Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230188/5/Schi/Bk

Linz, 05.10.1993

VwSen - 230188/5/Schi/Bk Linz, am 5. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt; Berichter: Dr. Christian Schieferer; Beisitzer und Stimmführer: Dr. Johann Fragner) über die Berufung der Frau H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. Februar 1993, Pol-803/1993, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem OÖ. Spielapparategesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG): " § 13 Abs.1 Z4 iVm § 5 Abs.1 OÖ. Spielapparategesetz" zu lauten hat, insofern Folge gegeben, als die in den drei Fällen verhängten Geldstrafen auf je 5.000 S, insgesamt sohin auf 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 2 Tage, zusammen sohin 6 Tage, herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51 idF BGBl.Nr. 866/1992 iVm §§ 24, 16, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52 idF BGBl.Nr 867/1992.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf (zusammengezählt) 1.500 S; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlagen: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1 Mit Straferkenntnis vom 19.2.1993 der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu Zl. Pol-803/1993/Wim, wurde die Rechtsmittelwerberin schuldig erkannt, daß sie als Inhaberin der Videothek "Moviestar" in M, am 19.2.1993 um 14.00 Uhr in dieser Betriebsstätte folgende Spielapparate, und zwar ein Videospielgerät Seriennummer 38176, Spielprogramm "Trash Rally"; ein Videospielgerät Seriennummer 29196, Spielprogramm "Jumping" und ein Videospielgerät Seriennummer 33475, Spielprogramm "Klax", aufgestellt gehabt und betrieben hat, somit in drei Fällen bewilligungspflichtige Videospielapparate iSd OÖ. Spielapparategesetzes jeweils ohne entsprechende Spielapparatebewilligung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land betrieben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 13 iVm § 5 Abs.1 OÖ. Spielapparategesetz 1992 begangen hat. Gemäß § 13 Abs.2 OÖ. Spielapparategesetz 1992 wurde jeweils eine Strafe in Höhe von 15.000 S (insgesamt daher 45.000 S) verhängt sowie eine Freiheitsstrafe von jeweils 10 Tagen (insgesamt 30 Tage) ausgesprochen. Außerdem wurde die Rechtsmittelwerberin verpflichtet, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens jeweils 1.500 S, insgesamt daher 4.500 S zu bezahlen.

1.2. Die Rechtsmittelwerberin hat das Straferkenntnis persönlich am 19.2.1993 übernommen; durch ihren Rechtsvertreter hat sie gegen das Straferkenntnis die Berufung vom 1.3.1993 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land rechtzeitig eingebracht.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß das strafbare Verhalten der Beschuldigten durch ihr Geständnis und das Beweisergebnis erwiesen sei. Bei der Bemessung der Strafe sei innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes auf § 19 VStG Bedacht genommen worden, wobei mildernd das Geständnis der Beschuldigten und straferschwerend kein Umstand gewertet wurde.

2.2. Die Berufung bekämpft das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach; als Berufungsgründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht; es wird der Berufungsantrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Ausführung ihrer Berufung macht die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen geltend, daß zufolge eines Beschlusses der OÖ. Landesregierung vom 21.12.1992, wonach Kontrollen nach dem OÖ. Spielapparategesetz in jenen Betrieben, für welche zum Stichtag 1.1.1993 Anträge auf Erteilung einer Spielapparatebewilligung eingebracht wurden für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab jeweiliger Antragstellung, nicht vorzunehmen sind und daher zu unterbleiben haben, wodurch eine Art faktische Übergangsfrist geschaffen wurde, weshalb weder ein rechtswidriges noch ein schuldhaftes Verhalten vorläge.

2.3. Die belangte Behörde hat die Berufung gegen das Straferkenntnis sowie den Strafakt vorgelegt und weder eine Berufungsvorentscheidung erlassen noch eine Gegenschrift erstattet.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Pol-803/1993/Wim, Einsicht genommen. Da die Entscheidung wesentlicher Tatsachen unstrittig ist und die Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung rügt bzw ausführt, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist nach der Geschäftsverteilung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich die 5. Kammer zur Entscheidung zuständig.

3.2. Aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen ergibt sich demnach folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Die Berufungswerberin hat als Inhaberin der Videothek "M" in M mit Schreiben vom 29.12.1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land die Erteilung einer Spielapparatebewilligung gemäß den §§ 5 und 6 des OÖ. Spielapparategesetzes hinsichtlich folgender Spielapparate eingebracht: 1. Videospielgerät SNr. 38176, Spielprogramm: Tetres; 2. Videospielgerät SNr. 29196, Spielprogramm: Fun World Quiz; 3. Videospielgerät SNr. 33475, Spielprogramm: Monster Lair; 4. Videospielgerät SNr. 807071, Spielprogramm: Simpson und 5. Videospielgerät SNr. 80708, Spielprogramm: Super Mario; (sowie die hier nicht relevanten Spielapparate: ein Dart und ein Flipper).

Aufgrund dieses Antrages hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 19.2.1993 an Ort und Stelle eine mündliche Bewilligungsverhandlung durchgeführt. Dabei wurde ua festgestellt, daß das Lokal praktisch in einen vorderen Bereich und in einen rechts hinten gelegenen Nebenraum, erreichbar nur durch einen Türauslaß, unterteilt ist. In diesem nicht dauernd überwachbaren Nebenraum sind ein nicht beantragter Billardtisch sowie ein Flippergerät mit der Bezeichnung Police Force 573 aufgestellt. Im hinteren Bereich des Lokales stehen derzeit ein nicht beantragter Tischfußballapparat, sowie drei von fünf beantragten Videospielgeräten. Die Spielprogramme dieser Geräte entsprechen nicht dem Bewilligungsantrag vom 29.12.1992 und weichen von diesem praktisch zur Gänze ab, so daß lediglich im Falle des Dartgerätes und des Flippergerätes von einer ordnungsgemäßen Antragsstellung und Bewilligungsfähigkeit bei Aufstellung im vorderen überwachbaren Lokalraum gesprochen werden kann. Bei den drei aufgestellten Videospielgeräten wurden anstatt der beantragten folgende Spielprogramme festgestellt: a) SNr. 38176 Trash Rally anstatt Tetres b) SNr. 29196 Jumping anstatt Fun World Quiz c) SNr. 33475 Klax anstatt Monster Lair.

In einem entsprechenden Aktenvermerk hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land festgestellt, daß die unter a) bis c) aufgestellten Videospielgeräte betrieben werden, ohne daß für diese drei Geräte bei der BH-Wels-Land bis dato ein Bewilligungsantrag gestellt wurde, weshalb der Verdacht der Übertretung nach § 13 Abs.1 Z4 OÖ. Spielapparategesetz in drei Fällen bestehe. In der anläßlich dieser Verhandlung aufgenommenen Niederschrift vom 19.2.1993, Zl. Pol/420/1993/Wim, gab die Berufungswerberin ua an, daß sie hinsichtlich der Videospielgeräte mit den Seriennummern 38176, 29196, 33475 den Antrag auf Bewilligung zurückzieht, da die in diesen Geräten laut Aktenvermerk verwendeten Spielprogramme nicht den Platinen laut Antrag entsprechen. Diese drei Videospielapparate, welche heute außer Betrieb genommen wurden, werde sie bis spätestens 22.2.1993 aus der Betriebsstätte entfernen und nicht weiter betreiben.

Da die Berufungswerberin im übrigen ein Geständnis hinsichtlich der mit den angeführten Spielprogrammen verwendeten Spielapparate abgelegt hat, wurde im Anschluß daran eine Strafverhandlungsschrift aufgenommen und das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 13 Abs.1 Z4 OÖ. Spielapparategesetz, LGBl.Nr. 55/1992 idF des Landesgesetzes LGBl.Nr. 68/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer bewilligungspflichtige Spielapparate ohne Spielapparatebewilligung aufstellt und betreibt (§ 5 Abs.1). Gemäß § 5 Abs.1 OÖ. Spielapparategesetz ist, sofern kein Verbot nach diesem Landesgesetz besteht, das Aufstellen und der Betrieb von Spielapparaten nur mit Bewilligung durch die Behörde zulässig (Spielapparatebewilligung).

4.2. Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, daß die angeführten Videospielgeräte am 19.2.1993 in der Videothek M aufgestellt und betrieben wurden, ohne daß eine behördliche Spielapparatebewilligung nach dem OÖ. Spielapparategesetz erteilt worden wäre.

Das Merkmal des Betriebes der Spielapparate kann nicht zweifelhaft sein. Denn unter Betrieb bzw Betreiben iSd OÖ. Spielapparategesetzes kann nichts anderes verstanden werden, als nach § 52 Abs.1 Z5 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl.Nr. 620/1989 idF BGBl.Nr. 344/1991: Wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (veranstaltet) oder zugänglich macht (Inhaber). Nach der Regierungsvorlage zum GSpG heißt "betreiben" einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben. Der Betrieb eines Geldspielautomaten ist demnach ein Tun, das darauf abzielt, anderen das Glücksspiel mit dem Geldspielapparat zu ermöglichen.

Für das Betreiben eines Geldspielapparates im rechtstechnischen Sinne genügt daher dessen "betriebsbereite" Aufstellung an einem Ort, der den Glücksspielinteressenten Gelegenheit zur Betätigung des Spielapparates gibt. Daß ein solcher Betrieb im gegenständlichen Fall vorlag, wird von der Rechtsmittelwerberin auch nicht bestritten.

4.3. Die Berufung stützt sich nun - in Ausführung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung auf einen Beschluß, den die OÖ. Landesregierung in ihrer Sitzung vom 21.12.1992 betreffend Vollziehung des OÖ. Spielapparategesetzes einstimmig gefaßt hat; dieser Beschluß wurde mit Erlaß des Amtes der OÖ. Landesregierung vom 22.12.1992, Pol-70000/144-1992 Stö/Ho, den Vollzugsbehörden mit folgendem Wortlaut zur Kenntnis gebracht:

" Kontrollen iSd einschlägigen Bestimmungen des OÖ. Spielapparategesetzes sind in jenen Betrieben, für welche zum Stichtag 1.1.1993 Anträge auf Erteilung einer Spielapparatenbewilligung bei der zuständigen Erstbehörde eingebracht sind für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab jeweiliger Antragstellung, nicht vorzunehmen und haben daher zu unterbleiben. Dabei geht die Landesregierung davon aus, daß für Geldspielapparate iSd Gesetzes keine Bewilligungsanträge gestellt worden sind. Anträge auf Ausstellung eines technisch-psychologischen Gutachtens beim Amt der OÖ. Landesregierung sind den Anträgen auf Erteilung einer Spielapparatebewilligung bei Erstbehörden gleichzuhalten." 4.4. Aus diesem Beschluß der Landesregierung folgert die Rechtsmittelwerberin, daß damit eine Art faktische Übergangsfrist geschaffen worden wäre, da aus Gründen, die nicht beim jeweiligen Antragsteller gelegen seien, die Bewilligungsanträge nicht erledigt werden hätten können. Es sollte verhindert werden, daß einerseits der jeweilige Antragsteller innerhalb gesetzlich gebührender Frist keine bescheidgemäße Erledigung zu seinem Bewilligungsantrag bekommt. Weiters weist die Berufung darauf hin, daß die Rechtsmittelwerberin mit 29.12.1992 einen entsprechenden Bewilligungsantrag eingebracht habe, wobei jene Videospiele, die als Spielprogramme installiert wurden, beim Amt der OÖ. Landesregierung im Sinne eines Antrages einer Spielapparatebewilligung verfahrensgegenständlich gewesen sind. Sowohl das vorgefundene Videospiel "Trash Rally" als auch das Videospiel "Jumping" und das Videospiel "Klax" waren Gegenstand eines Antrages auf Aufstellung eines technisch-psychologischen Gutachtens beim Amt der OÖ. Landesregierung, wobei zu allen drei Spielen zwischenzeitig positive psychologische Gutachten vorlägen. Die Berufungswerberin habe somit alle Voraussetzungen im angeführten Beschluß der Landesregierung eingehalten, sodaß ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten ihrerseits nicht vorliege.

4.5. Wie bereits oben unter Punkt 3.2. ausgeführt, hat die Rechtsmittelwerberin am 29.12.1992 einen entsprechenden Bewilligungsantrag eingebracht; allerdings hat sich anlässlich der Bewilligungsverhandlung am 19.2.1993 herausgestellt, daß bei den drei aufgestellten Videospielgeräten anstatt der beantragten Spielprogramme (Tetres, Fun World Quiz und Monster Lair) die Videogeräte mit den Spielprogrammen Trash Rally, Jumping und Klax ausgerüstet waren. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Bewilligungsbehörde hat deshalb festgestellt, daß die Videospielgeräte mit den angeführten Spielprogrammen ohne Bewilligung betrieben werden bzw daß für die Videospielgeräte mit diesen Spielprogrammen kein Antrag iSd Beschlusses der OÖ. Landesregierung zum Stichtag 1.1.1993 eingebracht war, (sodaß die Rechtswohltat des angeführten Beschlusses der OÖ. Landesregierung im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen konnte und das angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde).

4.6. Insofern nun aber die Berufung darauf verweist, daß für die tatsächlich vorgefundenen Videospiele: Trash Rally, Jumping und Klax, Anträge hinsichtlich dieser Videospiele auf Ausstellung eines technisch psychologischen Gutachtens beim Amt der OÖ. Landesregierung anhängig gewesen sind (siehe die im Akt befindlichen Gutachten vom 9. und 16. November 1992 und 11. Dezember 1992, in denen die Unbedenklichkeit der Videospiele Trash Rally, Jumping und Klax festgestellt wurde) und daher die Rechtswohltat des letzten Absatzes des Beschlusses der OÖ. Landesregierung vom 21.12.1992 zum Tragen kommen müßte, so kann dem kein - voller - Erfolg beschieden sein: Denn bei diesem Beschluß der OÖ. Landesregierung handelt es sich um einen Erlaß an die Unterbehörden, sohin um keine Verordnung im Sinne des B-VG, sondern um eine Weisung iSd Art.20 Abs.1 B-VG (vgl Walter-Mayer, Grundriß des Österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Aufl., RZ 594). Die vorliegende Weisung erging mit Schreiben der OÖ. Landesregierung vom 22.12.1992 an die politischen Behörden I. Instanz; eine Bindung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich an diese Weisung ist daher schon von verfassungs wegen ausgeschlossen (Art.129a und Art.129b Abs.2 B-VG).

Auch eine Umdeutung des Beschlusses der Landesregierung als Verordnung kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen: aus Art.89 Abs.2 und Art.139 Abs.3 lit.c B-VG ergibt sich, daß Verordnungen kundzumachen sind. Auch die herrschende Lehre und Judikatur (VfSlg 102,4546, 7725) haben eine Kundmachungspflicht stets angenommen; bestehen diesbezügliche einfachgesetzliche Regelungen, so sind diese einzuhalten; fehlt es an solchen, so hat die Kundmachung in einer solchen Art zu erfolgen, daß die Adressaten von der Verordnung Kenntnis erlangen können (vgl VfSlg 7949, 10952). Im gegenständlichen Fall ist dieser Erlaß lediglich den politischen Behörden erster Instanz "bekanntgegeben" worden. Es liegt sohin eine Kundmachung nicht vor; nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind aber nicht gesetzmäßig kundgemachte Verordnungen nicht als Rechtsverordnungen anzusehen (vgl zB VwSlg NF 7088 A, 9292 A); nicht gehörig kundgemachte Verordnungen sind daher von den Gerichten und auch vom VwGH nicht anzuwenden (Art.89 Abs.1 B-Vg; VwSlg NF 9283 A). Es ist wohl unzweifelhaft, daß die unabhängigen Verwaltungssenate nicht gehörig kundgemachte Verordnungen ebenfalls nicht anzuwenden haben (im Gegensatz zu Verwaltungsbehörden, die nach der sogenannten Gehorsamsthese solche Akte - sofern sie wenigsten behördenintern kundgemacht werden - als Verwaltungsverordnungen zu beachten haben (Walter-Mayer, aaO RZ 603).

4.7. Im übrigen ist noch auf folgendes hinzuweisen: Selbst wenn man dem angeführten Beschluß der OÖ. Landesregierung die Qualität einer Rechtsverordnung zumessen würde, so könnte dies im Ergebnis nichts ändern. Denn seinem Inhalt nach zielt dieser Beschluß darauf ab, das OÖ. Spielapparategesetz - zumindest für den Zeitraum von sechs Monaten - zu ändern. Das heißt, es würde sich um eine gesetzändernde Verordnung handeln. Eine Verordnung aber, die die rechtliche Kraft hat, ein Gesetz (in formellem Sinn) abzuändern, benötigt hiefür eine verfassungsrechtliche Grundlage (Walter-Mayer, aaO, RZ 601). Eine solche vefassungsrechtliche Grundlage fehlt aber im gegenständlichen Fall, sodaß dem Beschluß der Landesregierung keinesfalls eine gesetzändernde Kraft zukommen konnte; ganz abgesehen davon, daß schon überhaupt kein Rechtsunterworfener einen subjektiven Anspruch auf Nichtbestrafung daraus ableiten hätte können.

Als Ergebnis ist sohin festzuhalten, daß dem Beschluß keine über eine Weisung an die Unterbehörden hinausgehende rechtliche Qualität zukommen konnte.

4.8. Im Sinne der Konkretisierungsgebote (§ 44a Z2 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG) mußte der im Spruch des Straferkenntnisses zitierte § 13 OÖ. Spielapparategesetz der aus mehreren Absätzen und Ziffern besteht entsprechend der begangenen Verwaltungsübertretung durch Anführung des "Abs.1 Z4" ergänzt werden.

5.1. Der Strafbehörde obliegt es, auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzustellen. Dazu gehört stets die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. Tatsächlich hat die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat nicht bewertet. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß die hier anzuwendende Strafdrohung dem Schutz folgender Interessen dient: Schutz des öffentlichen Interesses an der Lenkung der Spielleidenschaft in geordnete Bahnen durch Einführung einer Bewilligungspflicht für alle Spielapparate, außer den von vornherein verbotenen Geldspielapparaten und aggressionsfördernden Spielapparaten; Einhaltung von strengen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Spielapparatebewilligung; verbesserte Kontrollmöglichkeiten durch das Anbringen einer Plakette und das Erfordernis einer Seriennummer für jeden Spielapparat und die verwendeten Spielprogramme sowie strengere Sanktionen gegen Übertretungen (vgl Beilage 131/1992 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ. Landtages, XXIV. GP).

Diese Interessen hält der unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsfall für verletzt; sonst nachteilige Folgen aus der Tat sind nicht bekannt geworden.

5.3. Auch hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens gibt das angefochtene Straferkenntnis keine Auskunft.

5.3.1. Grundsätzlich ist gemäß § 5 Abs.1 VStG hinsichtlich des Verschuldens anzumerken, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwiderhandelt, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

5.3.2. Im gegenständlichen Fall kann eine Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift schon aus logischen Gründen nicht zum Tragen kommen, da aus den Ausführungen der Berufung hervorgeht, daß der Rechtsmittelwerberin sehrwohl die Bestimmungen des OÖ. Spielapparategesetzes und auch des erwähnten Erlasses, der - wie oben ausgeführt - unter bestimmten Voraussetzungen eine vorübergehende Nichtanwendung von gesetzlichen Bestimmungen herbeiführen sollte, gekannt hat. Da aus den im Akt einliegenden psychologischen Gutachten eindeutig hervorgeht, daß die in Rede stehenden Videospiele für Kinder bzw Jugendliche unbedenklich sind, ist weder eine Gefahr noch ein Schaden eingetreten. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH wiederholt ausgeprochen (zB VwSlg 9710 A und VwGH 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wurde folglich dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Dies muß im gegenständlichen Fall bejaht werden. Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindestmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Täters sogar ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, die die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

5.3.3. Das OÖ. Spielapparategesetz LGBl.Nr. 55/1992 wurde am 31.8.1992 ausgegeben und versendet und ist somit zufolge seines § 14 mit 1. September 1992 in Kraft getreten. Zum Zeitpunkt der Tat war daher das OÖ. Spielapparategesetz bereits beinahe ein halbes Jahr in Kraft. Weiters kam der Rechtsmittelwerberin die Übergangsbestimmung des § 14 Abs.2 OÖ. Spielapparategesetz zugute, wonach Spielapparate, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes aufgrund einer Bewilligung nach den OÖ. Veranstaltungsgesetz betrieben werden, aufgrund der bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes geltenden Bestimmungen im Rahmen der im Bewilligungsbescheid getroffenen Bestimmungen und Auflagen bis zum Ablauf einer allfälligen Befristung, längstens jedoch bis 31. Dezember 1992 weiter aufgestellt bleiben und betrieben werden dürfen. Die Rechtsmittelwerberin hätte sohin entweder dafür sorgen müssen, daß ab 1.1.1993 die gegenständlichen Spielapparate nicht (mehr) in Betrieb sind, solange eine behördliche Bewilligung dafür (noch) nicht erteilt wurde. Dazu kommt noch, daß die Rechtsmittelwerberin - wie schon oben verschiedentlich ausgeführt - in ihrem Ansuchen vom 29.12.1992 nicht die tatsächlich vorgefundenen Videospielprogramme Trash Rally, Jumping und Klax, sondern andere, beantragt hat. Aus diesem Grund mußte hier jedenfalls Fahrlässigkeit angenommen werden. Denn gemäß § 6 Abs.1 StGB handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht läßt, zu der er nach den Umständen und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

5.4. § 13 Abs.2 OÖ. Spielapparategesetz sieht einen Strafrahmen von mindestens 10.000 S bis zu höchstens 100.000 S vor; da im Akt nirgends die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin ersichtlich waren, wurden diese vom unabhängigen Verwaltungssenat selbst erhoben; nach Angaben der Berufungswerberin beläuft sich ihr monatliches Nettoeinkommen auf 10.000 S; sie verfügt über kein Vermögen, hat keine Sorgepflichten, jedoch betrieblich verursachte Verbindlichkeiten in Höhe von 500.000 S. Obwohl schon die Strafbehörde das Geständnis der Beschuldigten als mildernd gewertet hat, war schon bei diesen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen eine entsprechende Reduzierung der Geldstrafe in Aussicht zu nehmen. Im vorliegendem Fall lag jedoch zweifellos der besondere Milderungsgrund des § 34 Z11 StGB vor, weil die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen. Im vorliegenden Fall stellt es sicherlich eine große Härte dar, wenn die Berufungswerberin entsprechend dem Beschluß der Landesregierung vom 21.12.1992 - noch rechtzeitig einen Antrag (zwar mit falschen Videospielen) gestellt hat, jedenfalls aber hinsichtlich der in Rede stehenden Videospiele: Trash Rally, Jumping und Klax; ein Antrag auf Ausstellung eines technisch-psychologischen Gutachtens gestellt wurde und auch positiv beschieden wurde, was nach dem angeführten Beschluß der Landesregierung einem Antrag auf Erteilung einer Spielapparatebewilligung gleichzuhalten ist; die Rechtsmittelwerberin vertraute verständlicherweise auf diese Vorgaben, sodaß dieses Verhalten einem Schuldausschließungs- bzw Rechtfertigungsgrund nahekommt. Für einen derartigen Fall hält der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Anwendung der außerordentlichen Milderung der Strafe nach § 20 VStG für gerechtfertigt. Danach kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte Jugendlicher ist. Es war daher die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 10.000 S in allen drei Fällen auf jeweils 5.000 S herabzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war deswegen herabzusetzen, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun gemilderten Geldstrafe zu wahren.

zu II: Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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