Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230089/8/Gf/Hm

Linz, 10.09.1992

VwSen-230089/8/Gf/Hm Linz, am 10. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der Elena M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 5. Juni 1992, Zl. Sich96/92/1992/Pi/He, nach der am 10. September 1992 im Beisein der Schriftführerin Martina H durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde und den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 5. Juni 1992, Zl. Sich96/92/1992/Pi/He, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil sie sich - wie am 2. Oktober 1991 festgestellt worden sei - unter der Adresse R, polizeilich angemeldet habe, ohne diese Unterkunft tatsächlich bezogen zu haben; dadurch habe sie eine Übertretung des § 16 Z. 2 des Meldegesetzes 1972 begangen, weshalb sie zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 15. Juni 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 29. Juni 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Beschwerdeführerin dem Meldungsleger vom 2. Oktober 1991 gegenüber zugegeben habe, im Hause Rathausgasse 5 nie gewohnt zu haben und die Anmeldung nur zu dem Zweck erfolgt sei, um vom Magistrat Linz eine Bewohnerparkkarte zu erhalten. Außerdem habe die Beschwerdeführerin dem Meldungsleger keinen Schlüssel für die Wohnung vorweisen können, sondern dieser habe erst vom Bruder des Wohnungseigentümers besorgt werden müssen; dadurch sei aber erwiesen, daß diese Wohnung tatsächlich nicht einmal abwechselnd - wie die Beschwerdeführerin behaupte - von ihr und dem Wohnungseigentümer benutzt worden sei.

Aus diesen Gründen sei unter Berücksichtigung der Anordnungen des § 19 VStG spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß die Begründung der belangten Behörde insofern lediglich eine Scheinbegründung darstelle, als dieser nur die Ausführungen des Meldungslegers, nicht aber auch das entlastende Vorbringen der Beschwerdeführerin selbst zugrundegelegt worden sei. Außerdem sei auf den Bericht der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Oktober 1991 zu verweisen, in dem sogar zugestanden werde, daß die Beschwerdeführerin an der verfahrensgegenständlichen Adresse ab und zu nächtige und lediglich dort keinen Haushalt führe; dagegen, daß auf diese Weise ein zweiter Wohnsitz begründet werde, sei aber aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Weiters würde dem von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahren insofern eine grobe Rechtswidrigkeit anhaften, als diese Beweisanträge der Beschwerdeführerin, insbesondere die Beschaffung von Akten der Staatsanwaltschaft Linz und des Magistrates der Stadt Linz sowie die Einholung einer Auskunft beim Meldeamt, einfach ignoriert hätte. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, daß im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG vorgelegen wären und die belangte Behörde daher von der Verhängung einer Strafe hätte absehen müssen.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. Sich96/92/1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin als Partei sowie der Zeuge RI Mario H erschienen sind.

Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Zeuge hat am 2. Oktober 1991 im Haus R, Nachschau darüber gehalten, ob dieses von der Beschwerdeführerin - die zum damaligen Zeitpunkt unter dieser Adresse gemeldet war - auch tatsächlich bewohnt wird. Er stellte fest, daß dieses Haus damals generalsaniert wurde und lediglich ein Zimmer bewohnbar war. In diesem Zimmer befand sich auch nur eine Schlafstelle und über Befragen des Zeugen wurde ihm die Auskunft erteilt, daß diese abwechselnd vom Bruder des Hauseigentümers und dessen Nichte benützt wird; die Beschwereführerin wohne hier jedoch nicht. Mit diesem Vorhalt konfrontiert gab die Beschwerdeführerin auch unumwunden zu, in Wahrheit in Puchenau zu wohnen und sich unter der Adresse R nur deshalb gemeldet zu haben, um eine Bewohnerparkkarte zu erhalten.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die von der Beschwerdeführerin unbestritten gebliebene Aussage des einvernommenen Zeugen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 16 Z. 2 des Meldegesetzes 1972, BGBl.Nr. 30/1973, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 427/1985 (im folgenden: MeldeG 1972), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, der eine Anmeldung vornimmt, obwohl dieser keine entsprechende Unterkunftnahme zugrundeliegt. Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 1 und 2 MeldeG 1972 ist der jenige, der in einer Wohnung Unterkunft nimmt, zu melden, wenn ihm darin länger als drei Tage entgeltlich oder länger als drei Wochen unentgeltlich - ohne gleichzeitig anderswo gemeldet zu sein - Unterkunft gewährt wird.

Nach § 22 Abs. 1 Z. 2 des am 1. März 1992 in Kraft getretenen Meldegesetzes 1991, BGBl.Nr. 9/1992 (im folgenden: MeldeG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der eine Anmeldung vornimmt, obwohl keine Unterkunftnahme erfolgt ist.

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

4.2. Da - von der Gleichartigkeit der Tatbestände des § 16 Z. 2 MeldeG 1972 einerseits und des § 22 Abs. 1 Z. 2 MeldeG andererseits ausgehend - im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Rechtsfolge (Strafdrohung) die zweitgenannte als die zur Zeit der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses geltende Norm für die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht günstiger ist als das zur Zeit der Tatverwirklichung geltende Recht, hat die belangte Behörde ihrem Straferkenntnis somit im Ergebnis zutreffend die Bestimmung des § 16 Z. 2 MeldeG 1972 zugrundegelegt.

4.3.1. Das vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durchgeführte Beweisverfahren hat zwar ergeben, daß die Beschwerdeführerin am 2. Oktober 1991 unter der Adresse "Rathausgasse 5" in 4020 Linz polizeilich gemeldet war.

4.3.2. Aus der Verwendung der Beifügung "entsprechende" zum Tatbestandsmerkmal der "Unterkunftnahme" in § 16 Z. 2 MeldeG 1972 folgt aber, daß mit dieser Bestimmung nur eine derartige Scheinanmeldung pönalisiert wird, der keine solche Unterkunftnahme, die - wäre sie gegeben ihrerseits die gesetzliche Meldepflicht auslöst, zugrundeliegt. Eine bloße Scheinanmeldung über eine von Gesetzes wegen von vornherein gar nicht meldepflichtige Unterkunftnahme ist daher auch nicht strafbar.

Im Hinblick auf den Zusammenhalt zwischen § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 1 und 2 MeldeG 1972 bedingt dies sohin, daß dem nach § 16 Z. 2 MeldeG 1972 straffällig gewordenen Täter von der Behörde zum Vorwurf gemacht werden muß, daß seiner Anmeldung entweder keine länger als drei Tage oder - bei gleichzeitiger Anmeldung an einem anderen Ort keine länger als drei Wochen währende Unterkunft zugrundelag.

Dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall jedoch verabsäumt, wenn sie der Beschwerdeführerin im angefochtenen Straferkenntnis bloß vorhält, daß die Übertretung, sich unter der Adresse 4020 Linz, Rathausgasse 5, polizeilich angemeldet zu haben, ohne diese Unterkunft auch tatsächlich bezogen zu haben, (nur) "am 2. Oktober 1991 durch Beamte der Bundespolizeidirektion Linz festgestellt" wurde. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist sohin als nicht genügend präzisiert i.S.d. § 44a Z. 1 VStG und der hiezu ergangenen - wenngleich ho. nicht geteilten (vgl. z.B. VwSen-260034 v. 6.8.1992) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH v. 10.6.1992, Zl. 92/04/0055) anzusehen.

Abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall eine dem in der vorangeführten Weise konkretisierten Tatvorwurf entsprechende Verfolgungshandlung gegen die Beschwerdeführerin innerhalb der Verjährungsfrist ohnehin nicht gesetzt wurde, erachtet sich der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aber auch unter dem Aspekt, daß der Beschwerdeführerin ansonsten die Möglichkeit genommen würde, sich auch bereits im Verfahren vor der belangten Behörde im Hinblick auf den konkreten Tatvorwurf ausreichend zu verteidigen, schon grundsätzlich nicht für befugt, einen derartigen wie den aufgezeigten Mangel des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses aus eigenem heraus zu sanieren, weil die Beschwerdeführerin durch die solcherart resultierende faktische Übergehung einer Instanz in ihrem verfassungsgeesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt würde (vgl. z.B. VfGH v. 1.10. 1991, B 976/90; VwSen-200022 v. 18.5. 1992).

4.4. Aus diesen Gründen war daher der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerde führerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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