Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230192/14/Gf/Hm

Linz, 18.05.1993

VwSen-230192/14/Gf/Hm Linz, am 18. Mai 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner und den Berichter Dr. Grof sowie den Beisitzer Dr. Schön über die Berufung des R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 27. Jänner 1993, Zl. Pol/265/1992/Wim, nach der am heutigen Tage durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 27. Jänner 1993, Zl. Pol/265/1992/Wim, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil er als Stellvertreter der Geschäftsführerin eines Lokales Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt habe, obwohl sich in diesem Gebäude mehr als eine Wohnung befunden habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 18. Februar 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Februar 1993 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung infolge der übereinstimmenden Angaben der eingeschrittenen Sicherheitswachebeamten und des zeugenschaftlich einvernommen Kunden als erwiesen anzusehen sei. Bei der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen: 8.000 S; kein Vermögen; keine Sorgepflichten) entsprechend berücksichtigt worden, während Milderungs- und Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, im Lokal seiner Mutter lediglich als Kellner zu arbeiten und keinesfalls als deren Stellvertreter zu fungieren. Seine Mutter sei übrigens wegen des gleichen Vorfalles bestraft worden und habe diese Strafe auch akzeptiert. Außerdem sei die über ihn verhängte Strafe wesentlich überhöht und seine bisherige Unbescholtenheit nicht berücksichtigt worden.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu Zl. Pol/265/1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Partei der Berufungswerber und der Vertreter seines Rechtsvertreters, Dr. H, sowie die Zeugen E (die Mutter des Berufungswerbers), Insp. E und M erschienen sind; auf die Einvernahme der letztgenannten Zeugin wurde, da diese kaum Deutsch spricht und der von ihr zu bezeugende Vorgang ohnehin bereits hinreichend klargestellt erschien, mit Einverständnis des Berufungswerbers verzichtet.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Berufungswerber ist im Lokal "O Bar" in 4020 Linz, das von seiner Mutter als Geschäftsführerin geleitet wird, seit Mitte des Jahres 1992 als Kellner angestellt. Seine Aufgabe besteht in erster Linie darin, Bestellungen entgegenzunehmen, Getränke zu servieren und das Entgelt einzuheben. Außerdem befinden sich in diesem Lokal auch drei Separees; zu diesen gewährt den Gästen auch der Berufungswerber auf deren entsprechenden Wunsch hin den Zutritt. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 23. November 1990, Zl. Pol20842/11-1990-Zö/Ru/Wö, wurde ua. auch der Berufungswerber als Stellvertreter der Geschäftsführerin genehmigt.

Am 16. September 1992 führte ua. die Zeugin Insp. E über Auftrag der Bundespolizeidirektion Linz gegen 1.00 Uhr eine Lokalkontrolle durch. Hiebei wurde festgestellt, daß sich die Angestellte J mit einem Gast in einem Separee befand und mit diesem dort den Geschlechtsverkehr ausübte. Wegen dieses Vorfalles wurde vom Bezirkshauptmann von Wels-Land über die Mutter des Berufungswerbers eine Strafe wegen Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG verhängt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen des Berufungswerbers und der einvernommenen Zeugen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet. Unter Prostitution ist gemäß § 2 Abs. 1 OöPolStG die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu verstehen.

4.2. Weder mit dem angefochtenen Straferkenntnis noch mit einem sonstigen, als Verfolgungshandlung zu qualifizierenden behördlichen Akt wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß die im Zuge der Lokalkontrolle bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs betretenen Personen hiefür ein Entgelt bedungen hätten. Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG, wie dies seine Ausprägung durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat (vgl. zB VwSlg 11069 A/1983 uva). Im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung war das angefochtene Straferkenntnis daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ganz abgesehen davon, daß die Geschäftsführereigenschaft des Berufungswerbers und damit dessen verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ohnehin nicht erwiesen werden konnte: Wird abgesehen davon, daß das Oö. Veranstaltungsgesetz derartiges ohnedies nur für juristische Personen (um eine solche geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht) vorzusehen scheint - jemand bloß zum Stellvertreter des Geschäftsführers nach dieser Rechtsvorschrift bestellt, so kommt dies nämlich keineswegs auch gleichzeitig einer Bestellung zum veranwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG gleich; solange eine Bestellung im letztgenannten Sinn aber de facto nicht erfolgt, ist eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des bloßen Stellvertreters vielmehr nur dann gegeben, wenn dieser tatsächlich im Namen des von ihm vertretenen Geschäftsführers außenwirksam gehandelt hat. Letzteres trifft jedoch im konkret vorliegenden Fall, wo es schon - selbst wenn man das tatsächliche Bestehen eines Vertretungsverhältnisses im Innenbereich annimmt - jeglicher Offenlegung desselben gegenüber einem Dritten (dem Gast) ermangelte, offenkundig nicht zu.

4.3. Aus diesen Gründen war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner 6

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