Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230250/2/Wei/Bk

Linz, 20.07.1994

VwSen-230250/2/Wei/Bk Linz, am 20. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G H, vertreten durch Dr. G L, Rechtsanwalt in L, vom 30. August 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11. August 1993, Zl. Pol/257/1991/Wim wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach dem O.ö. Veranstaltungsgesetz (LGBl Nr. 7/1955, wiederverlautbart als O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992 durch LGBl Nr. 75/1992) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1, Z 2 und Z 3 VStG 1991 eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 11.

August 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben auf dem Grundstück, EZ der KG N, Gemeinde H, die dort befindliche Mini-Kart-Anlage zu nachstehend angeführten Zeiten wie folgt ohne Veranstaltungsbewilligung betrieben, da Ihnen mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hörsching vom 21. April 1991 die Bewilligung zum erwerbsmäßigen Betrieb der öffentlichen Mini-Kart Anlage versagt wurde:

a) am 20.5.1991 um 15.00 Uhr, wobei mindestens fünf Go-Kart-Fahrzeuge im Einsatz waren; b) am 2.6.1991 um 15.00 Uhr, wobei mindestens fünf Go-Kart-Fahrzeuge im Einsatz waren." Die belangte Behörde erachtete dadurch zu a) und zu b) § 12 iVm § 11 Abs 1 lit d des O.ö. Veranstaltungsgesetzes 1954, nach Wiederverlautbarung § 16 Abs 1 Z 1 iVm § 14 Z 4 O.ö.

Veranstaltungsgesetz, LGBl Nr. 75/1992, als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte gemäß § 16 Abs 2 O.ö.

Veranstaltungsgesetz 1992 je eine Geldstrafe von S 10.000,-und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter des Bw am 16. August 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 30. August 1993.

2.1. Die belangte Behörde hielt die angelastete Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des Gemeindeamtes Hörsching vom 17. Juni 1991 in Verbindung mit den Angaben der privaten Meldungslegerinnen als erwiesen. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hörsching vom 21.

April 1991 wurde die beantragte Veranstaltungsbewilligung zum erwerbsmäßigen Betrieb einer öffentlichen Mini-Kart-Anlage am Standort H, H, Grundstück Nr., KG N, mangels geeigneter Betriebsstätte und Verläßlichkeit versagt. Die dagegen eingebrachten Rechtsmittel blieben erfolglos. Eine Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl.

92/01/0900, als unbegründet ab.

Aus dem Akt ergibt sich, daß der Bw der Gemeinde Hörsching Lustbarkeitsabgabe-Abrechnungen betreffend die Go-Kart-Bahn für die Monate Mai bis Juli 1991 vorgelegt hat. Im Zeitraum 1.5. bis 31.5.1991 verkaufte er 159 Karten à S 150,--, von 1.6. bis 30.6.1991 274 Karten à S 150,-- und von 1.7. bis 31.7.1991 172 Karten à S 150,--. In den Abrechnungen wurde aber nicht ausgewiesen, an welchen Tagen dieser Monate die öffentlichen Go-Kart-Veranstaltungen stattfanden. Lediglich aus den Eintragungen unter der Rubrik "Kartenstand" (Unterspalten: anfänglich - schließlich) des Vordruckes für die Abrechnungen kann die Anzahl der abgerechneten Veranstaltungen abgeleitet werden. Für Mai 1991 ergeben sich 2 Termine, für Juni 1991 4 Termine und für Juli 1991 3 Veranstaltungstermine.

Die belangte Behörde beruft sich auf die zeugenschaftlich bestätigten Angaben von privaten Meldungslegern. Frau K C stellte anläßlich eines Spazierganges fest, daß die Go-Kart-Bahn am 20. Mai 1991 um 15.00 Uhr betrieben wurde, 20 bis 30 PKWs geparkt und mindestens 5 Go-Karts im Einsatz waren. Sie beobachtete die Geschehnisse mindestens 20 Minuten lang. Die gleichen Feststellungen hätte sie auch am 2. Juni 1991 gemacht. Frau E Z beobachtete im Auftrag der Gemeinde Hörsching am 20. Mai 1991 um 14.30 Uhr ca 10 abgestellte PKWs und stellte fest, daß mehrere Go-Karts in Betrieb waren. Kontakt mit dem Betreiber der Anlage nahm sie nicht auf.

In der Stellungnahme vom 24. Juni 1992 erklärte der Bw, daß aufgrund der Beweisergebnisse die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht feststünden. Diese wurden auch bestritten.

2.2. Die Berufung führt begründend aus, daß dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, aufgrund welcher Beweisergebnisse der Bw Betreiber der Mini-Kart-Bahn sein solle. Dies sei tatsächlich nicht der Fall. Weiters sei dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen, weshalb der Betrieb einer Mini-Kart-Bahn einer Veranstaltungsbewilligung bedürfe. Dies sei ebenfalls nicht der Fall. Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei jedenfalls verjährt.

Die für die Bestrafung herangezogene Bestimmung sei auf die angebliche Verwaltungsübertretung nicht anwendbar. Die verhängte Strafe entspreche nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen und sei überhöht. Die Verwaltungsstrafbehörde hätte angesichts der Unbescholtenheit und des geringfügigen Einkommens eine wesentlich niedrigere Strafe verhängen müssen.

2.3. Die belangte Behörde hat dem O.ö. Verwaltungssenat die Berufung und den Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 17.

September 1993, eingelangt am 24. September 1993, zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war daher nicht anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der erkennende Verwaltungssenat geht aufgrund der Tatsache, daß der Bw im gemeindebehördlichen Verwaltungsverfahren als Bewilligungswerber nach dem O.ö. Veranstaltungsgesetz aufgetreten ist und daß er gegenüber der Gemeinde Hörsching Lustbarkeitsabgabe-Abrechnungen betreffend die gegenständliche Mini-Kart-Bahn erstattet hat, davon aus, daß der Bw ohne Bewilligung erwerbsmäßig öffentliche Go-Kart-Veranstaltungen durchgeführt hat. Entgegen der Berufung hält es der unabhängige Verwaltungssenat bei der gegebenen Beweislage grundsätzlich nicht nur für unbedenklich, sondern für folgerichtig, den Bw als Betreiber der Mini-Kart-Bahn anzusehen.

Der belangten Behörde kann aber nicht beigepflichtet werden, wenn sie unter Hinweis auf die lückenhaften Aussagen der privaten Meldungslegerinnen pauschal annimmt, daß Verwaltungsübertretungen gemäß § 14 Z 4 iVm § 16 Abs 1 Z 1 des O.ö. Veranstaltungsgesetzes 1992 (entspricht § 11 Abs 1 lit d) iVm § 12 Abs 1 lit a O.ö. Veranstaltungsgesetz idF nach LGBl Nr. 5/1990) vorlägen. Die Schilderungen der Zeuginnen sprechen zwar gegen den Bw, sind aber für sich allein noch kein hinreichender Beweis, daß gerade zu den angegebenen Terminen die erwerbsmäßige Durchführung einer bewilligungspflichtigen Veranstaltung durch den entgeltlichen öffentlichen Betrieb der Go-Kart-Bahn stattfand. Zu der für die Erwerbsmäßigkeit entscheidenden Frage des Kartenverkaufes haben die Zeuginnen keine Angaben gemacht. Es kann daher für die fraglichen Termine nicht ausgeschlossen werden, daß nur eine nichterwerbsmäßige Veranstaltung vor Gästen iSd § 1 Abs 2 Z 5 O.ö.

Veranstaltungsgesetz 1992 oder eine bloß anzeigepflichtige Veranstaltung ohne Erwerbsabsicht iSd § 2 Abs 2 O.ö.

Veranstaltungsgesetz 1992 vorlag. Im ersten Fall wäre überhaupt keine Verwaltungsübertretung nach dem O.ö.

Veranstaltungsgesetz 1992 anzunehmen und im zweiten Fall käme allenfalls die Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Z 5 iVm § 16 Abs 1 Z 1 O.ö. Veranstaltungsgesetz in Betracht, die aber nicht vorgeworfen worden ist. Es liegen demnach wesentliche Erhebungs- und Feststellungsmängel vor, die eine Subsumtion unter die angelastete Verwaltungsübertretung ausschließen. Um derartige Mängel zu vermeiden, wäre es notwendig, geschulte Meldungsleger mit den für eine schlüssige Anzeige erforderlichen Erhebungen zu befassen.

Aufgrund der vorhandenen Beweisergebnisse können die konkret nur punktuell angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden.

4.2. Hinsichtlich der angelasteten Veranstaltung vom 20. Mai 1991 liegt überdies Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs 1 und 2 VStG vor, weil innerhalb der Frist von sechs Monaten keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Die Abtretung (Delegierung) des Strafverfahrens gemäß § 29a VStG durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, die erst am 4. November 1991 erfolgte, diente nur der Übertragung des Strafverfahrens von der örtlich zuständigen auf die sachlich zuständige Strafbehörde des Wohnsitzes oder Aufenthaltes.

Sie war keine taugliche Verfolgungshandlung, weil sie keinen bestimmten Tatvorwurf enthielt (vgl dazu näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 880 ff und E 57 zu § 32 VStG). Die erste Verfolgungshandlung hat die belangte Behörde durch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. November 1991 vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war die angelastete Veranstaltung vom 20. Mai 1991 jedenfalls verjährt.

4.3. Darüber hinaus war die Verfolgungshandlung durch Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. November 1991 auch inhaltlich nicht ausreichend, weil sie nicht alle für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung erforderlichen Sachverhaltselemente enthielt. Dies wäre aber nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für eine taugliche Verfolgungshandlung notwendig gewesen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch, 881 und die zitierte Judikatur zu § 32 VStG in E 10, 11, 19, 22, 46). Der bloße Vorwurf des Betriebs einer Mini-Kart-Anlage ohne Veranstaltungsbewilligung ist aus den nachstehenden Gründen unzureichend. Der Tatbestand des § 14 Z 4 des O.ö. Veranstaltungsgesetzes 1992 verbietet die Durchführung von bewilligungspflichtigen Veranstaltungen ohne Bewilligung und verweist in einer Klammer auf § 2 Abs 1, der zur erwerbsmäßigen Durchführung von Veranstaltungen eine Bewilligungspflicht normiert. Diese verwiesene Vorschrift betrifft das Tatbestandsmerkmal "bewilligungspflichtig" und muß demnach mitberücksichtigt werden.

Außerdem ergibt sich aus den Definitionen des § 1 O.ö.

Veranstaltungsgesetz, welche Veranstaltungen solche im Sinne des Landesgesetzes sind und welche nicht. Auch § 1 Abs 1 ist bei der Auslegung des Tatbildmerkmals "Veranstaltung" zu beachten. Der gegenständliche Tatbestand, der durch § 16 Abs 1 Z 1 zur Verwaltungsübertretung erklärt wird, lautet daher:

Verboten ist die Durchführung von bewilligungspflichtigen = öffentlichen und erwerbsmäßigen Veranstaltungen iSd § 1 Abs 1 O.ö. Veranstaltungsgesetz ohne Bewilligung (§ 2 Abs 1).

Die belangte Strafbehörde hat das entscheidende Tatbestandsmerkmal der öffentlichen und erwerbsmäßigen Durchführung weder ausdrücklich vorgeworfen, geschweige denn konkretisiert. Der Kausalsatz, "...,da Ihnen mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hörsching vom 21. April 1991 die Bewilligung zum erwerbsmäßigen Betrieb der öffentlichen Mini-Kart-Anlage versagt wurde", ändert zum einen nichts an der unzureichenden Tatanlastung und erscheint zum anderen im sprachlichen Zusammenhang und mit Rücksicht auf den in Betracht kommenden Tatbestand der Verwaltungsübertretung unschlüssig. Somit liegt innerhalb der maßgeblichen Verfolgungsverjährungsfrist überhaupt keine taugliche Verfolgungshandlung vor.

4.4. Schließlich ist festzustellen, daß inzwischen auch Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs 3 erster Satz VStG eingetreten ist. Nach dieser Vorschrift darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre verstrichen sind.

Das angefochtene Straferkenntnis wirft in seinem Spruch sehr punktuell verbotene Veranstaltungen vom 20. Mai und 2. Juni 1991 vor. Abgesehen davon, daß genau diese Taten gar nicht erwiesen sind, wäre es nach der Aktenlage naheliegend gewesen, ein fortgesetztes Tatverhalten in den Zeiträumen vorzuwerfen, für die der Bw Lustbarkeitsabgabe-Abrechnungen betreffend durchgeführte Veranstaltungen mit der Go-Kart-Bahn erstattet hat. Der erkennende Verwaltungssenat ist aber im Berufungsverfahren an die durch den Abspruch des Straferkenntnisses bestimmte Sache gebunden und nicht befugt, die Tat auszuwechseln. Demnach ergibt sich angesichts des punktuellen Tatvorwurfes auch, daß der Strafaufhebungsgrund der Strafbarkeitsverjährung vorliegt, zumal die gesetzliche Dreijahresfrist bereits verstrichen ist. Ein Straferkenntnis durfte danach nicht mehr gefällt werden.

4.5. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die konkret vorgeworfenen Taten allein durch die Aussagen der Meldungslegerinnen nicht erwiesen werden konnten, die Verfolgungshandlung teilweise verspätet, jedenfalls aber unzureichend war und daß die angelasteten Verwaltungsübertretungen auch wegen mittlerweile eingetretener Strafbarkeitsverjährung nicht mehr geahndet werden könnten. Deshalb war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Strafverfahren waren wegen sämtlicher Einstellungsgründe des § 45 Abs 1 Z 1 bis Z 3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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