Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230151/4/Bi/Shn

Linz, 26.05.1993

VwSen - 230151/4/Bi/Shn Linz, am 26. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des F, vom 27. November 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. November 1992, Sich96/140/1992/Oe/He, zu Recht:

I: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II: Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm den §§ 24, 51, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z3 VStG, Art.IX Abs.1 Z1 EGVG; zu II: § 66 VStG. Entscheidungsgründe Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 19. November 1992, Sich96/140/1992/Oe/He, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß Art.IX Abs.1 Z1 EGVG eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er am 1. März 1992 um 8.15 Uhr in O, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört hat und sein Verhalten objektiv geeignet war, Ärgernis zu erregen, indem er zum oben angeführten Zeitpunkt im Pub "B" in Ottensheim Herrn E ein Getränk in das Gesicht schüttete und dadurch andere Lokalgäste belästigt wurden. Weiters wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe sich auf die Aussage seines Vaters konzentriert, die Aussagen aller anderen Zeugen aber unberücksichtigt gelassen. Keiner dieser Zeugen habe wahrgenommen, daß er Herrn E ein Getränk in das Gesicht geschüttet habe, wobei auch die dämmrige Beleuchtung das Geschehnis am Tisch nicht klar nachvollziehbar machen lasse, weshalb er im Zweifelsfall als unschuldig zu gelten habe. Herr E sei aufgesprungen und habe gegen ihn handgreiflich werden wollen, weshalb er ebenfalls vom Tisch aufsprang und ihm das Getränk ins Gesicht schüttete. Er habe dies in Abwehr eines unmittelbar drohenden Angriffs des Robert E getan und berufe sich auf § 6 VStG. Da er in Notwehr bzw. unverschuldeter Putativnotwehr gehandelt habe, sei sein Verhalten auch nicht geeignet, Ärgernis zu erregen, weil Notwehrmaßnahmen von unbefangenen Menschen nicht als unerlaubt oder unschädlich empfunden werden. Dies gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch für eine unverschuldete Notwehrüberschreitung. Eine Ordnungsstörung könne ihm daher nicht vorgeworfen werden. In eventu bemängle er die Strafhöhe, da sein Verschulden jedenfalls geringfügig und die Folgen unbedeutend waren, sodaß auch mit dem Ausspruch einer Ermahnung vorgegangen hätte werden können. Im übrigen beantrage er die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und gänzliche Behebung des Straferkenntnisses, in eventu Reduzierung der Geldstrafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Dabei fällt auf, daß dem Berufungswerber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, die mit der Übertretung am 1. März 1992 begonnen und demnach am 1. September 1992 geendet hat, lediglich zur Last gelegt wurde, er habe zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, und sein Verhalten sei objektiv geeignet gewesen, Ärgernis zu erregen, indem er Herrn E ein Getränk in das Gesicht schüttete.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 25. November 1991, 91/10/0207) ist das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung nur dann verwirklicht, wenn das Verhalten einer Person von anderen Personen als den unmittelbar Betroffenen wahrgenommen werden konnten. Dieses Element der Straftat ist ebenso wie die Tatsache, daß diese Personen daran Ärgernis genommen haben, im Spruch anzuführen.

Der Spruch des Straferkenntnisses entspricht zwar dieser Judikatur, jedoch wurde nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist im Hinblick auf das Tatbestandselement, daß durch den Vorfall auch andere Lokalgäste belästigt wurden, eine unzulässige Sprucherweiterung vorgenommen. Abgesehen davon, daß dieser Umstand die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung im Sinne des Berufungsbegehrens gerechtfertigt hätte, hätte die Erstinstanz dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal bereits in die Strafverfügung vom 29. Juni 1992 oder in die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. August 1992 aufnehmen müssen. Daß in der Begründung des Straferkenntnisses erwähnt wird, daß auch Frau M im Verlauf des Streites mit Wein beschüttet wurde, woraus sich schlüssig ergebe, daß auch andere Lokalgäste durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers belästigt wurden, spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung zwar für eine tatsächliche Belästigung unbeteiligter Personen, reicht aber für die konkrete Tatumschreibung im Sinne der Bestimmungen des § 44a Z1 VStG nicht aus.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Der Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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