Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230036/10/Gf/Hm

Linz, 09.11.1992

VwSen-230036/10/Gf/Hm Linz, am 9. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter dem Vorsitzenden Dr. Kurt Wegschaider sowie den Berichter Dr. Alfred Grof und Dr. Gustav Schön als Stimmführer über die Berufung der G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Februar 1992, Zl. St-12478/91-B, nach der am 9. November 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 1.500 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Februar 1992, Zl. St-12478/91-B, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 21 Tage) verhängt, weil sie sich in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1991 von 23.50 Uhr bis 00.10 Uhr durch Auf- und Abgehen, Ansprechen von männlichen Passanten und PKW-Lenkern sowie durch Vereinbarung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit einem Kunden in einer Weise verhalten habe, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung zu Erwerbszwecken abgezielt hätte; dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. a des O.ö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 5. Februar 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. Februar 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es infolge der dienstlichen Wahrnehmungen der erhebenden Sicherheitswachebeamten sowie der Aussage des einvernommenen Zeugen als einwandfrei erwiesen anzusehen sei, daß der Zeuge zum Vorfallszeitpunkt mit seinem PKW auf die ihm unbekannte Berufungswerberin und deren Begleiterin - weil er aus ihrem Gehabe schließen konnte, daß es sich bei beiden Frauen um Prostituierte handelte - zugefahren sei und mit diesen aus seinem Kraftfahrzeug heraus die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs zu einem Preis von je 800 S vereinbart habe. Bei der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin sowie zwei einschlägige rechtskräftige Vormerkungen als erschwerend zu berücksichtigen gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sie der Zeuge nur zu einem Lokalbesuch hätte einladen wollen; von der Vereinbarung eines Geschlechtsverkehrs sei hingegen keinesfalls die Rede gewesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. III-St-12478/91 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien die Berufungswerberin sowie Dr. J als Vertreter der belangten Behörde und der Zeuge B erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Zeuge fuhr am 24. November 1991 gegen 23.40 Uhr mit seinem PKW auf den Pfarrplatz in Linz, um nach einer Prostitutierten Ausschau zu halten. Dabei fiel ihm aufgrund ihrer Kleidung und ihres Gehabes auch die Berufungswerberin auf, die mit einer anderen Dame an der Kreuzung zwischen dem Pfarrplatz und der Kollegiumgasse stand. Als er sein Fahrzeug anhielt, kam die Berufungswerberin unaufgefordert auf ihn zu und bot ihm einen Geschlechtsverkehr gegen ein Entgelt von 800 S an. In der Folge fuhr der Zeuge mit der Berufungswerberin zu einem auf der Promenade befindlichen Bankomat, um sich Geld zu besorgen, und dann zum Haus G Nr. , in dem der Geschlechtsverkehr ausgeübt werden sollte. Nachdem der Zeuge sein Fahrzeug anhielt, wurden er und die Berufungswerberin von Sicherheitswacheorganen, die die beiden offensichtlich zwischenzeitlich verfolgt hatten, betreten. Unmittelbar nach der erfolgten Einvernahme fuhr der Zeuge schließlich nach Hause und auch die Berufungswerberin entfernte sich.

Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die glaubwürdige, in sich widerspruchsfreie und schlüssige Aussage des einvernommenen Zeugen; soweit die Berufungswerberin dieser widerspricht, war ihr hingegen schon deshalb kein Glauben zu schenken, weil die Rechtfertigung dahingehend, daß sie der Zeuge lediglich auf ein Getränk einladen wollte, ganz offensichtlich nur eine reine Schutzbehauptung darstellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der Prostitution abzielt.

Unter "Prostitution" ist nach § 2 Abs. 1 OöPolStG die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

4.2. Nach den obigen Sachverhaltsfeststellungen steht fest, daß die Berufungswerberin den Zeugen zum Vorfallszeitpunkt durch ihr animierendes Auf- und Abgehen zunächst auf sich aufmerksam gemacht und ihm sodann die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs gegen ein Entgelt von 800 S angeboten hat; dadurch hat sie offensichtlich tatbestandsmäßig i.S.d. § 2 Abs. 3 lit. a OöPolStG i.V.m. dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gehandelt.

4.3. Indem sie dieses Verhalten jeweils an den Tag legte, obwohl sie um dessen Strafbarkeit schon von früheren gegen sie geführten gleichartigen Verwaltungsstrafverfahren wissen mußte, hat sie vorsätzlich und damit auch schuldhaft gehandelt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit der Berufungswerberin ausgegangen.

4.4.1. Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich aus, diese "berücksichtigt" zu haben. Bei der im Zuge des ordentlichen Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme der Berufungswerberin findet sich hiezu nur der Vermerk: "angebl.: kein Einkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflicht". Bleibt damit aber insgesamt unklar, ob die belangte Behörde nun die Angaben der Berufungswerberin dennoch als glaubwürdig angesehen oder sich letztlich wofür insbesondere das Wort "angeblich" spricht - über diese hinweggesetzt und (zulässigerweise) aus eigenem eingeschätzt hat, so erweist sich die Feststellung, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin berücksichtigt wurden, im Ergebnis bloß als eine Scheinbegründung.

4.4.2. Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt im übrigen keineswegs das Bemühen der belangten Behörde, die Verunzierung des Zentrums des Linzer Stadtgebietes durch das Animationsgehabe von Prostituierten zu unterbinden, und ist mit dieser weiters einer Meinung, daß - (u.a.) auch eine rigorose Anwendung des Verwaltungsstrafrechts ein diesbezüglich zielführendes Mittel darstellen kann. Gleichwohl darf hiebei nicht übersehen werden, daß sich die praktische Umsetzung dieser generellen rechtspolitischen Zielvorgabe im jeweiligen Einzelfall stets nur innerhalb der rechtlich vorgegebenen Grenzen bewegen darf.

4.4.2.1. Eine derartige Beschränkung verkörpert insbesondere die Anordnung des § 19 Abs. 1 VStG, wonach das Ausmaß der Schädigung der durch die Strafdrohung geschützen öffentlichen Interessen die Grundlage der Strafbemessung bildet, sowie § 19 Abs. 2 zweiter Satz VStG, wonach bei dieser auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist. Durch dieses die speziellen Umstände des Einzelfalles als stets besonders berücksichtigungswürdig anzusehende Gebot im Zuge der Festsetzung der Strafhöhe ist sohin die generelle rechtspolitische Intention der Behörde der Bekämpfung des Prostitutionsunwesens mittels rigoroser Handhabung der vom Verwaltungsstrafrecht gebotenen Möglichkeiten schon von vornherein gesetzlich beschränkt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Berufungswerberin zwar - wie oben unter 4.3. festgestellt - vorsätzlich gehandelt hat und ihr somit eine gesteigerte Schuldform vorzuwerfen ist; der O.ö. Verwaltungssenat vermag jedoch die Meinung der belangten Behörde, daß es sich bei der der Berufungswerberin konkret zur Last gelegten Tat - nämlich dem Auf- und Abgehen auf der Straße, dem Ansprechen von Passanten und der Vereinbarung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit einem PKW-Lenker - um eine "schwere" Verwaltungsübertretung handelt, nicht zu teilen: Zum einen ereignete sich der Vorfall zu mitternächtlicher Stunde, sodaß er nur für eine sehr eingeschränkte Öffentlichkeit wahrzunehmen war; zum anderen ist - auch - der Zeuge in der vorgefaßten Absicht, mit ihr einen entgeltlichen Geschlechtsverkehr zu vereinbaren, auf die Berufungswerberin zugekommen, sodaß durch deren Verhalten tatsächlich nicht - wie es aber dem Schutzzweck des § 2 Abs. 3 OöPolStG entsprechen würde - ein Unbeteiligter belästigt, gestört, etc. wurde. Gleiches gilt hinsichtlich des der Berufungswerberin zur Last gelegten Ansprechens von männlichen Passanten, weil ihr insoweit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, daß es sich hiebei um im dargestellten Sinne unbeteiligte Personen gehandelt hat.

4.4.2.2. Eine weitere Schranke ergibt sich daraus, daß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG für die vorliegende Tat als Strafdrohung eine Geldstrafe bis 200.000 S und im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen vorsieht. Damit ist unter Einbeziehung des § 16 Abs. 2 VStG - wonach die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf die in § 12 VStG aufgestellten Kriterien stets nach den allgemeinen Kriterien der Strafbemessung festzusetzen ist - der gesetzgeberische Wille, daß die Behörde für dieses Delikt einerseits zwar eine hohe Geldstrafe verhängen, andererseits aber im Falle einer Zahlungsunfähigkeit den Täter nicht unverhältnismäßig i.S. des Art. 1 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrG), belasten können soll, offenkundig: Die durch den Gesetzgeber im Wege des Art. 2 Abs. 1 Z. 1 PersFrG i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG prinzipiell eröffnete Möglichkeit des Eingriffes in die persönliche Freiheit - eines der höchsten verfassungsmäßig geschützten Rechtsgüter des einzelnen - ist sohin für die Behörde gleichzeitig mit der Bedingung verbunden, die Ersatzfreiheitsstrafe im konkreten Fall jeweils jener Relation entsprechend festzusetzen, die durch das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe vorgegeben ist. Daraus folgt aber, daß es der belangten Behörde selbst in jenen Fällen, in denen nach ihrer Meinung ein Mißverhältnis in der Relation zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe besteht und die Zahlungsunfähigkeit des Täters von vornherein offensichtlich ist, von Gesetzes wegen dennoch nicht zukommt, eine - relativ besehen: zu - hohe Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen, um auf diese Weise denselben spezialpräventiven Effekt wie im Normalfall durch die Verhängung einer hohen Geldstrafe sicherzustellen.

4.4.3. Aus allen diesen Gründen erachtet der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich daher vielmehr die Verhängung einer Geldstrafe von 15.000 S in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen (vgl. hiezu auch VwSen-230095 v. 1.9.1992).

Die Bezahlung dieser Geldstrafe kann der Berufungswerberin - jedenfalls (auf ihren Antrag hin) im Ratenwege (vgl. § 54b Abs. 3 VStG) - nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates auch zugemutet werden; auf die Bestimmung des § 14 Abs. 1 VStG, wonach Geldstrafen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden dürfen, als dadurch der notwendige Unterhalt der Bestraften nicht gefährdet wird, wird hingewiesen.

4.5. Der vorliegenden Berufung war somit im Ergebnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe mit 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation mit 4 Tagen festgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 1.500 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

/ R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e g s c h a i d e r 6

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