Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230026/15/Bi/Hm

Linz, 02.04.1992

VwSen - 230026/15/Bi/Hm Linz, am 2.April 1992 DVR.0690392 - & A, Gallneukirchen; Übertretung gemäß Art.IX Abs.1 Z.1 EGVG - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des E vom 21. Jänner 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 8. Jänner 1992, St.6.084/91-B, aufgrund des Ergebnisses der am 26. März 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt wird, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 400 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren I. Instanz ermäßigt sich auf 40 S. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 8. Jänner 1992, St.6.084/91-B, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs.1 Z.1 EGVG gemäß Art.IX Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er am 10. Juni 1991 um 19.10 Uhr in Linz, Haltestelle Bürgerstraße - Landstraße, durch sein Verhalten, welches objektiv geeignet ist, Ärger zu erregen, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört und bei Personen Unmut hervorgerufen hat, indem er unverständliche Worte schrie und dabei wild mit den Händen gestikulierte.

Gleichzeitig wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 100 S verpflichtet.

2. In der fristgerecht eingebrachten Berufung macht der Beschuldigte geltend, er vermute, daß der Übergriff der Beamten gegen ihn aus Rassendiskriminierungsgründen stattgefunden habe, zumal er aus entschuldbaren Gründen ohne Schädigungsabsicht gegenüber den Verkehrsbetrieben in diese Situation gekommen sei und versucht habe, dies den Beamten zu erklären. Das ihm vorgeworfene Verhalten sei durch die ungerechtfertigte Verhaftung provoziert worden, sei aber lediglich als Versuch anzusehen gewesen, den Sachverhalt wahrheitsgemäß darzustellen.

3. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Am 26. März 1992 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten, des Vertretes der belangten Behörde sowie der Polizeibeamten Rev.Insp. Franz und Insp. J abgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

4.1. Aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung wird der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand als erwiesen angenommen. Der Berufungswerber bestreitet nicht, im Zuge der Amtshandlung bei der Straßenbahnhaltestelle Bürgerstraße - Landstraße geschrien und wild mit den Händen gestikuliert zu haben, was im wesentlichen mit den Aussagen sämtlicher Zeugen übereinstimmt. Als erwiesen ist auch anzunehmen, daß dieses Verhalten dazu geführt hat, daß der Berufungswerber vom Meldungsleger Rev.Insp. S mehrmals abgemahnt wurde, sein Verhalten aber nicht eingestellt hat, sodaß es zu einer kurzfristigen Festnahme gekommen ist, um seine Identität festzustellen und den vorangegangenen Vorfall in der Straßenbahn zu klären. Demnach wurde der Berufungswerber mit einer ungültigen Fahrkarte in der Straßenbahn angetroffen, worauf es zu einem lauten Wortwechsel zwischen ihm und den beiden Kontrolloren Helmut R und Peter W kam, in dessen Verlauf die Polizei verständigt wurde. Bei der Amtshandlung an der genannten Straßenbahnhaltestelle war der Berufungswerber laut übereinstimmenden Schilderungen sämtlicher Zeugen sehr aufgebracht, wobei er teils in Deutsch, teils in Englisch, teils unverständlich schrie und mit den Armen um sich schlug. Die beiden Polizeibeamten schilderten den Vorfall übereinstimmend in der Weise, daß zwei ESG-Beamte ihn vermutlich am Oberarm gepackt hielten, aber bei ihrem Ankommen sofort losließen. Um überhaupt eine Amtshandlung führen zu können, versuchten sie ihn zu beruhigen, und mahnten ihn mehrmals ab, ruhig zu sein, was aber nichts nützte, sodaß sie ihm zu zweit die Hände auf den Rücken schlossen und Handschellen anlegten. Der Berufungswerber sei zwischen dem Funkwagen und den beiden Meldungslegern gestanden und, da er der Aufforderung zur Ausweisleistung keine Folge leistete, visitiert worden. Dabei hätten sie eine Lagerkarte gefunden, aus der der Name hervor ging, die Adresse hätten sie durch Erhebungen beim Meldeamt und im Wachzimmer Kleinmünchen erfahren. Der Berufungswerber habe sich danach beruhigt, sodaß die Festnahme nach kurzer Zeit aufgehoben wurde. Sein Einwand, er sei zwecks Ausweiskontrolle an eine Eisenstange (ev. Verkehrszeichen oder Haltestellentafel) gedrückt und kurzzeitig mit den Handschellen "angekettet" worden, ist nach übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen sämtlicher Zeugen als nicht gerechtfertigt zurückzuweisen. Im Laufe der Verhandlung ergab sich aus den Zeugenaussagen kein Hinweis darauf, daß diese Behauptung der Wahrheit entsprechen könnte.

Nach der Darstellung des Berufungswerbers habe er versucht, den Polizeibeamten den Vorfall zu erklären und sei über das Verhalten der ESG-Kontrollore äußerst empört gewesen, sodaß er sein Verhalten letztlich mit Provokation zu entschuldigen versuchte. Dieser Auffassung kann sich der unabhängige Verwaltungssenat deshalb nicht anschließen, weil damit möglicherweise das Verhalten gegenüber den Zeugen R und W erklärt werden kann - die Schilderungen des Vorfalles in der Straßenbahn sind weder im Detail übereinstimmend noch schlüssig im Hinblick auf die durchaus glaubwürdig geschilderte Empörung des Berufungswerbers -, jedoch ergab sich auch in der mündlichen Verhandlung kein Anhaltspunkt dafür, warum der Berufungswerber der Aufforderung des Meldungslegers zur Ausweisleistung nicht Folge geleistet hat. Festzuhalten ist weiters, daß sowohl das Vorgehen der beiden Polizeibeamten als auch die Kontrolle in der Straßenbahn mit der anschließenden Datenfeststellung der Rechtslage bzw. den Gepflogenheiten der Linzer Verkehrsbetriebe entspricht; der Vorwurf des Berufungswerbers, er sei aus Rassendiskriminierungsgründen so behandelt worden, entbehrt damit jeder Nachvollziehbarkeit.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß das Verhalten des Berufungswerbers zweifellos den Tatbestand des Art.IX Abs.1 Z.1 EGVG erfüllt, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind für das Urteil, ob ein Verhalten objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen, die guten Sitten maßgebend; es ist zu prüfen, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden. Das Verhalten muß mittelbar oder unmittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand herbeigeführt wird, wie er geordneten Verhältnissen an öffentlichen Orten widerspricht. Ärgernis liegt erst dann vor, wenn eine Handlung bei unbefangenen Menschen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen herbeizuführen geeignet ist. (vgl. VwGH vom 16. April 1984, 84/10/0045).

Unbestritten ist, daß das Verhalten des Berufungswerbers die Aufmerksamkeit einer größeren Menschenmenge auf sich zog, die laut übereinstimmenden Aussagen sämtlicher Zeugen ihren Unmut durch entsprechende Zurufe äußerte. Außer Frage steht, daß das Verhalten der Zeugen R und W zu diesen Unmutsäußerungen beitrug, jedoch bestand nach dem Eingreifen der beiden Polizeibeamten kein Grund mehr für den Berufungswerber, sein Verhalten nicht einzustellen. Zu diesem Zeitpunkt lag auch keine Provokation im Sinne des Berufungsvorbringens mehr vor, die die Ordnungsstörung rechtfertigen oder entschuldigen hätte können, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 26. Februar 1990, 89/10/0215) selbst ein Verhalten, das sich als berechtigte Kritik des Verhaltens eines anderen darstellt, noch nicht die Eignung, öffentlichen Ärgernis zu erregen, verliert.

Der Berufungswerber hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

4.3. Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sind unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sinngemäß anzuwenden, und bei der Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des Art.IX Abs.1 Z.1 reicht bis 3.000 S und gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die von der Erstbehörde verhängte Strafe von 1.000 S deshalb überhöht, weil die Ausschöpfung eines Strafrahmens zu einem Drittel unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht gerechtfertigt ist. Außerdem ist mildernd zu berücksichtigen, daß das Verhalten der Zeugen R und W nicht gerade geeignet war, den Berufungswerber zum Einstellen seines Schreiens und Gestikulierens zu veranlassen, sodaß auch diesbezüglich nicht die gesamte Verantwortung für den Vorfall dem Berufungswerber aufzubürden ist. Erschwerungsgründe waren nicht gegeben. Berücksichtigt wurden außerdem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (ca. 7.000 S netto monatlich, kein Vermögen, sorgepflichtig für die geschiedene Gattin und zwei Kinder), wobei die verhängte Strafe objektiv geeignet ist, ihn in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Der Ausspruch über die Verfahrenskosten stützt sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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