Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230028/2/Gf/Hm

Linz, 27.03.1992

VwSen - 230028/2/Gf/Hm Linz, am 27. März 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 27. Jänner 1992, Zl. Pol/108/1991/Pe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Höhe der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe stattgegeben; im übrigen wird diese abgewiesen und das Straferkenntnis inhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber ist daher schuldig, vom 9. September 1991 bis zum 27. Jänner 1992 die Verwaltungsübertretung des § 2 Abs.3 lit.b i.V.m. § 10 Abs.1 lit.b des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 39/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985, dadurch begangen zu haben, daß er als verantwortlicher Betreiber des Lokales O, die der Wiener Straße zugewandte Hausfront weithin sichtbar mit einer rötlichen Fassade versehen und auf dieser die Aufschrift "Club-D" angebracht sowie die fünf Erdgeschoßfenster mit roten Rolläden dekoriert hat und somit durch die Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes dieses Objektes die Anbahnung der Ausübung von Prostitution öffentlich angekündigt hat; er wird hiefür mit einer Geldstrafe von 6.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden belegt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 600 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 27. Jänner 1992, Zl. Pol/108/1991/Pe, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage) verhängt, weil er seit dem 9. September 1991 dadurch die Prostitution angebahnt oder zumindest anzubahnen versucht hat, daß er die der Wiener Straße zugewandte Hausfront mit einer weithin sichtbaren roten Fassade versehen, in drei Meter Höhe insgesamt drei Lampen, die Tag und Nacht rotes Licht ausstrahlen, angebracht, die im Erdgeschloß liegenden Fenster mit roten Rolläden dekoriert und die gesamte Hausfront Tag und Nacht durch fünf unter dem Dach angebrachte Leuchtbalken, von denen zwei ein orangefarbenes Licht ausstrahlen, beleuchtet hat.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 30. Jänner 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 12. Februar 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es amtsbekannt sei, daß es sich beim Etablissement des Beschwerdeführers um einen Prostituiertenclub handelt und mehrere Animierdamen einen gültigen Ausweis zur Ausübung der Prostitution in diesem Club besitzen. Insbesondere spreche dafür auch das äußere Erscheinungsbild - etwa die rote Fassade, die roten Lampen und die orangefärbigen Leuchtbalken -, in dem sich das Lokal zumindest seit dem 9. September 1991 darstellt. Durch diese jeden Zweifel über die tatsächliche Verwendung des Etablissements ausschließende Erscheinung sei auch für Uneingeweihte klar zu erkennen, daß es sich hiebei um ein Animierlokal handelt. Dies gelte schließlich auch für die verwendete und auf der Hausfassade in großer Schrift angebrachte Bezeichnung "Club-D".

Bei der Strafbemessung seien die vom Beschwerdeführer selbst angegebenen Einkommmens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie der Umstand, daß bei der Beurteilung des Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretung auch der vom Gesetzgeber vorgesehene hohe Strafrahmen in Rechnung zu stellen war, entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß die Beschriftung "Club-D" seit sieben Jahren unverändert an der Hausfront zu sehen sei, was bisher nie zu irgendeiner Beanstandung geführt habe. Der Vorwurf, daß rote Lampen Tag und Nacht eingeschaltet seien, wäre schon deshalb unzutreffend, weil an der Hausfassade keine roten Lampen angebracht sind. Das Haus selbst habe der Beschwerdeführer übrigens nicht rot, sondern deshalb rosa gestrichen, weil ihm diese Farbe gefalle.

Da somit eine strafbare Handlung nicht ersichtlich sei, wird die Aufhebung des angefochteten Straferkenntnisses beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde überdies nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs.3 lit.b des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Druckwerken oder anderen Medien, die Prostitution - d.i. gemäß § 2 Abs.1 OÖPolStG die Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken - anbahnt oder anzubahnen versucht, und ist hiefür gemäß § 10 Abs.1 lit.b OöPolStG mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen.

Eine "öffentliche Ankündigung" im Sinne dieser Strafbestimmung kann - wie sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt - auch in anderer Form als durch die Verbreitung einschlägiger Informationen mittels Druckwerk oder sonstiger Medien erfolgen. Vielmehr soll nach dem Zweck dieser Norm offensichtlich jede Form der öffentlichen Ankündigung der Prostitution unter Strafsanktion gestellt werden. Das daraus resultierende generelle öffentliche Werbeverbot für die Prostitution gerät damit auch weder in Widerspruch zum Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art.10 MRK) noch zu jenem der Erwerbsfreiheit (Art.6 StGG), weil diese Grundrechte jeweils bloß unter Gesetzesvorbehalt gewährleistet sind. Die in Rede stehende Strafbestimmung stellt demnach eine Einschränkung dieser Rechtsgewährleistung dar, wie sie im Sinne des Art.10 Abs.2 MRK in einer demokratischen Gesellschaft insbesondere im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und des Schutzes der Moral unentbehrlich ist. Gegen die von der belangten Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis implizit zugrundegelegte, im dargelegten Sinne ausdehnende Interpretation des § 2 Abs.3 lit.b OÖPolStG bestehen somit auch vom grundrechtlichen Standpunkt keine Bedenken.

Demnach ist es aber dem Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde zu Recht angenommen hat - grundsätzlich verwehrt, seinem Lokal ein Erscheinungsbild zu verleihen, das auf die Ausübung der Prostitution bzw. auf deren Anbahnung in diesem schließen läßt.

4.2. Der Beschwerdeführer ist zwar mit seinem Vorbringen, daß er durch gesetzliche Vorschriften nicht gehindert ist, sein Haus rosarot anzustreichen, grundsätzlich im Recht. Dies gilt jedoch dann nicht (mehr), wenn und soweit zusätzliche Umstände hinzutreten, die insgesamt darauf schließen lassen, daß in diesem Haus die Prostitution ausgeübt oder angebahnt wird. Gerade dies trifft jedoch im vorliegenden Fall zu, weil das Gesamterscheinungsbild so allein schon die rötliche Hausfassade, die roten Rolläden und die Aufschrift "Club-D" (sodaß es ohne Belang ist, ob auch die drei Lampen eine rote oder - wie der Beschwerdeführer anführt und auch aus den im Akt erliegenden Farbfotos eher hervorzugehen scheint - eine neutrale Farbe aufweisen) - in der Öffentlichkeit, d.h. bei einem Durchschnittsbürger, nach der allgemeinen Lebenserfahrung keinen Zweifel offen läßt, daß ein sich wie das verfahrensgegenständliche darstellendes Lokal der öffentlichen Ankündigung der Anbahnung von Prostitution dient.

Auch das nach dem Tatbestand des § 2 Abs.3 lit.b OÖPolStG über diese öffentliche Ankündigung hinausgehende zusätzliche Element der Anbahnung der Prostitution ist im vorliegenden Fall erfüllt, da vom Beschwerdeführer die amtsbekannte Tatsache, daß in diesem Lokal mehrere Animierdamen beschäftigt sind, nicht nur nicht bestritten, sondern in der Beschwerde sogar ausdrücklich einbekannt wird, daß er "für jede Prositutierte, die aufs Zimmer geht, Steuern" bezahlt.

4.3. Wenn die belangte Behörde bei der Strafbemessung die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers dessen eigenen Angaben entsprechend berücksichtigt hat und davon ausgehend, daß angesichts einer Strafdrohung bis zu 200.000 S eine Geldstrafe von 6.000 S als dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Beschwerdeführers angemessen erscheint, so kann ihr vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich darin grundsätzlich nicht entgegengetreten werden, bewegt sich doch die Höhe der verhängten Geldstrafe ohnedies nur im untersten Dreiunddreißigstel des gesetzlichen Strafrahmens. Die von der belangten Behörde in bezug auf das Verhältnis zwischen Unrechtsgehalt und Schuld einerseits und Höhe der gesetzlichen Strafdrohung andererseits angestellten Überlegungen treffen jedoch in gleicher Weise auf die Bemessung der Höhe der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe zu, sodaß diese unter Beachtung der durch § 10 Abs.1 lit.b OÖPolStG vorgegebene Relation gemäß § 16 Abs.2 VStG. mit 30 Stunden festzusetzen war.

4.4. Aus allen diesen Gründen war der vorliegenden Beschwerde bezüglich dieses zuletzt angesprochenen Punktes stattzugeben; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 600 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6