Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230157/13/Gf/Hm

Linz, 17.03.1993

VwSen-230157/13/Gf/Hm Linz, am 17. März 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der Margarethe P, gegen Punkt 1. des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Ried vom 6. November 1992, Zl. Pol96-368-1992, nach der am 8. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 8.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt werden; im übrigen wird diese abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch anstelle der Wendung "im Haus T Räumlichkeiten" nunmehr "in ihrem Haus in T Räumlichkeiten" zu heißen hat.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 850 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 6. November 1992, Zl. Pol-368-1992, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil sie in ihrem Haus in T Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt habe, ohne dies rechtzeitig dem zuständigen Gemeindeamt angezeigt zu haben; dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. d iVm § 2 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG) begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs. 1 lit. b PolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 18. November 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Tatbestand jener der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als einwandfrei erwiesen anzusehen sei, sodaß demnach feststehe, daß die Berufungswerberin die beabsichtigte Nutzung ihres Hauses für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nicht der Gemeinde angezeigt habe.

Bei der Strafbemessung seien - da eine Stellungnahme der Berufungswerberin im ordentlichen Ermittlungsverfahren unterblieben sei - deren Einkommensverhältnisse zu schätzen (monatliches Nettoeinkommen: 15.000 S) und entsprechend zu berücksichtigen gewesen, während Milderungs- oder Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen wären.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sich in ihrem Haus mehr als eine Wohnung befänden und daher allenfalls nur eine Bestrafung nach § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG, nicht aber - wie mit dem angefochtenen Straferkenntnis - eine Bestrafung nach § 2 abs. 3 lit. d OöPolStG hätte erfolgen dürfen.

Aus diesem Grund wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Pol96-368-1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien die Berufungswerberin und der Vertreter ihres Rechtsvertreters, Dr. J als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen Gerhard P (Ehegatte der Berufungswerberin), RI H und BI F (beide GPK Ried) erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Berufungswerberin ist Eigentümerin des Hauses T Nr. . Zum Tatzeitpunkt hatte sie dessen Räumlichkeiten an ein Ehepaar sowie an zwei weitere Damen vermietet, wobei diese Personen jeweils einen Raum zur eigenen Verwendung hatten und die übrigen Räumlichkeiten - Küche im Obergeschoß, Anrichte, Bad und gleichzeitig als Stehbar eingerichtetes Wohnzimmer im Erdgeschoß zur gemeinschaftlichen Nutzung dienten. Beim seitlich zur Straße gelegenen Eingang des Hauses, an dem sich lediglich eine (gemeinschaftliche) Klingel befand, war ein blaues Licht angebracht. Die im ersten Stock straßenseitig gelegenen Fenster waren rot beleuchtet und außerdem war an dieser Hausfront eine Lichterlaufkette in Herzform angebracht. Die Beleuchtungen wurden vom Ehegatten der Berufungswerberin angebracht. Zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die beiden als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten befanden sich zwei leichtbekleidete Damen im Haus.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Berufungswerberin und der einvernommenen Zeugen. Soweit die Berufungswerberin und deren Ehegatte hingegen den Eindruck zu vermitteln versuchten, von der Einrichtung eines Etablissements im Haus T, in dem auch die Prostitution ausgeübt wird, nichts gewußt zu haben, war ihnen als ansonsten aufgrund der gegebenen äußeren Umstände der allgemeinen Lebenserfahrung gänzlich widersprechend nicht zu folgen: So ist es kaum vorstellbar, daß sich ein Vermieter - noch dazu, wenn dies seine einzige Einnahmequelle darstellt einerseits nicht dafür interessiert, was in seinem Haus vorgeht, er sich aber andererseits bei der Behörde nach den Modalitäten für die Errichtung eines Privatclubs erkundigt und zudem weiß, daß sich an seinem Haus entsprechende Beleuchtungsvorrichtungen befinden und in diesem eine offensichtlich nicht bloß der Benützung durch die Mieter dienende Stehbar eingerichtet ist; in gleicher Weise kann es bestenfalls eine Schutzbehauptung darstellen, wenn der Ehegatte der Berufungswerberin vorbringt, das blaue Licht beim Eingang, jene Vorrichtung (Vorhänge oder Klebefolien), die die Fenster im ersten Stock als rot beleuchtet aussehen ließ und die herzförmige Lichterlaufkette habe er nur zu Verschönerungszwecken angebracht.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d iVm § 2 Abs. 1 OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist dieser nach § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung stellt und dies - soweit es nicht nach § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG verboten ist - nicht mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution der Gemeinde anzeigt.

Nach § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oderwer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet; eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Insgesamt folgt daraus, daß die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution in den in § 2 Abs. 3 lit c erster Satz OöPolStG genannten Räumlichkeiten jedenfalls verboten ist; hinsichtlich der Ausübung oder Anbahnung in sonstigen Gebäuden, Wohnungen oder Räumlichkeiten gemäß § 2 Abs. 3 lit. c zweiter Satz OöPolStG oder gemäß § 2 Abs. 1 OöPolStG besteht hingegen eine Anzeigepflicht, deren Verletzung nach § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG unter Strafsanktion gestellt ist.

4.2. Nach den aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kann es nicht zweifelhaft sein - darauf deuten schon die Beleuchtungsvorrichtungen (siehe hiezu auch VwSen-230156 vom heutigen Tag), die Stehbar und die von den Sicherheitsorganen bei ihrer Kontrolle angetroffenen leichtbekleideten Damen unmißverständlich hin -, daß die Berufungswerberin beabsichtigte, ihr Haus für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zu nutzen. Die Berufungswerberin hätte daher diese Nutzung der Gemeinde gemäß § 2 Abs. 1 OöPolStG anzeigen müssen.

Wenn § 2 OöPolStG zwischen "Gebäude", "Wohnung" und "Räumlichkeit" differenziert, dann geht daraus hervor, daß unter "Wohnung" iS dieser Gesetzesbestimmung ein in sich abgeschlossener und den Bedürfnissen seines Inhabers gerecht werdende Einrichtungen enthaltender Komplex zu verstehen ist. Einzelne von der Berufungswerberin an verschiedene Personen vermietete Räumlichkeiten sind daher nicht als eine jeweils selbständige Wohnung zu begreifen, wenn diese Räumlichkeiten - wie im vorliegenden Fall - nur als Schlafgelegenheiten für die Mieter dienen, das Wohnzimmer, die Küche und das Bad jedoch zur gemeinschaftlichen Nutzung freisteht. Vielmehr ist in diesem Fall das Haus der Berufungswerberin nur insgesamt als "Wohnung" iSd § 2 OöPolStG zu qualifizieren, sodaß ihr Einwand, die belangte Behörde hätte richtigerweise die Bestimmung des § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG heranzuziehen gehabt - von der dem OÖ. Verwaltungssenat zudem gegebenen Möglichkeit einer entsprechenden Spruchkorrektur, weil es sich insoweit lediglich um eine Frage der rechtlichen Qualifikation handelt, abgesehen - ins Leere geht.

Der in § 2 Abs. 1 OöPolStG festgelegten Anzeigepflicht hat die Berufungswerberin - allseits unbestritten - tatsächlich nicht entsprochen. Indem sie dies unterlassen hat, obwohl - bzw.: gerade weil - ihr von der Behörde auf ihre Erkundigung hin bedeutet worden war, daß die Errichtung eines entsprechenden Etablissements nicht zulässig ist, hat sie auch vorsätzlich und damit schuldhaft im Sinne des Tatvorwurfes gehandelt.

4.3. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde unzutreffend die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin nicht als strafmildernd berücksichtigt. Hinsichtlich ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse war von einem monatlichen Nettoeinkommen von 6.000 S, vom Eigentum an einem Haus und einem Kraftfahrzeug sowie von der Sorgepflicht für ihren Ehegatten und ein minderjähriges Kind auszugehen. Auf dieser Grundlage kam der Oö. Verwaltungssenat daher zur Auffassung, daß im vorliegenden Fall die Verhängung einer Geldstrafe von 8.500 S in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen anzusehen ist. Die Bezahlung dieser Geldstrafe kann der Berufungswerberin - allenfalls im Ratenwege (vgl. § 54b Abs. 3 VStG) - auch zugemutet werden.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 8.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG vorgegebenen Relation auf 2 Tage herabgesetzt werden; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in dessen Spruch anstelle der Wendung "im Haus Tumeltsham 29 Räumlichkeiten" nunmehr "in ihrem Haus in Tumeltsham Nr. 29 Räumlichkeiten" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 850 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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