Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230132/21/Gf/Hm

Linz, 01.12.1992

VwSen-230132/21/Gf/Hm Linz, am 1. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des R P, vertreten durch RA Dr. O gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 28. Juli 1992, Zl. Pol96/16/9-1992/Ma/Pü, nach der am 16. November 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 81/2 Stunden herabgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch an die Stelle der Wortfolge "angreifen, von hinten niederstoßen und in den Rücken beißen" nunmehr die Wendung "angreifen und von hinten niederstoßen" tritt.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 50 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 28. Juli 1992, Zl. Pol96/16/9-1992/Ma/Pü, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er am 12. Jänner 1992 seinen Hund derart mangelhaft verwahrt habe, daß dieser um ca. 16.00 Uhr im Gemeindegebiet von P einen Dritten angreifen, von hinten niederstoßen und in den Rücken habe beißen können; dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er gemäß § 10 Abs. 2 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 3. August 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. August 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es aufgrund der im ordentlichen Ermittlungsverfahren abgelegten Zeugenaussagen insgesamt als erwiesen anzusehen sei, daß der Hund des Beschwerdeführers am Vorfallstag im Gemeindegebiet von P unbeaufsichtigt herumgelaufen sei und in der Folge ein Kind angefallen und gebissen habe. Bei der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers entsprechend berücksichtigt worden; strafmildernde bzw. straferschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß sich die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde ausschließ lich auf die - in sich erheblich widersprüchliche - Aussage des ihm überdies nicht wohlgesonnenen Zeugen stütze, während die sonstigen, insbesondere zugunsten des Beschwerdeführers lautenden Beweisergebnisse in keiner Weise berücksichtigt worden seien. Im übrigen hätte die belangte Behörde zu beachten gehabt, daß sich der Hund zum Vorfallszeitpunkt nicht in der Obhut des Beschwerdeführers befunden habe, sondern vielmehr unter der Aufsicht eines mit diesem befreundeten Ehepaares gestanden sei, sodaß ihn nach der hiezu maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am gegenständlichen Vorfall auch kein Verschulden treffe. Außerdem wäre darauf Bedacht zu nehmen gewesen, daß die Eltern des Kindes, denen er den entstandenen Schaden freiwillig ersetzt habe, stets Vorbehalte gegen seinen Hund an den Tag gelegt hätten, weil sie sich durch dessen Bellen gestört fühlen würden. Schließlich seien der belangten Behörde auch wesentliche Verfahrensmangel, insbesondere die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers, unterlaufen.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding zu Zl. Pol96/16/10-1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und der Vertreter seines Rechtsvertreters, Dr. S, sowie die Zeugen J erschienen sind; die belangte Behörde ist entschuldigt, die Zeugen P sind unentschuldigt nicht erschienen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 12. Jänner 1992 hielt sich der minderjjährige P R nach 16.15 Uhr mit seiner Schwester in der Nähe des Wochenendhauses der als Zeugen einvernommenen Ehegatten im Gemeindegebiet von P auf und schickte sich gerade an, über den Zaun eines den Naturfreunden gehörenden und von seinem Vater betreuten Biotops zu klettern, als ihn von hinten der Hund des Beschwerdeführers anfiel und zu Boden stieß. In der Folge hatte sich der Hund in den Anorak des Kindes verbissen und ließ von ihm erst aufgrund von Zurufen und drohenden Gebärden des Zeugen M, der den Vorfall aus etwa 20 bis 30 Meter Entfernung beobachten konnte, ab. Durch diesen Biß entstand am Anorak des Kindes ein Schaden von 1.000 S, den der Beschwerdeführer über eine entsprechende Aufforderung auch beglichen hat.

Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die glaubwürdige, in sich schlüssige und bezüglich der wesentlichen Sachverhaltsaspekte auch widerspruchsfreie Aussage des den gesamten Vorfall unmittelbar beobachtet habenden Zeugen M. Eine Widersprüchlichkeit ergab sich lediglich im Hinblick auf die Tatzeit: Diesbezüglich gab der Zeuge zu, sich nicht mehr genau erinnern zu können sowie, daß auch die anläßlich seiner Einvernahme vor der belangten Behörde angegebenen Zeiten lediglich Zirkawerte darge stellt hätten. In Zusammenhang mit den Zeugenaussagen des einvernommen Ehepaares ergibt sich diesbezüglich, daß sich der Vorfall höchstwahrscheinlich erst nach 16.15 Uhr, aber noch vor Einbruch der Dunkelheit gegen 16.45 Uhr zugetragen haben muß. Wenn der Beschwerdeführer dem entgegenhält, bereits um 16.00 Uhr von der Mutter des Kindes angerufen und von dieser den Vorfall betreffend zur Rede gestellt worden zu sein, so erscheint es nach der allgemeinen Lebenserfahrung insgesamt jedenfalls als wahrscheinlicher, daß sich sowohl die Mutter des Kindes als auch der Beschwerdeführer diesbezüglich in der Zeit geirrt haben - es kann bei diesem Anruf auch bereits nach 16.15 Uhr gewesen sein -, als daß der Zeuge M gemeinsam mit der Familie des Kindes den gesamten Vorfall bloß vorgetäuscht hat und die Schadenszufügung daher tatsächlich nicht auf einen Biß durch den Hund des Beschwerdeführers zurückzuführen wäre.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 lit. b OöPolStG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen, der als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, daß durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Der gegenständliche Vorfall wurde vom Gendarmerieposten P mit Schreiben vom 3. Februar 1992 dem Bezirksanwalt beim Bezirksgericht angezeigt; dieser hat das Verfahren am 17. Februar 1992 gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt. Eine Gerichtsanhängigkeit ist daher im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

4.2. Nach den oben unter 3. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen hat der Hund des Beschwerdeführers am Vorfallstag ein Kind von hinten angefallen, niedergestoßen und mit seinen Zähnen am Boden festgehalten, wodurch auch der Anorak des Kindes beschädigt wurde; der Hund hat vom Kind erst abgelassen, als er von einer zufällig anwesenden anderen Person vertrieben wurde. Daß das Kind durch das geschilderte Verhalten des Hundes des Beschwerdeführers gefährdet war, ist somit evident. Hingegen trifft der mit dem angefochtenen Straferkenntnis auch erhobene Vorwurf, daß das Kind durch den Hund des Beschwerdeführers in den Rücken gebissen wurde, nicht zu.

Wenn der Beschwerdeführer den Hund als dessen Halter im Gemeindegebiet frei umherlaufen ließ, so ist gleichfalls offensichtlich, daß er damit der ihn treffenden gesetzlichen Aufsichts- und Verwahrungspflicht nicht nachgekommen ist.

Darauf, daß es sich bei seinem Hund um ein an sich gutmütiges Tier handle bzw. daß es in ländlichen Gegenden gemeinhin üblich sei, Hunde frei umherlaufen zu lassen, kommt es hingegen mit Blick auf die Frage der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens nicht an; dieser Aspekt kann allenfalls auf der Ebene des Verschuldens bzw. der Strafbemessung eine Bedeutung erlangen (siehe dazu unten, 4.3. und 4.4.).

Im übrigen ist im gegenständlichen Fall auch nicht davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer seinen Hund den als Zeugen einvernommenen benachbarten Ehegatten - abgesehen davon, daß sich diese zum Vorfallszeitpunkt offenkundig gar nicht mehr in ihrem Wochenendhaus befanden, sondern bereits auf der Heimfahrt nach L waren - zur Beaufsichtigung übergeben hat und damit die gesetzliche Aufsichtsund Verwahrungspflicht auf diese übergegangen ist: Nach dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung diesbezüglich Hervorgekommenen stellt sich die Sachlage vielmehr so dar, daß diese Nachbarn den Hund des Beschwerdeführers auf ihrem Anwesen bloß geduldet haben, ohne aber gleichzeitig auch für dessen Verhalten eine rechtliche Verantwortung übernehmen zu wollen oder gar den Hund gleichsam als ihren Besitz zu betrachten; es war vielmehr stets klar, daß der Hund dem jederzeitigen vollen Zugriffsrecht des Beschwerdeführers unterliegt und daher keine Halterverpflichtung übernommen wird.

Aus diesem Grund läßt sich für den Beschwerdeführer auch aus der von ihm mit der vorliegenden Beschwerde angesprochenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nichts gewinnen, weil diese - wie z.B. im Erkenntnis vom 21.9. 1988, Zl. 88/01/0191 deutlich wird - explizit darauf abstellt, daß der Halter die Beaufsichtigung seines Hundes einer anderen Person mit deren Willen übertragen haben muß, damit auch die Rechtspflicht des § 5 Abs. 1 OöPolStG auf diese übergeht.

Nach all dem ist daher das vorliegende, i.S.d. § 5 Abs. 1 OöPolStG tatbestandsmäßige Verhalten dem Beschwerdeführer anzulasten.

4.3. Es mag zutreffen, daß es in ländlichen Gegenden gemeinhin üblich ist, Hunde während des Tages - auch über einen längeren Zeitraum - frei umherlaufen zu lassen; dies ändert jedoch nichts daran, daß den Halter grundsätzlich die unbeschränkte gesetzliche Pflicht trifft, den Hund so zu verwahren, daß dadurch Dritte nicht gefährdet werden. Für den Fall des freien Umherlaufenlassen des Hundes liegt daher aus rechtlicher Sicht jedenfalls das Risiko für den Eintritt der von Gesetzes wegen verpönten Gefährdung Dritter beim Halter. Im gegenständlichen Fall kommt dazu - und dies blieb im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auch vom Beschwerdeführer unbestritten -, daß sein Hund bereits zuvor einmal (möglicherweise bloß in spielerischer Absicht) eine andere Person angegangen (wenn auch nicht verletzt) hat. Davon ausgehend kann aber keine Rede davon sein, daß der Hund des Beschwerdeführers auch ihm fremden Personen gegenüber und damit objektiv als "allgemein gutmütig" anzusehen ist. Dies belegt auch der Umstand, daß die Gemeinde P dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 7. Juli 1992, Zl. Sich-404/5-1992, - also nach dem verfahrensgegenständlichen Vorfall - aufgetragen hat, seinen Hund außerhalb von Gebäuden und ausreichend eingefriedeten Grundstücken an der Leine zu führen oder ihn mit einem Maulkorb zu versehen und der Beschwerdeführer diesen Bescheid unbekämpft ließ.

Davon ausgehend, daß der Beschwerdeführer aufgrund eines früheren gleichartigen Vorfalles sohin damit rechnen mußte, daß jedenfalls nicht auszuschließen ist, daß sein Hund dritte Personen - aus welchen Motiven immer angreift, bedeutet es aber jedenfalls eine auffallende Sorglosigkeit, diesen frei umherlaufen zu lassen. Der Beschwerdeführer hat daher fahrlässig und somit auch weil Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe hiefür offensichtlich nicht vorlagen - schuldhaft gehandelt.

Die belangte Behörde ist sohin im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit des Beschwerdeführers ausgegangen.

4.4. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat sowie die vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt. Darüber hinaus wäre von ihr jedoch zu beachten gewesen, daß es gemäß § 19 Abs. 2 dritter Satz VStG i.V.m. § 34 Z. 14 StGB einen Milderungsgrund bildet, wenn der Täter den entstandenen Schaden gutgemacht hat, sowie daß es gemäß § 34 Z. 11 StGB einen weiteren Milderungsgrund bildet, wenn die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Entschuldigungsgrund nahekommen; dies ist aber zu bejahen, wenn man bedenkt, daß es in ländlichen Gegenden tatsächlich weithin üblich ist, daß man seinen Hund tagsüber auch über einen längeren Zeitraum frei umherlaufen läßt. Dies sowie den Aspekt, daß zwischenzeitlich ein rechtskräftiger Leinen- und Maulkorbzwang für den Hund des Beschwerdeführers besteht, berücksichtigend gelangt daher der Oö. Verwaltungssenat zur Aufassung, daß die Verhängung einer Geldstrafe von 500 S sowohl einerseits in gleicher Weise tatund schuldangemessen als auch andererseits geeignet ist, den Beschwerdeführer von künftigen Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 10 Abs. 2 lit. b OöPolStG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 81/2 Stunden herabgesetzt werden; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in dessen Spruch an die Stelle der Wortfolge "angreifen, von hinten niederstoßen und in den Rücken beißen" nunmehr die Wendung "angreifen und von hinten niederstoßen" tritt.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 50 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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