Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230142/11/Weg/Ri

Linz, 11.06.1993

VwSen - 230142/11/Weg/Ri Linz, am 11. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt über die Berufung des B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, vom 28. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 6. Oktober 1992, St 2372/92, nach der am 14. Mai 1993 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs. 1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs.1 Z1 EGVG eine Geldstrafe von 1.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden) verhängt, weil dieser am 24. April 1992 um 19.45 Uhr bis 20.45 Uhr in L, durch Randalieren, Brüllen, heftiges Gestikulieren mit Armen und Beinen und Anpöbeln und Anstänkern von Passanten und somit durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört hat. Gemäß § 19a Abs.3 VStG wurde von der Erstbehörde die Vorhaft in der Dauer von 1 Stunde 31 Minuten im Ausmaß von 60 S angerechnet. Außerdem wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Kostenbeitrag in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht.

2. Rahmenhandlung dieser dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung war eine Wahlveranstaltung einer damaligen Präsidentschaftskandidatin auf dem Hauptplatz in Dabei kam es zu Störaktionen und in weiterer Folge zur Festnahme von Personen, zu denen auch der Beschuldigte gehörte.

3. Der Berufungswerber bringt vor, die Annahme der belangten Behörde, die sich auf die Ausführungen des Meldungslegers stützen, entsprächen nicht den Tatsachen und es könne nur eine Verwechslung oder ein sonstiger Irrtum vorliegen. Er sei in der Zeit von 19.30 Uhr bis ca. 20.25 Uhr überhaupt nicht auf dem Hauptplatz sondern im Haus H im ersten Stock aufhältig gewesen. Erst in der Folge habe er dieses Haus verlassen und sich an den Ort begeben, der nach Darstellung der Verwaltungsbehörde erster Instanz der Tatort sein sollte. Er habe weder in der Zeit von 20.25 Uhr bis 20.45 Uhr noch zuvor oder danach randaliert, gebrüllt, heftig gestikuliert oder Passanten angepöbelt oder angestänkert. Als Zeugen für dieses Vorbringen machte er die dem Geschehen beigewohnt habenden Studenten D und R geltend. In der mündlichen Verhandlung wird ein weiterer Beweisantrag vorgebracht, nämlich jene zwei Personen zu vernehmen, die die Anwesenheit im Hause H während der Zeit von 19.30 Uhr bis 20.25 Uhr bestätigen könnten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Meldungslegers Rev.Insp. R von der Bundespolizeidirektion Linz, durch Vernehmung von D und R (alle als Zeugen) und durch Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der am 14. Mai 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der ein Vertreter der belangten Behörde (entschuldigt) nicht erschienen ist.

Auf Grund dieser Beweismittel wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Beschuldigte hielt sich während der Wahlveranstaltung im Hause H 1.Stock auf. Er verließ zwar schon zu Beginn der Wahlveranstaltung (es dürfte nach 19 Uhr gewesen sein) diese Räumlichkeit und teilte Postkarten mit dem Aufdruck "Wählen Sie J" aus. Dabei ist es zu keinen Vorkommnissen oder zu Beanstandungen gekommen. In der Folge kehrte er wieder in das Haus H zurück und hißte aus dem Fenster des ersten Stockes eine rote Flagge. Beim Hissen dieser Flagge (dies dürfte kurz nach 20 Uhr gewesen sein) wurde er von einem der Zeugen beobachtet, was die Anwesenheit im Hause H bestätigt. Schon gegen Ende der Wahlveranstaltung begab sich der Beschuldigte wieder an den Ort des Geschehens zurück und beobachtete dabei, wie von den Sicherheitswacheorganen einige - offenbar die Veranstaltung gestört habende - Personen in den Arrestantenwagen verfrachtet wurden. Dabei stand der Beschuldigte außerhalb jener Gruppe, die arretiert werden sollte. Als dann ein neben dem Beschuldigten stehender mit einem Palästinensertuch gekleideter junger Mann, der dem Beschuldigten persönlich unbekannt war, ebenfalls festgenommen wurde, mengte sich der Beschuldigte insofern in die Amtshandlung ein, als er zum Ausdruck brachte, diese Person "hätte überhaupt nichts getan". Dieses Vorbringen und Einmengen in die Amtshandlung geschah nach Aussage des Beschuldigten und nach Aussage der Zeugen W und H in ruhigem Tonfall und keinesfalls brüllenderweise. Die Folge dieser Einmengung in die Amtshandlung war dann die Festnahme des Beschuldigten.

Der als Zeuge vernommene Meldungsleger konnte sich an den Vorfall dem Grunde nach nicht mehr erinnern. Er weiß nur noch von seinem Einsatz an diesem Tage und hatte noch in Erinnerung, daß einige Personen festgenommen wurden. Er konnte - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - weder anführen, welche Worte der Berufungswerber angeblich verwendet hat, noch konnte er sonst zweckdienliche Hinweise darauf geben, daß ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet war, gesetzt wurde. Die Festnahme sei mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu Recht erfolgt, er könne es jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausschließen, daß eine Verwechslung vorgelegen ist. Über Vorhalt des doch sehr langen Zeitraumes der Ordnungsstörung von über einer Stunde führte der Meldungsleger aus, diese Zeit bezöge sich auf die tumultartigen Szenen bei dieser Veranstaltung im allgemeinen. Daß während dieses gesamten Zeitraumes auch der Beschuldigte das ihm angelastete Verhalten gesetzt hätte, konnte vom Meldungsleger nicht bezeugt werden.

Für das erkennende Mitglied des O.ö. Verwaltungssenates steht auf Grund der vorgenommenen Beweisaufnahme nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit fest, daß der Beschuldigte zwischen 19.45 Uhr und 20.45 Uhr das ihm angelastete Verhalten gesetzt hat.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten nachgewiesene Tat nicht erwiesen werden kann.

Wie oben ausgeführt, kann dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, während des Zeitraumes zwischen 19.45 Uhr und 20.45 Uhr im Bereich des H durch Randalieren, Brüllen, heftiges Gestikulieren mit Armen und Beinen und Anpöbeln und Anstänkern von Passanten und somit durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet war, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört zu haben.

Dem ergänzenden Beweisantrag auf Vernehmung jener Zeugen, die die Anwesenheit des Beschuldigten während eines Großteiles der Tatzeit im Hause H bestätigen könnten, konnte somit entfallen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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