Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230122/2/Gf/Hm

Linz, 06.10.1992

VwSen - 230122/2/Gf/Hm Linz, am 6. Oktober 1992 DVR.0069264

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. August 1992, Zl. Pol96/255/1991-Fu, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 42 Stunden herabgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 250 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 6. August 1992, Zl. Pol-96/255/1991-Fu, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil er am 17. Juni 1992 gegen 8.15 Uhr seine Schäferhündin im Hof des Hauses, ohne Maulkorb und ohne Leine gehalten habe, sodaß diese eine Person, welche den Hof durch die Verbindungstür von der Galerie "" aus habe betreten wollen, noch im Bereich dieser Türe habe beißen können; dadurch habe er dem Bescheid der Gemeinde vom 12.11.1990, Zl. Vet155/2-1990-Ki, wonach sein Hund außerhalb seiner Wohnung einen Maulkorb zu tragen habe und an der Leine zu führen sei, zuwidergehandelt, sodaß der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 5 Abs.1 des O.ö. Polizeistrafgesetzes i.V.m. dem Bescheid der Gemeinde vom 12.11.1990, Zl. Vet-155/2-1990-Ki, gemäß § 10 Abs.2 lit.b des O.ö. Polizeistrafgesetzes zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 13. August 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. August 1992 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß gemäß § 5 Abs.1 des O.ö. Polizeistrafgesetzes derjenige eine Verwaltungsübertretung begehe, der als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtige oder verwahre, daß dadurch dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die auf Grund der Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstoßen wird, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet. Außerdem könne die Gemeinde, wenn und soweit dies zur Vermeidung von Beeinträchtigungen von Menschen oder Sachen erforderlich ist, allgemein oder im Einzelfall anordnen, daß Hunde außerhalb von Gebäuden und von ausreichend eingefriedeten Grundflächen oder an bestimmten Orten an einer Leine zu führen sind, einen Maulkorb zu tragen haben oder an bestimmten Orten nicht mitgeführt werden dürfen. Von der Gemeinde sei daher mit Bescheid vom 12.1..1990, Zl. Vet-155/2-1990-Ki, angeordnet worden, daß die Schäferhündin des Beschwerdeführers außerhalb der Wohnung einen Maulkorb zu tragen habe und an der Leine zu führen sei. Als "Wohnung" in diesem Sinne würden aber nur alle künstlich geschaffenen oder natürlich entstandenen Räume, die - wenn auch nicht bestimmungsgemäß - zum Wohnen oder Schlafen dienen, gelten. Somit gehöre aber - worauf im angeführten Bescheid ausdrücklich hingewiesen worden sei - ein Hof nicht mehr zu den bewohnbaren Räumlichkeiten. Da vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden sei, daß er seinen Hund ohne Maulkorb und nicht angeleint im Hof seines Hauses gehalten hätte, war dieser sohin zu bestrafen. Bei der Strafbemessung seien der nicht unbeträchtliche Unrechtsgehalt der Tat, das nicht geringfügige Verschulden des Beschwerdeführers sowie dessen Einkommens- , Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden; Milderungsgründe seien nicht hervorgekommen, während drei einschlägige Vormerkungen als straferschwerend zu werten gewesen wären.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß kein Zuwiderhandeln gegen den Bescheid der Gemeinde vorliege, da der Hof, in welchem es zu dem Vorfall gekommen sei, zum Wohnbereich zähle, weil es sich hiebei um einen nur für bestimmte Personengruppen zugänglichen Bereich handle, wobei es bedeutungslos sei, ob die Zugangstür zum Hof versperrt gewesen sei oder nicht. Am 17. Juni 1991 habe in der sogenannten "" ein Töpferkurs stattgefunden, wobei vereinbart worden sei, daß der Kursleiter ab 9.00 Uhr für die Dauer des Kurses den Hof zwecks Wasserentnahme betreten könne. Dieser habe jedoch diesen Bereich bereits kurz nach 8.00 Uhr betreten und sei somit von dem zu diesem Zeitpunkt noch im Hof befindlichen Hund gebissen worden. Es könne daher dem Berufungswerber kein Vorwurf gemacht werden, da einerseits ausdrücklich um Erlaubnis zum Betreten des Hofes angesucht werden mußte und dieser daher nicht damit rechnen konnte, daß jemand außerhalb dieser Zeit unberechtigterweise den Hof betreten würde, und er andererseits den Hund zur fraglichen Zeit überdies seiner Gattin zur Beaufsichtigung übergeben hätte.

Aus diesen Gründen wird beantragt, das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Pol-96/255/1991; im übrigen konnte - da mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltendgemacht wird - von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 des Oö Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), i.V.m. § 10 Abs.2 lit.b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen, der als Halter eines Tieres gegen die auf Grund der Abs. 2 und 3 des § 5 OöPolStG erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstößt. Nach Abs. 2 hat die Gemeinde das Halten von Tieren in einer Wohnung einschließlich deren Nebenräume, wie Keller- und Dachbodenräume, oder sonst in Gebäuden, in einem Garten oder auf anderen Grundflächen unbeschadet der hiefür sonst geltenden Rechtsvorschriften zu untersagen oder bestimmte Anordnungen für das Halten der Tiere zu treffen, wenn ihr bekannt wird, daß durch die Tierhaltung dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden. Gemäß Abs. 3 kann die Gemeinde, wenn und soweit dies zur Vermeidung von Beeinträchtigungen von Menschen oder Sachen erforderlich ist, im Einzelfall anordnen, daß Hunde außerhalb von Gebäuden und von ausreichend eingefriedeten Grundflächen oder an bestimmten Orten an einer Leine geführt werden müssen, einen Maulkorb tragen müssen oder an bestimmten Orten nicht mitgeführt werden dürfen.

Mit Z.1 des Spruches des Bescheides der Gemeinde vom 12.11.1990, Zl. Vet-155/2-1990-Ki, wurde dem Beschwerdeführer vorgeschrieben, daß seine Schäferhündin außerhalb seiner Wohnung ab sofort einen Maulkorb zu tragen hat und an der Leine zu führen ist.

4.2. Aufgrund des festgestellten und vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Sachverhaltes ist somit allein die Rechtsfrage zu klären, ob auch der verfahrensgegenständliche Hof zur "Wohnung" des Beschwerdeführers i.S.d. oben angeführten Bescheides der Gemeinde gehört oder ob dieser nicht vielmehr als ein eigenständiger Bereich außerhalb derselben anzusehen ist; denn nur im letzteren Fall ist ein tatbestandsmäßiges Handeln des Beschwerdeführers - nämlich die Mißachtung des Bescheides der Gemeinde - gegeben.

Der Beschwerdeführer bringt hiezu in seiner Berufungsschrift vor, daß die belangte Behörde davon ausgehe, daß der Hofbereich nicht dem Wohnbereich zuzuordnen sei. Hiezu sei aus seiner Sicht jedoch anzuführen, daß als Wohnbereich jedenfalls ein solcher anzusehen wäre, der bloß einer bestimmten Personengruppe (im vorliegenden Fall nämlich der Familie des Berufungswerbers) vorbehalten sei. Diese Kriterien würden aber für den verfahrensgegenständlichen Hof zutreffen. Daher könne dem Beschwerdeführer auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn jemand, der nicht zu seiner Familie gehört und den Hof ohne Beisein eines Familienmitgliedes durch eine verschlossene - wenngleich unversperrte - Türe betritt, von dem dort befindlichen Hund gebissen wird.

Hingegen wird im Straferkenntnis der belangten Behörde angeführt, daß als "Wohnung" nur alle solchen künstlich geschaffenen oder natürlich entstandenen Räume gelten würden, die - wenn auch nicht bestimmungsgemäß - zum Wohnen oder Schlafen dienen; somit gehöre aber - worauf auch im angefochtenen Straferkenntnis ausdrücklich hingewiesen worden sei - ein Hof nicht mehr zu den bewohnbaren Räumlichkeiten.

Zum Beschwerdevorbringen ist festzustellen, daß gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiger Bescheid der Gemeinde vorliegt, in dem spruchmäßig angeordnet ist, daß der Hund des Beschwerdeführers außerhalb der Wohnung einen Maulkorb zu tragen hat und an der Leine zu führen ist. In der Begründung wird hiezu überdies ausdrücklich angeführt, daß diese Maßnahme auch zum Schutz von Personen dienen soll, "die den Garten und den Hof" des Beschwerdeführers "befugt oder ...... unbefugt betreten". Es kann somit kein Zweifel daran bestehen, daß den Beschwerdeführer nach diesem Bescheid die Verpflichtung trifft, seinen Hund auch im Hof - weil dieser Bereich damit nicht zur Wohnung im Sinne des Bescheidspruches zählt - stets mit einem Maulkorb zu versehen und an der Leine zu führen.

Indem er dies zum Vorfallszeitpunkt aber unterlassen hat, hat er sohin tatsbestandsmäßig i.S.d. § 5 Abs.1 i.V.m. Abs.3 OöPolStG und der Z. 1 des Bescheides der Gemeinde vom 12.11.1990, Zl.Vet-155/2-1990-Ki, gehandelt.

4.3. Da der Beschwerdeführer sohin seinen Hund zum Tatzeitpunkt im Hof seines Hauses nicht den behördlichen Anordnungen entsprechend gehalten hat, obwohl die von der Galerie "" in den Hof führende Tür - wenngleich geschlossen, so doch - unversperrt war und der Beschwerdeführer auch wußte, daß in der Galerie ein Töpferkurs stattfand, sodaß er damit rechnen mußte, daß jederzeit eine der an diesem Kurs teilnehmenden Personen - wenngleich unbefugt - den Hof betreten konnte, hat er jedenfalls fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Dies gilt selbst dann, wenn man der Verantwortung des Beschwerdeführers dahingehend, daß sich der Hund zum fraglichen Zeitpunkt unter der Obhut und Aufsicht seiner Gattin befand, Glauben schenkt, weil er in diesem Fall seine Gattin zumindest darüber hätte aufklären müssen, daß zu dieser Zeit ein Töpferkurs stattfindet und daher entsprechende Vorkehrungen zu treffen seien, daß entweder der Hund mit einem Maulkorb versehen und an der Leine zu halten oder die Hoftür zu versperren sei; daß er seiner Gattin eine dahingehende Anweisung gegeben hätte, wurde aber vom Beschwerdeführer weder bei seiner niederschriftlichen Einvernahme - aus dieser läßt sich allenfalls erschließen, daß er ihr (nur) den Auftrag erteilt hat, den Hund um 8.30 Uhr aus dem Hof zu sperren, um den Kursteilnehmern den gefahrlosen Durchgang zu ermöglichen - noch mit der vorliegenden Beschwerde behauptet.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit des Beschwerdeführers ausgegangen.

4.4. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde zutreffend auf das gravierende Ausmaß der Schädigung gerade derjenigen öffentlichen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient - nämlich der Hintanhaltung der abstrakten Gefährdung von Menschen durch Tiere -, und der nachteiligen Folgen der Tat - nämlich die durch die Bißverletzung bewirkte, 14 Tage andauernde Gesundheitsschädigung des Kursleiters -, welche Aspekte gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Grundlage der Bemessung der Strafe bilden, Bedacht genommen. Als erschwerend mußten gemäß § 19 Abs. 2 VStG zudem drei rechtskräftige Bestrafungen des Beschwerdeführers aus dem Jahr 1991 wegen übertretung des § 5 Abs. 1 OöPolStG gewertet werden. Außerdem wurden die von der belangten Behörde ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers von diesem mit der vorliegenden Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

Hingegen ist der belangten Behörde darin, daß strafmildernde Umstände im Verfahren nicht hervorgekommen seien, nicht zu folgen. Gemäß § 19 Abs. 2 dritter Satz VStG sind bei der Strafbemessung unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Milderungsgründe sind in § 34 StGB jedoch nicht erschöpfend, sondern bloß demonstrativ aufgezählt; über die dort genannten hinaus bildet daher nach allgemein herrschender Auffassung insbesondere auch das Mitverschulden des Opfers einen Milderungsgrund für den Täter (vgl. z.B. G. Kunst in: Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Wien 1986, RN 53 zu § 34). Ein derartiges Mitverschulden des Opfers liegt im gegenständlichen Fall offensichtlich darin, daß der in der Folge vom Hund des Beschwerdeführers gebissene Leiter des Töpferkurses am Vorfallstag bereits um 8.15 Uhr - und damit noch vor dem mit 9.00 Uhr vereinbarten Zeitpunkt - den Hof betreten hat.

Aus diesem Grund findet es daher der O.ö. Verwaltungssenat im Ergebnis in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen, die Geldstrafe mit 2.500 S festzusetzen.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 10 Abs. 2 lit. b OöPolStG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 42 Stunden herabzusetzen war; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 250 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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