Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230129/19/Gf/Hm

Linz, 01.12.1992

VwSen-230129/19/Gf/Hm Linz, am 1. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter der Vorsitzenden Dr. Ilse Klempt sowie den Berichter Dr. Alfred Grof und den Beisitzer Dr. Gustav Schön als Stimmführer über die Berufung der G gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juni 1992, Zl. St-13436/91-B, nach der am 9. November 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 20.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch die Wortfolge ", Ansprechen von männlichen Passanten und PKW-Lenkern," zu entfallen hat.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 2.000 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juni 1992, Zl. St-7191/91-B, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 21 Tage) verhängt, weil sie sich am 15. Dezember 1991 um 20.05 Uhr und am 20. Dezember 1991 um 19.40 Uhr durch Auf- und Abgehen, Ansprechen von männlichen Passanten und PKW-Lenkern sowie durch Vereinbarung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit einem Kunden in einer Weise verhalten habe, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung zu Erwerbszwecken abgezielt hätte; dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. a des O.ö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 22. August 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. September 1992 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es infolge der dienstlichen Wahrnehmungen der erhebenden Sicherheitswachebeamten sowie der Aussage der einvernommenen Zeugen als einwandfrei erwiesen anzusehen sei, daß die Zeugen zum jeweiligen Vorfallszeitpunkt mit ihrem PKW auf die ihnen unbekannte Beschwerdeführerin - weil sie aus deren Gehabe schließen konnten, daß es sich bei ihr um eine Prostituierte handelte - zugefahren und mit dieser aus ihrem Kraftfahrzeug heraus die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs gegen Entgelt zu vereinbaren versucht hätten. Bei der Strafbemessung seien die geschätzten Einkommens-, Ver mögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin sowie zahlreiche einschlägige rechtskräftige Vormerkungen als erschwerend zu berücksichtigen gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß sie am ersten Vorfallstag nur durch den Pfarrplatz durchgegangen sei und niemandem einen Geschlechtsverkehr angeboten hätte. Auch am zweiten Vorfallstag sei sie nur von jemandem auf einen Kaffee eingeladen worden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. III-St-7191/91 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien die Beschwerdeführerin sowie Dr. J als Vertreter der belangten Behörde und der Zeuge Insp. J E erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 15. Dezember 1991 fuhr H (Nat.i.A.; im folgenden: "Kunde") in der Absicht, eine Prostituierte aufzusuchen, in die K. Dabei fiel ihm aufgrund ihrer Kleidung und ihres Gehabes auch die Beschwerdeführe-rin auf, die an der Kreuzung zwischen dem P und der K stand. Als er sein Fahrzeug anhielt, kam die Beschwerdeführerin unaufgefordert auf den Kunden zu und bot ihm einen Geschlechtsverkehr gegen ein Entgelt von 500 S im PKW und von 800 S im Zimmer an. Da dies dem Kunden zu teuer war, entfernte er sich wieder, wurde aber in unmittelbarer Folge vom Zeugen, der diesen Vorfall selbst beobachtet hatte, hiezu befragt.

Am 20. Dezember 1991 fuhr H (Nat.i.A.; in der Folge: "zweiter Kunde") in der Absicht, eine Prostituierte aufzusuchen, auf den P in L. Dabei fiel ihm aufgrund ihrer Kleidung und ihres Gehabes auch die Beschwerdeführerin auf, die nächst dem Haus P stand. Als der zweite Kunde sein Fahrzeug anhielt, kam die Beschwerdeführerin unaufgefordert auf ihn zu, stieg sofort in seinen Wagen ein und bot ihm einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt an. Unmittelbar nach Fahrtantritt wurden die beiden vom einvernommenen Zeugen betreten.

Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die glaubwürdige, in sich widerspruchsfreie und schlüssige Aussage des einvernommenen Zeugen; soweit die Beschwerdeführerin dieser widerspricht, war ihr hingegen schon deshalb kein Glauben zu schenken, weil die Rechtfertigung dahingehend, daß sie am ersten Vorfallstag lediglich auf ihren Freund gewartet habe und am zweiten Vorfallstag der zweite Kunde sie nur auf einen Kaffee einladen wollte, ganz offensichtlich jeweils reine Schutzbehauptungen darstellen und im übrigen schon im Verfahren vor der belangten Behörde widerlegt wurden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der Prostitution abzielt.

Unter "Prostitution" ist nach § 2 Abs. 1 OöPolStG die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

4.2. Nach den obigen Sachverhaltsfeststellungen steht fest, daß die Beschwerdeführerin die Kunden zu den Vorfallszeitpunkten durch ihr animierendes Auf- und Abgehen zunächst auf sich aufmerksam gemacht und ihnen sodann die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs gegen Entgelt angeboten hat; dadurch hat sie offensichtlich tatbestandsmäßig i.S.d. § 2 Abs. 3 lit. a OöPolStG i.V.m. dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gehandelt.

4.3. Indem sie dieses Verhalten jeweils an den Tag legte, obwohl sie um dessen Strafbarkeit schon von früheren gegen sie geführten gleichartigen Verwaltungsstrafverfahren wissen mußte, hat sie vorsätzlich und damit - weil Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe offensichtlich fehlen - auch schuldhaft gehandelt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit der Beschwerdeführerin ausgegangen.

4.4.1. Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich aus, diese "berücksichtigt" zu haben. Bei der im Zuge des ordentlichen Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin findet sich hiezu nur der Vermerk: "angebl.: kein Einkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflicht". Bleibt damit aber insgesamt unklar, ob die belangte Behörde nun die Angaben der Beschwerdeführerin dennoch als glaubwürdig angesehen oder sich letztlich wofür insbesondere das Wort "angeblich" spricht - über diese hinweggesetzt und (zulässigerweise) aus eigenem eingeschätzt hat, so erweist sich die Feststellung, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin berücksichtigt wurden, im Ergebnis bloß als eine Scheinbegründung.

4.4.2. Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt im übrigen keineswegs das Bemühen der belangten Behörde, die Verunzierung des Zentrums des Linzer Stadtgebietes durch das Animationsgehabe von Prostituierten zu unterbinden, und ist mit dieser weiters einer Meinung, daß - (u.a.) auch eine rigorose Anwendung des Verwaltungsstrafrechts ein diesbezüglich zielführendes Mittel darstellen kann. Gleichwohl sind hiebei die rechtlich vorgegebenen Grenzen zu beachten.

4.4.2.1. Eine derartige Beschränkung verkörpert insbesondere die Anordnung des § 19 Abs. 1 VStG, wonach das Ausmaß der Schädigung der durch die Strafdrohung geschützen öffentlichen Interessen die Grundlage der Strafbemessung bildet, sowie § 19 Abs. 2 zweiter Satz VStG, wonach bei dieser auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist. Durch dieses die speziellen Umstände des Einzelfalles als stets besonders berücksichtigungswürdig anzusehende Gebot im Zuge der Festsetzung der Strafhöhe ist sohin die generelle rechtspolitische Intention der Behörde, das Prostitutionsunwesens mittels rigoroser Handhabung der vom Verwaltungsstraf recht gebotenen Möglichkeiten zu bekämpfen, schon von vornherein gesetzlich beschränkt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Beschwerdeführerin zwar - wie oben unter 4.3. festgestellt - vorsätzlich gehandelt hat und ihr somit eine gesteigerte Schuldform vorzuwerfen ist. Andererseits ist aber zu bedenken, daß sich der Vorfall zu abendlicher Stunde ereignete, sodaß er nur für eine sehr eingeschränkte Öffentlichkeit wahrzunehmen war; zum anderen ist - auch - der Zeuge in der vorgefaßten Absicht, mit ihr einen entgeltlichen Geschlechtsverkehr zu vereinbaren, auf die Beschwerdeführerin zugekommen, sodaß durch deren Verhalten tatsächlich nicht - wie es aber dem Schutzzweck des § 2 Abs. 3 OöPolStG entsprechen würde ein Unbeteiligter belästigt, gestört, etc. wurde. Gleiches gilt hinsichtlich des der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Ansprechens von männlichen Passanten, weil ihr insoweit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, daß es sich hiebei um im dargestellten Sinne unbeteiligte Personen gehandelt hat. Als erschwerend war hingegen der Umstand zu werten, daß die Beschwerdeführerin das ihr angelastete Verhalten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten und jeweils unabhängig voneinander gesetzt hat.

4.4.2.2. Eine weitere Schranke ergibt sich daraus, daß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG für die vorliegende Tat als Strafdrohung eine Geldstrafe bis 200.000 S und im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen vorsieht. Damit ist unter Einbeziehung des § 16 Abs. 2 VStG - wonach die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf die in § 12 VStG aufgestellten Kriterien stets nach den allgemeinen Kriterien der Strafbemessung festzusetzen ist - der gesetzgeberische Wille, daß die Behörde für dieses Delikt einerseits zwar eine hohe Geldstrafe verhängen, andererseits aber im Falle einer Zahlungsunfähigkeit den Täter nicht unverhältnismäßig i.S. des Art. 1 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im folgenden: PersFrG), belasten können soll, offenkundig: Die durch den Gesetzgeber im Wege des Art. 2 Abs. 1 Z. 1 PersFrG i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG prinzipiell eröffnete Möglichkeit des Eingriffes in die persönliche Freiheit - eines der höchsten verfassungsmäßig geschützten Rechtsgüter des einzelnen - ist sohin für die Behörde gleichzeitig mit der Bedingung verbunden, die Ersatzfreiheitsstrafe im konkreten Fall jeweils jener Relation entsprechend festzusetzen, die durch das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe vorgegeben ist. Daraus folgt aber, daß es der belangten Behörde selbst in jenen Fällen, in denen nach ihrer Meinung ein Mißverhältnis in der Relation zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe besteht und die Zahlungsunfähigkeit des Täters von vornherein offensichtlich ist, von Gesetzes wegen dennoch nicht zukommt, eine - relativ besehen: zu - hohe Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen, um auf diese Weise denselben spezialpräventiven Effekt wie im Normalfall durch die Verhängung einer hohen Geldstrafe sicherzustellen.

4.4.3. Aus allen diesen Gründen erachtet der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich daher vielmehr die Verhängung einer Geldstrafe von 20.000 S in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen (vgl. hiezu auch VwSen-230095 v. 1.9.1992).

+Die Bezahlung dieser Geldstrafe kann der Beschwerdeführerin - jedenfalls (auf ihren Antrag hin) im Ratenwege (vgl. § 54b Abs. 3 VStG) - nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates auch zugemutet werden; auf die Bestimmung des § 14 Abs. 1 VStG, wonach Geldstrafen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden dürfen, als dadurch der notwendige Unterhalt der Bestraften nicht gefährdet wird, wird hingewiesen.

4.5. Der vorliegenden Beschwerde war somit im Ergebnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe mit 20.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation mit 5 Tagen festgesetzt werden; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in dessen Spruch die Wortfolge ", Ansprechen von männlichen Passanten und PKW-Lenkern," zu entfallen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 2.000 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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