Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230182/8/Br/Gr

Linz, 02.06.1993

VwSen - 230182/8/Br/Gr Linz, am 2. juni 1993

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. März 1993, Zl.: III-St. 169/93 - W, nach der am 2. Juni 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 900 S und die Ersatzfrei- heitsstrafe auf 100 Stunden ermäßigt wird; die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 90 S.

Rechtsgrundlage:

Art. XI Abs.1 Z.1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, BGBl.Nr.50 - EGVG, § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51/1991 - AVG iVm § 19 § 24, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.52/1991 - VStG II. Für das Berufungsverfahren wird ein Kostenbeitrag nicht auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 20. März 1993 über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung nach Art. IX Abs.1 Z 1 EGVG eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt, weil er am 20. März 1993 um 01.08 Uhr in 4020 Linz, Hofgasse 12, vor dem Lokal "Correto" durch ein Verhalten das Ärgernis zu erregen geeignet gewesen ist und solches auch erregt habe, die Ordnung an einen öffentlichen Ort gestört habe, nämlich durch lautstarkes Schreien der Worte "scheiß Polizisten, scheiß Bürgermeister Dobusch, scheiß Polizeidirektor Stark, sowie der Anfügung der Worte "heil Hitler".

Der Berufungswerber wurde nach der Festnahme gemäß § 35 Abs.3 VStG und § 177 Abs.1 iVm § 175 Abs.1 Z1 StPO am 20. März 1993 um 01.10 Uhr bis 20. März 1993 um 09.40 Uhr in Haft angehalten. Diesbezüglich wurden für die erlittene Haft von 8 Stunden 30 Minuten auf die verhängte Geldstrafe 75 S angerechnet.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus, daß die Übertretung durch die Anzeige und das Geständnis des Berufungswerbers erwiesen sei.

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht inhaltlich folgende Berufung eingebracht: "Ich erhebe Einspruch gegen meine Festnahme, meine Anhaltung in Haft, meine erkennungsdienstliche Behandlung in Haft und gegen die Strafgeldbuße von S 1.500,--. Es ist nicht recht aus meiner Person mit 45 Jahren einen "amtsbekannten Säufer" und "Nazi" zu konstruieren." 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Entscheidung vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Gemäß § 51e Abs.1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

3.1. Zumal die gleichzeitig mit dieser Berufung eingebrachte, unter einem Formmangel leidende, Maßnahmenbeschwerde, im Zuge dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung zurückgezogen wurde, ist über dieses gesondert zu führen gewesene Verfahren nicht mehr abzusprechen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis geführt durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten. Die Vernehmung der als Zeugen geladen gewesenen Polizeibeamten war infolge des vom Berufungswerber abgelegten umfassenden Geständnisses nicht mehr erforderlich.

5. Aufgrund des Ergebnisses dieses Beweisverfahrens steht fest, daß der Berufungswerber am 20. März 1993 um 01.08 Uhr, die ihm laut Spruch des Straferkenntnisses der Erstbehörde angelasteten Äußerungen getätigt hat. Diese Äußerung war hinsichtlich der Örtlichkeit der Begehung geeignet die Ordnung an einem öffentlichen Ort zu stören und hat diese auch tatsächlich eine solche Störung bewirkt. Der Berufungswerber war zum Zeitpunkt der Begehung dieser Ordnungsstörung erheblich alkoholisiert.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich neben der Anzeige, insbesondere auf das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Berufungswerber abgelegten Geständnis. Darin macht der Berufungswerber deutlich, daß er wegen der Feier eines von ihm erzielten beruflichen Erfolges bereits seit mehr als zwölf Stunden getrunken hatte. Zu den ihm zur Last gelegten Äußerungen habe er sich durch die Anwesenheit von etwa 15 Polizeibeamten, welche gerade zwei Personen arabischer Nationalität beamtshandelten bzw. perlustrierten hinreißen lassen. Der Berufungswerber räumt auch ein, daß diese Äußerungen provozierend gewirkt und auch Aufmerksamkeit im Umkreis erregt haben mögen. Letztlich habe er sich durch den Menschenauflauf ermutigt gefühlt, die Äußerung "eil Hitler oder "heil Itler", nicht jedoch "heil Hitler" gesagt zu haben.

6.Hiezu hat der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

6.1. Gemäß Art IX Abs.1 Z.1 EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Ort stört.

Das oben umschriebene Verhalten erfolgte an einem öffentlichen Ort und war hinsichtlich seiner Intensität so gestaltet, daß hiedurch jenes Ausmaß der tatbestandsmäßigen, negativen Auswirkung, nämlich, jener ungeschriebenen Regel die für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben der Menschen anzusehen ist, bei weitem überstiegen hat. Einem gedeihlichen Zusammenleben der Menschen ist ein derartiges Verhalten, nämlich lautes, Schreien und Schimpfen welchem ein größerer Personenkreis teilhaft wird, in jeder Beziehung abträglich. Es wäre dabei nicht einmal erforderlich, daß ein derartiges Verhalten zu Aufsehen und ua. zum Zusammenlauf von Menschen führt. Es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einen öffentlichen Ort widerspricht. Das vom Berufungswerber geübte und ihm zur Last liegende Verhalten, war daher in geradezu typischer Weise einem gedeihlichen Miteinander der Menschen, in ihren öffentlichen "Verhaltenserwartungen" gegenüber den Mitmenschen, zuwider. (VwGH 25.10.1948, Slg. 543A, 9.7.1984, 84/10/0080 u. VwGH 12.12.1983, 82/10/0004 ua.). Durch die spezifische Situation am Vorfallsort, die Anwesenheit einer größerer Anzahl von Personen und das hohe Polizeiaufgebot, hat das Verhalten des Berufungswerbers eine besonders negative Auswirkung auf das mit dieser Norm geschützte Rechtsgut gehabt.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Der Berufungswerber hat vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein umfassendes Geständnis abgelegt und sich dabei auch hinsichtlich des begangenen Unrechtes voll einsichtig gezeigt. Er ist bisher noch nie mit einer derartigen Verhaltensweise negativ in Erscheinung getreten. Es liegen somit qualifizierte mildernde Umstände für die Strafzumessung vor. Trotz der mit der Tat verbunden gewesenen nachteiligen Folgen, konnte dennoch mit der nunmehr verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden kann.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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