtigt war zum Personenschutz und die Security´s der Behörde bekannt gegeben habe, finde er die verhängte Geldstrafe von 1.500 Euro als viel zu hoch und ersuche um eine Ermahnung bzw. erhebliche Herabsetzung.

Der Punkt 2 des Straferkenntnisses werde nicht bekämpft.

Zum Punkt 3 stelle er fest, dass eine einheitliche Arbeitskleidung keine Uniform darstelle und ersuche deshalb von einer Bestrafung Abstand zu nehmen. Er werde beim zuständigen Ministerium um die entsprechende Bewilligung zum Tragen von Uniformen ansuchen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Eine mündliche Verhandlung entfällt, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 129 Abs.1 Z7 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Berufsdedektive für den Schutz von Personen.

 

Gemäß § 129 Abs.5 Z5 GewO 1994 gehören zum Bewachungsgewerbe Ordner- und Kontrolldienste bei Veranstaltungen.

 

Gemäß § 129 Abs.6 GewO 1994 bedarf der Gebrauch einer Uniform im Bewachungsgewerbe der Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 367 Z55 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer bei der Ausübung des Bewachungsgewerbes Uniformen entgegen § 129 gebraucht.

 

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Spruch zu Faktum 1 und 3 nicht.

 

Das Faktum 2 wurde nicht angefochten und ist daher rechtskräftig. Eine diesbezügliche Beurteilung erfolgt daher nicht mehr.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss sich der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen lassen. Der spruchgemäße Vorwurf der - von der belangten Behörde als einem "Anmeldungsgewerbe" unterliegend gewerteten - Tätigkeit, ohne die für diese Wertung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu umschreiben, indiziert noch nicht die Erfüllung der in § 1 Abs.2 angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinn des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994. "Es reicht daher für den Schuldvorwurf, das Maler- und Anstreichergewerbe ausgeübt zu haben, nicht aus, zu umschreiben, der Beschuldigte habe an einem näher bezeichneten Haus "die Unterdachschalung, Balkone und andere Verschalungen gestrichen" (vgl. Grabler - Stolzlechner - Wendl, Kommentar, Gewerbeordnung, Springer Verlag, Anm.2 zu § 366).

 

Auch dem Tatvorwurf zum Punkt 1 fehlt eine entsprechende Umschreibung der Gewerbsmäßigkeit, nämlich dass die Tätigkeit selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeführt wurde. Allein die Umschreibung der Tätigkeit als Eingangskontrolle, Überwachung der anwesenden Veranstaltung, Ordner- und Kontrolldienste und Zuordnung dieser Tätigkeiten zum Bewachungsgewerbe, reicht nicht aus, sondern sind die Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit näher auszuführen.

 

Weil eine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten nicht erfolgt ist, ist daher diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher Punkt 1 des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zum Punkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses ist aber unter Hinweis zu den obigen Ausführungen zu § 44a Z1 VStG darauf hinzuweisen, dass dem diesbezüglichen Tatvorwurf eine konkrete Tatzeit überhaupt fehlt. In Ermangelung dieses Tatbestandsmerkmales ist der Berufungswerber nicht davor geschützt, ein zweites Mal wegen der selben Tat zur Verantwortung gezogen zu werden. Es war daher die Berufung auch hinsichtlich des Faktum 3 erfolgreich. Auch zum Punkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses ist eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der gesetzlich geregelten sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht erfolgt. Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist eine Verfolgungshandlung dieses Delikt betreffend überhaupt nicht vorzufinden, sodass das Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 3 die erste und einzige Verfolgungshandlung darstellt. Es war daher auch diesbezüglich das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 einzustellen.

 

6. Weil die Berufung zu den Punkten 1 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Gewerbsmäßigkeit, Tatort, Tatkonkretisierung

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum