Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230158/2/Gf/Hm

Linz, 20.04.1993

VwSen-230158/2/Gf/Hm Linz, am 20. April 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der M gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 30. November 1992, Zl. Pol-692-1991-Kü, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde in Höhe von 200 S und zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 400 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 30. November 1992, Zl. Pol-692/1991-Kü, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil sie als Vermieterin davon gewußt und es auch zugelassen habe, daß in ihrem Haus V in der Gemeinde Neumarkt i.H. ua. in der Nacht vom 6. zum 7. November 1991 von mehreren Damen die Prostitution angebahnt wurde, obwohl die Anbahnung und Ausübung der Prostitution in diesem Haus durch Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Neumarkt i.H. verboten worden sei; dadurch habe sie vorsätzlich anderen Personen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, weshalb die Berufungswerberin gemäß § 7 VStG iVm § 2 Abs. 3 lit. e und § 10 Abs. 1 des Oö.

Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 2. Dezember 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Berufungswerberin das verfahrensgegenständliche Haus am 18. März 1991 ersteigert und den Mieter wegen Eigenbedarf unverzüglich zu kündigen versucht habe; da der Mieter aber wegen zwischenzeitlich getätigter Investitionen nicht nur auf den Fortbestand des Mietverhältnisses, sondern auch auf einer Reduktion des Mietzinses bestanden habe, habe die Berufungswerberin in der Folge diesen Forderungen zugestimmt und keine weiteren Schritte mehr gegen den Mieter unternommen, obwohl ihr aus Gesprächen mit der Voreigentümerin bekannt gewesen wäre, daß in diesem Haus die Prostitution ausgeübt wird.

Da sich die Berufungswerberin sohin - wie insbesondere die mehr als fünfzigprozentige Reduktion des Mietzinses zeige - nicht ernsthaft bemüht habe, das Mietverhältnis zu beenden, sei sie wegen Beihilfe zur Prostitution zu bestrafen gewesen.

Bei der Strafbemessung seien der Unrechtsgehalt der Tat und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin entsprechend sowie deren bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd berücksichtigt worden, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sie sich sowohl bei ihrem damaligen Rechtsanwalt als auch bei der Vorsteherin jenes Gerichtes, bei dem sie das verfahrensgegenständliche Haus ersteigert hat, über die Möglichkeiten der Auflösung des bestehenden Mietverhältnisses, an der sie selbst sehr interessiert gewesen sei, erkundigt hätte; dabei sei ihr jeweils bedeutet worden, daß sie nur schwer etwas unternehmen könne, weil das Mietobjekt nach der bestehenden vertraglichen Vereinbarung vom Mieter ja "zu jedem Zweck" verwendet werden dürfe. Die Reduzierung des Mietzinses sei zwar ein Fehler gewesen; im Sinne des Tatvorwurfes fühle sie sich aber dennoch nicht schuldig. Im übrigen betrage ihr monatliches Nettoeinkommen nicht - wie von der belangten Behörde geschätzt - 15.000 S, sondern nur 10.000 S.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. Pol-692/1991; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und die Parteien des Verfahrens im übrigen auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben, konnte von deren Durchführung gemäß § 51e Abs. 3 VStG abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. e OöPolStG iVm § 7 VStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist dieser nach § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der es vorsätzlich einem anderen erleichtert, einer durch Verordnung der Gemeinde festgelegten Untersagung der Nutzung eines Gebäudes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zuwiderzuhandeln.

4.2. Daß im verfahrensgegenständlichen Haus zum mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Tatzeitpunkt die Prostitution angebahnt wurde, obwohl dies durch Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Neumarkt i.H. vom 31. Oktober 1990 verboten war, ist amtsbekannt (vgl. z.B. VwSen-230040 v. 29. Mai 1992 und VwSen-230166 v. 8. April 1993) und wird auch von der Berufungswerberin nicht bestritten.

Indem die Berufungswerberin im Wissen darum als zivilrechtliche Eigentümerin dennoch keine wirksamen Vorkehrungen - insbesondere zur Auflösung des bestehenden Mietverhältnisses - getroffen hat, um die Übertretung dieses Verbotes hintanzuhalten, hat sie es sohin ihrem Mieter vorsätzlich erleichtert, die in Rede stehende Verwaltungsübertretung zu begehen.

Wenn die Berufungswerberin dagegen vorbringt, daß sie zwei voneinander unabhängige Fachleute konsultiert habe und ihr von diesen jeweils bedeutet worden sei, daß eine Auflösung des Mietverhältnisses nur schwer durchgesetzt werden könne, so erscheint es im Hinblick auf die eine zentrale Vorschrift des Vertragsrechts bildende Bestimmung des § 879 Abs. 1 ABGB, wonach jede Vereinbarung, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, nichtig ist, als äußerst unglaubwürdig, daß ein Rechtsanwalt bzw. die Vorsteherin eines Bezirksgerichtes die Auskunft erteilt, daß ein Mietverhältnis nicht gekündigt werden kann, wenn das Mietobjekt einer expliziten behördlichen Anordnung widersprechend zur Anbahnung der Prostitution verwendet wird. Davon abgesehen wäre die Berufungswerberin aber selbst in diesem Fall verwaltungsstrafrechtlich nicht entschuldigt, weil eine unrichtige Rechtsauskunft gemäß § 5 Abs. 2 VStG von vornherein nur dann zur Straflosigkeit führen kann, wenn diese von der zuständigen Behörde erteilt wurde (vgl. z.B. 13. Juni 1975, Zl. 1796/74), was im gegenständlichen Fall - wo allein der Bezirkshauptmann von Grieskirchen (und nicht der Rechtsanwalt der Berufungswerberin bzw. die Vorsteherin des Bezirksgerichtes Grieskirchen) die zuständige Behörde gewesen wäre - jedoch nicht vorlag.

Die Berufungswerberin hat daher tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt.

4.3. Hinsichtlich der Strafbemessung kann der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht finden, daß die belangte Behörde rechtswidrig vorgegangen wäre, wenn diese eine Geldstrafe verhängt hat, die ohnedies im untersten Hundertstel des gesetzlichen Strafrahmens liegt. Selbst wenn das monatliche Nettoeinkommen der Berufungswerberin lediglich 10.000 S (anstelle wie von der belangten Behörde angenommen - 15.000 S) beträgt, ist dieser Umstand angesichts des nicht unerheblichen Unrechtsgehaltes der Tat in Verbindung mit spezialpräventiven Aspekten im vorliegenden Fall dennoch nicht geeignet, eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nach sich zu ziehen.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 200 S, sowie ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 400 S, sohin insgesamt in Höhe von 600 S, vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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