Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230010/2/Gf/Kf

Linz, 24.10.1991

VwSen - 230010/2/Gf/Kf Linz, am 24.Oktober 1991 DVR.0690392 - & !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Vermerk: Aufgehoben durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.3.1992, Zl. 91/19/0357-7, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 27. September 1991, Zl. Sich-III/435/1991+1/Sch, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen.

Der Berufungswerber ist schuldig, seit dem 20. August 1991 die Verwaltungsübertretung des § 14b Abs.1 Z.4 i.V.m. § 2 Abs.1 Z.1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991, dadurch begangen zu haben, daß er ohne gültigen österreichischen Sichtvermerk in Österreich eingereist ist und sich seither widerrechtlich im Bundesgebiet aufhält, und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, belegt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 300 S und zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 600 S, das sind insgesamt 900 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Aus Anlaß einer Antragstellung um die Erteilung eines Sichtvermerkes stellte die belangte Behörde fest, daß dem Beschwerdeführer - einem türkischen Staatsbürger - zuvor, nämlich am 20. August 1991, die sichtvermerksfreie Einreise nach Österreich wohl lediglich deshalb gestattet worden wäre, weil er einen deutschen Sichtvermerk als "Reisebegleiter" vorweisen konnte; gleichzeitig hatte der Beschwerdeführer bei der österreichischen Botschaft in Ankara einen Einwanderungsantrag gestellt. Die Behörde ging daher in der Folge davon aus, daß sich der Beschwerdeführer von Anfang an illegal in Österreich aufhält.

1.2. Mit Strafverfügung vom 9. September 1991, Zl. SichIII/435/1991+1/Sch, hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf wegen Übertretung des § 14b Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 2 Abs. 2 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG) eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.3. Mit Straferkenntnis vom 27. September 1991, Zl. SichIII/435/1991+1/Sch, hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf diesen Einspruch abgewiesen und über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 14b Abs.1 Z.4 i.V.m. § 2 Abs.2 Z.1 FrPG eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt.

1.4. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 2. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 8. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führte die belangte Behörde begründend aus, daß sich der Beschwerdeführer infolge der unbefristeten Verlängerung der Aufhebung des Abkommens zwischen Österreich und der Türkei über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, die sohin einer Wiedereinführung der Sichtvermerkspflicht gleichkäme, von Anfang an rechtswidrig in Österreich aufgehalten habe, weil er über einen gültigen Sichtvermerk weder verfügt habe noch verfüge. Am 20. August 1991 sei dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, daß er als Busbegleiter eine Aufenthaltsberechtigung für Deutschland vorweisen konnte, nur die Durchreise gestattet worden. Indem der Beschwerdeführer tatsächlich nicht nach Deutschland weitergereist sei, habe er seither die fremdenpolizeilichen Vorschriften verletzt. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer bereits in seiner Heimat einen Antrag auf Erteilung einer Einwanderungserlaubnis gestellt hat und dennoch ohne die behördliche Entscheidung über diesen abzuwarten in Österreich eingereist ist, zeige, daß der Beschwerdeführer keineswegs bereit sei, sich der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen, sondern vielmehr versuche, dadurch die Einwanderungsbehörde vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Bei der Strafbemessung sei auf das Ausmaß der Gefährdung öffentlicher Interessen, auf das Ausmaß des Verschuldens nämlich vorsätzlichen Handelns, weil der Beschwerdeführer wissen mußte, daß er zum rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich eines Sichtvermerkes bedurfte - und auf die Vermögensverhältnisse Bedacht genommen worden.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer zunächst mit der Behauptung, daß ihn der Besitz eines deutschen Einreisevisums auch zu einem zumindest dreimonatigen Aufenthalt in Österreich berechtige. Außerdem treffe der Vorwurf, daß sich der Beschwerdeführer der österreichischen Rechtsordnung nicht unterordnen wolle, nicht zu, was die Tatsache der umgehenden polizeilichen Meldung und der Beantragung des Sichtvermerkes erweise. Außerdem habe er sich breits um eine Arbeitsstelle bemüht. Alle diese Umstände würden dazu führen, daß die Behörde gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe, die im übrigen jedenfalls als zu hoch erscheine, hätte absehen müssen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. Sich-III/435/1991+1/Sch; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und sich die vorliegende Berufung im übrigen nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie gegen die Strafhöhe richtet, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich über die zulässige Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 14b Abs. 1 Z. 4 FrPG begeht derjenige Fremde eine Verwaltungsübertretung, der sich entgegen den Bestimmungen des § 2 FrPG im Bundesgebiet aufhält, und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen; für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet fordert § 2 Abs. 1 FrPG, daß der Fremde unter Einhaltung der Bestimmungen des Paßgesetzes eingereist ist oder daß ihm von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde. Nach § 23 Abs. 1 des Paßgesetzes, BGBl.Nr. 422/1969, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990 (im folgenden: PaßG), bedürfen Fremde zur Einreise in das Bundesgebiet außer eines gültigen Reisedokumentes auch eines österreichischen Sichtvermerkes, soweit durch zwischenstaatliche Vereinbarungen nicht anderes bestimmt ist. Mit Kundmachung des Bundeskanzlers vom 24. April 1990, BGBl.Nr. 222/1990, wurde das Abkommen zwischen Österreich und der Türkei über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.Nr. 194/1955, für einen unbefristeten Zeitraum sistiert.

Insgesamt ergibt sich daraus, daß nach dem PaßG türkische Staatsbürger zur Einreise in das Bundesgebietes neben eines Reisepaßes auch eines österreichischen Sichtvermerkes bedürfen, sich ohne einen derartigen Sichtvermerk gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 FrPG widerrechtlich in Österreich aufhalten und demgemäß nach § 14b Abs. 1 Z. 4 FrPG strafbar sind.

4.2. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsbürger und war im Zeitpunkt seiner Einreise am 20. August 1991 nach Österreich unbestrittenermaßen nicht im Besitz eines österreichischen Sichtvermerkes. Er war nach seinem eigenen Vorbringen lediglich im Besitz eines deutschen Sichtvermerkes; in diesem Fall hätte der Beschwerdeführer nach der Kundmachung des Bundeskanzlers vom 24. April 1990, BGBl.Nr. 222/1990, nur dann sichtvermerksfrei in Österreich einreisen und sich hier drei Monate aufhalten dürfen, wenn er zugleich eine deutsche oder schweizerische Aufenthaltsbewilligung besitzen würde. Da dies jedoch nicht zutrifft, ist der Beschwerdeführer sohin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt und hat demgemäß den Tatbestand des § 14b Abs. 1 Z. 4 FrPG erfüllt.

4.3. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat und der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz auch zugesteht, geht es ihm lediglich darum, bei seiner Gattin in Österreich leben zu dürfen. Der deutsche Sichtvermerk diente sohin offenkundig lediglich dazu, sich die Einreise nach Österreich zunächst zu erschleichen und diese dann im Wege der nachträglichen Antragstellung um die Erteilung eines österreichischen Sichtvermerkes zu legalisieren. Dies zeigt, daß sich der Beschwerdeführer seines unrechtmäßigen Verhaltens nicht nur bewußt war, sondern sogar absichtlich widerrechtlich gehandelt hat.

Angesichts dieser gesteigerten Form des Vorsatzes, der jedenfalls nicht als ein bloß geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG angesehen werden kann, kommt es aber somit schon von vornherein nicht Betracht, nach dieser Bestimmung von der Verhängung einer Strafe abzusehen, ohne daß noch zu prüfen war, ob die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen wären.

4.4. Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Strafhöhe richtet, ist diese nicht näher begründet.

Die belangte Behörde hat in ihrem Straferkenntnis bezüglich der Strafbemessung dem § 19 VStG entsprechend auf das Ausmaß der Gefährdung des im FrPG geschützten Rechtsgutes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit sowie auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht genommen und die - vom Beschwerdeführer unbestrittenen - Vermögensverhältnisse berücksichtigt; Erschwerungs- oder Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sieht sich vor diesem Hintergrund daher auch nicht dazu veranlaßt, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Höhe der Geldstrafe zu beanstanden. Hinsichtlich des Umstandes, daß nach § 14b Abs.1 Z.4 zweite Alternative FrPG i.V.m. § 16 Abs.2 VStG bei einer Höhe der Geldstrafe von 3.000 S in entsprechender Relation dazu eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier - und nicht wie im angefochtenen Straferkenntnis von drei - Tagen zu verlängern gewesen wäre, ist dem unabhängigen Verwaltungssenat hingegen aufgrund des in § 51 Abs.6 VStG grundgelegten Verbotes der reformatio in peius eine entsprechende Korrektur verwehrt.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren in erster Instanz in Höhe von 10% der verhängten Strafe, d.s. 300 S, und für das Strafverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Strafe, d.s. 600 S, sohin insgesamt in Höhe von 900 S aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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