Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230082/9/Gf/Hm

Linz, 30.11.1992

VwSen-230082/9/Gf/Hm Linz, am 30. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der K, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Mai 1992, Zl. St-10774/91-B, nach der am 9. November 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Faktums 2 aufgehoben und das Strafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 700 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Mai 1992, Zl. St-10774/91-B, wurde über die Beschwerdeführerin einerseits eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage), weil sie sich durch das Ansprechen von männlichen Gästen und die Vereinbarung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit einem Kunden in einer Weise verhalten habe, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung zu Erwerbszwecken abgezielt hätte (Faktum 1), sowie andererseits eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil sie durch Vornahme eines Hand- und Mundverkehrs mit diesem Kunden die Prostitution ausgeübt habe, ohne sich zuvor sowie in regelmäßigen Abständen einer ärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen (Faktum 2). Dadurch habe die Beschwerdeführerin zum einen eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. a des O.ö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), und zum anderen eine Übertretung des § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes, StGBl.Nr. 152/1945, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 54/1946 (im folgenden: GeschlKrG) i.V.m. § 1 der Verordnung BGBl.Nr. 314/1974 (im folgenden: ProstitutionsVO) begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG bzw. gemäß § 12 Abs. 2 GeschlKrG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 14. Mai 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. Mai 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerin dadurch als erwiesen anzusehen sei, daß der im ordentlichen Ermittlungsverfahren als Zeuge einvernommene Kunde glaubwürdig und schlüssig angegeben habe, daß sie mit ihm einen Hand- und Mundverkehr gegen Entgelt vereinbart sowie auch durchgeführt habe.

Bei der Strafbemessung seien der Unrechtsgehalt der Tat sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin entsprechend berücksichtigt worden; erschwerende oder mildernde Umstände seien nicht hervorgekommen.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß die Aussage des einvernommenen Zeugen schon insofern unglaubwürdig sei, als dieser behauptet habe, mit Sicherheit zu wissen, daß sie die als Trennwand in der Solokabine der Peep-Show fungierende Plexiglasscheibe elektrisch habe hochfahren lassen, während bei der am übernächsten Tag erfolgten polizeilichen Hausdurchsuchung keinerlei darauf hinweisenden Spuren hätten festgestellt werden können. In Wahrheit hätte sie daher die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen überhaupt nicht begangen.

Aus diesem Grund wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. III-St-10774/91-B sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und Dr. Johann Bernberger als Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeugen Thomas H erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Zeuge Thomas H besuchte am Abend des 4. September 1991 die Peep-Show der Fa. F. Er ging dort in die Solokabine Nr. 2 und vereinbarte mit der Beschwerdeführerin zunächst die Ausübung eines Hand- und schließlich eines Oralverkehrs gegen ein Entgelt von insgesamt 550 S. Die Beschwerdeführerin öffnete sodann die als Trennwand zur Kabine fungierende Plexiglasscheibe mittels einer eigens hiefür konstruierten Hebevorrichtung. In der Folge wurden diese sexuellen Handlungen auch tatsächlich in der vereinbarten Art ausgeführt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdige und in sich schlüssige Aussage des einvernommenen Zeugen Thomas. Soweit die Beschwerdeführerin dieser widerspricht, war ihr insbesondere deshalb nicht zu folgen, weil sie keine Widersprüchlichkeiten zwischen der Aussage des Zeugen Thomas H und den Aussagen der die Hausdurchsuchung vorgenommen habenden Zeugen BI Reinhold S und Herbert M aufzuzeigen vermochte. Im besonderen widerspricht es nämlich nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß angesichts einer - wenngleich nicht angekündigten, aufgrund der Umstände (behaupteter Gelddiebstahl von 30.000 S; frühere gleichartige Übertretung des Oö Veranstaltungsgesetzes durch den Arbeitgeber der Beschwerdeführerin) aber offensichtlich - unmittelbar zu erwartenden Hausdurchsuchung sämtliche Hinweise auf eine kleine und nicht aufwendig konstruierte Hebevorrichtung beseitigt werden können, wenn diese tatsächlich erst am übernächsten Tag stattfindet.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat 4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, der auf die Anbahnung der Prostitution abzielt; als ein öffentlicher Ort hat dabei ein solcher zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Kreis von Personen betreten werden kann oder im Rahmen seiner Zweckbestimmung allgemein zugänglich ist. Unter Prostitution ist nach § 2 Abs. 1 OöPolStG die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

Gemäß § 12 Abs. 2 GeschlKrG i.V.m. § 1 ProstitutionsVO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 1.000 S zu bestrafen, der mit seinem Körper gewerbsmäßig Unzucht treibt, ohne sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

4.2.1. Nach den oben unter 3. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kann es nicht zweifelhaft sein, daß sich die Beschwerdeführerin dadurch, daß sie in der PeepShow ihres Arbeitgebers und sohin an einem öffentlichen Ort mit einem Kunden einen Hand- und Oralverkehr gegen Entgelt vereinbart und auch tatsächlich ausgeführt hat, in einer Weise verhielt, die auf die Ausübung der Prostitution abzielte. Sie hat daher insoweit tatbestandsmäßig i.S.d. § 2 Abs. 3 lit. a OöPolStG gehandelt.

Indem sie dieses Verhalten offensichtlich auch mit dem vorgefaßten Willen, dadurch die Prostitution auszuüben, gesetzt hat, liegt vorsätzliches und somit auch - da Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe fehlen schuldhaftes Verhalten der Beschwerdeführerin vor.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit der Beschwerdeführerin ausgegangen.

Wenn die belangte Behörde im Zuge der Strafbemessung von den von ihr im ordentlichen Verfahren ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Beschwerdeführerin ausgehend und angesichts deren gesteigerter Schuldform sowie des Nichtvorliegens von Milderungs- oder Erschwerungsgründen die Verhängung einer ohnedies im unteren Zwanzigstel der gesetzlichen Strafdrohung gelegenen Geldstrafe von 7.000 S in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen gefunden hat, so kann ihr darin vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht entgegengetreten werden.

4.2.2. Eine Bestrafung wegen Übertretung des § 12 Abs. 2 GeschlKrG i.V.m. § 1 ProstitutionsVO setzt voraus, daß der Täter mit seinem Körper gewerbsmäßig Unzucht getrieben hat. Eine sich auch auf dieses Tatbestandsmerkmal beziehende Verfolgungshandlung wurde zwar - wie sich aus der im Akt erliegenden Ladung der Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung vor die belangte Behörde ergibt innerhalb der Verjährungsfrist formell gesetzt; diese war jedoch nicht auch mit einer entsprechend tauglichen Sachverhaltsbezugspunkt verbunden: Wenn der Beschwerdeführerin dort - wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses - nämlich lediglich zur Last gelegt wird, durch die Vornahme eines Hand- und Mundverkehrs mit einem Kunden "am 4.9.1991 zw. 20.05 und 20.10 Uhr ..... gewerbsmäßig Unzucht getrieben" zu haben, ohne ihr auch die weiteren Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit unter gleichzeitiger Angabe entsprechender Sachverhaltsbezugspunkte vorzuhalten, so kann dies nunmehr - da zwischenzeitlich Verfolgungsverjährung eingetreten ist - vom O.ö. Verwaltungssenat von vornherein nicht substituiert werden (vgl. z.B. VwGH v. 9.7. 1992, Zl. 92/10/0004).

Das angefochtene Straferkenntnis war daher insoweit aufzuheben und das Strafverfahren diesbezüglich einzustellen.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugegen, als das angefochtene Straferkenntnis bezüglich des Faktums 2) aufgehoben und das Strafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 700 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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