Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230014/3/Gf/Kf

Linz, 09.12.1991

VwSen - 230014/3/Gf/Kf Linz, am 9.Dezember 1991 DVR.0690392 - &

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine II. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Kurt Wegschaider sowie den Berichterstatter Dr. Alfred Grof und den Beisitzer Dr. Johann Fragner als Stimmführer aus Anlaß der Berufung der G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Oktober 1991, Zl. St.7.191/91-B, einstimmig beschlossen:

Die Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG mangels eines wirksam gewordenen Straferkenntnisses als unzulässig zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g 1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Oktober 1991, Zl. St.7.191/91-B, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 40.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 32 Tage) verhängt, weil sie am 6. Juli 1991 um 23.35 Uhr in der Kollegiumgasse in Linz eine Beziehung angebahnt hat, die der sexuellen Befriedigung zu Erwerbszwecken dienen sollte.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 10. Oktober 1991 als zugestellt gewertete Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 11. November 1991 bei der Bundespolizeidirektion Linz mündlich erhobene und niederschriftlich aufgenommene Beschwerde; einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG hat die Beschwerdeführerin nicht gestellt.

2.1. Gemäß den §§ 51 Abs. 1 und 24 Satz 1 VStG i.V.m. § 63 Abs. 5 AVG ist eine Berufung - damit diese rechtzeitig und zulässig ist - auch im Verwaltungsstrafverfahren binnen zwei Wochen ab Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses einzubringen; hiebei handelt es sich um eine gesetzliche, nicht erstreckbare Fallfrist. Im vorliegenden Fall wurde das oa. Straferkenntnis am 10. Oktober 1991 beim Postamt hinterlegt. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß ihr das hinterlegte Schriftstück von den Organen der Post deshalb nicht ausgehändigt wurde, weil sie sich nur mit einem abgelaufenen Personalausweis ausweisen konnte, blieb von der belangten Behörde unbestritten und erscheint auch glaubwürdig: Wie nämlich die Erhebungen des O.ö. Verwaltungssenates ergeben haben, besitzt die Beschwerdeführerin tatsächlich nur einen im Jahre 1987 abgelaufenen Personalausweis und einen ebenfalls - nämlich im Jahre 1984 - abgelaufenen Reisepaß.

§ 17 Abs.3 des Zustellgesetzes, BGBl.Nr. 200/1982 (im folgenden: ZustG), geht offensichtlich davon aus, daß die Sendung dem Empfänger auch tatsächlich ausgehändigt wird, bzw. anders gewendet: Nur wenn die Abgabe der Postsendung rechtmäßig unterbleibt, gilt die Hinterlegung auch als wirksame Zustellung i.S. dieser Bestimmung. Von einer rechtmäßigen Zurückhaltung kann im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein. Gemäß der Anlage zur Zustellformularverordnung 1982, BGBl.Nr. 600/1982, fordert Formular 1 zu § 17 Abs.2 ZustG zur Abholung bloß die Mitnahme eines amtlichen Lichtbildausweises. Inwieweit die von der Post in der Praxis gepflogene Vorgangsweise, in den von ihr verwendeten, von § 1 der Zustellformularverordnung abweichenden Formularen zur Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes inhaltlich insbesondere auch auf § 162 der ebenfalls bloß eine Verordnung verkörpernden Postordnung, BGBl.Nr. 110/1957, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 396/1990 (im folgenden: PostO), hinzuweisen, überhaupt dem § 27 ZustG entspricht, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil für den gegenständlichen Fall § 31 Abs.2 des Paßgesetzes, BGBl.Nr. 422/1969, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990, die Personalausweise hinsichtlich ihrer Gültigkeitsdauer ohnehin den Reisepässen gleichstellt. Wenn nun ein Reisepaß, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, sogar noch zum Grenzübertritt berechtigt (vgl. z.B. den Anhang zum Europäischen Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates, BGBl.Nr. 175/1958, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 354/1984), und deshalb jedenfalls zum Nachweis der Identität vor inländischen Behörden geeignet ist - wie dies übrigens auch ausdrücklich auf der Rückseite des von der Post verwendeten Formulares zur Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes angemerkt ist -, so ist nicht einzusehen, weshalb nicht auch durch einen seit weniger als fünf Jahren abgelaufenen Personalausweis die Nämlichkeit i.S.d. §§ 159 ff PostO im Zuge der Abholung behördlicher Schriftstücke nachgewiesen können werden soll, noch dazu, wo in Österreich grundsätzlich keine allgemeine Ausweispflicht besteht.

Die somit rechtswidrige Nichtherausgabe der hinterlegten Sendung mit der Begründung, daß sich die Beschwerdeführerin nicht ordnungsgemäß ausweisen habe können, sowie die anschließende Rückstellung an die belangte Behörde führt somit im Ergebnis dazu, daß der Hinterlegung im vorliegenden Fall nicht die Wirkung einer Zustellung zukommt. Damit ist aber das von der Beschwerdeführerin bekämpfte Straferkenntnis für diese auch nicht rechtlich existent geworden, sodaß es insoweit auch an einem tauglichen Beschwerdegegenstand fehlt.

2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG - der nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist - die vorliegende Berufung als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen war (§ 51e Abs. 1 VStG) oder auf das Vorbringen in der Sache selbst eingegangen werden konnte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 9. Dezember 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider Dr. Grof Dr. Fragner 6

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